TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/20 W610 2299049-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2024
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.09.2024

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. FPG § 61 heute
  2. FPG § 61 gültig ab 01.10.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2022
  3. FPG § 61 gültig von 01.06.2016 bis 30.09.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 24/2016
  4. FPG § 61 gültig von 20.07.2015 bis 31.05.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  5. FPG § 61 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. FPG § 61 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. FPG § 61 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2011

Spruch


W610 2299049-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Julia RASCHHOFER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2024, Zahl: 1404719701/241123498, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Julia RASCHHOFER über die Beschwerde von römisch 40 alias römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit: Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2024, Zahl: 1404719701/241123498, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine volljährige Staatsangehörige Somalias, stellte am 23.07.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Eine Treffermeldung in der Eurodac-Datenbank ergab, dass sie zuvor am 26.06.2024 in Polen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte.

In der am 23.07.2024 durchgeführten polizeilichen Erstbefragung gab die Beschwerdeführerin zu ihrem Reiseweg an, dass sie Somalia im Juni 2024 verlassen habe und auf dem Luftweg über Dubai legal nach Belarus gereist sei. Von dort sei sie schlepperunterstützt nach Polen gelangt, wo sie festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Sie habe zwei Einvernahmen gehabt und sei dann nach Belarus zurückgeschoben worden. Beim zweiten Versuch habe sie Angst vor einer neuerlichen Abschiebung gehabt, sie habe diesmal jedoch keinen Behördenkontakt gehabt und sei nach Deutschland und in der Folge nach Österreich weitergereist.

2. Mit Schreiben vom 25.07.2024 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Polen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-Verordnung), ABl. 2013 L 180, 31, um Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin. Mit Schreiben vom 31.07.2024 stimmte Polen der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-Verordnung zu.2. Mit Schreiben vom 25.07.2024 ersuchte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) Polen gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-Verordnung), ABl. 2013 L 180, 31, um Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin. Mit Schreiben vom 31.07.2024 stimmte Polen der Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-Verordnung zu.

3. Am 28.08.2024 wurde die Beschwerdeführerin im Rahmen des Zulassungsverfahrens niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

Zu ihrem Aufenthalt in Polen gab sie zusammengefasst an, dass sie sich von 24.06.2024 bis 22.07.2024 in diesem Mitgliedstaat aufgehalten habe. Sie sei infolge ihrer illegalen Einreise festgenommen worden. Sie hätten ihr ein Schreiben gegeben und ihr mitgeteilt, dass sie woanders hingehen solle. Während der Reise hätten andere Polizisten sie festgenommen und zurück nach Belarus geschickt. Danach habe sie es noch zweimal versucht, sei aber wieder zurückgeschickt worden. Beim dritten Versuch habe sie es geschafft und sei durchgereist.

Angesprochen auf die vorliegende Zustimmungserklärung Polens und die beabsichtigte Zurückweisung ihres in Österreich gestellten Antrages gab die Beschwerdeführerin an, nicht nach Polen zurück zu wollen. Sie habe dort keine Versorgung erhalten und sei immer zurückgeschickt worden. Während ihres Aufenthaltes in Polen sei sie immer auf der Straße unterwegs gewesen und habe nur zwei Nächte bei der Polizei geschlafen. Sie habe abgesehen von kleinen Süßigkeiten nichts zu essen bekommen. Einige afghanische Flüchtlinge hätten sie geschlagen, sie hätten mit einem Messer in ihre Hand gestochen. Die Polizisten hätten einen Hund zu ihr geschickt, der sie gebissen habe. Befragt, ob sie diese Vorfälle bei der Polizei angezeigt habe, gab die Beschwerdeführerin an, sie sei auf der Grenze gewesen, die Polizei habe ihr nicht geholfen. Sie hätte sie zurückgeschickt, weil sie illegal eingereist sei. Einmal sei sie über den Zaun gesprungen und habe sich dabei verletzt. Gegen ihre Überstellung nach Polen spreche, dass sie dort ein hartes Leben gehabt und nur hin- und hergeschickt worden sei. Sie möchte nun hier bleiben. Die Beschwerdeführerin habe keine familiären Bindungen im Raum Europas. Abschließend gab sie an, dass sie eine alleinstehende junge Frau sei; sie habe nicht in Polen gelebt, sondern an der Grenze; dort habe sie keine Unterstützung oder Versorgung von der Behörde bekommen. Es habe auch Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen gegeben. Die polnische Polizei würde die Leute nur zurückschicken, weshalb sie nicht nach Polen zurückkehren wolle.

