TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/25 94/08/0036

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Veröffentlicht am 25.04.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §833;
ABGB §836;
BSVG §23 Abs1;
BSVG §23 Abs2;
BSVG §23 Abs3 litd;
BSVG §23 Abs5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des J in V, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Jänner 1994, Zl. 5-230 Ta 5/21-90, betreffend Höhe der Beitragsgrundlagen nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Wien III, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 91/08/0096, zu entnehmen. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist noch folgendes von Bedeutung:

Mit Bescheid vom 18. September 1990 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt unter anderem gemäß den §§ 23, 32 BSVG die (für die Beitragspflicht des Beschwerdeführers in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung bedeutsamen) monatlichen Beitragsgrundlagen für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis "laufend" ziffernmäßig (für die Zeit ab 1. Jänner 1990 mit S 10.199,--) fest. Bei der Ermittlung dieser Beitragsgrundlagen ging sie unter anderem davon aus, daß der Beschwerdeführer seit 1980 von WH 3,145 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen (der EZ 23, KG X) gepachtet habe, wodurch sich der der Bildung des Versicherungswertes zugrundezulegende Einheitswert gemäß § 23 Abs. 3 lit. d BSVG um S 13.000,-- auf S 79.500,-- bzw. ab 1. Oktober 1987 auf S 108.700,-- erhöht habe. Dabei stützte sich die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt auf "aufliegende Meldungen und Bestätigungen"; bezogen auf den Beschwerdefall darauf, daß Miteigentümer der Liegenschaft EZ 23, KG X, RH zu 8/24, AH zu 6/24, HH zu 5/24 und WH zu 5/24 seien, auf die telefonische Mitteilung des WH vom 11. September 1990, wonach die genannte Fläche "von 1980 bis lfd. an (den Beschwerdeführer) verpachtet ist" und seine schriftliche Mitteilung vom 12. September 1990, wonach der Beschwerdeführer für die gegenständlichen Pachtgründe in den Jahren 1980 bis 1988 jährlich S 1.000,-- an Pacht bezahlt habe.

Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer nur insoweit, als seiner Auffassung nach diese "Pachtflächen" zu Unrecht bei der Feststellung des Versicherungwertes mitberücksichtigt worden seien.

Im Einspruch sowie in weiteren Schriftsätzen im Einspruchsverfahren (vom 7. Dezember 1990, vom 23. Februar 1993, vom 25. Mai 1993 und 6. September 1993) und in seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 8. Juni 1993 hielt er zunächst seine diesbezüglichen Behauptungen in der niederschriftlichen Vernehmung vor der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 6. Juni 1990 aufrecht, wonach er die gegenständlichen Flächen nicht gepachtet, sondern auf ihnen lediglich im Auftrag der Eigentümer Mäharbeiten zum Zwecke der Verhinderung einer Verwilderung dieser Flächen durchgeführt habe, und überdies in den Jahren 1987, 1988 und 1989 auf diesen Grundstücken Kanalbauarbeiten durchgeführt worden seien, sodaß in diesen Jahren eine Bewirtschaftung überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Ergänzend bzw. modifizierend brachte er folgendes vor: 1. WH sei als Minderheitseigentümer gar nicht berechtigt gewesen, allein einen rechtsgültigen Pachtvertrag abzuschließen. Unabhängig davon sei 2. die angenommene "Pachtfläche" zu groß; die Liegenschaft EZ 23, KG X, weise zum Teil äußerst steiles und zum Teil versumpftes Gelände auf. Wenn schon ein "Pachtverhältnis" angenommen werde, so könne höchstens eine Fläche von 1 ha als Nutzfläche angesprochen werden; die restliche Fläche sei als unproduktiv anzusehen. Außerdem sei während der behaupteten Pachtzeit von der Marktgemeinde V über die "Pachtgrundstücke" der Kanal verlegt worden. Die Annahme eines Hektarsatzes von S 6.000,-- für die von ihm "gepachteten" Grundstücke sei auf jeden Fall zu hoch.

