Entscheidungsdatum
29.08.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W169 2283244-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.11.2023, Zl. 1350644508-230813316, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.11.2023, Zl. 1350644508-230813316, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins,, 10 Absatz eins, Ziffer 3,, 57 AsylG 2005 idgF, Paragraph 9, BFA-VG idgF, und Paragraphen 52,, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.04.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 26.04.2023 führte der Beschwerdeführer aus, dass er Punjabi spreche, in Indien 12 Jahre die Grundschule besucht und als Chauffeur gearbeitet habe. In Indien würden seine Eltern und seine Schwester leben. Er habe sein Heimatland im Februar 2023 legal mit dem Flugzeug Richtung Serbien verlassen.
Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer vor, dass es seit 2017 einen Grundstücksstreit zwischen seiner Familie und einer anderen Familie aus dem Dorf gebe. Sein Vater und er seien mehrmals von dieser Familie angegriffen worden. Er sei dabei schwer verletzt worden; er habe einen gebrochenen Oberschenkel gehabt und sei am Kopf verletzt worden. In weiterer Folge sei er dann auch mit dem Tod bedroht worden. Deshalb habe seine Familie beschlossen, dass er nach Europa reisen solle. Dies seien alle seine Fluchtgründe. Im Falle einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.
2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.11.2023 gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei, keine Medikamente nehme und er im Rahmen der Erstbefragung die Wahrheit angegeben habe. Die finanzielle Situation in seinem Heimatland sei normal gewesen. Mit den Behörden in seinem Heimatland habe er keine Probleme gehabt.
Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (VP: nunmehriger Beschwerdeführer; LA: Leiter der Amtshandlung:
„(…)
LA: Was war Ihr ausschlaggebender Fluchtgrund? Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen? (Freie Erzählung, wenn möglich Chronologisch und Detailreich).
VP: Wegen dem Grundstückstreit mit meinen Onkeln. Die haben mich 2-3mal angegriffen und wollen mich umbringen.
LA: Waren das alle Ihre Fluchtgründe?
VP: Ja.
LA: Seit wann genau gibt es diese Streitereien?
VP: Seit mehreren Jahren… nachgefragt seit den letzten 8 bis 10 Jahren.
LA: Nur die zwei Onkel oder auch andere Familie zerstritten?
VP: Ich habe nie eine andere Familie erwähnt während des gesamten Verfahrens. Es waren immer nur die 2 Onkel. Das sind keine richtigen Brüder von meinem Vater. Der treit ist zwischen meinem Vater und seinen Onkeln und deren Söhnen.
LA: Vorhin sagten Sie Ihre Onkel, nun die Onkel Ohres Vaters?
VP: Es sind die Cousins meines Vaters… das sind meine Onkel. Das ist in Indien so.
LA: Geht es um ein Grundstück oder mehrere? Wenn ja welche Größe (Kila)?
VP: es geht um 1 Grundstück. 10 Kila. Davon gehören 3 Kila meinem Vater. Die 7 Kila gehören vom Vater die Cousins. Mein Vater hat vor vielen Jahren einen Kredit von den Cousins genommen und hat diesen schon zurückbezahlt. Nun behaupten die Cousins sie haben kein Geld bekommen und wollen deshalb seine Landwirtschaft.
LA: Wer ist Eigentümer des Grundstücksanteils?
VP: Vater. 3 Kila gehören meinem Vater.
LA: Was haben Sie nun damit zu tun?
VP: Das ist die einzige Einnahmequelle unserer Familie. Wir wollen das nicht verlieren.
Bei jedem Streit bin ich auch dabei. Es betrifft auch mich. Mein Vater ist behindert, er hatte einen Unfall. R kann nicht mehr gehen. Und ich habe die Felder bewirtschaftet.
LA: Besitzt Ihre Familie auch ein Haus? Haben Sie auch eine Landwirtschaft? Tiere?
