Entscheidungsdatum
18.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W126 2281386-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geboren am XXXX Staatsangehörigkeit: Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2023, Zahl XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.06.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 geboren am römisch 40 Staatsangehörigkeit: Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.09.2023, Zahl römisch 40 , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.06.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 05.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 06.05.2022 erfolgte eine Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Am 08.08.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.
2. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Es wurde ihm eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als Frist für seine freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).2. Mit im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen. Es wurde ihm eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Somalia zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.) und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG als Frist für seine freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.).
3. Gegen den am 19.10.2023 rechtswirksam zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht am 08.11.2023 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
4. Am 10.06.2024 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist somalischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX geboren. Er gehört dem Hauptclan der XXXX , Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Sub-Clan XXXX , an, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und spricht muttersprachlich Somalisch.Der Beschwerdeführer ist somalischer Staatsangehöriger und wurde am römisch 40 geboren. Er gehört dem Hauptclan der römisch 40 , Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Sub-Clan römisch 40 , an, bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und spricht muttersprachlich Somalisch.
Er stammt aus XXXX , Lower Shabelle (Somalia), wo er im Familienverband aufwuchs und bis wenige Monate vor seiner Ausreise lebte. Seine Mutter, seine vier Brüder sowie seine Schwester befinden sich derzeit in Merka, ein Onkel väterlicherseits und ein Cousin sind nach wie vor im Heimatdorf wohnhaft. Seine Mutter arbeitet in Merka auf einem Markt. Ein Onkel der Mutter des Beschwerdeführers, der als Fischer tätig ist, lebt in Mogadischu. Bei diesem hielt er sich sechs Monate vor seiner Ausreise auf. Weiters finanzierte er die Ausreise des Beschwerdeführers.Er stammt aus römisch 40 , Lower Shabelle (Somalia), wo er im Familienverband aufwuchs und bis wenige Monate vor seiner Ausreise lebte. Seine Mutter, seine vier Brüder sowie seine Schwester befinden sich derzeit in Merka, ein Onkel väterlicherseits und ein Cousin sind nach wie vor im Heimatdorf wohnhaft. Seine Mutter arbeitet in Merka auf einem Markt. Ein Onkel der Mutter des Beschwerdeführers, der als Fischer tätig ist, lebt in Mogadischu. Bei diesem hielt er sich sechs Monate vor seiner Ausreise auf. Weiters finanzierte er die Ausreise des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer besuchte in Somalia sieben Jahre die Grundschule und half seinem Onkel, der Textilverkäufer ist. Er ist ledig und hat keine Kinder. Er ist arbeitsfähig und leidet an keinen schwerwiegenden physischen oder psychischen Erkrankungen.
1.2. Zur Rückkehrmöglichkeit nach Somalia:
Der Beschwerdeführer ist in Somalia keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt (gewesen). Er ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und drohen ihm weder aufgrund seines Religionsbekenntnisses noch seiner Volksgruppen- bzw. Clanzugehörigkeit oder aus politischen Gründen Probleme bzw. eine Verfolgung durch Al Shabaab oder die somalischen Behörden.
Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Somalia – konkret in die Hauptstadt Mogadischu – unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände sowie der in Mogadischu herrschenden ausreichend stabilen Sicherheits- und Versorgungslage nicht in eine existenzgefährdende Notlage geraten und es wäre ihm auch nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen.
1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich:
Der Beschwerdeführer verließ Somalia im März 2022, reiste etwa im Mai 2022 irregulär ins Bundesgebiet ein und stellte am 05.05.2022 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seither durchgehend in Österreich auf.
Er besuchte Deutschkurse und verfügt über rudimentäre Deutschkenntnisse, nimmt jedoch in Österreich nicht auf maßgebliche Weise am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder kulturellen Leben teil. Er besuchte zwar von 18.09.2023 bis 12.07.2024 einen Lehrgang „Pflichtschulabschluss nachholen“ und betätigt sich ehrenamtlich, hat jedoch weder im Bundesgebiet aufhältige Familienangehörige noch enge soziale Bindungen. Er ist nicht Mitglied eines Vereins oder einer Organisation und geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er ist zum Entscheidungszeitpunkt strafgerichtlich unbescholten und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung.
