Entscheidungsdatum
14.08.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2297149-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX ,
StA Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2024, Zl. 1393770706/240701353, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von römisch 40 ,
StA Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2024, Zl. 1393770706/240701353, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG und Paragraph 61, FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.B) Die ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG idgF nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF) reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.04.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Eine Visa-Abfrage ergab, dass der BF ein Visum gültig von 23.01.2024 bis 15.02.2024, von Spanien erteilt wurde (AS 59f).
Am 01.05.2024 fand eine polizeiliche Erstbefragungen der BF statt und sie gab insbesondere an, sie sei mit einem Flugzeug spontan sowie legal ausgereist und am 23.01.2024 nach Frankreich gelangt, dort sei sie bis 29.04.2024 gewesen, am 30.04.2024 sei sie nach Österreich gelangt. Über ihren Aufenthalt in Frankreich könne sie nicht viel sagen. Sie gab keine Beschwerden oder Krankheiten an, die sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Sie wäre nicht schwanger. Sie hätte keine Familienangehörigen in Österreich oder einem EU-Staat. Ihr Reisepass wäre in Frankreich abhandengekommen, sie würde nicht wissen, wo er sei. Sie hätte in keinem anderen Land um Asyl angesucht und kein Visum bzw. keinen Aufenthaltstitel erhalten. Sie hätte kein bestimmtes Reiseziel gehabt, würde jetzt jedoch in Österreich bleiben wollen. Auf die gestellten Zusatzfragen des BFA gab die BF lediglich an, eine Bekannte, welche mit ihr mitgeflogen wäre, hätte für sie ein Visum organisiert. Genaueres zu diesem Visum würden sie nicht wissen. Während ihres Aufenthaltes in Frankreich sei die BF bei dieser Dame namens XXXX gewesen. Sie hätte die BF in einem Zimmer untergebracht, für die Verpflegung hätte die BF nichts bezahlen müssen. Von Frankreich nach Österreich wäre sie mit dem schwarzen PKW ihrer Bekannten gefahren. Ihren Reisepass hätte XXXX der BF nach der Einreise in Paris abgenommen. Seitdem hätte die BF diesen auch nicht mehr gesehen. Am 01.05.2024 fand eine polizeiliche Erstbefragungen der BF statt und sie gab insbesondere an, sie sei mit einem Flugzeug spontan sowie legal ausgereist und am 23.01.2024 nach Frankreich gelangt, dort sei sie bis 29.04.2024 gewesen, am 30.04.2024 sei sie nach Österreich gelangt. Über ihren Aufenthalt in Frankreich könne sie nicht viel sagen. Sie gab keine Beschwerden oder Krankheiten an, die sie an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten. Sie wäre nicht schwanger. Sie hätte keine Familienangehörigen in Österreich oder einem EU-Staat. Ihr Reisepass wäre in Frankreich abhandengekommen, sie würde nicht wissen, wo er sei. Sie hätte in keinem anderen Land um Asyl angesucht und kein Visum bzw. keinen Aufenthaltstitel erhalten. Sie hätte kein bestimmtes Reiseziel gehabt, würde jetzt jedoch in Österreich bleiben wollen. Auf die gestellten Zusatzfragen des BFA gab die BF lediglich an, eine Bekannte, welche mit ihr mitgeflogen wäre, hätte für sie ein Visum organisiert. Genaueres zu diesem Visum würden sie nicht wissen. Während ihres Aufenthaltes in Frankreich sei die BF bei dieser Dame namens römisch 40 gewesen. Sie hätte die BF in einem Zimmer untergebracht, für die Verpflegung hätte die BF nichts bezahlen müssen. Von Frankreich nach Österreich wäre sie mit dem schwarzen PKW ihrer Bekannten gefahren. Ihren Reisepass hätte römisch 40 der BF nach der Einreise in Paris abgenommen. Seitdem hätte die BF diesen auch nicht mehr gesehen.
Am 14.05.2024 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder BFA) ein auf Art. 12 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Spanien. Dies unter Hinweis auf das spanische Visum der BF.Am 14.05.2024 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder BFA) ein auf Artikel 12, Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Spanien. Dies unter Hinweis auf das spanische Visum der BF.
Mit Schreiben vom 15.07.2024, zugestellt am selben Tag, teilten die österreichischen Behörden den spanischen Behörden mit, dass die Zuständigkeit für das Verfahren betreffend die BF am 15.07.2024 auf Spanien übergegangen sei aufgrund Verfristung.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.07.2024 gab die BF im Wesentlichen Folgendes an:
„(…)
LA: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?
VP: Ja.
… Belehrung
LA: Haben Sie das alles verstanden?
VP: Ja.
LA: Haben Sie die Merk- und Informationsblätter zum Asylverfahren in einer Ihnen verständlichen Sprache erhalten?
VP: Ja.
LA: Werden Sie im Asylverfahren durch einen Rechtsanwalt oder durch eine andere Person oder eine Organisation vertreten?
VP: Nein.
LA: Leiden Sie an irgendwelchen schwerwiegenden Krankheiten?