VP: Wohnung. Landwirtschaft Ackerland, Getreide. Keine Tiere.
LA: Sind Sie der älteste Sohn in der Familie?
VP: Nachgefragt gibt es keine anderen Brüder, nur noch eine Schwester, die befindet sich nach wie vor in Indien mit den Eltern. Eltern leben.
LA: Wie geht es Ihrer Familie in Indien?
VP: Gut.
LA: Wann war der letzte Kontakt?
VP: Ich telefoniere täglich.
LA: Wie lautet Ihre Meldeadresse n Österreich?
VP: Van der Nüll Gasse Wien.
LA: Schlafen Sie auch noch woanders oder ausschließlich an der Adresse Van der Nüll Gasse 24/18 -1100 Wien?
VP: Ich schlafe nur an dieser Adresse und bin dort auch immer aufhältig gewesen.
LA: Sind Sie in Österreich beschäftigt? Arbeiten Sie?
VP: Ja. Nachgefragt verdiene ich ca. 400 Euro im Monat. Am Wochenende. Unter der Woche bin ich immer zuhause.
LA: In der Zeit von 25.05.2023 bis 01.06.2023 wurde mehrmals versucht Ihnen eine Ladung für eine Einvernahme zuzustellen. Die war aufgrund Ihrer Abwesenheit nicht möglich.
Möchten Sie dazu etwas angeben?
VP: Ich gehe in den Tempel. Vielleicht war ich im Tempel.
LA: Sie haben am 08.06.2023 eine Gewerbeanmeldung beantragt. Wie sieht es mit der aus?
Haben Sie eine erhalten?
VP: Nein. Nachgefragt bin ich nach wie vor beschäftigt.
LA: Seitens des Bundesamtes besteht die Absicht, Ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.
Nach Prüfung des Sachverhaltes wäre es die Absicht der Behörde Sie von Österreich nach Indien auszuweisen.
Es handelt sich hierbei um wirtschaftliche Gründe bzw. um Streitereien zwischen privaten Dritten. Dies ist nicht Asylrelevant.
Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes Stellung zu beziehen. Möchten Sie eine Stellungnahme abgeben?
VP: Ich möchte aber hierbleiben.
LA: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?
VP: ich habe Angst vor den Cousins meines Vaters.
LA: Was werden Sie tun, wenn Ihr Asylantrag negativ beschieden wird? Sind Sie bereit freiwillig zurückzukehren?
VP: Nein. Mein Leben ist in Gefahr. Ich kann nicht zurück.
(…)“
Darüber hinaus führte der Beschwerdeführer an, dass er einen Krankenhausbefund auf Englisch vorlegen könne, der beweise, dass er wegen des Grundstücksstreits letztes Jahr von seinen Onkeln väterlicherseits angegriffen worden sei. Wann dieser Vorfall genau gewesen sei, wisse er nicht mehr. Er habe damals eine Anzeige in der Stadt Amritsar erstattet.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß Paragraph 57, AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und weiters gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 46, FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland wegen Grundstücksstreitigkeiten verlassen habe, was jedoch nicht asylrelevant sei. Unabhängig davon würde dem Beschwerdeführer eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehen. Der Beschwerdeführer erfülle auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien. Begründend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland wegen Grundstücksstreitigkeiten verlassen habe, was jedoch nicht asylrelevant sei. Unabhängig davon würde dem Beschwerdeführer eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehen. Der Beschwerdeführer erfülle auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus Paragraph 55, FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er als Fluchtgründe „Verfolgung aus politischen/religiösen Gründen bzw. Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe“ angegeben habe. Der Beschwerdeführer sei wegen konkreter Vorfälle, die er in der Einvernahme näher dargestellt habe, ungerechtfertigten, willkürlichen Vorwürfen gegen ihn seitens der indischen Behörden und schwerwiegenden Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen, wogegen er sich aufgrund der Korruption und Inkompetenz der indischen Polizei nicht wehren hätte können. Es werde der Antrag gestellt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen sowie einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Indien befasse.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehört der Religionsgemeinschaft der Sikh und der Volksgruppe der Punjabi an. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht die Sprache Punjabi, besuchte im Heimatland 12 Jahre die Grundschule und arbeitete als Chauffeur. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt in Indien eine Wohnung und eine Landwirtschaft, auf der der Beschwerdeführer auch mitarbeitete. Die finanzielle Situation seiner Familie in Indien ist „normal“. In Indien leben die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers. Mit diesen steht der Beschwerdeführer täglich in telefonischem Kontakt. Der Beschwerdeführer ist gesund, ledig und im erwerbsfähigen Alter.
Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den Behörden in Indien.
Der Beschwerdeführer hat Indien aufgrund eines Grundstücksstreits mit den Onkeln verlassen. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.
Der Beschwerdeführer verließ Indien legal im Februar 2023 mit dem Flugzeug und reiste nach Serbien. Im April 2023 reiste er illegal nach Österreich ein und stellte am 25.04.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienmitglieder, spricht nicht Deutsch, nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch und arbeitet als Zeitungszusteller. Er ist strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
Covid-19
Letzte Änderung: 17.05.2023
Indien hatte hinsichtlich COVID-19-Impfungen einen langsamen Start. Logistische Probleme, Lieferengpässe, zögerliche Reaktionen auf den Impfstoff und eine zweite Welle von COVID-19 während dieser Zeit erschwerten die Einführung (BBC 18.7.2022). Ein Impfprogramm für die 15- bis 18-Jährigen begann im Jänner 2022, für die 12- bis 14-Jährigen im März 2022. Laut dem indischen Gesundheitsministerium haben 2,17 Milliarden Menschen in Indien mindestens eine Impfdosis erhalten (MoHFW 22.9.2022). Damit haben 98 % der Erwachsenen mindestens eine Dosis des COVID-19-Impfstoffs erhalten, und 90 % sind vollständig geimpft worden (BBC 18.7.2022).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass nach dem Zufallsprinzip ankommende Flugpassagiere einem kostenpflichtigen COVID-19-Test am Flughafen unterzogen werden (AA 13.4.2023; vgl. BMEIA 13.4.2023). Bei positivem Testergebnis kann eine Heimquarantäne verfügt werden. Ein-, Durch- und Weiterreisen auf dem Landweg sind aufgrund der Schließung der Grenzen zu den Nachbarländern derzeit nicht möglich (AA 13.4.2023).Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass nach dem Zufallsprinzip ankommende Flugpassagiere einem kostenpflichtigen COVID-19-Test am Flughafen unterzogen werden (AA 13.4.2023; vergleiche BMEIA 13.4.2023). Bei positivem Testergebnis kann eine Heimquarantäne verfügt werden. Ein-, Durch- und Weiterreisen auf dem Landweg sind aufgrund der Schließung der Grenzen zu den Nachbarländern derzeit nicht möglich (AA 13.4.2023).
Ausgangssperren, bundesstaatliche Einreisebeschränkungen und Kontrollmaßnahmen sowie sonstige einschränkende Maßnahmen einschließlich verpflichtender kostenpflichtiger Corona-Schnelltests können orts- und lageabhängig kurzfristig verhängt werden. Verstöße gegen Pandemieauflagen können als Straftaten geahndet werden (AA 13.4.2023).