3. (erst ab der Stellungnahme vom 23. Februar 1993): Er habe mit WH gar keine Vereinbarungen getroffen; ihn kenne er gar nicht (später: er habe ihn nur einmal gesehen, er kenne ihn nur flüchtig). Vereinbarungen habe er nur mit RH getroffen. Dieser habe ihm "aus Gefälligkeit erlaubt", vom fraglichen Grund 1 ha abzumähen, bzw. sei auch er der Familie H gefällig gewesen und habe das Gras von der fraglichen Fläche im Ausmaß von 1 ha abgemäht. Er habe dem RH ein-, zwei- oder höchstens dreimal

S 1.000,-- gegeben, aber nur deshalb, weil dieser ihm dafür Brennholz überlassen habe. Das abgemähte Gras sei zum Verfüttern völlig untauglich gewesen, er habe es nur zum Einstreuen verwenden können. Mit September 1990 habe er jegliche Grasentnahme vollkommen eingestellt. 4. (in seiner Stellungnahme zu den Aussagen der Zeugen WH und RH sowie des zur Frage der Dauer der Kanalisierungsarbeiten vernommenen Zeugen Johann W): Er habe mit RH nicht, wie dieser und WH bekundet hätten, einen mündlichen Pachtvertrag betreffend die gegenständlichen Flächen abgeschlossen bzw. sei ein solcher mangels Willensübereinstimmung zwischen den Vertragsparteien nicht zustande gekommen, weil der alleinige Grund dafür, daß er die Wiese abgemäht habe, der gewesen sei, daneben Holz entnehmen zu können. Dafür habe er auch, allerdings nicht jährlich, S 1.000,-- bezahlt. Dafür spreche, daß er auf dieses Heu nicht angewiesen gewesen sei, weil er neben dieser gegenständlichen Liegenschaft genügend Wiesenflächen für seine Tiere gehabt habe und zudem das auf der gegenständlichen Liegenschaft geerntete Heu nur minderwertig gewesen sei. Hinsichtlich der behaupteten Kanalisierungsarbeiten in den Jahren 1987 bis 1989 blieb er dabei, daß in diesen Jahren eine Brache vorgelegen und deshalb eine Bewirtschaftung ausgeschlossen gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid mit der Maßgabe, daß die monatliche Beitragsgrundlage für die Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1991 nur S 9795,-- betrage.

Dieser Entscheidung legte die belangte Behörde folgende Feststellungen zugrunde: Der Beschwerdeführer habe von RH als Miteigentümer und Verwalter der gemeinschaftlichen Liegenschaft und von drei weiteren Miteigentümern 3,145 ha an landwirtschaftlich genutzten Flächen der Liegenschaft EZ 23, KG X, gepachtet. Dieses mündlich vereinbarte Pachtverhältnis habe spätestens im Jahre 1983 begonnen. Es sei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt nicht gemeldet worden. WH und RH seien als Miteigentümer und Verwalter der gemeinschaftlichen Liegenschaft zum Abschluß eines Pachtvertrages berechtigt gewesen, und zwar auch namens der beiden anderen Miteigentümer. Der Beschwerdeführer habe die genannten landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgrund des Pachtvertrages auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschaftet. Es handle sich hiebei um ein teilweises steiles, aber nur zum geringsten Teil versumpftes Gelände. Zweifellos sei eine größere Fläche als 1 ha als Nutzfläche anzusprechen. Der Beschwerdeführer habe die Mäharbeiten im eigenen Interesse durchgeführt und habe die Heuernte im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb verwendet. Ein Teil des abgemähten Grases sei jedenfalls als Viehfutter verwendbar. Die Mäharbeiten seien also keinesfalls aus Gefälligkeit erfolgt. Selbstverständlich habe durch die Verpachtung auch der Wiesengrund vor Verwilderung geschützt werden sollen. Der Beschwerdeführer habe jährlich im nachhinein einen Pachtzins von S 1.000,-- bezahlt. Ab 1989 sei er den Pachtschilling schuldig geblieben, obwohl er die Pachtgründe weiter bewirtschaftet habe. Mit 31. Dezember 1990 sei er vom Pachtverhältnis zurückgetreten. Demnach habe der Beschwerdeführer den jährlichen Betrag von S 1.000,-- keinesfalls nur für die Überlassung von Brennholz, sondern nur für die Pachtung der gegenständlichen Wiesengrundstücke bezahlt. Lediglich im Jahre 1985, und zwar in der Zeit von Ende Juni bis Mitte August, seien Kanalisationsarbeiten im Bereich der Pachtgründe durchgeführt worden. Die alljährliche Nutzung der Pachtflächen (Abmähen, Grasernte) durch den Beschwerdeführer als Pächter sei somit auch 1985 durch die Kanalbauarbeiten nicht beeinträchtigt worden.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründeten sich insbesondere auf die glaubwürdigen und im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Zeugen WH und RH sowie hinsichtlich der Kanalisationsarbeiten im Bereich der Pachtgründe auf die glaubwürdigen Angaben des ehemaligen Bürgermeisters der Marktgemeinde V Johann W. Hingegen seien die Behauptungen des Beschwerdeführers, soweit sie diesen Sachverhaltsfeststellungen widersprächen, völlig unglaubwürdig. So sei z.B. seine Behauptung über die Dauer und die Folgen der Kanalbauarbeiten falsch. Auch habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 1990 ausdrücklich von einem "Pachtverhältnis" gesprochen. Kennzeichnend für seine Einstellung in Belangen der Bauernsozialversicherung sei auch die Tatsache, daß er auch die Erweiterungen der Pachtungen vom Chorherrnstift V nicht gemeldet habe.