VP: Ich habe Bluthochdruck und Probleme mit den Augen und den Ohren. Ich kann nicht gut sehen ohne Brille. Ich habe Schwierigkeiten beim Hören, man muss laut sprechen, damit ich verstehe.
LA: Seit wann leiden Sie an diesen Beschwerden?
VP: Nach dem Tod meines Mannes haben die Probleme mit den Augen und Ohren begonnen, vor zwei oder drei Jahren. An Bluthochdruck leide ich seit letztem Jahr.
LA: Waren Sie deswegen schon irgendwo in Behandlung?
VP: Hier in Thalham hatte ich die medizinische Erstuntersuchung. Er hat mir eine Überweisung zum Augenarzt gegeben, aber dazu brauche ich Geld. Ich bin nicht hingegangen, weil ich kein Geld habe.
LA: Verfügen Sie über medizinischen Unterlagen?
VP: Ich habe die Überweisung in meine Unterkunft. Ich werde es übermitteln.
LA: Nehmen Sie aktuell Medikamente aufgrund Ihres Bluthochdrucks ein?
VP: Ja, ich nehme Tabletten. Den Namen kenne ich nicht. Ich werde auch eine Kopie des Namens der Tabletten übermitteln. Ich werde das heute noch machen.
Aufforderung: Sie werden aufgefordert, sämtliche sich in Ihrem Besitz befindlichen bzw. die sich in Zukunft in Ihrem Besitz befindlichen med. Unterlagen selbstständig und ohne weiterer Aufforderung der ho. Behörde in Vorlage zu bringen.
VP: Ja.
LA: Sie wurden zu diesem Antrag auf int. Schutz bereits am 01.05.2024 durch die Polizeiinspektion Salzburg Fremdenpolizei erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie zu der durchgeführten Erstbefragung Ergänzungen oder Berichtigungen angeben?
VP: Nein.
LA: Besitzen Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?
VP: Ich hatte einen nigerianischen Reisepass. Die Frau, die mich hierhergebracht hat, hat ihn mir aber weggenommen. Sie sagte, ich kann ihn hier nicht brauchen. Ich habe auch eine Geburtsurkunde in Nigeria.
LA: Haben Sie Angehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?
VP: Nein.
LA: Haben Sie jemals für ein Land der Europäischen Union ein Visum erhalten oder beantragt?
VP: Ich weiß nichts darüber, was in meiner Sache getan wurde. Die Frau, die mich gebracht hat, hat ein Visum für mich beantragt.
LA: Sie haben am 18.12.2023 ein Visum für Spanien erhalten. Waren Sie jemals in Spanien aufhältig?
VP: Nein.
V: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gelangt vorläufig zur Ansicht, dass für die Prüfung Ihres in Österreich gestellten Asylantrages gemäß der Dublin III Verordnung der Europäischen Union Spanien zuständig ist. Zu Einzelheiten der Dublin III Verordnung sind Sie bereits in dem Ihnen anlässlich der Fingerabdrucknahme ausgefolgten Merkblatt informiert worden. Auf Grund der Zustimmung des Staates Spanien wird beabsichtigt Ihren Asylantrag in Österreich als unzulässig zurückgewiesen und Ihre Außerlandesbringung in diesen Staat veranlasst. V: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gelangt vorläufig zur Ansicht, dass für die Prüfung Ihres in Österreich gestellten Asylantrages gemäß der Dublin römisch III Verordnung der Europäischen Union Spanien zuständig ist. Zu Einzelheiten der Dublin römisch III Verordnung sind Sie bereits in dem Ihnen anlässlich der Fingerabdrucknahme ausgefolgten Merkblatt informiert worden. Auf Grund der Zustimmung des Staates Spanien wird beabsichtigt Ihren Asylantrag in Österreich als unzulässig zurückgewiesen und Ihre Außerlandesbringung in diesen Staat veranlasst.
LA: Möchten Sie dazu etwas vorbringen?
VP: Ich war niemals in Spanien.
LA: Gibt es Gründe, die einer Außerlandesbringung nach Spanien entgegenstehen würden?
VP: Ich möchte nicht nach Spanien, dann am Bahnhof hat mich die Polizei gefragt, ob ich hierbleiben möchte. Ich habe dann gefragt, welches Land das ist wo ich bin. Man sagte mir, es sei Österreich und ich sagte, ich wolle hierbleiben.
LA: Wollen Sie noch etwas vorbringen, was nicht zur Sprache gekommen ist und Ihnen wichtig erscheint?
VP: Nein.
LA: Ihnen wurden bereits am 16.07.2024 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Spanien ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?
VP: Ich weiß nichts über dieses Dokument.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie die Dolmetscherin während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
(…)“
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.07.2024 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß
§ 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.07.2024 wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 12, Absatz 4, Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen die BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß
§ 61 Absatz 2, FPG zulässig sei.