Das Exekutivdirektorium der Weltbank hat am 28.6.2022 zwei sich ergänzende Darlehen in Höhe von jeweils 500 Millionen US-Dollar zur Unterstützung und Verbesserung des indischen Gesundheitssektors genehmigt. Die COVID-19-Pandemie hat demnach die Notwendigkeit unterstrichen, die Kernfunktionen des öffentlichen Gesundheitswesens in Indien neu zu beleben, zu reformieren und auszubauen sowie die Qualität und den Umfang der Gesundheitsdienste zu verbessern (WB 28.6.2022). Offizielle Daten zeigen seit 31.5.2022 im Wesentlichen einen Nettozuwachs an Krankenhausbettenkapazität. So haben sich die Krankenhäuser auch darauf geeinigt, 80 % ihrer COVID-19-Betten zu staatlichen Tarifen abzurechnen und für die restlichen 20 % die Krankenhaustarife zu berechnen (BuS 8.6.2022).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (13.4.2023): Indien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/indien-node/indiensicherheit/205998, Zugriff 13.4.2023
? BBC - British Broadcasting Corporation (18.7.2022): Covid vaccine: India becomes second country to cross two billion Covid jabs, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-56345591, Zugriff 2.9.2022
? BMEIA - BM Europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (13.4.2023): Reiseinformationen, Indien, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/indien/, Zugriff 13.4.2023
? BuS - Business Standard (8.6.2022): Mumbai boosts hospital capacity as Covid cases rise, bed occupancy doubles, https://www.business-standard.com/article/current-affairs/mumbai-boosts-hospital-capacity-as-covid-cases-rise-bed-occupancy-doubles-122060801105_1.html, Zugriff 12.9.2022
? MoHFW - Ministry of Health and Family Welfare [Indien] (22.9.2022): COVID-19 India: as on 22. September 2022, https://www.mohfw.gov.in/, Zugriff 22.9.2022
? WB - World Bank (28.6.2022): World Bank Approves $1 Billion to Support India’s Health Sector for Pandemic Preparedness and Enhanced Health Service Delivery, https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2022/06/28/world-bank-approves-1-billion-to-support-india-s-health-sector-for-pandemic-preparedness-and-enhanced-health-service-del, Zugriff 12.9.2022
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 11.05.2023
Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 22.9.2021). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt (ÖB 8.2021). Die Verfassungs- und Rechtsordnung enthalten Garantien für die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet. Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, welche die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt. Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken darüber hinaus die rechtsstaatlichen Garantien, z. B. das Recht auf ein faires Verfahren, ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 22.9.2021; vgl. ÖB 8.2021, BICC 7.2022), wobei Menschenrechtsverletzungen auch von Terroristen in Jammu und Kaschmir, in den nordöstlichen Bundesstaaten und in den vom maoistischen Terrorismus betroffenen Gebieten begangen wurden, darunter Tötungen und Folter von Angehörigen der Streitkräfte, der Polizei, von Regierungsbeamten und Zivilisten, Entführungen sowie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten (USDOS? 20.3.2023).Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 22.9.2021). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt (ÖB 8.2021). Die Verfassungs- und Rechtsordnung enthalten Garantien für die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten. Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet. Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, welche die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt. Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken darüber hinaus die rechtsstaatlichen Garantien, z. B. das Recht auf ein faires Verfahren, ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 22.9.2021; vergleiche ÖB 8.2021, BICC 7.2022), wobei Menschenrechtsverletzungen auch von Terroristen in Jammu und Kaschmir, in den nordöstlichen Bundesstaaten und in den vom maoistischen Terrorismus betroffenen Gebieten begangen wurden, darunter Tötungen und Folter von Angehörigen der Streitkräfte, der Polizei, von Regierungsbeamten und Zivilisten, Entführungen sowie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten (USDOS? 20.3.2023).
Die Verfassung garantiert bürgerliche Freiheiten, einschließlich der Meinungs- und Religionsfreiheit, aber die Schikanen gegen Journalisten, Nichtregierungsorganisationen (NRO) und andere Regierungskritiker haben unter Modi erheblich zugenommen. Die BJP hat zunehmend staatliche Einrichtungen genutzt, um politische Gegner ins Visier zu nehmen. Muslime, registrierte Kasten (Dalits) und registrierte Stämme (Adivasis) werden nach wie vor wirtschaftlich und sozial ausgegrenzt (FH 2023).