4. Mit Bescheid vom 28.08.2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück, sprach aus, dass Polen für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-Verordnung zuständig sei (Spruchpunkt I.), ordnete gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung nach Polen zulässig sei (Spruchpunkt II.).4. Mit Bescheid vom 28.08.2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurück, sprach aus, dass Polen für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-Verordnung zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.), ordnete gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG die Abschiebung nach Polen zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte begründend im Wesentlichen aus, dass das durchgeführte Konsultationsverfahren die Zuständigkeit Polens – das einer Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin ausdrücklich zugestimmt habe – ergeben habe. Ein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung von Art. 4 GRC beziehungsweise Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Polen systematischer Misshandlung bzw. Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw. dies im Fall einer Rückkehr zu erwarten hätte. Die von ihr geschilderten Übergriffe durch afghanische Flüchtlinge und einen polnischen Polizisten seien als unglaubwürdig zu qualifizieren, zudem hätte die Beschwerdeführerin diesbezüglich die Möglichkeit gehabt, Anzeige an die polnischen Behörden zu erstatten, deren ausreichende Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit anzunehmen sei. Überdies lasse der Umstand, dass sich diese Vorfälle laut Aussagen der Beschwerdeführerin während der Anhaltung aufgrund ihres illegalen Grenzübertritts ereignet hätten, kein Indiz für eine menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern in Polen bzw. dafür, dass der Beschwerdeführerin im Rahmen einer geplanten Überstellung nach der Dublin III-Verordnung erneut eine solche Behandlung drohen würde, erkennen. Vor dem gleichen Hintergrund und angesichts der vorliegenden ausdrücklichen Zustimmungserklärung Polens bestehe auch kein konkretes Risiko, dass die Beschwerdeführerin nach einer geplanten Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens erneut dem Risiko einer Zurückschiebung nach Belarus ausgesetzt sein werde. Eine etwaige Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat werde erst nach einer ausführlichen Refoulementprüfung durch Polen erfolgen. Aus den Feststellungen zur Lage in Polen ergebe sich eine ausreichend gewährleistete Versorgung für Asylwerber. Die Beschwerdeführerin habe keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen in Österreich. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zu keiner Verletzung der Dublin III-Verordnung sowie von Art. 8 EMRK beziehungsweise Art. 7 GRC führe und die Zurückweisung auch unter diesem Aspekt zulässig sei. Im Ergebnis habe sich sohin kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung ergeben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte begründend im Wesentlichen aus, dass das durchgeführte Konsultationsverfahren die Zuständigkeit Polens – das einer Wiederaufnahme der Beschwerdeführerin ausdrücklich zugestimmt habe – ergeben habe. Ein im besonderen Maße substantiiertes glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer Verletzung von Artikel 4, GRC beziehungsweise Artikel 3, EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Polen systematischer Misshandlung bzw. Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw. dies im Fall einer Rückkehr zu erwarten hätte. Die von ihr geschilderten Übergriffe durch afghanische Flüchtlinge und einen polnischen Polizisten seien als unglaubwürdig zu qualifizieren, zudem hätte die Beschwerdeführerin diesbezüglich die Möglichkeit gehabt, Anzeige an die polnischen Behörden zu erstatten, deren ausreichende Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit anzunehmen sei. Überdies lasse der Umstand, dass sich diese Vorfälle laut Aussagen der Beschwerdeführerin während der Anhaltung aufgrund ihres illegalen Grenzübertritts ereignet hätten, kein Indiz für eine menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern in Polen bzw. dafür, dass der Beschwerdeführerin im Rahmen einer geplanten Überstellung nach der Dublin III-Verordnung erneut eine solche Behandlung drohen würde, erkennen. Vor dem gleichen Hintergrund und angesichts der vorliegenden ausdrücklichen Zustimmungserklärung Polens bestehe auch kein konkretes Risiko, dass die Beschwerdeführerin nach einer geplanten Überstellung im Rahmen des Dublin-Verfahrens erneut dem Risiko einer Zurückschiebung nach Belarus ausgesetzt sein werde. Eine etwaige Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat werde erst nach einer ausführlichen Refoulementprüfung durch Polen erfolgen. Aus den Feststellungen zur Lage in Polen ergebe sich eine ausreichend gewährleistete Versorgung für Asylwerber. Die Beschwerdeführerin habe keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen in Österreich. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zu keiner Verletzung der Dublin III-Verordnung sowie von Artikel 8, EMRK beziehungsweise Artikel 7, GRC führe und die Zurückweisung auch unter diesem Aspekt zulässig sei. Im Ergebnis habe sich sohin kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17, Absatz eins, Dublin III-Verordnung ergeben.