Zur Lage in Spanien traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und ungekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
A) Allgemeines zum Asylverfahren
Spanien verfügt über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. In erster Instanz ist das Oficina de Asilo y Refugio (OAR) zuständig für die Bearbeitung von Asylanträgen. Es untersteht dem Innenministerium:
(AIDA 4.2022; für ausführliche Informationen siehe dieselbe Quelle)
Ein Asylverfahren kann, je nach Nationalität des Antragstellers, zwischen drei Monaten und zwei Jahren dauern, in Sonderfällen auch bis zu drei Jahren. Der Backlog an anhängigen Fällen in 1. Instanz ist chronisch hoch und betrug Ende 2021 72.271 Fälle (AIDA 4.2022).
Die Ankünfte in Spanien, insbesondere auf den Kanarischen Inseln, haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Auswirkungen der COVID-19-Beschränkungen auf irreguläre Einreisen waren nur vorübergehend: Nach Angaben der nationalen Behörden kamen im Jahr 2021 insgesamt 41.945 Personen auf dem Land- und Seeweg nach Spanien; 1.845 auf dem Landweg (nach Ceuta und Melilla) und 40.100 auf dem Seeweg. Von den letzteren landeten mehr als die Hälfte an den Kanarischen Inseln an (22.316 Personen), der Rest hauptsächlich in Festlandspanien und auf den Balearen (17.341 Personen) (AIDA 4.2022).
Nach Angaben des Innenministeriums bietet Spanien Venezolanern humanitären Schutz, die nicht für andere Schutzformen in Frage kommen. 2021 beantragten bis August 6.488 Venezolaner Asyl, welche mit 18% aller Antragsteller die größte Gruppe von Asylwerbern darstellten (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- USDOS – US Department of State (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071360.html, Zugriff 18.10.2022
Dublin-Rückkehrer
Spanien erhält wesentlich mehr Dublin-In-Anfragen als es Dublin-Out-Anfragen stellt. Spanien gibt vor Transfers keine Garantien an Mitgliedsstaaten ab; bei Ankunft der Rückkehrer koordiniert die Asylbehörde (OAR) sich mit dem Sozialministerium, das für die Unterbringung zuständig ist. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten von Problemen bei der Identifizierung von zurückkehrenden Opfern von Menschenhandel (hauptsächlich aus Frankreich), die nicht effektiv als solche erkannt wurden. Koordinationsprobleme zwischen den spanischen Behörden (OAR, Dublin-Unit, Sozialministerium) sind ein weiterer Kritikpunkt. 2019 und 2020 gab es Berichte über Dublin-Rückkehrer ohne Zugang zu Versorgung wegen Platzmangel, was in bestimmten Fällen zu Obdachlosigkeit führte. Nach einer Reihe von Gerichtsurteilen wurden Anordnungen getroffen, um den Zugang von Dublin-Rückkehrern, die Spanien freiwillig in Richtung anderer EU-Länder verlassen hatten, zum Versorgungssystem zu gewährleisten. Dennoch berichteten NGOs im Juni 2019, dass sie einige Dublin-Rückkehrer (darunter Kinder und eine schwangere Frau) unterstützten, denen das OAR die Unterbringung verweigert habe (AIDA 4.2022).
Beim (erneuten) Zugang zum Asylverfahren können Dublin-Rückkehrer aufgrund allgemeiner Mängel im Asylsystem auf Hindernisse stoßen. Das OAR priorisiert ihre Registrierung für die Einbringung eines Asylantrags. Wurde ihr vorheriges Asylverfahren beendet, müssen sie erneut einen Asylantrag stellen, der nicht als Folgeantrag gilt (AIDA 4.2022).
Der Wohnort und die Art der Unterbringung von Dublin-Rückkehrern werden von den spanischen Behörden auf der Grundlage der Bedürfnisse der Asylwerber und ihrer Fähigkeit, ein selbständiges Leben zu führen, zugewiesen. Die Art der Unterbringung ist unterschiedlich zwischen Zentren mit unterschiedlicher Kapazität (maximal 120 Personen) oder in Wohnungen (IOM 29.7.2022).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- IOM – International Organisation for Migration (29.7.2022): Auskunft von IOM, per E-Mail
Non-Refoulement
Bilaterale Abkommen mit Marokko und Algerien erlauben es Spanien, irreguläre Migranten aus diesen Ländern abzuschieben, und zwar fast alle ohne Verwaltungsverfahren oder richterliche Anordnung, in Übereinstimmung mit dem Gesetz zum Schutz der Sicherheit der Bürger. Spanien hält weiter daran fest, dass Rückschiebungen nach Marokko unter dem diesbezüglichen bilateralen Abkommen legal sind und dies auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) durch das Urteil vom Feber 2020 bestätigt worden sei. NGOs kritisieren diese Praxis. Die Rückführungen im Rahmen dieser Abkommen wurden im März 2020 eingestellt, als die Grenze aufgrund der COVID-19-Pandemie geschlossen wurde. Seitdem sind nur sehr wenige Rückführungen erfolgt. Die spanische Regierung hat keine offiziellen Statistiken über die Zahl der nach Marokko oder Algerien zurückgeführten Personen vorgelegt. Ein Abkommen zwischen Spanien und Marokko erlaubt es der spanischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs, von marokkanischen Häfen aus zu operieren und vor der marokkanischen Küste gerettete irreguläre Migranten nicht nach Spanien, sondern an die marokkanische Küste zurückzuführen (USDOS 12.4.2022).