Die Gesetze gestatten der Regierung das Abhören von Gesprächen zum Schutz der Souveränität und Integrität des Landes, der Sicherheit des Staates, der freundschaftlichen Beziehungen zu ausländischen Staaten, der öffentlichen Ordnung oder zur Verhinderung der Anstiftung zur Begehung einer Straftat. Es gab Berichte, wonach Regierungsbehörden willkürlich oder unrechtmäßig oder ohne entsprechende rechtliche Befugnisse auf private Kommunikation zugriffen, diese sammelten oder nutzten und Praktiken entwickelten, die einen willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriff in die Privatsphäre ermöglichen, einschließlich des Einsatzes von Technologien zur willkürlichen oder unrechtmäßigen Überwachung oder Beeinträchtigung der Privatsphäre von Personen (USDOS 20.3.2023).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.9.2021): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2061525/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_%28Stand_Juni_2021%29%2C_22.09.2021.pdf, Zugriff 22.9.2022
? AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Indien 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089534.html, Zugriff 13.4.2023
? BICC - Bonn International Centre for Conversion (7.2022): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, https://www.ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2022_Indien.pdf, Zugriff 12.9.2022
? FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088517.html, Zugriff 12.4.2023
? ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070584/INDI_%C3%96B-Bericht_2021_08.pdf, Zugriff 1.9.2022
USDOS? - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089116.html, Zugriff 14.4.2023
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 17.05.2023
Die Niederlassungsfreiheit (ÖB 8.2021; vgl FH 2023) sowie landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung werden gesetzlich gewährt, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 22.9.2021, ÖB 8.2021). Allerdings verlangen das Innenministerium und die Regierungen der Bundesstaaten von ihren Bürgern Sondergenehmigungen, wenn sie in bestimmte Bundesstaaten reisen wollen (USDOS 20.3.2023; vgl. ÖB 8.2021). In den Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram und Manipur sind sogenannte Inner Line Permits erforderlich (USDOS 20.3.2023). Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit, sich in anderen Landesteilen niederzulassen. Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut (ÖB 8.2021). Die Bewegungsfreiheit wird in einigen Teilen des Landes durch aufständische Gewalt oder kommunale Spannungen behindert (FH 24.2.2022).Die Niederlassungsfreiheit (ÖB 8.2021; vergleiche FH 2023) sowie landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung werden gesetzlich gewährt, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023; vergleiche AA 22.9.2021, ÖB 8.2021). Allerdings verlangen das Innenministerium und die Regierungen der Bundesstaaten von ihren Bürgern Sondergenehmigungen, wenn sie in bestimmte Bundesstaaten reisen wollen (USDOS 20.3.2023; vergleiche ÖB 8.2021). In den Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram und Manipur sind sogenannte Inner Line Permits erforderlich (USDOS 20.3.2023). Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit, sich in anderen Landesteilen niederzulassen. Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut (ÖB 8.2021). Die Bewegungsfreiheit wird in einigen Teilen des Landes durch aufständische Gewalt oder kommunale Spannungen behindert (FH 24.2.2022).
Es gibt immer noch kein staatliches Registrierungssystem, was bedeutet, dass ein großer Teil der Bevölkerung keinen Personalausweis besitzt. Daran hat auch die Einführung des digitalen Identitätssystems Aadhaar im Jahr 2009 nichts geändert, da die Registrierung weiterhin freiwillig ist. Dies begünstigt die Ansiedlung in einem anderen Teil des Landes im Falle von Verfolgung. Selbst bei laufender Strafverfolgung ist es keine Seltenheit, in ländlichen Gebieten in einem anderen Teil des Landes leben zu können, ohne verfolgt zu werden (AA 22.9.2021).
