TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/26 W196 2295428-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.08.2024
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Entscheidungsdatum

26.08.2024

Norm

AsylG 2005 §62
AsylG 2005 §62 Abs1
AsylG 2005 §62 Abs4
AVG §58 Abs1
AVG §73
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §16 Abs1
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8 Abs1
  1. AsylG 2005 § 62 heute
  2. AsylG 2005 § 62 gültig ab 05.07.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2024
  3. AsylG 2005 § 62 gültig von 20.07.2015 bis 04.07.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  6. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AsylG 2005 § 62 heute
  2. AsylG 2005 § 62 gültig ab 05.07.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2024
  3. AsylG 2005 § 62 gültig von 20.07.2015 bis 04.07.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  6. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AsylG 2005 § 62 heute
  2. AsylG 2005 § 62 gültig ab 05.07.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2024
  3. AsylG 2005 § 62 gültig von 20.07.2015 bis 04.07.2024 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  4. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  6. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. AsylG 2005 § 62 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. AVG § 73 heute
  2. AVG § 73 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 73 gültig von 01.01.2014 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. AVG § 73 gültig von 20.04.2002 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  5. AVG § 73 gültig von 01.01.1999 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 73 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 73 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W196 2295428-1/7E
W196 2295428-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vom 26.01.2024 von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörige der Ukraine, vertreten durch die Caritas der Erzdiözese Wien – Rechtsberatung, Mariannengasse 11, 1090 Wien, zu recht:römisch eins. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde nach Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG vom 26.01.2024 von römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörige der Ukraine, vertreten durch die Caritas der Erzdiözese Wien – Rechtsberatung, Mariannengasse 11, 1090 Wien, zu recht:

A)

Die Beschwerde vom 26.01.2024 wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.Die Beschwerde vom 26.01.2024 wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 31, VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG vom 03.07.2024 und vom 30.07.2024 von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörige der Ukraine, vertreten durch die Caritas der Erzdiözese Wien – Rechtsberatung, Mariannengasse 11, 1090 Wien zu recht:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden nach Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG vom 03.07.2024 und vom 30.07.2024 von römisch 40 , geb. römisch 40 , Staatsangehörige der Ukraine, vertreten durch die Caritas der Erzdiözese Wien – Rechtsberatung, Mariannengasse 11, 1090 Wien zu recht:

A)

I.       Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht vom 26.01.2024 wird zurückgewiesen.römisch eins.       Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht vom 26.01.2024 wird zurückgewiesen.

II.      Es wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX ex lege das vorübergehende Aufenthaltsrecht für Vertriebene nach § 62 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 1 Z 1 VertriebenenVO nicht zukommt.römisch II.      Es wird festgestellt, dass römisch 40 , geb. römisch 40 ex lege das vorübergehende Aufenthaltsrecht für Vertriebene nach Paragraph 62, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph eins, Ziffer eins, VertriebenenVO nicht zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:römisch eins.       Verfahrensgang:

1. Nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet füllte die Beschwerdeführerin am 17.08.2023 die Datenerfassung für den Ausweis für Vertriebene aus. Im Zuge dessen legte die Beschwerdeführerin offenbar ihren ukrainischen Reisepass vor. Aufgrund der dortigen Angaben wurde der Beschwerdeführerin am 19.09.2023 ein Ausweis für Vertriebene ausgestellt.

2. Mit Schreiben ihrer Vertretung vom 06.12.2023 stellten der Ehemann der Beschwerdeführerin sowie ihre zwei Kinder einen Antrag auf Erteilung von Visa D bzw. einer Grenzempfehlung nach § 21 FPG iVm RL 2001/55/EG (in der Folge: MassenzustromRL) an die Österreichische Botschaft in Moskau.2. Mit Schreiben ihrer Vertretung vom 06.12.2023 stellten der Ehemann der Beschwerdeführerin sowie ihre zwei Kinder einen Antrag auf Erteilung von Visa D bzw. einer Grenzempfehlung nach Paragraph 21, FPG in Verbindung mit RL 2001/55/EG (in der Folge: MassenzustromRL) an die Österreichische Botschaft in Moskau.

