Entscheidungsdatum
17.09.2024Norm
BEinstG §14Spruch
W261 2298078-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch den KOBV, Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld., gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.07.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigen Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz beschlossen:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von römisch 40 , vertreten durch den KOBV, Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld., gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.07.2024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigen Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 07.02.2024, vertreten durch den KOBV, Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld. (in der Folge KOBV) einen Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinische Befunden bei.
2. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen vom 22.04.2024 auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag ein. Der medizinische Sachverständige stellte in seinem Gutachten fest, dass die Beschwerdeführerin an „hochgradige Hörschwäche rechts und geringgradige Hörschwäche links, Position 12.02.01 der Anlage der Einschätzungsverordnung (in der Folge EVO), Grad der Behinderung (in der Folge GdB) 20 % und Tinnitus aurium bilateral, Position 12.02.02 der Anlage der EVO, GdB 20 %“ mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 von Hundert (v.H.) leide.
3. In einem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 23.04.2024 (vidiert am 25.04.2024), beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.04.2024 kommt dieser zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin an „Depressio, Panikstörung, Anpassungsstörung, Position 03.06.01 der Anlage der EVO, GdB 40 % und einem Zustand nach Entfernung der Gebärmutter, Position 08.03.02 der Anlage der EVO, GdB 10 %“ und einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. leide.
4. Laut der vom befassten medizinischen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Allgemeinmedizin erstellten Gesamtbeurteilung vom 29.04.2024 kommt dieser unter Auflistung sämtlicher Leiden und Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin zum Ergebnis, dass der Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. vorliegen würde.
5. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin zu Handen des KOBV diese Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 07.06.2024 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.07.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 Behinderteneinstellungsgesetz ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid die eingeholten Sachverständigengutachten in Kopie bei.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.07.2024 wies die belangte Behörde den Antrag auf Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach Paragraphen 2 und 14 Absatz eins und 2 Behinderteneinstellungsgesetz ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid die eingeholten Sachverständigengutachten in Kopie bei.
7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch den KOBV, fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass die eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten nicht geeignet seien die psychiatrischen Beschwerdebilder der Beschwerdeführerin zu beurteilen. Die belangte Behörde hätte aufgrund des Beschwerdebildes jedenfalls ein psychiatrisches Gutachten einholen müssen. Bei Einholung dieses Gutachtens hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass bei der Beschwerdeführerin ein Gesamtgrad der Behinderung zumindest 50 v.H. vorliegen würde. Die Beschwerdeführerin beantragte, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge gegen möge, den erstinstanzlichen Bescheid aufheben und festzustellen, dass der Gesamtgrad der Behinderung zumindest 50 v.H. betrage und die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten vorliegen würde. In eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Die Beschwerdeführerin schloss der Beschwerdeführerin aktuelle medizinische Befund an.
8. Die belangte Behörde ersuchte den ärztlichen Dienst ein psychiatrisches Gutachten zu erstellen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass das Beschwerdevorentscheidungsverfahren bis zum 27.09.2024 abgeschlossen sein müsse. Eine Vertreterin des ärztlichen Dienstes teilte mit Emailnachricht vom 22.08.2024 mit, dass ein ärztlicher Untersuchungstermin bei einem Sachverständigen aus dem Fachbereich der Psychiatrie erst im Dezember möglich sei, weswegen die Frist für das Beschwerdevorentscheidungsverfahren nicht eingehalten werden könne.
9. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 26.08.2024 vor, wo dieser am 27.08.2024 einlangte.
10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 30.08.2024 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat. Laut einem Auszug aus dem AJ-Web ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin in einem aufrechten Dienstverhältnis steht.
11. Die Beschwerdeführerin teilte dem Bundesverwaltungsgericht vertreten durch den KOBV mit Eingabe vom 13.09.2024 mit, dass diese in der Zeit vom 16.10.2024 bis zum 27.11.2024 auf Rehabilitation sein werde und ersuchte, in diesem Zeitraum keine Verhandlungs- und Untersuchungstermine anzusetzen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.Liegen die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des Paragraph 66, Absatz 2, AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), Paragraph 28, VwGVG, Anmerkung 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des Paragraph 28, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht vergleiche auch Artikel 130, Absatz 4, Ziffer eins, B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.Ist die Voraussetzung des Paragraph 28, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.Das im Paragraph 28, VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts vergleiche Paragraph 37, AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vergleiche Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Die Beschwerdeführerin leidet unter anderem auch an psychischen/psychiatrischen Leiden. Ursprünglich beurteilte diese Leiden, welche in der Gesamtbeurteilung zusammengefasst als Leiden Nummer 1 mit „Depressio, Panikstörung, Anpassungsstörung“ geführt werden, ein allgemeinmedizinischer Sachverständiger, welcher in seinem Gutachten vom 23.04.2024 (vidiert am 25.04.2024) basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.04.2024, zum Ergebnis kam, dass diese Leiden mit einem Grad der Behinderung von 40 % nach Position 03.06.01 einzustufen seien.