5. Gegen diesen, der Beschwerdeführerin am 30.08.2024 zugestellten, Bescheid richtet sich die am 11.09.2024 durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde, zu deren Begründung zusammengefasst ausgeführt wird, dass die Behörde die Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend berücksichtigt habe. Sie habe angegeben, dass sie in Polen wegen ihrer Verletzungen an der rechten Hand und am linken Bein nicht behandelt worden sei und sich zur Behandlung ihrer Wunden und Blutungen an das Rote Kreuz gewendet habe. Im Camp in Polen sei sie nicht behandelt worden und habe auch nichts zu essen erhalten, außer kleine Süßigkeiten. Zudem sei es zu einer Messerattacke durch einen afghanischen Mann gekommen, der ihr drei Schnitte an der rechten Hand zugefügt habe. Die polnische Polizei habe diesen Vorfall beobachtet, aber nichts unternommen. Im Gegenteil hätten die Polizisten Hunde auf sie losgelassen, deren Bisse zu weiteren Verletzungen am linken Bein geführt hätten. Die Behörde komme zum unrichtigen Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin nicht als vulnerabel zu qualifizieren sei und daher keine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Bei einwandfreier Verfahrensführung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass der Beschwerdeführerin in Polen aufgrund ihrer Fluchtgründe, ihres Alters sowie ihres körperlichen und psychischen Zustandes in eine ausweglose Lage geraten werde. 5. Gegen diesen, der Beschwerdeführerin am 30.08.2024 zugestellten, Bescheid richtet sich die am 11.09.2024 durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin eingebrachte Beschwerde, zu deren Begründung zusammengefasst ausgeführt wird, dass die Behörde die Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend berücksichtigt habe. Sie habe angegeben, dass sie in Polen wegen ihrer Verletzungen an der rechten Hand und am linken Bein nicht behandelt worden sei und sich zur Behandlung ihrer Wunden und Blutungen an das Rote Kreuz gewendet habe. Im Camp in Polen sei sie nicht behandelt worden und habe auch nichts zu essen erhalten, außer kleine Süßigkeiten. Zudem sei es zu einer Messerattacke durch einen afghanischen Mann gekommen, der ihr drei Schnitte an der rechten Hand zugefügt habe. Die polnische Polizei habe diesen Vorfall beobachtet, aber nichts unternommen. Im Gegenteil hätten die Polizisten Hunde auf sie losgelassen, deren Bisse zu weiteren Verletzungen am linken Bein geführt hätten. Die Behörde komme zum unrichtigen Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin nicht als vulnerabel zu qualifizieren sei und daher keine Verletzung des Artikel 3, EMRK vorliege. Bei einwandfreier Verfahrensführung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass der Beschwerdeführerin in Polen aufgrund ihrer Fluchtgründe, ihres Alters sowie ihres körperlichen und psychischen Zustandes in eine ausweglose Lage geraten werde.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 13.09.2024 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Nach einer auf § 20 AsylG 2005 gestützten Unzuständigkeitsanzeige des Leiters der ursprünglich zuständigen Gerichtsabteilung wurde die Rechtssache am 16.09.2024 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen. 6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 13.09.2024 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Nach einer auf Paragraph 20, AsylG 2005 gestützten Unzuständigkeitsanzeige des Leiters der ursprünglich zuständigen Gerichtsabteilung wurde die Rechtssache am 16.09.2024 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine volljährige Staatsangehörige Somalias, stellte am 23.07.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass sie zuvor am 26.06.2024 im Zusammenhang mit der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz (Kategorie 1) in Polen erkennungsdienstlich behandelt wurde. Die Beschwerdeführerin war aus Belarus kommend unrechtmäßig nach Polen gelangt und reiste während der Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz in Polen unrechtmäßig nach Österreich weiter. Das Gebiet der „Dublin-Staaten“ wurde von der Beschwerdeführerin zwischenzeitig nicht wieder verlassen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 25.07.2024 ein auf Art. 18 Abs. lit. b Dublin III-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Polen, dem Polen mit Schreiben vom 31.07.2024 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-Verordnung zustimmte.Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 25.07.2024 ein auf Artikel 18, Abs. Litera b, Dublin III-Verordnung gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Polen, dem Polen mit Schreiben vom 31.07.2024 gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-Verordnung zustimmte.

Die Zuständigkeit Polens zur Durchführung des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin ist weiterhin gegeben.

1.2. Die Beschwerdeführerin hat in Polen als Dublin-Rückkehrerin Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren und materiellen Versorgungsleistungen. Ein konkretes Risiko, dass die Beschwerdeführerin ohne inhaltliche Prüfung ihres Antrages auf internationalen Schutz nach Somalia abgeschoben werden würde, besteht nicht. Sie unterliegt im Fall einer Überstellung nach Polen nicht der konkreten Gefahr, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Zur Lage in Polen wird im Einzelnen Folgendes festgestellt (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 28.06.2024):

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Ausländeramt (poln.: Urz?d do Spraw Cudzoziemców [UDSC]; engl.: Office for Foreigners), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024; vgl.UDSC o.D.a, USDOS 23.4.2024):

(ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024)

Im Jahr 2023 wurden 9.513 Asylanträge gestellt. Im selben Zeitraum erhielten 602 Personen internationalen Schutz, 4.029 subsidiären Schutz, 42 humanitären Schutz, außerdem gab es 1.066 inhaltlich negative Entscheidungen ("in merit rejection") (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Im ersten Quartal 2024 war die Zahl der Anträge auf internationalen Schutz um ca. 30 % höher als im Vergleichszeitraum 2023. Die meisten Fälle betrafen Ukrainer (1.200 Personen), Belarussen (1.000) und Russen (300). Im ersten Quartal 2024 hat das Ausländeramt Entscheidungen betreffend 2.000 Personen getroffen, von denen 1.200 positiv ausfielen [Belarussen (670 Personen), Ukrainer (410), Russen (50)]. 400 Personen erhielten negative Bescheide [Russen (170 Personen, Belarussen (30), Ägypter (30)]. Für fast 400 Personen endeten die Verfahren mit einer Einstellung. Am häufigsten werden die Verfahren eingestellt, wenn ein Ausländer Polen verlassen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache getroffen wurde. Die gesetzliche Frist für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz beträgt im Prinzip 6 Monate. Im ersten Quartal 2024 war die durchschnittliche Dauer der vom Ausländeramt durchgeführten Verfahren um ca. 1,5 Monate kürzer (UDSC 18.4.2024).

Es gibt auch einen nationalen Schutzstatus namens Asyl. Wenn es im Interesse des Staates liegt, kann ein Fremder in einem separaten Verfahren diese Schutzform erhalten. Die Entscheidung ist also eine politische und im Laufe der Jahre wurde dieses Verfahren nur selten angewendet (fünf positive Fälle im Jahr 2023, acht Fälle 2022, drei Fälle 2021) (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024). (Wenn in dieser Länderinformation von "Asyl" die Rede ist, ist ausdrücklich internationaler Schutz und nicht die nationale Schutzform Asyl gemeint, es sei denn, es wird anderes angemerkt; Anm. der Staatendokumentation.) Es gibt auch einen nationalen Schutzstatus namens Asyl. Wenn es im Interesse des Staates liegt, kann ein Fremder in einem separaten Verfahren diese Schutzform erhalten. Die Entscheidung ist also eine politische und im Laufe der Jahre wurde dieses Verfahren nur selten angewendet (fünf positive Fälle im Jahr 2023, acht Fälle 2022, drei Fälle 2021) (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024). (Wenn in dieser Länderinformation von "Asyl" die Rede ist, ist ausdrücklich internationaler Schutz und nicht die nationale Schutzform Asyl gemeint, es sei denn, es wird anderes angemerkt; Anmerkung der Staatendokumentation.)