3. Mit Schreiben der Österreichischen Botschaft in Moskau an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 12.12.2023 wurde um die Erstellung einer Wahrscheinlichkeitsprognose gebeten und die Überprüfung des Vertriebenenstatus der Beschwerdeführerin angeregt.

4. Am 29.12.2023 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA, in der diese zusammengefasst angab, im Juni 2023 von der Russischen Föderation nach Deutschland gereist zu sein. Dort habe sie einen Monat verbracht, bevor sie in die Ukraine gefahren sei, um ihre Kinder zu holen. Da es in der Ukraine zu gefährlich gewesen sei, sei sie nach Österreich gekommen. In der Russischen Föderation habe sie in der Stadt Wolschski gelebt, in der Ukraine habe es eine Wohnmöglichkeit im Haus ihrer Eltern gegeben. Mit ihren Kindern habe sie im Jahr ca. drei bis vier Monate bei ihren Eltern in der Ukraine gelebt. Einmal hätten sie auch ein ganzes Jahr in der Ukraine verbracht, wobei sie nicht wisse, wann das gewesen sei. Sie habe sowohl in der Ukraine als auch in der Russischen Föderation als selbstständige Fotografin gearbeitet. Sie sei in der Ukraine nicht behördlich gemeldet.

In der niederschriftlichen Einvernahme ist zudem folgendes Protokolliert:

„Entscheidung

LA: Sie füllten bei der Registrierung aus, über einen Wohnsitz in der Ukraine zu verfügen. Wie die heutige Einvernahme gezeigt hat, war Ihr Lebensmittelpunkt am 24.02.2022 in Russland (Ihr Gatte lebt in Russland und auch Ihre zwei minderjährigen Kinder, welche russische Staatsbürger sind) und waren zu diesem Zeitpunkt in der Ukraine behördlich nicht gemeldet. Aufrund der heutigen Ermittlungen wird festgestellt, dass Ihnen die blaue Karte unrechtmäßig ausgehändigt wurde. Sie sind keine Vertriebene im Sinne der Vertriebenen-VO. Die blaue Karte wird Ihnen somit abgenommen. Eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme und ein Informationsblatt werden Ihnen ausgehändigt. Mit Ihrer Unterschrift bestätigen Sie auch die Übernahme dieser Dokumente.“

5. Mit Schreiben ihrer rechtlichen Vertretung vom 26.01.2024 brachte die Beschwerdeführerin eine „Stellungnahme samt Antrag“ (Punkt 1.), eine „eventualiter: Beschwerde“ (Punkt 2.) sowie einen „Antrag auf Gewährung einer auf Unionsrecht gestützten einstweiligen Anordnung“ (Punkt 3.) beim BFA ein.

Zu Punkt 1. wurde zunächst angegeben, dass sich die Beschwerdeführerin und ihre Familie im Zeitraum zwischen dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie und der teilweisen Wiederöffnung der Grenzen im Juni 2021 in der Russischen Föderation aufgehalten hätten. Zwischen Juni 2021 und dem Ende des Sommers hätte sich die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern in der Ukraine aufgehalten, danach seien sie in die Russische Föderation zurückgekehrt. Daraufhin habe sich die militärische Lage zugespitzt und der Beschwerdeführerin sei es nicht mehr möglich gewesen, in die Ukraine zu reisen. Die Beschwerdeführerin verfüge neben ihrem Wohnsitz in der Russischen Föderation auch über einen in der Ukraine. Sie habe abwechselnd in der Ukraine und in der Russischen Föderation gelebt und in beiden Ländern als selbständige Fotografin gearbeitet. Bei der Frage ob ein Wohnsitz vorliege, komme es auf die behördliche Meldung nicht an. Ein Recht auf einen Rechtsbehelf ergebe sich – wenn nicht bereits aus der MassenzustromRL selbst – aus Art. 47 GRC. Es werde beantragt, dass das Bundesamt durch zeitnahe Aushändigung des der Beschwerdeführerin bereits ausgestellten Ausweises für Vertriebene ihren Anspruch auf vorübergehenden Schutz (erneut) bestätige bzw. bescheidmäßig darüber abspreche.Zu Punkt 1. wurde zunächst angegeben, dass sich die Beschwerdeführerin und ihre Familie im Zeitraum zwischen dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie und der teilweisen Wiederöffnung der Grenzen im Juni 2021 in der Russischen Föderation aufgehalten hätten. Zwischen Juni 2021 und dem Ende des Sommers hätte sich die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern in der Ukraine aufgehalten, danach seien sie in die Russische Föderation zurückgekehrt. Daraufhin habe sich die militärische Lage zugespitzt und der Beschwerdeführerin sei es nicht mehr möglich gewesen, in die Ukraine zu reisen. Die Beschwerdeführerin verfüge neben ihrem Wohnsitz in der Russischen Föderation auch über einen in der Ukraine. Sie habe abwechselnd in der Ukraine und in der Russischen Föderation gelebt und in beiden Ländern als selbständige Fotografin gearbeitet. Bei der Frage ob ein Wohnsitz vorliege, komme es auf die behördliche Meldung nicht an. Ein Recht auf einen Rechtsbehelf ergebe sich – wenn nicht bereits aus der MassenzustromRL selbst – aus Artikel 47, GRC. Es werde beantragt, dass das Bundesamt durch zeitnahe Aushändigung des der Beschwerdeführerin bereits ausgestellten Ausweises für Vertriebene ihren Anspruch auf vorübergehenden Schutz (erneut) bestätige bzw. bescheidmäßig darüber abspreche.

Zu Punkt 2. wurde ausgeführt: „sollte das Bundesamt der Verfahrenspartei weder den Ausweis für Vertriebene aushändigen noch bescheidmäßig absprechen wird (eventualiter) Beschwerde erhoben: […] So die der Verfahrenspartei im Rahmen ihrer Einvernahme vom 29.12.2023 ausgehändigte „Verständigung von der Verfahrenseinstellung iZm Ukraine-Vertriebenen“ als Bescheid über die Rückgängigmachung des ihr bis dahin bestätigten Vertriebenenstatus zu werten sein sollte, wird dagegen fristgerecht Beschwerde ergriffen und auf die Ausführungen unter Punkt 1 und 2 verwiesen.“ Außerdem wurde Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (in der Folge: VwGH) zu Eventualanträgen zitiert.

Zu Punkt 3. wurde Rechtsprechung des VwGH zu Anträgen auf vorläufigen Rechtschutz unter unmittelbarer Anwendung des Unionsrechts zitiert und folgendes ausgeführt:

„Mit der „Verständigung von der Verfahrenseinstellung iZm Ukraine-Vertriebenen“ bezweckt das Bundesamt, die Geltendmachung des der Verfahrenspartei bisher eingeräumten Rechts rückgängig zu machen, weshalb einstweilige Anordnungen auch im Rahmen des vorübergehenden Schutzes möglich sein werden.“ Weiters wurde ausgeführt, dass der fumus boni iuris schon dann erfüllt sei, wenn im Stadium des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes eine bedeutsame rechtliche oder tatsächliche Kontroverse bestehe, deren Entscheidung sich nicht sofort aufdränge. Die Dringlichkeit ergebe sich aus dem Recht auf Familienleben nach Art. 8 EMRK.„Mit der „Verständigung von der Verfahrenseinstellung iZm Ukraine-Vertriebenen“ bezweckt das Bundesamt, die Geltendmachung des der Verfahrenspartei bisher eingeräumten Rechts rückgängig zu machen, weshalb einstweilige Anordnungen auch im Rahmen des vorübergehenden Schutzes möglich sein werden.“ Weiters wurde ausgeführt, dass der fumus boni iuris schon dann erfüllt sei, wenn im Stadium des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes eine bedeutsame rechtliche oder tatsächliche Kontroverse bestehe, deren Entscheidung sich nicht sofort aufdränge. Die Dringlichkeit ergebe sich aus dem Recht auf Familienleben nach Artikel 8, EMRK.

6. Mit E-Mail vom 09.02.2024 legte die Vertretung der Beschwerdeführerin diverse Dokumente und Bescheinigungsmittel vor und gab zudem folgendes an: „Diese drei Anträge seien nunmehr dahingehend modifiziert, dass auch die Beschwerde (2) nicht vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht wird, somit nicht „eventualiter“ gestellt wird für den Fall, dass der Verfahrenspartei der Ausweis für Vertriebene nicht ausgehändigt bzw über den Verlust des vorläufigen Schutzes oder dessen Nichtbestehen nicht bescheidmäßig abgesprochen wird. Alle Anträge werden unabhängig voneinander gestellt.“

7. Am 03.07.2024 brachte die Beschwerdeführerin durch Schreiben ihrer Vertretung eine Säumnisbeschwerde betreffend den „Antrag auf Gewährung einer auf Unionsrecht gestützten einstweiligen Anordnung (vorläufiger Rechtsschutz)“ [Punkt 3. des Schreibens vom 26.01.2024] an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) ein.

Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesamt nach der Rechtsprechung des VwGH unverzüglich über den am 26.01.2024 gestellten Antrag auf Gewährung einer auf Unionsrecht gestützten einstweiligen Anordnung zu entscheiden gehabt hätte. Dieser Entscheidungspflicht sei es nicht nachgekommen, weshalb die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf eine Sachentscheidung verletzt worden sei.

8. Am 30.07.2024 brachte die Beschwerdeführerin durch Schreiben ihres Vertreters eine weitere Säumnisbeschwerde – diesmal betreffend den „Antrag auf Feststellung der Rechtsposition einer Vertriebenen“ [betreffend Punkt 1. des Schreibens vom 26.01.2024] und die „Ausstellung eines Ausweises für Vertriebene“ – an das BVwG ein.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: römisch II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin führt die im Kopf dieser Entscheidung angeführten Personalien, ihre Identität steht fest. Sie ist Staatsangehörige der Ukraine.

Die Beschwerdeführerin wurde in der Ukraine geboren und besuchte dort die Schule. Danach studierte sie in der Russischen Föderation und arbeitete als Fotografin. Ihre Muttersprache ist Ukrainisch, zudem spricht sie Russisch und etwas Englisch.

Die Beschwerdeführerin ist verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Ihr Mann und ihre Kinder leben in der Russischen Föderation in der Stadt Wolschski (auch: Volshskiy). Die Eltern der Beschwerdeführerin leben in der Ukraine in der Stadt XXXX . Ihr Mann ist russischer und ukrainischer Staatsangehöriger, die gemeinsamen Kinder sind russische Staatsangehörige.Die Beschwerdeführerin ist verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Ihr Mann und ihre Kinder leben in der Russischen Föderation in der Stadt Wolschski (auch: Volshskiy). Die Eltern der Beschwerdeführerin leben in der Ukraine in der Stadt römisch 40 . Ihr Mann ist russischer und ukrainischer Staatsangehöriger, die gemeinsamen Kinder sind russische Staatsangehörige.

Am 24.02.2022 befand sich der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen der Beschwerdeführerin in der Russischen Föderation. Dort hielt sie sich zu diesem Zeitpunkt auch auf.

Spätestens am 17.08.2023 reiste die Beschwerdeführerin in das österreichische Bundesgebiet ein und füllte am selben Tag die Datenerfassung für den Ausweis für Vertriebene aus. Am 19.09.2023 wurde ihr ein Ausweis für Vertriebene ausgestellt, welcher ihr im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.12.2023 wieder abgenommen wurde. Im Zuge der Einvernahme wurde er Beschwerdeführerin u.a. eine „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme iZm. Ukraine-Vertriebenen“ ausgehändigt.

Mit Schreiben vom 26.01.2024 brachte die Beschwerdeführerin eine „Stellungnahme samt Antrag“ und eine Bescheidbeschwerde ein und stellt zudem einen „Antrag auf Gewährung einer auf Unionsrecht gestützten einstweiligen Anordnung“. Das Schreiben langte per E-Mail am selben Tag beim BFA ein.

Die Beschwerdeführerin ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den Identitäten und den Staatsangehörigkeiten der Beschwerdeführerin sowie ihrer Kernfamilie ergeben sich aus den Angaben im Antrag auf Erteilung von Visa D vom 06.12.2023 sowie den vorgelegten Fotos der auf den Namen des Ehemannes und der gemeinsamen Kinder ausgestellten Reisepässe der Russischen Föderation. Ob auch die Beschwerdeführerin (zusätzlich) Staatsangehörige der Russischen Föderation ist, konnte nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden. Aus dem Akteninhalt und einem ZMR Auszug ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin vor der Verwaltungsbehörde einen ukrainischen Reisepass vorgelegt hat.

Die Feststellungen zum Geburtsstaat der Beschwerdeführerin ihrer Schulbildung in der Ukraine und ihrem Studium in der Russischen Föderation sowie ihrer selbstständigen Arbeit als Fotografin ergeben sich ebenso wie jene zu ihren Sprachkenntnissen aus ihren Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.12.2023. Außerdem wurden beschwerdeseitig Fotos der Geburtsurkunde sowie von Schuldokumenten und diverse weitere Bescheinigungsmittel vorgelegt. Ferner konnten die Einvernahme der Beschwerdeführerin unter Beiziehung einer Dolmetscherin in russischer Sprache durchgeführt werden.

Die Feststellungen hinsichtlich den Personenstand und die beiden Kinder der Beschwerdeführerin ergeben sich insbesondere aus der in Kopie samt Übersetzung vorgelegten Heiratsurkunde und den ebenfalls in Kopie samt Übersetzung vorgelegten Geburtsurkunden der beiden Kinder.

Die Feststellungen zu den Wohnorten ihrer Kernfamilie und ihrer Eltern konnten den Angaben der Beschwerdeführerin in der niederschriftlichen Einvernahme am 29.12.2023 sowie dem Vorbringen im Antrag auf Erteilung von Visa D vom 06.12.2023 entnommen werden.

Dass sich der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin am 24.02.2022 in der Russischen Föderation und nicht in der Ukraine befand, ergibt sich aus nachfolgenden Erwägungen:

Zunächst hielt sich die Beschwerdeführerin zwischen Ende des Sommers 2021 und ihrer Ausreise zu einem Zeitpunkt nach dem 24.02.2024 durchgehend in der Russischen Föderation auf (Schreiben vom 26.01.2024, Seite 2). Dort – in der Stadt Wolschski – lebt und arbeitet ihr Mann und leben ihre zwei Kinder, die ausschließlich russische Staatsbürger sind. In der Ukraine verfügte die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt weder über eine Meldeadresse, noch eine eigene Wohnmöglichkeit. Schon bei ihren vorangegangenen Aufenthalten hielt sich die Beschwerdeführerin im Haus ihrer Eltern oder in der Wohnung ihres Bruders auf (Niederschrift vom 29.12.2023, Seiten 2 f; Schreiben vom 26.01.2024, Seite 2).