Es gibt Berichte über Einreiseverweigerungen, Refoulement, Kollektivabschiebungen und sogenannte Pushbacks, besonders in den Exklaven Ceuta und Melilla an der Grenze zu Marokko, wo ein spezielles Grenzregime herrscht. Gemäß spanischer Gesetze werden dort irreguläre Migranten wieder nach Marokko zurückgebracht. Asylantragstellung ist an den offiziellen Grenzübertrittspunkten möglich. Jedoch interpretieren Kritiker diese Praxis als Pushbacks, da es Asylsuchenden praktisch nicht möglich sein soll, aus Marokko auszureisen und zu den spanischen offiziellen Grenzübertrittspunkten zu gelangen. Spanien hat bilaterale Abkommen mit Mauretanien, Algerien, Senegal und Marokko zur Rückübernahme von Migranten unterzeichnet. Im Rahmen eines solchen Abkommens nimmt etwa Mauretanien Migranten zurück, die durch dieses Land gereist sind. Kritiker bezeichnen diese Praxis im Falle von Malischen Migranten als indirekte Pushbacks und als Verletzung des Non-Refoulement-Gebots (AIDA 4.2022).
Es versammeln sich regelmäßig Tausende von Migranten und Flüchtlingen an der Landgrenze zwischen Marokko und den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla. Im Februar 2020 bestätigte die Große Kammer des EGMR die Rechtmäßigkeit einer umstrittenen Praxis, bei der die spanischen Behörden Personen, die die Grenzen der Exklaven illegal überqueren, beispielsweise durch Überklettern von Zäunen, zurückschicken. Im Jahr 2021 kamen mehrere unbegleitete Minderjährige aus Marokko nach Ceuta und wurden kurzerhand zurückgeschickt. Der Ombudsmann und Dutzende von Menschenrechts-NGOs verurteilten die Rückführungen mit der Begründung, dass die Regierung die für diese Praxis geltenden rechtlichen Standards nicht eingehalten und die Rechte der Minderjährigen verletzt habe (FH 24.2.2022).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- FH - Freedom House (24.2.2022): Freedom in the World 2022 - Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071964.html, Zugriff 24.10.2022
- USDOS – US Department of State (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071360.html, Zugriff 18.10.2022
Versorgung
Migranten aus Ländern ohne Rückführungsabkommen und solche, die nachweislich Anspruch auf internationalen Schutz haben, erhalten im Rahmen eines von der Regierung ausgehenden und von verschiedenen NGOs verwalteten Aufnahmeprogramms Unterkunft und Grundversorgung (USDOS 12.4.2022).
Wenn ihnen finanzielle Mittel fehlen, haben Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und soziale Dienste zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse. Die materiellen Bedingungen sind für alle Antragsteller dieselben, egal in welcher Art von Verfahren sie sich befinden. Dieses System unterstützt Nutznießer von der Asylantragsstellung bis zum Abschluss des Integrationsprozesses. Die Koordinierung und Verwaltung der Aufnahme von Asylwerbern fällt in die Verantwortung der Generaldirektion Inklusion und humanitäre Hilfe (Dirección General de Inclusión y Atención Humanitaria, DGIAH) sowie des Staatssekretariats für Migration (Secretaría de Estado de Migraciones, SEM) des Ministeriums für Inklusion, soziale Sicherheit und Migration. Das Asylgesetz sieht vor, dass die Versorgung durch Verordnung festgelegt wird, jedoch existieren detaillierte Regeln derzeit nur in Form eines unverbindlichen Handbuchs (AIDA 4.2022).
Das spanische System hat ca. 10.000 Unterbringungsplätze. Es umfasst folgende Unterbringungstypen:
1. Für Migranten, die per Boot über das Meer nach Spanien kommen, gibt es eigene Unterbringungseinrichtungen:
• vier Temporäre Hilfszentren für Fremde (Centros de Atención Temporal de Extranjeros, CATE), welche der Polizei unterstehen und der Identifizierung dienen. Es handelt sich um geschlossene Zentren mit max. 72 Stunden Verweildauer (AIDA 4.2022; vgl. USDOS 12.4.2022).• vier Temporäre Hilfszentren für Fremde (Centros de Atención Temporal de Extranjeros, CATE), welche der Polizei unterstehen und der Identifizierung dienen. Es handelt sich um geschlossene Zentren mit max. 72 Stunden Verweildauer (AIDA 4.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022).
• elf Zentren für Nothilfe und Verteilung (Centros de Atención de Emergencia y Derivación, CAED), geführt von NGOs wie dem spanischen Roten Kreuz. Dies sind offene Zentren, welche u.a. soziale und rechtliche Unterstützung bieten (AIDA 4.2022).
2. In den Exklaven Ceuta und Melilla gibt es je ein Temporäres Migrationszentrum (Centros de estancia temporal para inmigrantes, CETI) mit 512 Plätzen (Ceuta), bzw. 782 Plätzen (Melilla), betrieben von den spanischen Behörden (AIDA 4.2022).