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (o.D.a): Tasks carried out by the Office for Foreigners, https://www.gov.pl/web/udsc-en/tasks-carried-out-by-the-office-for-foreigners, Zugriff 20.6.2024

?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (18.4.2024): Post?powania dotycz?ce ochrony mi?dzynarodowej w I kwartale roku [Internationales Verfahren im ersten Quartal des Jahres], https://www.gov.pl/web/udsc/postepowania-dotyczace-ochrony-miedzynarodowej-w-i-kwartale-roku, Zugriff 24.6.2024?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (18.4.2024): Post?powania dotycz?ce ochrony mi?dzynarodowej w römisch eins kwartale roku [Internationales Verfahren im ersten Quartal des Jahres], https://www.gov.pl/web/udsc/postepowania-dotyczace-ochrony-miedzynarodowej-w-i-kwartale-roku, Zugriff 24.6.2024

?        USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Poland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107745.html, Zugriff 20.6.2024

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Hat ein Antragsteller Polen verlassen, ohne sein Asylverfahren abzuwarten, kann dieses innerhalb von neun Monaten ab Einstellung wiedereröffnet werden. Sind diese neun Monate verstrichen, wird der Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. Wurde Polen während einer laufenden Beschwerde verlassen und das Beschwerdeverfahren vom Refugee Board (1. Beschwerdeinstanz) folglich eingestellt, gibt es keine Möglichkeit, dieses wieder aufzunehmen, auch nicht innerhalb der Frist von neun Monaten - ein neuerlicher Antrag des Rückkehrers würde als Folgeantrag betrachtet (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Im Jahr 2023 wurden 2.297 Asylverfahren eingestellt, die überwiegende Mehrheit, weil der Antrag implizit zurückgezogen wurde (z. B. Nichtmeldung in der Aufnahmeeinrichtung nach Antragstellung; Verlassen der Aufnahmeeinrichtung ohne Rückkehr innerhalb von 7 Tagen; Nichterscheinen zum Interview; Verlassen des Landes). Im selben Jahr 2023 registrierte die Asylbehörde 185 Anträge auf Wiedereröffnung des Verfahrens, die innerhalb der 9-Monats-Frist eingereicht wurden, und stellte 70 Entscheidungen betreffend Zulässigkeit aus. Über die Zahl der Anträge, die nach Ablauf der 9-Monats-Frist gestellt wurden, liegen keine Informationen vor, aber 1.473 Personen haben 2023 einen Folgeantrag gestellt, von denen 814 als unzulässig betrachtet wurden. Eine NGO berichtete, dass selbst in Fällen, in denen Rückkehrer zur Wiedereröffnung ihres Verfahrens berechtigt wären, die Grenzwache diese dazu bringe, stattdessen einen Folgeantrag zu stellen, der dann auf Zulässigkeit geprüft wird. In der Regel werden Folgeanträge welche auf denselben Sachverhalten beruhen wie der erste, als unzulässig betrachtet (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Im Falle der Rücküberstellung von Ausländern aus anderen Mitgliedsstaaten nach Polen im Rahmen der Dublin-III-Verordnung werden diese, wenn ihr Asylverfahren noch läuft, meist an eine offene Aufnahmestelle des Fremdenamtes weitergeleitet, wo sie versorgt werden (soziale Unterstützung, medizinischer Versorgung und Unterbringung). Bei u. a. erheblicher Fluchtgefahr, zur Vollstreckung der Außerlandesbringung, oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, kann der Rückkehrer auch festgenommen werden und in einem bewachten Flüchtlingszentrum oder in einer Hafteinrichtung für Ausländer untergebracht oder alternative Maßnahmen zur Inhaftierung angewendet werden (VB Warschau 20.6.2024).

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        VB Warschau - Verbindungbeamter des BMI in Polen (20.6.2024): Bericht des VB, per E-Mail

Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Die Identifizierung von vulnerablen Gruppen geschieht durch die Grenzwache bei der Registrierung des Asylantrags bzw. durch die Asylbehörde. Als vulnerabel gelten in Polen laut Gesetz Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, Alleinerziehende, Opfer von Menschenhandel, ernsthaft Kranke, psychisch Beeinträchtigte, Folteropfer und Opfer psychischer, physischer bzw. sexueller Gewalt. Die Behörde ist verpflichtet, bei Verfahren von Angehörigen dieser Gruppen unmittelbar nach Antragstellung, bzw. zu jedem Zeitpunkt im Verfahren, zu prüfen, ob sie spezielle Bedürfnisse haben. Dazu kann die Behörde eine medizinische oder psychologische Untersuchung des Antragstellers veranlassen. Betroffene können eine solche Untersuchung auch selbst veranlassen, müssen diese dann aber auch selbst finanzieren. Wer die Untersuchung verweigert, hat auch keinen Anspruch auf besondere Behandlung. Seit Juni 2019 wird jeder Asylwerber, der den sogenannten epidemiologischen Filter (medizinische Eingangsuntersuchung) durchläuft, auch einem Vulnerabilitätsscreening unterzogen. NGOs behaupten regelmäßig, dass das im polnischen Gesetz vorgesehene Identifikationssystem für Vulnerable in der Praxis nicht funktioniert. Besonders moniert wird, dass die Behörde prinzipiell keine Experten hinzuziehen muss, um Folteropfer zu identifizieren. An der Grenze wendet die Grenzwache eigene Identifizierungsmechanismen an, um Opfer von Menschenhandel oder von Folter zu erkennen bzw. um die Haftfähigkeit festzustellen. Auch diese sind Gegenstand der Kritik (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen sind entsprechend unterzubringen. Spezielle Unterbringungsbedürfnisse bestehen, wenn Folgendes notwendig ist: behindertengerechte Unterbringung; Unterbringung in einem Einzelzimmer für alleinstehende Frauen mit Kindern; Unterbringung in einer medizinischen (Pflege-)Einrichtung (auch wegen psychologischer Gründe); Beachtung angepasster Ernährung. Behinderte, Alte, Schwangere und Alleinerziehende sind nach Antragstellung, Dublin-Rückkehr oder etwaiger Entlassung aus der Haft, von der Grenzwache in ein Unterbringungszentrum zu transportieren, was aber in der Praxis selten vorkommt. Andere vulnerable Gruppen müssen generell selbst dorthin reisen. Es gibt keine eigenen Zentren für psychisch beeinträchtigte Asylwerber oder andere Vulnerable, außer für Frauen. Einige der Unterbringungszentren in Polen sind behindertengerecht angepasst. Einige Zentren haben spezielle Eingänge und Bäder für Rollstuhlfahrer, andere Zentren haben gewisse Maßnahmen für diese Gruppe umgesetzt. Die Behörde gibt an, dass es den Transport für die medizinischen Untersuchungen und Rehabilitationsmaßnahmen sowie bei Bedarf auch Spezialgeräte bereitstellt. Dennoch bezeichnet der Menschenrechtskommissar die Vorbereitung der Zentren auf die Unterbringung Behinderter als eingeschränkt. Das Zentrum für alleinstehende Frauen und solche mit Kindern in Warschau wurde im August 2021 geschlossen und Frauen mit Kindern daher seither im Aufnahmezentrum Podkowa Le?na-Debak in einem separaten, eigens für diesen Zweck renovierten Gebäude mit 138 Plätzen, untergebracht. Ein weiteres Zentrum für alleinstehende Frauen und solche mit Kindern in Jachranka ist in Planung. Das Gesetz fördert für alleinstehende Frauen das Leben außerhalb des Zentrums. Wenn nötig wird eine finanzielle Unterstützung gewährt. Seit 2008 hat die Behörde eine spezielle Vereinbarung mit der Polizei, UNHCR, der Stiftung "La Strada" und dem Rechtshilfezentrum Halina Niec getroffen, um geschlechtsspezifische Gewalt in Aufnahmezentren besser zu erkennen, zu verhindern und darauf zu reagieren. Für alle Aufnahmezentren wurden spezielle Teams gebildet. Ihre Aufgabe ist es Gewalttaten in den Aufnahmezentren wirksam zu verhindern und schnell zu reagieren, wenn es zu solchen kommt. 2023 wurden ca. 20 Fälle von Gewalt (jede Art von Gewalt, nicht nur geschlechtsspezifische) von den speziellen Teams behandelt (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

UNHCR berichtete, dass es in den Zentren für Asylwerber keine größeren oder anhaltenden Probleme mit Missbrauch gab. In den Zentren kam es zu einigen Vorfällen von geschlechtsspezifischer Gewalt, aber UNHCR berichtete, dass lokale Teams aus Ärzten, Psychologen, Polizisten und Sozialarbeitern diese Fälle behandelten (USDOS 23.4.2024).

[…]

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (o.D.b): Rights and obligations – applicant, https://www.gov.pl/web/udsc-en/rights-and-obligations-applicant, Zugriff 20.6.2024

?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (o.D.c): Unaccompanied minors, https://www.gov.pl/web/udsc-en/unaccompanied-minors, Zugriff 20.6.2024

?        USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Poland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107745.html, Zugriff 20.6.2024

Non-Refoulement

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Polen verfügt über keine Liste sicherer Herkunftsstaaten und keine Liste sicherer Drittstaaten und wendet diese Konzepte nicht an. Gemäß polnischem Asylgesetz gilt ein Asylantrag als unzulässig, wenn ein anderes Land existiert, in dem der Antragsteller als Flüchtling behandelt wird und dort Schutz genießen kann bzw. in anderer Form vor Refoulement geschützt ist. Das Konzept des ersten Asyllandes wurde jedoch 2022 und 2023 in keinem Fall angewendet (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Es gibt keine Berichte oder Anschuldigungen, dass Polen belarussische Staatsbürger, die in Polen Asyl beantragten, nach Belarus oder Personen aus Drittländern in ihre Verfolgerländer zurückschickte (USDOS 23.4.2024).