In rechtlicher Hinsicht sei somit für die Dauer des Pachtverhältnisses betreffend die gegenständlichen Pachtflächen für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. Dezember 1990 zu Recht ein Einheitswert von S 13.000,-- hinzugerechnet worden. Daraus ergäben sich für diese Zeit die im erstinstanzlichen Bescheid und für das Jahr 1991 die im angefochtenen Bescheid angeführten monatlichen Beitragsgrundlagen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete aber keine Gegenschrift. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt erstattete eine Gegenschrift, stellte aber keinen Kostenantrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 23 Abs. 3 lit. d BSVG ist bei Bildung des Versicherungswertes gemäß Abs. 2 im Falle der Zupachtung einer land(forst)wirtschaftlichen Fläche ein um zwei Drittel des anteilsmäßigen Ertragswertes der gepachteten Fläche erhöhter Einheitswert zugrundezulegen.

Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes den wirksamen Bestand eines Pachtverhältnisses zwischen ihm und den Eigentümern der mehrfach genannten Liegenschaft mit folgender (für die Behandlung der Rechtsrüge, bei der Vssetzungsgemäß die Feststellungen der belangten Behörde zugrundezulegen sind, nicht von vornherein unbeachtlicher) Begründung: Zum Abschluß von Bestandverträgen sei nach einhelliger Judikatur nur die Mehrheit der Miteigentümer legitimiert. Die Berechtigung allein genüge aber nicht. Es müsse vielmehr der Wille dieser Miteigentümer dem Dritten gegenüber deutlich zum Ausdruck kommen. Im Beschwerdefall sei aber die angebliche mündliche Vereinbarung über die Verpachtung nur zwischen RH und dem Beschwerdeführer getroffen worden. WH und die anderen Miteigentümer hätten mit dem Beschwerdeführer gar nicht gesprochen. Daher sei im Sinne der zitierten Judikatur mangels einer Befugnis des RH zum alleinigen Abschluß eines Pachtvertrages mit dem Beschwerdeführer kein wirksamer Pachtvertrag zustande gekommen.