Dabei lässt die medizinische Sachverständige außer Acht, dass nach der Position 03.06. der Einschätzungsverordnung „Affektive Störungen, wie manische, depressive und bipolare Störungen“ zu beurteilen sind, und es für die Panikstörung und die Anpassungsstörung, welche sie ebenfalls unter die Position 03.06. subsumierte, eine eigene Position, genauer die Position 03.04. „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, wozu unter anderem andauernde Persönlichkeitversänderungen im Erwachsenenalter, Angststörungen, affektive Störungen und disruptive Störungen zählen, gibt, nach welcher diese Leiden einzustufen sind.
Die belangte Behörde erkannte nach Einlangen der Beschwerde und unter Berücksichtigung der neu vorgelegten medizinischen Befunde bereits, dass die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens im Rahmen eines Beschwerdevorentscheidungsverfahrens erforderlich ist, wie es dem Verfahrensgang zu entnehmen ist.
Es besteht zwar kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt jedoch auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an. Gegenständlich ist die ausschließlich durch einen Arzt für Allgemeinmedizin vorgenommene Beurteilung des Leidens 1 der Beschwerdeführerin angesichts des komplexen Krankheitsbildes der Beschwerdeführerin aufgrund der derzeit vorliegenden Aktenlage offensichtlich sachwidrig erfolgt. Das Vorbringen und die vorgelegten Beweismittel enthalten konkrete Anhaltspunkte, dass die Einholung eines Gutachtens der Fachrichtung Psychiatrie/Neurologie erforderlich ist, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung zu gewährleisten.
Das Sachverständigengutachten hätte daher von der belangten Behörde nicht ohne Ergänzung seiner Entscheidung zugrundegelegt werden dürfen. (VwGH vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036)
Die Einschätzungsverordnung regelt unter Abschnitt 03 sehr differenziert die Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung für psychische Störungen. Es wird jeweils das Krankheitsbild beschrieben und entsprechend der Schwere der Funktionsbeeinträchtigung eine Zuordnung zu Positionen festgelegt. Innerhalb der Positionen wird ausgeführt, welche Merkmale für die Wahl eines Rahmensatzes als maßgebend zu erachten sind.
Das eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten ist im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin bereits im Antrag psychisch-neurologische Leidenszustände angeführt und diese durch Vorlage fachärztlicher Befunde untermauert hat, mangels Fachkenntnis nicht ausreichend zur qualifizierten Beurteilung des Gesamtleidenszustandes der Beschwerdeführerin.
Im fortgesetzten Verfahren wird von der belangten Behörde sohin das der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 23.04.2024 (vidiert am 25.04.2024) in der Form zu ergänzen sein, dass ein medizinisches Sachverständigengutachten aus dem Fachbereich der Psychiatrie/Neurologie eingeholt wird, wobei die Gutachtenserstellung auf Grundlage einer eingehenden persönlichen psychiatrischen/neurologischen Untersuchung der Beschwerdeführerin zu erfolgen haben wird.
Dabei wird auf alle psychischen/psychiatrischen Leidenszustände der Beschwerdeführerin in nachvollziehbarer Weise einzugehen und werden diese entsprechend der Einschätzungsverordnung zu beurteilen und einzuschätzen sein.
Schließlich wird die/der psychiatrisch/neurologische Sachverständige zu beurteilen haben, ob diese attestierten psychischen Leiden der Beschwerdeführerin eine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung bedingen können.
Die Zusammenfassung aller im Verfahren eingeholten Gutachten hat in Form einer Gesamtbeurteilung durch eine:n allgemeinmedizinische:n Sachverständige:n zu erfolgen.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat, und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Paragraph 28, VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.Die Voraussetzungen des Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall der Beschwerdeführerin noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2024:W261.2298078.1.00Im RIS seit
21.10.2024Zuletzt aktualisiert am
21.10.2024