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Poland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107745.html, Zugriff 20.6.2024

SITUATION AN DER POLNISCH-BELARUSSISCHEN GRENZE

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Im Laufe des Jahres 2023 nutzte die polnische Regierung weiterhin die Gesetzesänderungen aus dem Jahr 2021, die es dem Grenzschutz erlaubten, Migranten, die die Grenze irregulär überquert hatten, nach Belarus zurückzuschieben. Die Migranten waren in erster Linie afrikanischer oder nahöstlicher Herkunft und versuchten, über Belarus in die EU einzureisen, häufig auf dem Umweg über Russland. Die polnische Regierung befürchtete, die Anwesenheit der Söldnergruppe Wagner in Belarus in der Nähe der Grenze erhöhe die Möglichkeit, dass Akteure versuchen könnten, als Migranten getarnt in Polen einzureisen (USDOS 23.4.2024).

Der Zugang zum polnischen Territorium von Belarus aus war auch 2023 ein Problem. Es gibt Berichte über verbale und physische Gewalt durch Grenzschutzbeamte gegen Migranten. Zwei Gesetzesänderungen, welche den Zugang zum Asylrecht für irregulär eingereiste Personen einschränken und als Reaktion auf die Krise an der belarussischen Grenze im Jahr 2021 eingeführt wurden, sind mit Stand Mai 2024 noch in Kraft, obwohl diese Bestimmungen vor inländischen Gerichten angefochten wurden. Bei der ersten handelt es sich um die Verordnung über den grenzüberschreitenden Verkehr, die den Grenzschutz ermächtigt, Drittstaatsangehörige allein auf der Grundlage einer mündlichen Anweisung an der Grenzlinie zurückzuweisen; bei der zweiten geht es um das im Oktober 2021 geänderte Ausländergesetz (insbesondere Artikel 303b des Ausländergesetzes), das es dem Grenzschutz erlaubt, Drittstaatsangehörigen, die nach einem irregulären Grenzübertritt aufgegriffen werden, eine sofort vollstreckbare "Anordnung zum Verlassen der Republik Polen" zu erteilen. NGO-Berichten zufolge besagen alle bis Juli 2023 gefällten Urteile der Woiwodschaftsgerichte zu Zurückschiebungen, dass diese in den meisten Fällen rechtswidrig waren, unabhängig davon, ob die Rückführung auf der Grundlage der Verordnung oder des Ausländergesetzes erfolgte. Dennoch scheint die nationale Rechtsprechung keinen Einfluss auf die Praxis der zuständigen Behörden gehabt zu haben (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Menschenrechtsorganisationen äußerten Bedenken, dass Asylwerber und andere gefährdete Personen an der Grenze zu Belarus keinen angemessenen Zugang zu Schutz und Hilfe hätten. Es gab Vorwürfe, Polen verhindere den Zugang zu seinem Hoheitsgebiet und dränge Migranten und Asylwerber aus Drittländern nach Belarus zurück, wo ihnen Misshandlung drohte (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 11.4.2024, HRW 11.1.2024). Menschenrechtsorganisationen äußerten Bedenken, dass Asylwerber und andere gefährdete Personen an der Grenze zu Belarus keinen angemessenen Zugang zu Schutz und Hilfe hätten. Es gab Vorwürfe, Polen verhindere den Zugang zu seinem Hoheitsgebiet und dränge Migranten und Asylwerber aus Drittländern nach Belarus zurück, wo ihnen Misshandlung drohte (USDOS 23.4.2024; vergleiche FH 11.4.2024, HRW 11.1.2024).

Menschenrechtsorganisationen erklärten, die Pushbacks verstießen gegen die internationalen Verpflichtungen zum Schutz von Asylwerbern im polnischen Hoheitsgebiet (USDOS 23.4.2024).

Mit Stand Ende 2023 sind angeblich mindestens 55 Personen an der polnisch-belarussischen Grenze gestorben, während viele andere Verletzungen und andere gesundheitliche Probleme erlitten haben sollen, die nicht ausreichend oder gar nicht behandelt worden seien (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Bis Ende Januar 2024 übermittelte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) 11 Fälle bezüglich sogenannter Pushbacks an der polnisch-belarussischen Grenze. Sie betreffen 23 Antragsteller und 84 Drittstaatsangehörige (16 Minderjährige), die hauptsächlich aus Afghanistan (37 Personen), Irak (26) und Syrien (16) stammen. Die Antragsteller berufen sich unter anderem auf Verstöße gegen die Artikel 3 und 13 der EMRK sowie gegen Artikel 4 des Protokolls Nr. 4 EMRK, aber auch auf Artikel 2 (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        FH - Freedom House (11.4.2024): Nations in Transit 2024 - Poland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107355.html, Zugriff 24.6.2024

?        HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Poland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103218.html, Zugriff 24.6.2024

?        USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Poland, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107745.html, Zugriff 20.6.2024