Diesen Einwänden kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Es ist zwar richtig, daß der Abschluß eines Pachtvertrages mit Dritten auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen grundsätzlich (von im Beschwerdefall nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen) eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung im Sinne des § 833 ABGB darstellt, zu der daher die (nach dem Verhältnis der Anteile gezählte) Mehrheit der Miteigentümer oder ein nach § 836 ABGB bestellter Verwalter (jeweils mit Wirkung für alle Miteigentümer) berechtigt ist. Mangels von Formvorschriften ist aber eine formelle Abstimmung nicht erforderlich; die Zustimmung kann auch konkludent erfolgen. Schließt daher ein (nicht zum Verwalter bestellter) Minderheitseigentümer einen solchen Pachtvertrag mit einem Dritten ab, so bindet er dennoch die übrigen Teilhaber, wenn sie (d.h. so viele, daß insgesamt die Mehrheit der Stimmen erreicht ist) ausdrücklich oder schlüssig zustimmen (vgl. dazu Würth in Rummel2, Rz. 9 zu §§ 1092 bis 1094, Gamerith in Rummel2, Rz. 5, 9, 10, 12 zu § 833, Rz. 2 zu § 837; Hofmeister in Schwimann, Rz. 18, 32, 35, 40 zu § 833, Rz. 1 und 5 zu § 837).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund genügte für die Wirksamkeit des nunmehr unstrittig nur zwischen RH namens der Miteigentümer und dem Beschwerdeführer (auf unbestimmte Zeit und zu nicht unüblichen Bedingungen) abgeschlossenen Pachtvertrages (im Verhältnis zu allen Miteigentümern) zwar nicht die festgestellte Berechtigung des WH und des RH als Miteigentümer und Verwalter der gemeinschaftlichen Liegenschaft nach den §§ 836 ff ABGB allein, sofern nicht (wofür allerdings Anhaltspunkte fehlen) im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages jeder der beiden zur alleinigen Verwaltung der Liegenschaft berufen gewesen sein sollte. Dennoch stellt die auf die Aussagen des RH und des WH gestützte "Feststellung", daß der Beschwerdeführer von RH als Miteigentümer und Verwalter der gemeinschaftlichen Liegenschaft und von drei weiteren Miteigentümern die gegenständliche Liegenschaft gepachtet habe, einerseits unter Bedachtnahme auf die darin inkludierte Feststellung, daß RH den mündlichen Pachtvertrag mit dem Beschwerdeführer namens aller Miteigentümer abgeschlossen hat, und andererseits auf die Aussage des WH, daß RH zum Abschluß des Pachtvertrages namens der Miteigentümer legitimiert gewesen sei (das heißt - sachverhaltsbezogen - daß er mit Zustimmung des WH als Miteigentümer und Verwalter gehandelt habe), eine den obigen Grundsätzen entsprechende rechtliche Beurteilung der als glaubwürdig erachteten Aussagen des RH und des WH dar; darauf, daß der Wille des oder der anderen Miteigentümer (die zusammen mit dem unmittelbar den Vertrag abschließenden Miteigentümer die Mehrheit bilden) dem Dritten gegenüber "in Gesprächen" zum Ausdruck gebracht wird, kommt es nicht an. Von einem (für alle Miteigentümer) wirksamen Pachtvertrag wäre im übrigen auch dann auszugehen, wenn WH dem Abschluß des Pachtvertrages durch RH erst nachträglich, wenn auch nur konkludent, die Zustimmung (Genehmigung) erteilt hätte. Daß im übrigen der Beschwerdeführer selbst von der Berechtigung des RH zu Vereinbarungen namens aller Miteigentümer ausgegangen ist, erweisen seine (nur dem Inhalt nach von der belangten Behörde als unglaubwürdig erachteten) Behauptungen über den Verkauf von Brennholz bzw. die Brennholzentnahme.