3. Für Antragsteller im Asylverfahren bzw. Schutzberechtigte gibt es:
• vier Unterbringungszentren (Centros de acogida de refugiados, CAR) auf dem spanischen Festland mit gesamt 416 Plätzen, betrieben von den spanischen Behörden (AIDA 4.2022).
• Unterbringungseinrichtungen (meist Wohnungen), die von 10 NGOs betrieben werden (AIDA 4.2022).
Wenn Antragsteller sich für eine private Unterkunft außerhalb des Systems entscheiden, haben sie keinen garantierten Zugang zu finanzieller Unterstützung und Leistungen wie in den Zentren (AIDA 4.2022).
Sowohl CATE als auch CAED werden für die Unterbringungsbedingungen kritisiert (AIDA 4.2022).
Personen, die ihren Asylantrag in den Exklaven Ceuta oder Melilla stellen, werden dort in temporären Zentren (CETI) untergebracht und müssen die Zulässigkeitsentscheidung über ihren Asylantrag dort abwarten und werden erst dann nach Festlandspanien transferiert. Spanische Gerichte haben ein solches Vorgehen mehrmals verurteilt. In den letzten Jahren wurde der Ablauf der Transfers nach Festland-Spanien weiterhin als intransparent kritisiert. Ähnliche Berichte gibt es auch betreffend die Kanarischen Inseln (AIDA 4.2022).
Die Unterbringung verläuft in folgenden Phasen:
• die Bewertungs- und Zuweisungsphase: umfasst eine Basisversorgung mit Unterbringung bis ein Platz im Unterbringungssystem verfügbar ist. Dauer: bis zu 30 Tage (in der Praxis aber auch länger) (AIDA 4.2022).
• die Unterbringungsphase (Phase 1): neben temporärer Unterbringung in CAR bzw. NGO-betriebenen Zentren oder humanitären Unterbringungseinrichtungen erhalten Asylwerber in dieser ersten Versorgungsphase u.a. soziale Hilfe, kulturelle Grundorientierung, Sprachkurse und Jobtraining, was ihre Integration in die spanische Gesellschaft erleichtern soll, und ein Taschengeld in Höhe von €50 im Monat, plus €20 für jeden abhängigen Minderjährigen. Zusätzlich werden andere persönliche Ausgaben abgedeckt (AIDA 4.2022).
• die Vorbereitungsphase für Autonomie (Phase 2): während dieser zweiten Versorgungsphase werden die Nutznießer in private Unterbringung entlassen und erhalten kein Taschengeld mehr, aber die Miete wird übernommen und sie können zusätzliche Mittel zur Deckung der Grundbedürfnisse erhalten, um ein „normales Leben“ beginnen zu können. Personen, die ab dem 1. Januar 2021 Zugang zu Unterbringung für Asylwerber erhalten, können nur dann in Phase 2 der Versorgung überwiesen werden, wenn sie internationalen Schutz erhalten haben. Ist dies nicht der Fall, verbleiben sie in Phase 1 (AIDA 4.2022).
Abgesehen von den Unterbringungskapazitäten für Asylwerber verfügt Spanien über sieben Hafteinrichtungen (Centros de Internamiento de Extranjeros, CIE) mit zusammen 1.288 Plätzen, die vornehmlich der Inhaftierung von illegalen Migranten dienen. Stellen diese einen Asylantrag in einem CIE, durchlaufen sie das Asylverfahren auch in diesem (AIDA 4.2022).
Die Bewertungs- und Zuweisungsphase, Phase 1 und 2 dauern zusammen maximal 18 Monate (verlängerbar auf 24 Monate für Vulnerable). Wer die zweite Phase in Anspruch nehmen will, muss die erste Phase in einer staatlichen Unterbringung absolvieren. Abgelehnte Asylwerber können bis zum Ende der Maximaldauer in ihrer Unterbringung bleiben (AIDA 4.2022).
In den letzten Jahren wurden Mängel im Aufnahmesystem berichtet, die den Zugang erschwerten (z.B. Wartezeiten) und in bestimmten Fällen zur Obdachlosigkeit führten. Schlechte Unterbringungsbedingungen in CAR-Zentren und NGO-Unterbringungen werden generell keine berichtet (AIDA 4.2022).
Die CETI werden als chronisch überbelegt und die Unterbringungsbedingungen als schlecht und für Familien und Vulnerable ungeeignet beschrieben und es wird ein Mangel an Psychologen und Übersetzern berichtet. Mit der COVID-19-Pandemie verschärfte sich dies noch. Besonders von den Kanarischen Inseln wurden 2021 Schwierigkeiten bei der adäquaten Versorgung von Migranten und Asylwerbern berichtet, weil die Kapazitäten und das humanitäre Hilfswesen dem Ansturm nicht gewachsen waren. Viele Einrichtungen sind nach wie vor überfüllt und mangelnde Transfers von den Inseln und Exklaven auf das Festland führten zu zahlreichen Fällen von Armut und Obdachlosigkeit unter Asylwerbern (AIDA 4.2022).