Versorgung

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Das Ausländeramt (Asylbehörde) ist zuständig für die Versorgung der Asylwerber in Polen. Das Recht auf Versorgung entsteht nicht direkt mit der Antragstellung, sondern mit der Registrierung in einem Erstaufnahmezentrum (lediglich das Recht auf medizinische Versorgung besteht ab Antragstellung). Dies sollte binnen zwei Tagen erfolgen (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024; UDSC o.D.b), da ansonsten das Verfahren eingestellt wird, was 2023 389 Mal der Fall war. Aufnahmebedingungen werden gewährt bis zwei Monate nach einer endgültigen positiven Asylentscheidung; oder bis 14 Tage nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die Einstellung des Asylverfahrens (z. B. in Zulassungsverfahren); oder bis 30 Tage nach einer endgültigen negativen Asylentscheidung der Asylbehörde oder der ersten Beschwerdeinstanz, nicht aber während weiterer Beschwerden vor einem Woiwodschaftsverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, außer das Gericht erkennt dieses Recht wieder zu. In der Praxis umgehen Antragsteller dieses Problem, indem sie rechtzeitig Folgeanträge stellen (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Wurde ohne Schuld des Antragstellers nach sechs Monaten noch keine Entscheidung in seinem Asylverfahren getroffen, hat er Zugang zum Arbeitsmarkt. In der Praxis ist es aber schwer, in Polen einen Job zu finden. In der Praxis sind aber die Unterbringungszentren oft weit von Arbeitsmöglichkeiten entfernt, in strukturschwachen Gegenden gelegen. Auch die Sprachbarriere und Diskriminierung, z. B. bei der Bezahlung, sind ein Problem. 2023 wurde der Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber von einigen NGOs unterstützt, die in den Aufnahmezentren tätig sind (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Auf der Webseite der Behörde ist eine Liste mit mehr als 20 Organisationen verfügbar, welche Asylwerbern/Fremden verschiedenste Hilfestellung bieten (UDSC o.D.b).

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (o.D.b): Rights and obligations – applicant, https://www.gov.pl/web/udsc-en/rights-and-obligations-applicant, Zugriff 20.6.2024

UNTERBRINGUNG

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Es gibt zwei Formen von materiellen Aufnahmebedingungen. Die Asylwerber können in einem Aufnahmezentrum wohnen oder finanzielle Unterstützung erhalten, welche die Kosten für die private Unterbringung decken soll. In der Praxis ist letztere Möglichkeit beliebter (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 11,- (EUR 2,58)/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,- (EUR 11,72)/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,- (EUR 4,69)/Monat) und eine Einmalzahlung (bzw. Coupons) für Bekleidung (PLN 140,- (EUR 32,83). Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten PLN 25,- (EUR 5,86)/Tag für eine Einzelperson bis hin zu PLN 12,50 (EUR 2,93) pro Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern als finanzielle Beihilfe. Beide Gruppen erhalten einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024; vgl. UDSC o.D.d). Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 11,- (EUR 2,58)/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,- (EUR 11,72)/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,- (EUR 4,69)/Monat) und eine Einmalzahlung (bzw. Coupons) für Bekleidung (PLN 140,- (EUR 32,83). Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten PLN 25,- (EUR 5,86)/Tag für eine Einzelperson bis hin zu PLN 12,50 (EUR 2,93) pro Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern als finanzielle Beihilfe. Beide Gruppen erhalten einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024; vergleiche UDSC o.D.d).

NGOs kritisieren immer wieder die finanziellen Zuwendungen für Asylwerber in den Zentren als zu niedrig, weswegen NGOs und Privatpersonen in den Zentren kontinuierlich humanitäre Hilfe leisten. Die Höhe der Unterstützung für Asylwerber außerhalb der Zentren wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard führen zu können. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten Asylwerber ihr Asylverfahren abwickeln, sind schwer bis unmöglich abzudecken. Asylwerber außerhalb der Zentren wohnen daher oft zu mehreren in beengten Wohnungen und unsicheren Verhältnissen. Daher arbeiten viele Asylwerber illegal, um ihre Mieten bezahlen zu können (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Offiziell gibt es keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylwerbern. Wenn jedoch das Zentrum grundlos für mehr als zwei Tage verlassen wird, wird die Unterstützung bis zur Rückkehr einbehalten. Die Asylbehörde entscheidet, in welche Aufnahmeeinrichtung Asylsuchende aufgenommen werden. In der Praxis bleiben Kernfamilien generell im selben Zentrum. Auch Vulnerabilität oder die Fortsetzung der medizinischen Behandlung wird bei dieser Entscheidung berücksichtigt. Aus dem Erstaufnahmezentrum werden Asylwerber nach einigen Tagen in andere Zentren verlegt (je nachdem, wie lange das epidemiologische Filterverfahren dauert usw.) (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

In Polen gibt es neun Unterbringungszentren mit insgesamt 1.479 Plätzen. 2023 dienten die Zentren Podkowa Le?na-D?bak und Bia?a Podlaska als Erstaufnahmezentren (für Registrierung, medizinische Untersuchungen usw.). Die übrigen Zentren (Bia?ystok, Czerwony Bór, Bezwola, ?ukow, Grupa und Linin und Kolonia-Horbów) sind über ganz Polen verstreute Unterbringungszentren und außer Bia?ystok alle in ländlichen Gebieten oder in Wäldern und entsprechend schwer zu erreichen. Alle Zentren unterstehen der polnischen Asylbehörde UDSC, fünf der Zentren werden von Vertragspartnern geführt. Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren sind unterschiedlich. Gewisse Grundlagen müssen vertraglich erfüllt werden, der Rest ist abhängig vom Willen und den finanziellen Möglichkeiten des Vertragspartners. Die Unterbringungsbedingungen sind heute generell besser als früher, werden laut NGOs von den Untergebrachten selbst aber als eher dürftig bewertet (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024). Alle diese Zentren sind offen, das bedeutet, sie dürfen bis 23.00 Uhr frei verlassen und betreten werden (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Ende 2023 lebten 656 Asylwerber in den Zentren und 3.493 lebten außerhalb der Zentren und erhielten entsprechende Unterstützung (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Derzeit verfügt Polen über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) mit zusammen 877 Plätzen (an anderer Stelle: 791, Anm.) und ein sogenanntes rigoroses Haftzentrum mit 24 Plätzen. Geschlossene Zentren sind für Asylwerber und Migranten gleichermaßen verwendbar. Ein rigoroses Haftzentrum ist gefängnisähnlicher und dient etwa der Unterbringung von Personen, welche die Regeln in geschlossenen Zentren verletzt haben. Geschlossene Unterbringung ist für Asylwerber in Polen prinzipiell in jeglichem Verfahren aus einer Reihe von Gründen (z. B. Identitätsabklärung, Fluchtgefahr, Sicherheitsgründe) für max. sechs Monate möglich. Schubhaft ist für maximal 18 Monate möglich (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).Derzeit verfügt Polen über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) mit zusammen 877 Plätzen (an anderer Stelle: 791, Anmerkung und ein sogenanntes rigoroses Haftzentrum mit 24 Plätzen. Geschlossene Zentren sind für Asylwerber und Migranten gleichermaßen verwendbar. Ein rigoroses Haftzentrum ist gefängnisähnlicher und dient etwa der Unterbringung von Personen, welche die Regeln in geschlossenen Zentren verletzt haben. Geschlossene Unterbringung ist für Asylwerber in Polen prinzipiell in jeglichem Verfahren aus einer Reihe von Gründen (z. B. Identitätsabklärung, Fluchtgefahr, Sicherheitsgründe) für max. sechs Monate möglich. Schubhaft ist für maximal 18 Monate möglich (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Quellen