Kam aber ein zwischen den Miteigentümern der gegenständlichen Flächen und dem Beschwerdeführer wirksamer Pachtvertrag mit dem festgestellten Inhalt zustande, so ist der angefochtene Bescheid, ausgehend von den Feststellungen zur Beendigung des Pachtverhältnisses durch den Beschwerdeführer mit 31. Dezember 1990, die Art der Bewirtschaftung durch den Beschwerdeführer, die Dauer und zeitliche Lagerung der Kanalisierungsarbeiten, die die festgestellte Bewirtschaftung durch den Beschwerdeführer nicht beeinträchtigten, sowie die von der belangten Behörde übernommene Berechnung des Erhöhungsbetrages des Einheitswertes, nicht inhaltlich rechtswidrig. Darauf, daß der Beschwerdeführer die gegenständlichen Flächen deshalb, weil es sich bei ihnen "zum geringsten Teil um versumpftes Gelände handelt" nicht zur Gänze nutzen konnte, im übrigen aber nach den Feststellungen genutzt hat, kommt es nicht an, weil auf die Art der Bodenbeschaffenheit einer Fläche schon bei der Ermittlung des Einheitswertes des Verpächterbetriebes, von dem bei der Errechnung des Erhöhungsbetrages nach § 23 Abs. 3 lit. d BSVG auszugehen ist (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 29. September 1986, Slg. Nr. 12.245/A, und vom 18. Dezember 1986, Zl. 82/08/0033), Bedacht zu nehmen ist. Für die Beendigung der Zurechnung irrelevant ist der Umstand, daß der Beschwerdeführer seiner Behauptung nach mit September 1990 jegliche Grasentnahme eingestellt habe, weil selbst die allfällige Unterlassung einer im noch offenen Pachtzeitraum möglichen (geringfügigen) Grasnutzung im Hinblick auf die Kürze der Zeit bis zum formellen Ende des Pachtverhältnisses nicht als "sonstige Flächenänderung" im Sinne des § 23 Abs. 5 BSVG gewertet werden könnte. Die Rechtsrüge des Beschwerdeführers ist daher unbegründet.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ausführt, die belangte Behörde habe sich mit seinem oben zusammenfassend wiedergegebenen und in der Beschwerde wiederholten Vorbringen im Einspruch und in den zahlreichen Schriftsätzen während des Einspruchsverfahrens nicht befaßt, bekämpft er letztlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8.619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Judikaturhinweisen). Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, ihr mit der Begründung entgegenzutreten, daß auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175).

Einer Prüfung unter diesen Gesichtspunkten hält die Begründung des angefochtenen Bescheides unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens aus nachstehenden Gründen stand:

Es ist zunächst nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde der Aussage des Zeugen Johann W, der im Jahre 1985 Bürgermeister der Gemeinde V und Obmann des Reinhalteverbandes V und Umgebung war, zur Dauer und zeitlichen Lagerung der Kanalisationsarbeiten auf den gegenständlichen Flächen Glauben geschenkt, die gegenteiligen diesbezüglichen Behauptungen des Beschwerdeführers hingegen als unrichtig gewertet hat. Wenn sie deshalb und wegen der aktenkundigen "Einstellung des (Beschwerdeführers) zu Belangen der Bauernsozialversicherung" auch in der im Beschwerdefall zentralen Frage des Abschlusses und der Wirksamkeit eines Pachtvertrages hinsichtlich der gegenständlichen Flächen sowie der Art und des Ausmaßes der Bewirtschaftung derselben nicht der Sachverhaltsversion des Beschwerdeführers, sondern jener der Zeugen RH und WH gefolgt ist, so vermag der Verwaltungsgerichtshof auch darin weder eine Unschlüssigkeit noch eine Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung zu erblicken; dies auch unter Bedachtnahme auf die schon bei der Sachverhaltsdarstellung angesprochene Widersprüchlichkeit und teilweise Modifizierung dieser Version durch den Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens: Widersprüchlich ist die Darstellung insofern, als der Beschwerdeführer einerseits behauptet hat, es habe ihm RH aus Gefälligkeit die Grasnutzung auf den gegenständlichen Flächen gestattet, andererseits aber vorgebracht hat, er habe dies aus Gefälligkeit gegenüber der "Familie H" und wegen der Erwartung weiterer Zurverfügungstellung von Brennholz bzw. der Gestattung einer Brennholzentnahme (nach dem Schriftsatz vom 6. September 1993 nur noch deshalb) getan, weil er selbst keinen Bedarf an weiterem Gras gehabt habe und das auf den gegenständlichen Flächen gemähte Gras überdies unbrauchbar oder nur wenig brauchbar gewesen sei. Träfe letzteres zu, so wäre völlig unverständlich, worin die hinsichtlich der Grasnutzung behauptete Gefälligkeit des RH dem Beschwerdeführer gegenüber bestanden haben sollte. Ein weiterer Widerspruch besteht darin, daß er zunächst behauptete, er kenne WH überhaupt nicht, später aber zumindest von einem flüchtigen Kennen gesprochen hat. Er hat seine Sachverhaltsdarstellung im Laufe des Verfahrens aber auch insofern geändert, als er zunächst nur von Mäharbeiten im Auftrag der Eigentümer, später aber von einem (aus Gefälligkeit ihm gegenüber ermöglichten oder aus Gefälligkeit gegenüber der Familie H von seiner Seite aus durchgeführten) Abmähen von Teilen der gegenständlichen Flächen und einer davon zu unterscheidenden Brennholzentnahme gesprochen hat, zuletzt aber (im Schriftsatz vom 6. September 1993) die beiden Tätigkeiten in einen Motivationszusammenhang gebracht hat. Unbeachtlich ist es hingegen im vorliegenden Zusammenhang, daß sich der Beschwerdeführer zunächst nur mit der Berechtigung des WH und nicht des RH zum Abschluß eines Pachtvertrages befaßt hat, weil die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides (nach der oben wiedergegebenen Formulierung der telefonischen und schriftlichen Mitteilung des WH freilich ohne dessen Zutun) die Vermutung nahelegte, WH hätte namens der Miteigentümer den Pachtvertrag abgeschlossen. Die Tendenz, einer Zurechnung der gegenständlichen Pachtflächen möglichst zu entkommen, zeigt sich schließlich auch in seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 8. Juni 1993, in der er - entgegen den früheren, aber auch späteren Behauptungen in seinen Stellungnahmen - davon sprach, es sei das Gras auch zum Einstreuen unbrauchbar gewesen, er habe die gegenständlichen Flächen letztmalig 1989 gemäht und er kenne WH überhaupt nicht.