Internationale Menschenrechtsgruppen haben die spanischen Behörden dafür kritisiert, dass Migranten und Asylwerber oft unter schlechten Bedingungen untergebracht sind und viele von ihnen in improvisierten Lagern festgehalten werden, die angeblich gegen Menschenrechtsstandards verstoßen (FH 24.2.2022).
Aufgrund der großen Zahl irregulärer Neuankömmlinge auf den Kanarischen Inseln im Jahr 2020 arbeitet die Regierung mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM), dem Spanischen Roten Kreuz und den lokalen NGOs Accem, der Cepaim-Stiftung und dem Weißen Kreuz zusammen, um den "Kanarenplan" umzusetzen. Im Dezember 2020 richtete das Ministerium für Integration, soziale Sicherheit und Migration sechs große Aufnahmezentren auf den Kanarischen Inseln ein, die von den Organisationen verwaltet werden (USDOS 12.4.2022).
Die Behörden haben es versäumt, angemessene Aufnahmebedingungen und ein faires und wirksames Asylverfahren für Menschen zu gewährleisten, die irregulär auf den Kanarischen Inseln ankommen (AI 29.3.2022).
Ab Dezember 2020 hat EASO begonnen, Spanien bei der Unterbringung von Asylwerbern zu unterstützen. Ein Einsatzplan für die Jahre 2022-2023 wurde genehmigt, mit dem Ziel, Spanien bei der Reform seines Aufnahmesystems zu unterstützen und u.a. eine Erhöhung der Zahl der Aufnahmeplätze auf den Kanarischen Inseln zu erreichen (AIDA 4.2022; vgl. USDOS 12.4.2022).Ab Dezember 2020 hat EASO begonnen, Spanien bei der Unterbringung von Asylwerbern zu unterstützen. Ein Einsatzplan für die Jahre 2022-2023 wurde genehmigt, mit dem Ziel, Spanien bei der Reform seines Aufnahmesystems zu unterstützen und u.a. eine Erhöhung der Zahl der Aufnahmeplätze auf den Kanarischen Inseln zu erreichen (AIDA 4.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022).
Asylwerber sind gesetzlich berechtigt, sechs Monate nach der Einbringung ihres Asylantrags eine Arbeit aufzunehmen, während ihr Antrag geprüft wird. Nach Ablauf der ersten sechs Monate können die Asylwerber die Erneuerung ihres Asylwerberausweises (tarjeta roja [rote Karte]) beantragen, welche die Berechtigung zur Arbeit in Spanien bestätigt. Die Aufnahmezentren für Asylwerber bieten Jobtraining und Sprachkurse an. Darüber hinaus haben die drei wichtigsten NGOs, welche Aufnahmezentren betreiben (Accem, das Spanische Rote Kreuz und CEAR), das Ariadna-Netzwerk innerhalb der vier CAR-Zentren gegründet. Dieses bietet einen umfassenden Aktionsplan, der auf die besonderen Bedürfnisse von Asylwerbern und Schutzberechtigten im Hinblick auf Arbeitsintegration eingeht. Dazu gehören Dienstleistungen wie personalisierte Beratungsgespräche, Schulungen vor der Einstellung, Jobtraining, aktive Unterstützung bei der Arbeitssuche usw. In der Praxis stoßen Asylwerber jedoch auf Hindernisse beim Zugang zum spanischen Arbeitsmarkt. Viele sprechen kein Spanisch, die Anerkennung von Qualifikationen ist langwierig, kompliziert und oft teuer. Diskriminierung aufgrund von Nationalität oder Religion kommt vor. Asylwerber, Flüchtlinge und Migranten in Spanien stoßen bei der Eröffnung von Bankkonten häufig auf Schwierigkeiten. Im Februar 2022 forderten verschiedene Organisationen die Regierung und die spanische Zentralbank auf, dringende Maßnahmen zu ergreifen, damit die Bankinstitute das Gesetz einhalten und eine Praxis beenden, welche die finanzielle und soziale Eingliederung von Asylwerbern, Flüchtlingen und Migranten behindert (AIDA 4.2022).
