Entscheidungsdatum
27.08.2024Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L515 2261859-2/18E
Schriftliche Ausfertigung des am 12.8.2024 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, geb. am XXXX, StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungs-leistungen GmbH – BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.5.2024, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. der Republik Georgien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungs-leistungen GmbH – BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.5.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF als unbe-gründet abgewiesen, mit der Maßgabe, dass die Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten haben:A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF als unbe-gründet abgewiesen, mit der Maßgabe, dass die Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten haben:
„I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wird in Bezug auf die beantragte Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurückgewiesen.„I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wird in Bezug auf die beantragte Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gemäß Paragraph 68, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 51 aus 1991, idgF (AVG) zurückgewiesen.
II. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wird in Bezug auf die beantragte Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Georgien gemäß § 68 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 idgF (AVG) zurück-gewiesen.römisch II. Ihr Antrag auf internationalen Schutz wird in Bezug auf die beantragte Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Georgien gemäß Paragraph 68, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 51 aus 1991, idgF (AVG) zurück-gewiesen.
III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß §§ 57 AsylG nicht erteilt. römisch III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß Paragraphen 57, AsylG nicht erteilt.
IV. Gemäß § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Georgien gemäß § 52 Absatz 1 FPG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. römisch IV. Gemäß Paragraph 10, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Georgien gemäß Paragraph 52, Absatz 1 FPG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (FPG) idgF, erlassen.
V. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist.römisch fünf. Es wird gemäß Paragraph 52, Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Georgien zulässig ist.
VI. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“römisch VI. Gemäß Paragraph 55, Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsründe:
I. Verfahrenshergangrömisch eins. Verfahrenshergang
Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet) ist eine weibliche Staatsangehörige der Republik Georgien, welche Mitte November 2021 rechtswidrig in das Bundesgebiet einreiste, vorerst keinen Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich im Anschluss über mehrere Monate hinweg rechtswidrig im Bundesgebiet aufhielt.
I.1. Zum Erstverfahren:römisch eins.1. Zum Erstverfahren:
I.1.1. Die bP brachte erstmals am 10.3.2022 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als nunmehr belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein. römisch eins.1.1. Die bP brachte erstmals am 10.3.2022 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als nunmehr belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Die bP brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung vor der einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.3.2022 sowie der Einvernahme vor der bB am 14.9.2022 zu-sammengefasst vor, sich mit dem Virus HIV infiziert zu haben. Ihr ehemaliger Freund sei eben-falls positiv getestet worden und hätte die bP für die Infektion verantwortlich gemacht, worauf er die Infektion der bP in ihrem Lebensumfeld in Georgien publik gemacht hätte. Die bP sei hierauf gesellschaftlich stigmatisiert gewesen und hätte ihre Existenzgrundlage verloren.
Die bP wäre mit ihrem Lebensgefährten (kirchlich verheiratet) nach Österreich gereist. Dieser wäre delinquent sowie strafrechtlich verurteilt, im Anschluss nach Georgien abgeschoben worden und hätten sich beide seither voneinander getrennt.
Ihre Krankheit sei in Georgien mit denselben Medikamenten behandelt worden wie hierzu-lande.
I.1.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde in weiterer Folge mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien der bP nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in ihren Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VII.).römisch eins.1.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurde in weiterer Folge mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien der bP nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in ihren Herkunftsstaat gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Der Beschwerde wurde gem. Paragraph 18, (1) Ziffer eins, BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VI.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt römisch VII.).
I.1.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung bzw. der von ihr befürchteten Beeinträchtigungen als nicht glaubhaft.römisch eins.1.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung bzw. der von ihr befürchteten Beeinträchtigungen als nicht glaubhaft.
I.1.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP traf die belangte Behörde Feststellungen. Diese umfassen Feststellungen in Bezug auf die Behandelbarkeit von AIDS, jedoch nicht in Bezug auf den Umgang der georgischen Gesellschaft mit HIV-Infizierten.römisch eins.1.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP traf die belangte Behörde Feststellungen. Diese umfassen Feststellungen in Bezug auf die Behandelbarkeit von AIDS, jedoch nicht in Bezug auf den Umgang der georgischen Gesellschaft mit HIV-Infizierten.
I.1.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK und sich die Abschiebung als zulässig dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 (1) 1 BFA-VG).römisch eins.1.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Artikel 8, EMRK und sich die Abschiebung als zulässig dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Paragraph 18, (1) 1 BFA-VG).
