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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §368 idF 1988/399;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 93/04/0060 E 25. April 1995Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des W K in X, vertreten durch die zur Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwältin Dr. U in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 19. Oktober 1992, Zl. UVS 30.4-46/92-4, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Oktober 1992 wurde die gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 2. Juli 1992 gerichtete Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen, wobei der Spruch des Straferkenntnisses wie folgt neu gefaßt wurde:
"Sie haben am 2.7.1992 um 05.30 Uhr am Chlumeckyplatz in Bad Aussee anläßlich des Wochenmarktes trotz vorangegangener Standplatzverweisung und trotz am 10.10.1991 und 30.1.1992 schriftlich ausgesprochenem Marktverbot sowie entgegen der mündlichen Anweisung des Marktkommissärs am Marktplatz ohne zugewiesenen Standplatz einen Verkaufsstand für Obst und Gemüse errichtet und diesen entgegen der Marktordnung der Marktgemeinde Bad Aussee betrieben und dadurch gegen § 5 dieser Marktordnung verstoßen.
Gemäß § 368 Z. 16 GewO 1973 wird über Sie wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 6.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt. Die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz werden mit S 600,-- festgesetzt."
Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dem Gewerbeinhaber R K, dem Sohn des Beschwerdeführers, sei mit Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad Aussee vom 10. Oktober 1991 - rechtswirksam zugestellt am 15. Oktober 1991 - mitgeteilt worden, er, R K, werde seines bislang am Wochenmarkt der Marktgemeinde Bad Aussee innegehabten Standplatzes verwiesen und von jeder weiteren Teilnahme am Wochenmarkt ausgeschlossen, da er trotz mehrmaliger Anordnungen des Marktaufsichtsorganes der Marktgemeinde nicht nachgekommen sei. Der Inhalt dieses Schreibens sei vom Bürgermeister mit an R K gerichtetem Schreiben vom 30. Jänner 1992 wiederholt worden und es sei R K mitgeteilt worden, daß ihm für die Marktsaison 1992 kein Standplatz zugewiesen werde. Obwohl dem Beschwerdeführer der Inhalt dieses Schriftverkehrs seines Sohnes R K mit der Marktgemeinde Bad Aussee im Detail bekannt gewesen sei, habe der Beschwerdeführer am 2. Juli 1992 um ca. 05.00 Uhr früh begonnen, sein Auto zu entladen, wobei ihm von seiner Tochter dabei geholfen worden sei. Der Marktkommissär habe ihm den mündlichen Auftrag gegeben, den Standplatz zu verlassen, da ihm ein solcher nicht zugewiesen worden sei. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer über Aufforderung zur politischen Expositur Bad Aussee gegangen, wo mit ihm die Verhandlungsschrift vom 2. Juli 1992 aufgenommen worden sei. Gegen 10.00 Uhr dieses Tages habe der Marktkommissär von der Tochter des Beschwerdeführers die Standplatzgebühr kassiert und eine diesbezügliche Quittung ausgestellt. Im Rahmen der Berufungsverhandlung habe sich der Beschwerdeführer damit verantwortet, allein aus der Einforderung einer Standplatzgebühr sei eine Zustimmung der Marktgemeinde Bad Aussee zur Benützung des von ihm gewählten Standplatzes abzuleiten und es sei der Beschwerdeführer daher berechtigt gewesen, seine Waren anzubieten. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 sowie des § 5 der Marktordnung der Gemeinde Bad Aussee für den Wochenmarkt am Chlumeckyplatz führte die belangte Behörde sodann in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Gemeinde berechtigt sei, Marktplätze nach freiem Ermessen und Maßgabe der vorhandenen Plätze anzuweisen, wobei auch auf die Grundsätze von Angebot und Nachfrage, somit auf Bedarfsaspekte Rücksicht zu nehmen sei. Das Schreiben des Bürgermeisters der Marktgemeinde Bad Aussee vom 10. Oktober 1991 könne durchaus als solches mit Bescheidcharakter bezeichnet werden, da in diesem Schreiben der Gewerbeinhaber und Sohn des Beschwerdeführers von der weiteren Teilnahme am Wochenmarkt ausgeschlossen worden sei. Ein Versuch, die in diesem Schreiben enthaltene Anordnung mit Rechtsfolgen anzufechen bzw. auf sonst geeignete Weise zu bekämpfen, sei nicht erfolgt. Für die belangte Behörde ergebe sich kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß das mehrmals schriftlich und mündlich ausgesprochene Marktverbot rechtswirksam ausgesprochen worden sei. Der Beschwerdeführer habe in voller Kenntnis des ausgesprochenen Marktverbotes dieses nicht beachtet und am 2. Juli 1992 begonnen, einen Verkaufsstand zu errichten. Er habe somit vorsätzlich die rechtsverbindliche Marktordnung nicht eingehalten und den Tatbestand des § 368 Z. 16 GewO 1973 i.V.m. § 5 der Marktordnung verwirklicht. Nach Ausführungen zur Strafbemessung merkte die belangte Behörde noch an, daß gegenüber dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Beschwerdeführer nicht "im Zusammenhang mit § 7 VStG, sondern ausschließlich in Eigenverantwortung die gesetzte Verwaltungsübertretung begangen" habe; die diesbezügliche Konkretisierung des Bescheidausspruches sei auf der Rechtsgrundlage des § 66 Abs. 4 AVG erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer seinem gesamten Vorbringen nach in dem Recht verletzt, wegen der angeführten Verwaltungsübertretung nicht bestraft zu werden. Er bingt in Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, das Verfahren beider Instanzen sei mangelhaft geblieben, weil trotz dem Einwand des Beschwerdeführers auf die Frage, wann ein Standplatz unter Heranziehung der Gewerbeordnung bzw. der vom Landeshauptmann genehmigten Marktordnung der Gemeinde errichtet werden dürfe, nicht eingegangen worden sei. Im Schreiben des Bürgermeisters vom 30. Jänner 1992 sei dem R K mitgeteilt worden, daß für die Wochenmarktsaison 1992 kein Stammstandplatz zugewiesen werde. In diesem Zusammenhang werde übersehen, daß auf Grund des § 5 der Marktordnung Standplätze jederzeit bezogen werden könnten und nach feiem Ermessen nach Maßgabe der vorhandenen Plätze durch das Marktaufsichtsorgan zugewiesen werden könnten. Werde ein bestimmter (Stamm)Standplatz abgeschlagen, so bestehe die Möglichkeit, nach Vorhandensein freier Standplätze einen Standplatz zu errichten, wobei die Zustimmung in diesem Fall durch das bestellte Marktaufsichtsorgan im freien Ermessen zu erfolgen habe. Am 2. Juli 1992 habe der Beschwerdeführer an einem freien Standplatz mit der Errichtung eines Marktstandes begonnen und sei ihm um 05.30 Uhr durch den Marktkommissär die Errichtung untersagt worden. Der Beschwerdeführer habe sich der Anordnung des Marktkommissärs nicht widersetzt und keine Verwaltungsübertretung begangen.
Die Beschwerde erweist sich bereits aus folgenden Gründen als berechtigt.
Nach § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1.
die als erwiesen angenommene Tat;
2.
die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
...
Dem Beschwerdeführer wird im eingangs zitierten Spruch des
angefochtenen Bescheides zur Last gelegt, gegen § 5 der
Marktordnung der Marktgemeinde Bad Aussee für den Wochenmarkt
verstoßen zu haben, weil er "anläßlich des Wochenmarktes trotz
vorangegangener Standplatzverweisung und ... entgegen der
mündlichen Anweisung des Marktkommissärs ... ohne zugewiesenen
Standplatz einen Verkaufsstand ... errichtet" habe.