Richtig ist, daß sich die belangte Behörde nicht mit seiner wiederholten Behauptung befaßt hat, es sei die Annahme eines Hektarsatzes von S 6.000,-- für die fraglichen Grundstücke zu hoch. Dies begründet aber keinen relevanten Verfahrensmangel. Denn die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt ging, wie ihrer Stellungnahme zum Einspruch, die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, zu entnehmen ist, bei der Ermittlung des diesbezüglichen Erhöhungsbetrages nach § 23 Abs. 3 lit. d BSVG von dem unter Bedachtnahme auf Art. II des Bewertungsänderungsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 318, gegenüber den Verpächtern um 5 % erhöhten Hektarsatz aus. Daß dieser Hektarsatz gegenüber den bezüglichen Einheitswertbescheiden überhöht sei, hat der Beschwerdeführer aber nicht behauptet, sondern, wie sich aus dem Zusammenhang des diesbezüglichen Vorbringens im Schriftsatz vom 7. Dezember 1990 erweist, die Behauptung seiner überhöhten Annahme mit der Bodenbeschaffenheit der gegenständlichen Flächen begründet. Diese ist aber, wie schon bei Behandlung der Rechtsrüge ausgeführt wurde, im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang.

Keinen relevanten Verfahrensmangel begründete es schließlich, daß sich die belangte Behörde nicht mit dem Schreiben der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark vom 8. März 1991 an die belangte Behörde befaßt hat. Denn diese Stellungnahme erfolgte noch vor Vernehmung der Zeugen RH, WH und Johann W, geht daher von der damaligen Aktenlage sowie - in bezug auf die Dauer der Kanalisationsarbeiten - von der Behauptung des Beschwerdeführers aus, erachtet deshalb das Verfahren für ergänzungsbedürftig und schließt folgerichtig mit dem Satz, daß nur für den Fall, daß die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen sollte, daß ein rechtsgültiger Pachtvertrag zwischen den Eigentümern und dem Beschwerdeführer abgeschlossen worden sei und die gegenständlichen Flächen auch tatsächlich vom Beschwerdeführer (durchgehend) bewirtschaftet worden seien, die anteilsmäßige Zurechnung der Ertragswerte zu Recht erfolgt sei. Die beiden Prämissen dieser Schlußfolgerung waren aber im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegeben.

Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994080036.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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