1.4. Zur maßgeblichen Lage in Somalia werden nachfolgende Feststellungen getroffen:
Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten
Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2023). Auch das Maß an Kontrolle über bzw. Einfluss auf einzelne Gebiete variiert. Während Somaliland die meisten der von ihm beanspruchten Teile kontrolliert, wird die Lage über die Kontrolle geringer Teilgebiete von Puntland von al Shabaab beeinflusst - und in noch geringeren Teilen vom Islamischen Staat in Somalia - während es hauptsächlich an Clandifferenzen liegt, wenn Puntland tatsächlich keinen Zugriff auf gewisse Gebiete hat. In Süd-/Zentralsomalia ist die Situation noch viel komplexer. In Mogadischu und den meisten anderen großen Städten hat al Shabaab keine Kontrolle, jedoch eine Präsenz. Dahingegen übt al Shabaab über weite Teile des ländlichen Raumes Kontrolle aus. Zusätzlich gibt es in Süd-/Zentralsomalia große Gebiete, wo unterschiedliche Parteien Einfluss ausüben; oder die von niemandem kontrolliert werden; oder deren Situation unklar ist (BMLV 1.12.2023).
Laut einer Quelle der FFM Somalia 2023 sind Hargeysa, Berbera, Burco, Garoowe und – in gewissem Maße – Dhusamareb sichere Städte. Alle anderen Städte variieren demnach von einem Grad zum anderen. Auch Kismayo selbst ist sicher, aber hin und wieder gibt es Anschläge. Bossaso ist im Allgemeinen sicher, es kommt dort aber zu gezielten Attentaten. Dies gilt auch für Galkacyo (INGO-F/STDOK/SEM 4.2023). Laut einer weiteren Quelle sind Baidoa, Jowhar und Belet Weyne diesbezüglich innerhalb des Stadtgebietes wie Kismayo zu bewerten (BMLV 1.12.2023). Laut einer anderen Quelle sind alle Hauptstädte der Bundesstaaten relativ sicher (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023).
[…]
Süd-/Zentralsomalia, Puntland
Die Sicherheitslage bleibt volatil (BS 2022a), mit durchschnittlich 234 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Monat (Zeitraum Feber-Juni 2023). Insgesamt gab es im Zeitraum 8.2.-7.6.2023 935 Vorfälle, davon 355 mit terroristischem Hintergrund. Al Shabaab führt immer wieder komplexe Angriffe durch, so etwa am 19. und 22.4. in Bud Bud und Masagway (Galgaduud) und am 26.5. in Buulo Mareer (Lower Shabelle). U.a. bei Sprengstoffanschlägen kommen Menschen ums Leben oder werden verletzt (UNSC 15.6.2023). Weiterhin führt der Konflikt zu zivilen Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen (ÖBN 11.2022). Im o.g. Zeitraum waren 11 % der davon Betroffenen Zivilisten. Die Zahl an terroristischen Vorfällen war im ersten Quartal 2023 überdurchschnittlich. Am meisten von Sprengsätzen betroffen waren in diesem Zeitraum Mogadischu/Benadir, Lower Shabelle, Hiiraan und Lower Juba. Mogadischu wird immer wieder auch von indirektem Feuer der al Shabaab getroffen (UNSC 15.6.2023). Im Zusammenhang mit der laufenden Offensive am meisten betroffen sind Middle Shabelle, Mudug, Galgaduud und Hiiraan (ACAPS 17.8.2023; vgl. BMLV 1.12.2023). Die österreichische Botschaft spricht in diesem Zusammenhang von einem bewaffneten Konflikt (ÖBN 11.2022), während das deutsche Auswärtige Amt von Bürgerkrieg und bürgerkriegsähnlichen Zuständen in vielen Teilen Süd-/Zentralsomalias berichtet (AA 15.5.2023).Die Sicherheitslage bleibt volatil (BS 2022a), mit durchschnittlich 234 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Monat (Zeitraum Feber-Juni 2023). Insgesamt gab es im Zeitraum 8.2.-7.6.2023 935 Vorfälle, davon 355 mit terroristischem Hintergrund. Al Shabaab führt immer wieder komplexe Angriffe durch, so etwa am 19. und 22.4. in Bud Bud und Masagway (Galgaduud) und am 26.5. in Buulo Mareer (Lower Shabelle). U.a. bei Sprengstoffanschlägen kommen Menschen ums Leben oder werden verletzt (UNSC 15.6.2023). Weiterhin führt der Konflikt zu zivilen Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen (ÖBN 11.2022). Im o.g. Zeitraum waren 11 % der davon Betroffenen Zivilisten. Die Zahl an terroristischen Vorfällen war im ersten Quartal 2023 überdurchschnittlich. Am meisten von Sprengsätzen betroffen waren in diesem Zeitraum Mogadischu/Benadir, Lower Shabelle, Hiiraan und Lower Juba. Mogadischu wird immer wieder auch von indirektem Feuer der al Shabaab getroffen (UNSC 15.6.2023). Im Zusammenhang mit der laufenden Offensive am meisten betroffen sind Middle Shabelle, Mudug, Galgaduud und Hiiraan (ACAPS 17.8.2023; vergleiche BMLV 1.12.2023). Die österreichische Botschaft spricht in diesem Zusammenhang von einem bewaffneten Konflikt (ÖBN 11.2022), während das deutsche Auswärtige Amt von Bürgerkrieg und bürgerkriegsähnlichen Zuständen in vielen Teilen Süd-/Zentralsomalias berichtet (AA 15.5.2023).
In den vergangenen Jahren wurden Offensiven gegen al Shabaab durchgeführt, die sich zunächst aus militärischer Sicht als erfolgreich erwiesen haben. Anfängliche territoriale Erfolge bringen aber oft eine weitaus schwierigere Herausforderung mit sich: die Stabilisierung eroberter Gebiete. Das Versäumnis, befreite Gebiete wirksam zu stabilisieren, hat wiederholt zum Rückzug von Regierungskräften geführt. Und das Versäumnis, gespaltene Gemeinschaften zu versöhnen, hat dazu geführt, dass auch in Absenz von al Shabaab neue Konflikte entstehen konnten. So wurde al Shabaab etwa im Rahmen der Operation Badbaado in Lower Shabelle in den Jahren 2019–2020 aus mehreren Städten vertrieben. Drei Jahre danach kämpft die Bundesregierung aber immer noch darum, die befreiten Gebiete zu stabilisieren. Hilfsleistungen und staatliche Dienstleistungen bleiben unzureichend und oberflächlich (Sahan/SWT 4.8.2023). Generell hat es die Bundesregierung nach wie vor nicht geschafft, die Reichweite staatlicher Institutionen in Bezug auf die Bereitstellung von Dienstleistungen für Bürger und den Schutz ihres Lebens und ihres Eigentums über Mogadischu hinaus auszuweiten (BMLV 1.12.2023). Ein Experte merkt allerdings an, dass sich sowohl die Verwaltung der Bundesregierung als auch die Bundesarmee verbessert haben, und dadurch bei der Bevölkerung der Widerstandswille gegen al Shabaab gewachsen ist (AQ21 11.2023).
ATMIS hält in Kooperation mit der somalischen Armee, regionalen Sicherheitskräften sowie mit regionalen und lokalen Milizen die Kontrolle über die seit 2012 eroberten Gebiete (BS 2022a). Die somalische Regierung und ATMIS können keinen Schutz vor allgemeiner oder terroristischer Kriminalität im Land garantieren (AA 20.10.2023).
Generell ist die Regierung nicht in der Lage für Sicherheit zu sorgen. Dafür ist sie in erster Linie auf ATMIS, aber auch auf Unterstützung anderer Staaten angewiesen (BMLV 9.2.2023; vgl. BS 2022a). Dabei wurde ATMIS im Juni 2023 um 2.000 Mann reduziert, die nächste Truppenreduktion um 3.000 Mann steht mit Ende Dezember 2023 an. Die Ausbildung neuer Soldaten für die Bundesarmee machte 2023 gute Fortschritte, es mussten aber auch hohe Verluste hingenommen werden. Das größte Problem derzeit ist neben der Truppenstärke die fehlende Ausrüstung (schwere Waffen, Luftkomponente, etc.) (BMLV 1.12.2023). Nach Angaben einer Quelle der FFM Soma