Gemäß § 368 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafen bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer
...
16. die gemäß § 326 erlassenen Verordnungen über das Verbot des Feilhaltens bestimmter Waren auf Märkten oder die gemäß § 331 erlassenen Marktordnungen nicht einhält.
Gemäß § 5 Abs. 1 der hier anzuwendenden Marktordnung der Marktgemeinde Bad Aussee für den Wochenmarkt werden die Standplätze für den Wochenmarkt im Rahmen der Bestimmungen der Gewerbeordnung seitens der Marktgemeinde Bad Aussee u.a. durch Marktaufsichtsorgane nach deren freien Ermessen und nach Maßgabe der vorhandenen Plätze zugewiesen. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen kann vom Bürgermeister ein bestimmter Standplatz auf längestens ein Jahr und gegen jederzeitigen Widerruf und unter der Voraussetzung zugewiesen werden, daß diesbezüglich bis spätestens 15. Februar des betreffenden Jahres angesucht wird. Die Zuweisung kann unter Auflagen erteilt werden.
Gemäß § 7 Abs. 1 dieser Marktordnung haben die Marktparteien (Käufer und Verkäufer) sowie das ganze Hilfspersonal sich untereinander und gegenüber den Organen der Marktaufsicht, deren Anordnung unbedingt Folge zu leisten ist, anzuständig zu benehmen. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen werden Personen, die die Ordnung und Ruhe des Marktes stören und den Anordnungen des Marktaufsichtsorganes keine Folge leisten, durch diesen vom Markt verwiesen.
Gemäß § 8 Punkt 6 der vorzitierten Verordnung ist den im Rahmen ihres Wirkungskreises getroffenen Anordnung der Marktaufsichtsorgane Folge zu leisten.
Mit der im Spruch des angefochtenen Bescheides gewählten Formulierung wurde dem Beschwerdeführer ein Verhalten zur Last gelegt, das (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) dem Tatbild des § 368 Z. 16 zweiter Fall GewO 1973 i.V.m. § 7 Abs. 2 sowie § 8 Abs. 6 der Marktordnung der Gemeinde Bad Aussee für den Wochenmarkt entspricht. Demgegenüber wurde jedoch dem Beschwerdeführer in dem § 44a Z. 2 VStG betreffenden Spruchteil eine Verletzung der Bestimmung des § 5 der Marktordnung der Marktgemeinde Bad Aussee für den Wochenmarkt zur Last gelegt.
In dem § 44a Z. 3 VStG entsprechenden Spruchteil wurde schließlich als Strafnorm § 368 Z. 16 GewO 1973 genannt, obwohl diese Gesetzesstelle lediglich die Umschreibung des Tatbildes der Verwaltungsübertretung enthält, während sich die Strafdrohung im Einleitungsatz des Abs. 2 befindet.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren wird bemerkt, daß dem Beschwerdeführer u.a. zur Last gelegt wird, "trotz am 10.10.1991 und 30.1.1992 schriftlich ausgesprochenem Marktverbot ... einen Verkaufsstand errichtet" zu haben. Im angefochtenen Bescheid fehlt es jedoch an schlüssig nachvollziehbaren Begründungsdarlegungen, warum das im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführte, nach den getroffenen Feststellungen nicht dem Beschwerdeführer gegenüber schriftlich ausgesprochene - nicht näher konkretisierte - Marktverbot diesen Vorwurf begründen soll, zumal die belangte Behörde ausdrücklich darauf verwiesen hat, daß der Beschwerdeführer "ausschließlich in Eigenverantwortung die gesetzte Verwaltungsübertretung" begangen hat.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; das die Umsatzsteuer betreffende Mehrbegehren war im Hinblick auf die auch die Umsatzsteuer erfassende Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes abzuweisen.
Schlagworte
Strafnorm Mängel im Spruch Nichtanführung unvollständige AnführungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993040061.X00Im RIS seit
20.11.2000