?        ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia - Lysienia, Maja (Autor), European Council on Refugees and Exiles (Herausgeber), Rusilowicz, Karolina (Autor), Ostaszewska-Zuk, Ewa (Autor) (6.2024): Country Report: Poland; 2023 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2024/06/AIDA-PL_2023-Update.pdf, Zugriff 14.6.2024

?        UDSC - Urz?d do Spraw Cudzoziemców [Asylbehörde, Polen] (o.D.d): Types of assistance, https://www.gov.pl/web/udsc-en/types-of-assistance, Zugriff 20.6.2024

MEDIZINISCHE VERSORGUNG

Letzte Änderung 2024-06-28 07:11

Asylwerber in Polen haben ab Registrierung ihres Asylantrags Anspruch auf materielle Versorgung, lediglich das Recht auf medizinische Versorgung gilt in Notfällen bereits ab Asylantragstellung. Das gesetzlich garantierte Recht auf medizinische Versorgung für Asylwerber gilt im selben Ausmaß wie für versicherte polnische Staatsbürger und besteht auch dann weiter, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder eingestellt wird. Die medizinische Versorgung von Asylwerber wird öffentlich finanziert. Die medizinische Grundversorgung wird über die Krankenreviere der Unterbringungszentren gewährleistet, in denen pro 40 Asylwerber ein Arzt drei Ordinationsstunden und eine Pflegekraft sieben Ordinationsstunden leisten. Für je 40 weitere Asylwerber sind je drei Stunden pro Woche mehr für Arzt und Pflegekraft vorgesehen. Der Arzt arbeitet zumindest zwei Tage die Woche ins Zentrum, die Pflegekraft fünf Tage. Zusätzlich sind für je 50 Kinder im Zentrum vier Ordinationsstunden pro Woche für einen Kinderarzt mit zusätzlichen zwei Stunden für je 20 weitere Kinder vorgesehen. Ein Kinderarzt kommt mindestens an zwei Tagen pro Woche ins Zentrum (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Für Personen mit psychischen Problemen arbeiten in allen Zentren Psychologen im Ausmaß von zumindest fünf Wochenstunden pro 120 Asylwerber mit zusätzlich einer Stunde für je 50 weitere Asylwerber. Diese Psychologen bieten grundlegende Konsultationen an. Weiterführend können Asylwerber an einen Psychiater oder ein psychiatrisches Krankenhaus überwiesen werden. Nach Ansicht einiger Experten und vieler NGOs ist eine spezialisierte Behandlung von Folteropfern bzw. traumatisierten Asylwerbern in der Praxis nicht verfügbar. NGOs beklagen unzureichende Behandlungsmöglichkeiten für Personen mit PTBS, da die verfügbare psychologische Unterstützung als Intervention und nicht als reguläre Therapie betrachtet wird. Es mangelt an Psychologen, die darauf vorbereitet sind, mit schutzbedürftigen und traumatisierten Asylwerbern zu arbeiten. Es gibt zu wenig spezialisierte NGOs, die psychologische Konsultationen und Behandlungen für Asylwerber anbieten (ECRE/Rusilowicz/Ostaszewska-Zuk/Lysienia 6.2024).

Die medizinische Versorgung von Asylwerbern wird durch die Firma Petra Medica gewährleistet, mit der die Behörde einen Vertrag abgeschlossen hat, dessen Umsetzung auch überwacht wird. Dieser Vertrag wurde am 31.7.2023 erneuert, trotz anhaltender Kritik an Petra Medica. Insbesondere wird manchmal Asylwerbern der Zugang zu teureren Behandlungen verweigert und erst nach Interventionen von NGOs und monatelangem Streit gewährt. Eine der größten Hürden beim Zugang zu medizinischer Versorgung sind mangelnde interkulturelle Kompetenz und Sprachkenntnisse. Petra Medica ist verpflichtet für geeignete Übersetzung bei medizinischen/psychologischen Konsultationen zu sorgen, doch NGOs äußern Kritik an der Verfügbarkeit und Qualität dieser Übersetzungen. Ebenfalls ein Problem

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten