Entscheidungsdatum
20.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I419 2299162-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13.08.2024, Zl. XXXX ,Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. TÜRKEI, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13.08.2024, Zl. römisch 40 ,
A) a) zu Recht: Der Beschwerde wird betreffend Spruchpunkt VII stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.A) a) zu Recht: Der Beschwerde wird betreffend Spruchpunkt römisch VII stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.
und b) beschließt: Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Spruchpunkte I bis VI gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.und b) beschließt: Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Spruchpunkte römisch eins bis römisch VI gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA einen Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz betreffend die Status der Asyl- (Spruchpunkt I) und der subsidiär Schutz-berechtigten in Bezug auf die Türkei (Spruchpunkt II) als unbegründet ab, wobei es keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilte (Spruchpunkt III), eine Rückkehrentscheidung erließ (Spruchpunkt IV) und feststellte, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt V). Ferner stellte es fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI), und aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt VII).1. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA einen Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz betreffend die Status der Asyl- (Spruchpunkt römisch eins) und der subsidiär Schutz-berechtigten in Bezug auf die Türkei (Spruchpunkt römisch II) als unbegründet ab, wobei es keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz erteilte (Spruchpunkt römisch III), eine Rückkehrentscheidung erließ (Spruchpunkt römisch IV) und feststellte, dass die Abschiebung in die Türkei zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf). Ferner stellte es fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch VI), und aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt römisch VII).
2. Beschwerdehalber wird vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe nach Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe durch die Ausreise aus dem Herkunftsstaat gegen die Auflagen verstoßen, weswegen sie fürchte, nach einer Rückkehr eine Gefängnisstrafe verbüßen zu müssen. Als Kurdin werde sie diskriminiert und als ein Mitglied der HDP, das an Demonstrationen für Kurden und kurdischen Veranstaltungen teilgenommen habe, gelte sie als politisch oppositionell. Weil sie Kurdin sei, habe sie am Arbeitsmarkt einen Nachteil; „auf längere Sicht“ könnte sie sich nicht selbst versorgen. Wegen der Demonstrations- und Veranstaltungsteilnahmen, die ihre Familie nicht gewollt habe, hätte diese sich „von ihr abgewandt“ und würde sie nicht unterstützen. Hätte das BFA die Haftbedingungen für Frauen und Kurden im Herkunftsstaat festgestellt, dann wäre der Beschwerdeführerin Asyl oder subsidiärer Schutz zuzuerkennen oder ihre Abschiebung für unzulässig zu erklären gewesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter I wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt. Zusätzlich werden folgende Feststellungen getroffen:Der unter römisch eins wiedergegebene Verfahrensgang wird festgestellt. Zusätzlich werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist Mitte 40, Kurdin und Sunnitin. Sie wurde in der Provinz Malatya in Ostanatolien geboren und besuchte neun Jahre die Grundschule. Ihre Muttersprache Türkisch beherrscht sie in Wort und Schrift. Sie ist ledig und hat keine Kinder, zudem ist sie gesund und erwerbsfähig.
Im Frühjahr 2022 entschloss sie sich, den Herkunftsstaat zu verlassen und zog vorübergehend nach Montenegro, wo sie sich mit einer bis Mitte November 2022 gültigen Aufenthaltsbewilligung aufhielt. Von Mitte Dezember 2022 bis Ende Jänner 2023 arbeitete sie in einem Hotel in Istanbul als Mitarbeiterin der Hauswirtschaft („Kat Hizmetleri Görevlisi“, „Housekeeping Attendant“), zeitgleich und anschließend absolvierte sie in derselben Stadt Weiterbildungen an der XXXX („ XXXX “), nämlich 560 Unterrichtseinheiten Patienten- und Altenpflegetraining sowie 936 Unterrichtseinheiten Kinderentwicklungsbildung.Im Frühjahr 2022 entschloss sie sich, den Herkunftsstaat zu verlassen und zog vorübergehend nach Montenegro, wo sie sich mit einer bis Mitte November 2022 gültigen Aufenthaltsbewilligung aufhielt. Von Mitte Dezember 2022 bis Ende Jänner 2023 arbeitete sie in einem Hotel in Istanbul als Mitarbeiterin der Hauswirtschaft („Kat Hizmetleri Görevlisi“, „Housekeeping Attendant“), zeitgleich und anschließend absolvierte sie in derselben Stadt Weiterbildungen an der römisch 40 („ römisch 40 “), nämlich 560 Unterrichtseinheiten Patienten- und Altenpflegetraining sowie 936 Unterrichtseinheiten Kinderentwicklungsbildung.
Zuletzt hat sie in der Türkei als Handelskauffrau gearbeitet. Etwa Ende Juli 2024 gelangte sie illegal von Istanbul nach Bulgarien und anschließend ebenso Kroatien, Slowenien und Österreich, wo sie am 03.08. in Salzburg internationalen Schutz beantragte. Seit 09.08. bezieht sie keine Grundversorgung mehr und wohnt bei einer vierköpfigen Familie von Volljährigen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die aus der Türkei stammt und sie versorgt. Deren Sohn hat ein Taxigewerbe, sein Vater mehrere geringfügige Beschäftigungen.
Im Herkunftsstaat lebt ihre Mutter im Alter von ca. 80 und bezieht eine Witwenpension, ferner hat die Beschwerdeführerin dort einen Bruder mit Mitte 60 der in der Textilwirtschaft arbeitet, sowie drei Schwestern im Alter von Anfang bis ca. Mitte 50, die bereits in Pension sind.
In Österreich hat sie Verwandte im Nachbarbundesland, zu denen sie nach eigenen Angaben keinen Kontakt pflegt. Sie geht hier keiner Arbeit nach und ist strafgerichtlich unbescholten. Persönliche Anknüpfungen oder Abhängigkeiten im Inland oder andere Integrationsmerkmale hat sie weder behauptet noch finden sich Hinweise auf solche Umstände.
1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurden die Länderinformationen zur Türkei auf Stand von 22.09.2022 zitiert. Aktuell steht ein am 07.03.2024 aktualisiertes Länderinformationsblatt zur Verfügung. Im gegebenen Zusammenhang sind daraus mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Länderinformationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Politische Lage
Die politische Lage in der Türkei war in den letzten Jahren geprägt von den Folgen des Putschversuchs vom 15.7.2016 und den daraufhin ausgerufenen Ausnahmezustand, von einem "Dauerwahlkampf" sowie vom Kampf gegen den Terrorismus. Aktuell steht die Regierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten unter Druck. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist mit Präsident Erdo?an und der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - Adalet ve Kalk?nma Partisi (AKP) unzufrieden und nach deren erneutem Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2023 desillusioniert. Ursache sind v. a. der durch die hohe Inflation verursachte Kaufkraftverlust, welcher durch Lohnzuwächse und von der Regierung im Vorfeld der Wahlen 2023 beschlossene Wahlgeschenke nicht nachhaltig kompensiert werden konnte, die zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung, Rückschritte in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die fortschreitende Untergrabung des Laizismus. Insbesondere junge Menschen sind frustriert. Laut einer aktuellen Studie möchten fast 82 % das Land verlassen und im Ausland leben. Während die vorhergehende Regierung keinerlei Schritte unternahm, die Unabhängigkeit der Justizbehörden und eine objektive Ausgabenkontrolle wiederherzustellen, versucht die neue Regierung zumindest im wirtschaftlichen Bereich Reformen durchzuführen, um den Schwierigkeiten zu begegnen. Die Gesellschaft ist – maßgeblich aufgrund der von Präsident Erdo?an verfolgten spaltenden Identitätspolitik – stark polarisiert. Insbesondere die Endphase des Wahlkampfes zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023 war von gegenseitigen Anschuldigungen und Verbalangriffen und nicht von der Diskussion drängender Probleme geprägt. Selbst die wichtigste gegenwärtige Herausforderung der Türkei, die Bewältigung der Folgen der Erdbebenkatastrophe, trat in den Hintergrund (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 4f.). [...]Die politische Lage in der Türkei war in den letzten Jahren geprägt von den Folgen des Putschversuchs vom 15.7.2016 und den daraufhin ausgerufenen Ausnahmezustand, von einem "Dauerwahlkampf" sowie vom Kampf gegen den Terrorismus. Aktuell steht die Regierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten unter Druck. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist mit Präsident Erdo?an und der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - Adalet ve Kalk?nma Partisi (AKP) unzufrieden und nach deren erneutem Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2023 desillusioniert. Ursache sind v. a. der durch die hohe Inflation verursachte Kaufkraftverlust, welcher durch Lohnzuwächse und von der Regierung im Vorfeld der Wahlen 2023 beschlossene Wahlgeschenke ni