Quellen:
- AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Spain 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070427.html, Zugriff 24.10.2022
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- USDOS – US Department of State (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Spain, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071360.html, Zugriff 18.10.2022
Medizinische Versorgung
Das spanische Recht sieht für alle Asylwerber so wie für spanische Bürger den vollen Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem vor, einschließlich Zugang zu spezialisierterer Behandlung für Personen, die Folter, schwere körperliche oder seelische Misshandlungen oder Traumatisierung erlitten haben. Der universelle Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem gilt auch für irreguläre Migranten. Obwohl in Spanien Zugang zu spezieller Behandlung durch Psychologen und Psychiater frei und garantiert ist, gibt es keine Institutionen, die auf die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge spezialisiert sind. Es gibt einige NGOs, die für Asylwerber mit psychischen Bedürfnissen zuständig sind. Die NGO Accem hat 2018 das Zentrum für Unterbringung und Hilfe für Menschen mit mentalen Problemen (Centro de Acogida y Atención Integral a Personas con Problemas de Salud Mental) für die Zielgruppe der vulnerablen Asylwerber, Flüchtlinge und Migranten gegründet. Die NGO CEAR (Comisión Española de Ayuda al Refugiado) betreibt auch Einrichtungen, die auf Asylsuchende mit psychischen Erkrankungen spezialisiert sind. Die Stiftung La Merced bietet Aufnahmeplätze für junge erwachsene Asylsuchende, die spezielle Unterstützung aufgrund psychischer Erkrankungen benötigen. Andere NGOs haben ebenfalls spezifische Ressourcen für Asylwerber mit psychischen Problemen aufgebaut, wie etwa Bayt al-Thaqafa, Progestión, Provivienda und Pinardi. Die NGO Valencia Accull hat in Valencia eine Aufnahmeeinrichtung für alleinstehende weibliche Asylwerberinnen/ Flüchtlinge eröffnet. Die COVID-19-Pandemie wirkte sich negativ auf den Zugang von Asylwerbern zu Gesundheitsleistungen aus. Beim Zugang zur Impfkampagne für Migranten wurden verschiedene Hindernisse festgestellt, vor allem aufgrund der Sprachbarriere und fehlendem Zugang zu digitalen Diensten. Migranten (auch undokumentierte) sind in die spanische Impfstrategie einbezogen. Die Verantwortung für die Bereitstellung von Informationen und die Erleichterung des Zugangs zur Kampagne wurde häufig an NGOs delegiert (AIDA 4.2022).
Für Asylwerber, die sich im spanischen Aufnahmesystem befinden, ist die allgemeine Gesundheitsversorgung im ganzen Land verfügbar. Die jeweiligen Sozialdienste und NGOs, die für das spanische Aufnahmesystem zuständig sind, bieten Beratung und Hilfestellung bei grundlegenden Verfahren wie dem Erhalt einer Gesundheitskarte, der Registrierung im örtlichen Rathaus usw. Sobald Asylwerber eine Gesundheitskarte erhalten haben, können sie einen Hausarzt wählen, der für die Überweisung zu medizinischen Tests und Fachärzten erforderlich ist (IOM 29.7.2022).
Die Covid-19-Pandemie setzte das nationale Gesundheitssystem unter einen noch nie dagewesenen Druck. Während der Covid-19-Impfkampagne stießen Ausländer, insbesondere irreguläre Migranten auf Hindernisse beim Zugang zum Gesundheitsdienst und zu Impfstoffen, da es keine klaren Protokolle zur Identifizierung und zum Zugang zu Informationen für diese Gruppen gab (AI 29.3.2022).
MedCOI bearbeitet keine medizinischen Anfragen zu Mitgliedsstaaten (MedCOI 19.2.2021).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (4.2022): Asociación Comisión Católica Española de Migraciones (Accem) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), Country Report: Spain, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-ES_2021update.pdf, Zugriff 15.9.2022
- IOM – International Organisation for Migration (29.7.2022): Auskunft von IOM, per E-Mail
- MedCOI – Medical COI (19.2.2021): Anfragebeantwortung, per E-Mail
Begründend wurde ausgeführt, dass die BF an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leide, die einer Überstellung entgegenstehen würde. Spanien habe der Aufnahme der BF gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO durch Verfristung zugstimmt. Die BF habe keine familiären oder privaten Bindungen in Österreich. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führe. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des
Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.Begründend wurde ausgeführt, dass die BF an keinen schweren, lebensbedrohenden Krankheiten leide, die einer Überstellung entgegenstehen würde. Spanien habe der Aufnahme der BF gem. Artikel 12, Absatz 4, Dublin III-VO durch Verfristung zugstimmt. Die BF habe keine familiären oder privaten Bindungen in Österreich. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer Verletzung von Artikel 8, EMRK führe. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung von Artikel 3, EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen lassen, seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG treffe zu. Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des
Art. 17 Absatz eins, Dublin III-VO ergeben.
