TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/25 94/04/0246

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Veröffentlicht am 25.04.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
HKG 1946 §57f Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der A-GmbH, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft - nunmehr: Wirtschaftskammer Österreich - (Präsidenten) vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, vom 29. Juni 1994, Zl. Präs 244-2/94/Wa/SO, betreffend Vorschreibung von Eintragungsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Wirtschaftskammer Österreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzuge ergangenen Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vom 29. Juni 1994 wurde gemäß § 57 g Abs. 1 HKG festgestellt, daß die Beschwerdeführerin für die Anmeldung des Gewerbes des Einzelhandels mit pyrotechnischen Artikeln der Klasse II des Pyrotechnikgesetzes 1974 gemäß § 146 Abs. 1 Z. 2 bzw. § 207 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 an insgesamt 49 Standorten für 47 Standorte gemäß § 57 b Abs. 1, 2 und 4 HKG (hinsichtlich der Mehrzahl der Standorte idF vor der achten HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991) iVm den entsprechenden Beschlüssen des Landesgremiums des Eisenhandels verpflichtet sei, eine Eintragungsgebühr von insgesamt S 186.000,-- zu entrichten. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, ihr Antrag auf Ermäßigung dieser Gebühren sei gemäß § 57 f Abs. 4 HKG iVm § 12 Abs. 1 der Rahmenordnung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Niederösterreich "durch den Ausschuß des zuständigen Landesgremiums des Eisenhandels in den Sitzungen vom 16. Oktober 1991, 15. April 1992 und 26. Mai 1993 sowie mit Beschluß des Vorstehers des Landesgremiums des Eisenhandels vom 28. Dezember 1993" abgelehnt worden. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe weder ihre Zugehörigkeit zum Landesgremium Niederösterreich des Eisenhandels noch die mit dieser Mitgliedschaft verbundene Verpflichtung zur Zahlung von Eintragungsgebühren dem Grunde nach bestritten. Ihrem Einwand, wonach die Eintragungsgebühr für den Eisenhandel in voller Höhe vorgeschrieben werde, obwohl der Einzelhandel mit pyrotechnischen Artikeln in einem getrennt geführten Verfahren als Sonderberechtigung bescheidmäßig abzuhandeln sei, werde entgegnet, daß der Handel mit Schieß- und Sprengmitteln, welchem auch der Kleinhandel mit pyrotechnischen Artikeln unterliege, gemäß der Fachgruppenordnung dem Gremium des Eisenhandels zugeordnet werde. Das Landesgremium Niederösterreich des Eisenhandels habe bezüglich der ihm zugeordneten Berechtigungen einen einheitlichen Satz als Eintragungsgebühr beschlossen. Der Einzelhandel mit pyrotechnischen Artikeln könne daher in diesem Sinne nicht als Sonderberechtigung bezeichnet werden. Dem weiteren Hinweis der Beschwerdeführerin, daß die gegenständliche Tätigkeit nur 14 Tage im Jahr ausgeübt werde, werde entgegengehalten, daß gemäß § 57 b HKG anläßlich der Erlangung von Berechtigungen nach § 3 Abs. 2 HKG Eintragungsgebühren zu entrichten seien, wobei diese von Dauer und Umfang der Ausübung der Berechtigung nicht abhänge. Desgleichen sei auch die Höhe des Warenumsatzes für die Höhe der Eintragungsgebühr rechtlich nicht von Bedeutung. Gemäß § 57 f Abs. 4 HKG könnten unter anderem Eintragungsgebühren ganz oder teilweise nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre. Gemäß der auf § 57 f Abs. 4 HKG fußenden Bestimmung des § 12 der Rahmenordnung der Kammer Niederösterreich sei eine Eintragungsgebühren-Ermäßigung lediglich aufgrund besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Notsituationen vorgesehen. Die Beschwerdeführerin habe weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in ihrer Berufung Angaben über eine wirtschaftliche oder soziale Notsituation gemacht oder behauptet. Nach Ansicht der belangten Behörde seien die Einwendungen betreffend die Höhe des Warenumsatzes sowie der Zeitdauer der Gewerbeausübung nicht spezifische Probleme der Beschwerdeführerin, sondern branchenübliche Tatsachen. Der Anwendungsbereich des § 57 Abs. 4 HKG reiche jedenfalls nicht so weit, daß über diese Bestimmung branchenspezifische Besonderheiten als Gründe für eine Nachsicht berücksichtigt werden könnten. Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens habe die "Kammer NÖ" (richtig: Sektion Handel dieser Kammer) die Beschwerdeführerin aufgefordert, die für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Eintragungsgebühr wesentlichen Umstände nachzuweisen. Die Beschwerdeführerin habe somit im Rahmen des ihr zustehenden Rechtes auf Parteiengehör die Möglichkeit gehabt, entsprechende Einwendungen zu erheben. Die "Kammer NÖ" habe ihre Entscheidung unter Bedachtnahme auf die Einwendungen und die wirtschaftliche Lage der Beschwerdeführerin getroffen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die - dem Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1994, Zl. B 1752/94-4, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof "in unserem Recht, daß die Unterschiede der Dauer und des Ausmaßes der Ausübung einer Gewerbeberechtigung und der Erzielung eines bestimmten Umsatzes und Billigkeitserwägungen bei der Bemessung der Eintragungsgebühr berücksichtigt werden, verletzt". In Ausführung dieses so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, die Behörde hätte in Anwendung der Bestimmung des § 57 f Abs. 4 HKG berücksichtigen müssen, daß Dauer und Ausmaß der Ausübung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung sowie die Möglichkeit der Umsatzerzielung gegenüber anderen Gewerbeberechtigungen des Eisenhandels wesentlich verschieden seien. Es liege sohin auch ein Ermessensmißbrauch vor, zumal sich die Behörde nicht im Sinne des Gesetzes verhalten und auch nicht geprüft habe, ob eine Unbilligkeit vorliege, wenn die gleiche Eintragungsgebühr wie bei anderen Gewerbeberechtigungen des Eisenhandels verlangt und nur darauf abgestellt werde, ob eine Notsituation vorliege. Es hätte geprüft werden müssen, ob Dauer und Ausmaß der Ausübung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung sowie die Möglichkeit der Umsatzerzielung gegenüber anderen Gewerbeberechtigungen des Eisenhandels wesentlich verschieden seien.