Die Regierung kann jedem Antragsteller einen Reisepass verweigern, wenn er sich außerhalb des Landes an Aktivitäten beteiligt, die "der Souveränität und Integrität der Nation schaden" (USDOS 20.3.2023). Der Trend, die Ausfertigung und Aktualisierung von Reisedokumenten für Bürger aus Jammu und Kaschmir zu verzögern, hält weiterhin an. Eine Bearbeitung kann bis zu zwei Jahre dauern. Berichten zufolge unterziehen die Behörden in Jammu und Kaschmir geborene Antragsteller - einschließlich der Kinder von dort stationierten Militäroffizieren - zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen, bevor sie entsprechende Reisedokumente ausstellen (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.9.2021): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2061525/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_%28Stand_Juni_2021%29%2C_22.09.2021.pdf, Zugriff 14.9.2022
? BMEIA - Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (15.2.2022): Indien (Republik Indien) - Aktuelle Hinweise (unverändert gültig seit: 11.2.2022), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/indien/, Zugriff 15.2.2022
? FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088517.html, Zugriff 12.4.2023
? ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070584/INDI_%C3%96B-Bericht_2021_08.pdf, Zugriff 1.9.2022
? USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089116.html, Zugriff 11.4.2023
? USDOS - United States Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071142.html, Zugriff 14.9.2022
Meldewesen
Letzte Änderung: 14.11.2022
Noch gibt es in Indien kein nationales Melderegister bzw. Staatsbürgerschaftsregister (ÖB 8.2021; vgl. AA 22.9.2021) und auch kein zentralisiertes Strafregister (AA 22.9.2021). Im Jahr 2009 führte Indien allerdings Aadhaar ein, ein digitales Identitätssystem für die fast 1,4 Milliarden Menschen des Landes (UCLA 13.4.2022; vgl. CSM 25.4.2022). Das Aadhaar-Programm weist jedem Inder eine eindeutige 12-stellige Nummer zu, die mit den biometrischen Daten der Person verknüpft ist - alle 10 Fingerabdrücke und ein Iris-Scan (UCLA 13.4.2022; vgl. ÖB 8.2021, CSM 25.4.2022). Während das Programm eigentlich freiwillig sein sollte, wurde die Aadhaar-Nummer schnell zur Notwendigkeit, da einige indische Bundesstaaten sie zur Voraussetzung machten, um subventionierten Reis, Kochgas und Schulessen zu erhalten oder um Immobilien zu kaufen. Kritiker bemängeln jedoch, dass das Programm die am stärksten marginalisierten Teile der Bevölkerung nicht berücksichtigt (UCLA 13.4.2022), und die bestehenden Formen der Ausgrenzung und Diskriminierung bei öffentlichen und privaten Dienstleistungen noch verschärft (CHRGJ 17.6.2022). Es wurde vielfach dokumentiert, wie das Versagen einer Aadhaar-Authentifizierungsmethode (Scannen des Fingerabdrucks oder über Mobiltelefon) zur Verweigerung von Sozialleistungen und zum systematischen Ausschluss von Randgruppen führen kann. Das Fehlen und/oder die Veränderung von Fingerabdrücken ist bei vielen Menschen aufgrund von körperlichen Behinderungen, hohem Alter oder jahrelanger körperlicher Arbeit üblich, was zum Scheitern der Authentifizierung führt. Ebenso haben viele Menschen, insbesondere Frauen ohne Einkommen, keine eigene Telefonnummer, was auch nach einer erfolgreichen Registrierung zu Problemen bei der Authentifizierung führen kann, bspw. bei der Inanspruchnahme von Sozialleistungen (Interactions 4.2022). Mittlerweile wurden über 1,2 Milliarden Aadhaar-Registrierungen vorgenommen, womit ein Großteil der indischen Bevölkerung erfasst ist (ÖB 8.2021; vgl. CSM 25.4.2022).Noch gibt es in Indien kein nationales Melderegister bzw. Staatsbürgerschaftsregister (ÖB 8.2021; vergleiche AA 22.9.2021) und auch kein zentralisiertes Strafregister (A