3. Gegen vorzitierten Bescheid erhob die BF rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und regte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an. Darin wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgangs insbesondere (ergänzend) ausgeführt, dass der Sachverhalt im gegenständlichen Fall nicht ausreichend erhoben worden sei. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, hätte diese zur Entscheidung kommen müssen, dass die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Art 17 der Dublin-III VO geboten gewesen wäre und eine Verletzung von Art 3 EMRK nicht ausgeschlossen werden könne. Insgesamt müsse festgestellt werden, dass sich die Länderberichte mangels Aktualität und Vollständigkeit sowie aufgrund von Einseitigkeit sowie ihrer Beschränkung auf die rechtlichen Rahmenbedingungen unter Außerachtlassung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht als ausreichende Grundlage für eine mängelfreie Beweiswürdigung eignen würden. Entgegen der Ansicht der Behörde sei in Spanien die Versorgung von DublinRückerer:innen keinesfalls gesichert. Die BF leide an Bluthochdruck, Sehschwäche und Gehörproblemen, auf Grund dessen lebe sie mit zahlreichen Einschränkungen. Welche gesundheitlichen Probleme die BF habe, welche ärztlichen Behandlungen die BF brauche und ob sie diese in Spanien auch erhalten könne, habe die belangte Behörde jedoch nicht ermittelt. Aus den zitierten Quellen lasse sich erkennen, dass das spanische Asylsystem, insbesondere für Dublin-Rückkehrer*innen, mit systemischen Mängeln behaftet sei beziehungsweise die BF im Falle einer Überstellung nach Spanien im gegenständlichen Fall der Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art 3 EMRK mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sei. Österreich hätte zwingend von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art 17 Dublin III-VO Gebrauch machen und den Asylantrag der BF inhaltlich prüfen müssen. 3. Gegen vorzitierten Bescheid erhob die BF rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und regte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an. Darin wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgangs insbesondere (ergänzend) ausgeführt, dass der Sachverhalt im gegenständlichen Fall nicht ausreichend erhoben worden sei. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, hätte diese zur Entscheidung kommen müssen, dass die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes gem. Artikel 17, der Dublin-III VO geboten gewesen wäre und eine Verletzung von Artikel 3, EMRK nicht ausgeschlossen werden könne. Insgesamt müsse festgestellt werden, dass sich die Länderberichte mangels Aktualität und Vollständigkeit sowie aufgrund von Einseitigkeit sowie ihrer Beschränkung auf die rechtlichen Rahmenbedingungen unter Außerachtlassung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht als ausreichende Grundlage für eine mängelfreie Beweiswürdigung eignen würden. Entgegen der Ansicht der Behörde sei in Spanien die Versorgung von DublinRückerer:innen keinesfalls gesichert. Die BF leide an Bluthochdruck, Sehschwäche und Gehörproblemen, auf Grund dessen lebe sie mit zahlreichen Einschränkungen. Welche gesundheitlichen Probleme die BF habe, welche ärztlichen Behandlungen die BF brauche und ob sie diese in Spanien auch erhalten könne, habe die belangte Behörde jedoch nicht ermittelt. Aus den zitierten Quellen lasse sich erkennen, dass das spanische Asylsystem, insbesondere für Dublin-Rückkehrer*innen, mit systemischen Mängeln behaftet sei beziehungsweise die BF im Falle einer Überstellung nach Spanien im gegenständlichen Fall der Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne des Artikel 3, EMRK mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sei. Österreich hätte zwingend von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Artikel 17, Dublin III-VO Gebrauch machen und den Asylantrag der BF inhaltlich prüfen müssen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.04.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Eine Visa-Abfrage ergab, dass der BF ein Visum gültig von 23.01.2024 bis 15.02.2024, von Spanien erteilt wurde (AS 59f).
Am 14.05.2024 richtete das BFA ein auf Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Spanien. Dies unter Hinweis auf das spanische Visum der BF.Am 14.05.2024 richtete das BFA ein auf Artikel 12, Absatz 4, Dublin III-VO gestütztes Aufnahmegesuch an Spanien. Dies unter Hinweis auf das spanische Visum der BF.
Mit Schreiben vom 15.07.2024, zugestellt am selben Tag, teilten die österreichischen Behörden den spanischen Behörden mit, dass die Zuständigkeit für das Verfahren betreffend die BF am 15.07.2024 auf Spanien übergegangen sei aufgrund Verfristung.
Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Spaniens beendet hätte, liegt nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Spanien an.
Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Die BF leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche einer Überstellung nach Spanien entgegenstehen.
Die BF verfügt über keine entscheidungsrelevanten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen im österreichischen Bundesgebiet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Asylantragstellung im Bundesgebiet und dazu, dass sie zuvor keinen Antrag auf internationalen Schutz im Bereich der Mitgliedstaaten gestellt hatte, ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der BF.
Dass der BF ein spanisches Visum, gültig von 23.01.2024 bis 15.02.2024, ausgestellt wurde, ergibt sich aus der vom BFA durchgeführten und im Akt dokumentierten VIS-Abfrage.
Die Feststellungen zur Zustimmung zur Aufnahme der BF durch Spanien ergibt sich aus dem durchgeführten und im Verwaltungsakt dokumentierten Konsultationsverfahren.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheids, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seinen Entscheidungen neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Spanien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Aus den dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das spanische Asylwesen gravierende systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Spanien, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, hat die BF nicht (ausreichend substantiiert) dargetan.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand der BF beruht auf deren eigenen Angaben und der Aktenlage. Die BF leide laut ihren Schilderungen an Bluthochdruck, Sehschwäche und Gehörproblemen, sie nehme laut eigenen Angaben Tabletten. Es wurden keine medizinischen Unterlagen vorgelegt, obwohl eine Übermittlung von Unterlagen in der Einvernahme vor dem BFA angekündigt wurde. Dass die BF an einer lebensbedrohenden, eine Überstellung nach Spanien verhindernden Krankheit leide, ist nicht festzustellen.
Die festgestellten persönlichen und privaten Verhältnisse der BF in Österreich ergeben sich aus ihren diesbezüglichen Angaben in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem BFA sowie der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.Nach Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, Bundesgesetzblatt 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, Bundesgesetzblatt 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, Bundesgesetzblatt 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund