TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/25 94/05/0374

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Veröffentlicht am 25.04.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §13 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 21. Oktober 1994, Zl. UVS-04/14/00584/94, betreffend eine Baustrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 4. Mai 1994, Zl. MBA 4/5 - S 6067/93, wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Miteigentümer des Hauses Wien IV, W-Gasse 18, zu verantworten, daß dieses Gebäude und die baulichen Anlagen vom 22. Jänner 1993 bis 15. Juni 1993 nicht in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten wurden, sodaß die Bestimmungen des § 129 Abs. 2, 4 und 10 der Bauordnung für Wien verletzt wurden; wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde eine Geldstrafe von insgesamt S 52.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 52 Tage) verhängt. Das Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 21. Juni 1994 an der Anschrift P-Straße 84, L, durch Hinterlegung beim Postamt L zugestellt. Die Abholfrist begann am selben Tag. Mit Schreiben vom 6. Juli 1994, zur Post gegeben am 14. Juli 1994, erhob der Beschwerdeführer Berufung, wobei er behauptete, das Straferkenntnis sei ihm am 4. Juli 1994 zugestellt worden.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer vor, daß das Straferkenntnis am 21. Juni 1994 durch Hinterlegung zugestellt und beim Postamt zur Abholung bereit gehalten worden sei, sodaß die Rechtsmittelfrist am 5. Juli 1994 geendet hätte. Er wurde aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens unter gleichzeitiger Vorlage von Bescheinigungsmitteln Stellung zu nehmen. Es wurde ihm angedroht, daß bei fruchtlosem Ablauf dieser Frist das Verfahren ohne seine weitere Anhörung fortgeführt werde. Die Zustellung des Vorhalts erfolgte am 27. September 1994 durch Übergabe an einen Arbeitnehmer des Empfängers.

Nachdem der Beschwerdeführer von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht hatte, wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer im Recht auf gesetzliches Gehör aufgrund gesetzwidriger Zustellung sowie im Recht auf Sachentscheidung verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 Zustellgesetz ist die Sendung dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. "Abgabestelle" ist gemäß § 4 Zustellgesetz der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anläßlich einer Amtshandlung auch deren Ort. Gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. ist das Schriftstück, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen und ist nach Abs. 2 dieser Bestimmung der Empfänger von der Hinterlegung zu verständigen. Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag der Frist, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt. Wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgbestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Der belangten Behörde kann insofern kein Verfahrensfehler angelastet werden, als sie bei ihrer Entscheidung davon ausging, am 21. Juni 1994 seien die Voraussetzungen der Hinterlegung gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz vorgelegen: Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer ausdrücklich vor, daß an diesem Tag die Zustellung stattgefunden hätte und daß die Berufung offensichtlich verspätet eingebracht worden sei. Dieser Vorhalt konnte dem Beschwerdeführer an der Anschrift L zunächst nicht zugestellt werden, weil er nach dem Bericht des Zustellers zu dieser Zeit im Ausland gewesen sei; ein weiterer Zustellversuch an dieser Anschrift scheiterte aufgrund des Hinweises, er sei bis 17. September 1994 in Urlaub. Schließlich erfolgte die Zustellung am 27. September 1994 aufgrund eines Nachsendeantrages an der Anschrift Wien, M-Gasse 5/21, gemäß § 16 Zustellgesetz an einen Arbeitnehmer des Beschwerdeführers als Ersatzempfänger. Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Vorhalt der Verspätung sei ihm nicht zugegangen, ist daher aktenwidrig.

Die Behauptung, an der Anschrift L, P-Straße 84, befände sich keine Abgabestelle des Beschwerdeführers, hat der Beschwerdeführer erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof aufgestellt. Sie stellt daher eine unzulässige Neuerung dar, die angesichts des mängelfreien Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht mehr berücksichtigt werden kann. Im übrigen ergibt sich aus dem Akt, daß auch nach dem vom Beschwerdeführer als Zeitpunkt der Aufgabe dieser Adresse genannten

11. April 1991, nämlich am 14. September 1993, eine Zustellung an dieser Anschrift durchaus erfolgreich war.

Da somit die belangte Behörde insbesondere in Beachtung der Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG dem Beschwerdeführer Gelegenheit gab, zur offensichtlichen Verspätung seines Rechtsmittels Stellung zu nehmen, und er diese Gelegenheit nicht nützte, kann von einer Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Rede sein. Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994050374.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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