Dass die Beschwerdeführerin – neben der Russischen Föderation – auch in der Ukraine auf selbständiger Basis beruflich tätig war, konnte sie ebenso hinreichend belegen, wie Aufenthalte in der Ukraine – teilweise gemeinsam mit ihren Kindern – bis im Jahr 2019 und sodann im Sommer 2021 (vgl. beschwerdeseitige E-Mail vom 09.02.2024). Auch, dass die Beschwerdeführerin seit Jänner 2024 Eigentümerin einer Wohnung in Kiew ist sowie dass sie über eine ukrainische Steuernummer verfügt, konnte sie hinreichend glaubhaft machen.Dass die Beschwerdeführerin – neben der Russischen Föderation – auch in der Ukraine auf selbständiger Basis beruflich tätig war, konnte sie ebenso hinreichend belegen, wie Aufenthalte in der Ukraine – teilweise gemeinsam mit ihren Kindern – bis im Jahr 2019 und sodann im Sommer 2021 vergleiche beschwerdeseitige E-Mail vom 09.02.2024). Auch, dass die Beschwerdeführerin seit Jänner 2024 Eigentümerin einer Wohnung in Kiew ist sowie dass sie über eine ukrainische Steuernummer verfügt, konnte sie hinreichend glaubhaft machen.

All dies ändert jedoch nichts daran, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Ausbruchs des Ukraine-Krieges am 24.02.2024 ihren Mittelpunkt der Lebensbeziehungen in der Russischen Föderation bei ihrer Kernfamilie in Wolschski hatte.

Aus dem beschwerdeseitgen Vorbingen sind auch keine ausreichenden Anhaltpunkte dafür hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin sich in der Ukraine mit der Absicht niedergelassen hätte, dort einen Lebensmittelpunkt zu schaffen. Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie bis im Juni 2021 hielt sie sich nicht in der Ukraine auf und auch daraufhin verbrachte sie lediglich einen Zeitraum zwischen Juni 2021 und Ende des Sommers 2021 dort (vgl. Schreiben vom 26.01.2024, Seite 2).Aus dem beschwerdeseitgen Vorbingen sind auch keine ausreichenden Anhaltpunkte dafür hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin sich in der Ukraine mit der Absicht niedergelassen hätte, dort einen Lebensmittelpunkt zu schaffen. Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie bis im Juni 2021 hielt sie sich nicht in der Ukraine auf und auch daraufhin verbrachte sie lediglich einen Zeitraum zwischen Juni 2021 und Ende des Sommers 2021 dort vergleiche Schreiben vom 26.01.2024, Seite 2).

Die Feststellungen zum bisherigen Verfahrensgang ergeben sich eindeutig aus dem Inhalt des behördenseitig geführten Verwaltungsaktes.

Die Feststellungen hinsichtlich den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin stützen sich auf den Umstand, dass keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, aus welchen körperliche oder psychische Beeinträchtigungen, regelmäßige medizinische Behandlungen oder eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit abzuleiten wären.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

3.       Rechtliche Beurteilung

3.1.    Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

Zu I. A)Zu römisch eins. A)

3.2.    Zur Beschwerde vom 26.01.2024:

3.2.1. Das Schreiben vom 26.01.2024 enthält eine Beschwerde mit folgendem Wortlaut:

„sollte das Bundesamt der Verfahrenspartei weder den Ausweis für Vertriebene aushändigen noch bescheidmäßig absprechen wird (eventualiter) Beschwerde erhoben: […] So die der Verfahrenspartei im Rahmen ihrer Einvernahme vom 29.12.2023 ausgehändigte „Verständigung von der Verfahrenseinstellung iZm Ukraine-Vertriebenen“ als Bescheid über die Rückgängigmachung des ihr bis dahin bestätigten Vertriebenenstatus zu werten sein sollte, wird dagegen fristgerecht Beschwerde ergriffen und auf die Ausführungen unter Punkt 1 und 2 verwiesen.“

Mit der E-Mail vom 09.02.2024 ergänzte die Vertretung der Beschwerdeführerin die Beschwerde folgendermaßen:

„Diese drei Anträge seien nunmehr dahingehend modifiziert, dass auch die Beschwerde (2) nicht vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht wird, somit nicht „eventualiter“ gestellt wird für den Fall, dass der Verfahrenspartei der Ausweis für Vertriebene nicht ausgehändigt bzw über den Verlust des vorläufigen Schutzes oder dessen Nichtbestehen nicht bescheidmäßig abgesprochen wird. Alle Anträge werden unabhängig voneinander gestellt.“

Dem Wortlaut des Vorbringens des Vertreters der Beschwerdeführerin lässt sich eindeutig entnehmen, dass dieses auf eine Beschwerde nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Bescheidbeschwerde) gerichtet ist. Dabei nennt er die „Verständigung von der Verfahrenseinstellung iZm Ukraine-Vertriebenen“ (in der Folge: Verständigung) vom 29.12.2023 als Beschwerdegegenstand und suggeriert, dass es sich bei dieser um einen Bescheid handeln könnte.Dem Wortlaut des Vorbringens des Vertreters der Beschwerdeführerin lässt sich eindeutig entnehmen, dass dieses auf eine Beschwerde nach Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG (Bescheidbeschwerde) gerichtet ist. Dabei nennt er die „Verständigung von der Verfahrenseinstellung iZm Ukraine-Vertriebenen“ (in der Folge: Verständigung) vom 29.12.2023 als Beschwerdegegenstand und suggeriert, dass es sich bei dieser um einen Bescheid handeln könnte.

3.2.2. Der ungenützte Ablauf der in § 14 Abs. 1 VwGVG normierten zweimonatigen Frist für eine Beschwerdevorentscheidung bewirkt – ebenso wie die (fallbezogen nicht gegebene) Vorlage der Bescheidbeschwerde vor Ablauf der Frist für eine Beschwerdevorentscheidung – dass der Behörde die Zuständigkeit zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verlustig geht und die Zuständigkeit, über die Beschwerde zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht (in der Folge: VwG) übergeht (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421).3.2.2. Der ungenützte Ablauf der in Paragraph 14, Absatz eins, VwGVG normierten zweimonatigen Frist für eine Beschwerdevorentscheidung bewirkt – ebenso wie die (fallbezogen nicht gegebene) Vorlage der Bescheidbeschwerde vor Ablauf der Frist für eine Beschwerdevorentscheidung – dass der Behörde die Zuständigkeit zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung verlustig geht und die Zuständigkeit, über die Beschwerde zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht (in der Folge: VwG) übergeht vergleiche VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421).

Die Zuständigkeit zur Erledigung der Beschwerde ist sohin bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf das BVwG übergegangen.

3.2.3. Gegenstand eines Bescheidbeschwerdeverfahrens iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG kann nach der Rechtsprechung des VwGH nur ein Bescheid sein; bestehen Zweifel, ob es sich bei einer Erledigung um einen Bescheid handelt, ist die Bescheidqualität der Erledigung zu klären (VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060).3.2.3. Gegenstand eines Bescheidbeschwerdeverfahrens iSd Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG kann nach der Rechtsprechung des VwGH nur ein Bescheid sein; bestehen Zweifel, ob es sich bei einer Erledigung um einen Bescheid handelt, ist die Bescheidqualität der Erledigung zu klären (VwGH 01.09.2015, Ra 2015/03/0060).

Ein Bescheid liegt nur dann vor, wenn der betreffende Akt erkennbar von einer bestimmten Verwaltungsbehörde erlassen wurde und diesem auch der Spruch (die hoheitliche, normative und außenwirksame Anordnung) sowie der – taugliche – Bescheidadressat entnommen werden können. Zu den (formalen) Mindesterfordernissen eines Bescheides gehört auch die Erkennbarkeit des Namens des Genehmigenden sowie die ordnungsgemäße Unterschrift des Genehmigenden oder die Beglaubigung durch die Kanzlei (VwGH 20.10.1993, 93/10/0082 und Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 10).Ein Bescheid liegt nur dann vor, wenn der betreffende Akt erkennbar von einer bestimmten Verwaltungsbehörde erlass

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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