Der Beschwerde kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

Gemäß § 57 b Abs. 1 HKG (idF sowohl vor wie nach der achten HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991) sind anläßlich der Erlangung von Berechtigungen nach § 3 Abs. 2 Eintragungsgebühren zu entrichten.

Gemäß § 57 f Abs. 1 leg. cit. werden die Grundumlage und die Eintragungsgebühr binnen einem Monat ab Vorschreibung fällig.

Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle können die in Abs. 1 angeführten Umlagen ganz oder teilweise nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre.

Gemäß § 57 g Abs. 1 leg. cit. hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über Art und Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 19. September 1973, Zl. 981/72, und diesem folgend in den Erkenntnissen vom 11. März 1983, Zl. 81/04/0165, und vom 2. Oktober 1989, Zl. 89/04/0060, dargelegt hat, bleibt die Beantwortung der Frage, ob die normative Voraussetzung einer Unbilligkeit, an die der § 57 f Abs. 4 HKG die Nachsicht der in § 57 f Abs. 1 angeführten Umlagen knüpft, auf der Grundlage des zu ermittelnden Sachverhaltes anzunehmen ist, der Ermessensphäre der Behörde entzogen. Das Tatbestandselement einer Unbilligkeit wird im allgemeinen dann anzunehmen sein, wenn die Einbringung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Pflichtigen oder den Abgabegegenstand ergeben, wobei die wirtschaftliche Lage des Pflichtigen - im Zeitpunkt der Bescheiderlassung - als maßgeblich anzusehen ist.

Im vorliegenden Fall kann davon ausgehend der belangten Behörde eine bei Erlassung des angefochtenen Bescheides unterlaufene Rechtswidrigkeit schon deshalb nicht angelastet werden, da der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Nachsichtsgrund einer jahreszeitlich verkürzten Ausübung der gegenständlichen gewerblichen Tätigkeit eine solche Unbilligkeit nicht zu begründen vermag, weil er mit der wirtschaftlichen Lage der Beschwerdeführerin in keinem Zusammenhang steht. Es handelt sich vielmehr um einen Umstand, der - wie bereits die belangte Behörde zutreffend hervorhob - jeden Gewerbetreibenden, der eine gleichartige Berechtigung erwirbt, in gleicher Weise betrifft.

Da somit der angefochtene Bescheid im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994040246.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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