I.1.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. römisch eins.1.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorging. Sie wäre auch psychisch erkrankt und werde von ihren ehemaligen Lebensgefährten von Georgien aus bedroht.
Zur Bescheinigung bereits in Österreich erlittener Gewalt durch ihren Lebensgefährten wurde seitens der bP eine persönliche Ablichtung vorgelegt, die eine geplatzte Oberlippe zeigt.
In Bezug auf das Beschwerdevorbringen im Detail wird an den entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses eingegangen.
I.1.4. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens der Beschwerde der bP mit ho. Beschluss vom 11.11.2022, Zl. L515 2261859-1/4Z, gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt. römisch eins.1.4. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens der Beschwerde der bP mit ho. Beschluss vom 11.11.2022, Zl. L515 2261859-1/4Z, gem. Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
I.1.5. Am 14.12.2022 wurde seitens des ho. Gerichts eine Anfrage an den Verbindungsbeamten des BMI in Georgien hinsichtlich des Umgangs der georgischen Gesellschaft mit an AIDS Erkrankten gestellt. Das Ergebnis langte am 15.02.2023 bei ho. Gericht ein und lautete wie folgt:römisch eins.1.5. Am 14.12.2022 wurde seitens des ho. Gerichts eine Anfrage an den Verbindungsbeamten des BMI in Georgien hinsichtlich des Umgangs der georgischen Gesellschaft mit an AIDS Erkrankten gestellt. Das Ergebnis langte am 15.02.2023 bei ho. Gericht ein und lautete wie folgt:
„…
Wie stellt sich der Umgang der georgischen Gesellschaft mit an AIDS Erkrankten dar?
Auf Nachfrage im “Wissenschaftlich-praktischen Zentrum für Infektionspathologie, AIDS und klinische Immunologie“, wurde von einem Mitarbeiter, welcher seit 17 Jahren dort tätig ist, mitgeteilt, dass er bisher keine Informationen über gesellschaftliche Diskriminierung von AIDS-Patienten gehört habe, wobei er dies – wie überall auf der Welt – in Einzelfällen auch für Georgien nicht zu 100% ausschließen könne.
https://www.aidscenter.ge/index_eng.html
Die aktuellen Zahlen findet man unter folgendem Link:
https://www.aidscenter.ge/epidsituation_eng.html
Werden an AIDS Erkrankte staatlicherseits diskriminiert?
Nein, eine Diskriminierung staatlicherseits konnte nicht festgestellt werden. Seit dem Jahr 2009 gibt es ein eigenes Gesetz welches die Erkrankung an „HIV-Infektion/AIDS“ regelt.
https://matsne.gov.ge/en/document/view/90088?publication=3
Bestehen Berufsverbote für an AIDS Erkrankte?
Laut dem gültigen Gesetz (siehe Link weiter oben – Artikel 10 Abs. 2) existiert eine Liste von Berufen, von welchen AIDS Erkrankte ausgeschlossen werden können.Laut dem gültigen Gesetz (siehe Link weiter oben – Artikel 10 Absatz 2,) existiert eine Liste von Berufen, von welchen AIDS Erkrankte ausgeschlossen werden können.
Die Liste wird vom Gesundheitsministerium bestätigt. Leider liegt uns derzeit keine aktuelle Liste der Berufe, von welchen AIDS Erkrankte ausgeschlossen sind, vor.
Bestehen NGOs oder staatliche Stellen, an die sich an AIDS Erkrankte zur Unterstützung und Beratung wenden können?
Ja, wie bereits weiter oben ausgeführt gibt es das „Wissenschaftlich-praktische Zentrum für Infektionspathologie, AIDS und klinische Immunologie“ (siehe Link oben).
Weiters existiert noch die NGO „UNFPA Georgia“:
https://georgia.unfpa.org/en/node/9657
…“
I.1.6. Am 4.4.2023 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters eine Verhandlung durch. römisch eins.1.6. Am 4.4.2023 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Vertreters eine Verhandlung durch.
Mit der Ladung zu dieser Verhandlung wurde die bP bereits umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und ihr ein Fragenkatalog (Fragen zur Bescheinigbarkeit der Identität, allfälliger Rückkehrhindernisse, sowie der privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich) mit der Aufforderung, diesen vorab schriftlich zu beantworten, übermittelt. Eine solche Beantwortung fand nicht statt.
Mit Note des ho. Gerichts vom 2.3.2023 (OZ 8) wurde die bP vom Ergebnis der Beweis-aufnahme verständigt und ihr die zu Punkt I.5. angeführte Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten des BMI in Georgien zum Umgang der georgischen Gesellschaft mit der HIV-Erkrankung übermittelt. Eine schriftliche Stellungnahmefrist bis zum Verhandlungstermin oder eine Stellungnahmemöglichkeit in der Verhandlung wurden dazu eingeräumt. Eine schriftliche Stellungnahme wurde seitens der bP nicht abgegeben.Mit Note des ho. Gerichts vom 2.3.2023 (OZ 8) wurde die bP vom Ergebnis der Beweis-aufnahme verständigt und ihr die zu Punkt römisch eins.5. angeführte Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten des BMI in Georgien zum Umgang der georgischen Gesellschaft mit der HIV-Erkrankung übermittelt. Eine schriftliche Stellungnahmefrist bis zum Verhandlungstermin oder eine Stellungnahmemöglichkeit in der Verhandlung wurden dazu eingeräumt. Eine schriftliche Stellungnahme wurde seitens der bP nicht abgegeben.
Der bB wurde ebenfalls die Möglichkeit eingeräumt, sich zu äußern. Es langte keine Stellungnahme ein.
I.1.6.1. Der wesentliche Verlauf der Beschwerdeverhandlung stellte sich wie folgt dar: römisch eins.1.6.1. Der wesentliche Verlauf der Beschwerdeverhandlung stellte sich wie folgt dar:
„…
RI: Hat sich an den Gründen Ihrer Asylantragstellung seit Erhalt des angefochtenen Bescheids etwas geändert?
P: Sie sind alle aufrecht, die ich geschildert habe. Es sind Probleme dazugekommen mit meinem Partner.
…
RI: Wollen Sie ihre Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand vor der belangten Behörde und im Beschwerdeverfahren ergänzen?
P: Ich will meine Angaben nicht ergänzen. Es gibt eine Änderung in der Hinsicht, dass ich jetzt ein anderes Medikament einnehme, als zuvor.
RI: Was spricht gegen eine Behandlung in Ihrem Herkunftsstaat?
P: Die Behandlung in Georgien ist möglich., auch wenn es dieses Medikament was ich heute einnehme. Das Problem war aber die Stigmatisierung und die Diskriminierung.
RI: Sie wurden bereits beim BFA zu ihren privaten und familiären Verhältnissen befragt und haben im Verfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt. Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern?
P: Mein Ex-Partner wurde nach Georgien abgeschoben, davor wo er hier aufhältig war hat er viel Rechtsbrüche begangen und ich habe auch viel Gewalt erfahren. Ich fürchte, dass ich wieder mit ihm zu tun haben werde, wenn ich nach Georgien komme. Er hat auch Drogenprobleme.
RI: (ohne Dolmetscherin) Sprechen Sie Deutsch?
P: Ja, ich kann sprechen ein bisschen.
RI: (ohne Dolmetscherin) Was haben Sie gestern gemacht?
P: Gestern ich haben vielen Malen Bilder, viel Arbeit, meine Projekt als Künstlerin, ich habe viele Bestellung, ich nicht sehr gut in Deutsch, entschuldigung.
RI: Wie nehmen Sie am sozialen Leben in Österreich teil (Mitgliedschaft bei Vereinen, Organisationen, ehrenamtliches Engagement, etc.)?
P: Ich bin seit dem 1. April selbstständige Malerin. Ich hatte bereits Gespräche mit einigen Galerien in Österreich, diese wären auch an meine Bilder interessiert. Ich kann auch Bestellung seit dem 1. April annehmen. Ich habe in XXXX, wo sehr viele Ukrainer untergebracht waren gedolmetscht, will ich die einzige war, die die Sprache gewusst habe. P: Ich bin seit dem 1. April selbstständige Malerin. Ich hatte bereits Gespräche mit einigen Galerien in Österreich, diese wären auch an meine Bilder interessiert. Ich kann auch Bestellung seit dem 1. April annehmen. Ich habe in römisch 40 , wo sehr viele Ukrainer untergebracht waren gedolmetscht, will ich die einzige war, die die Sprache gewusst habe.
RI: Wie würden Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich bestreiten, wenn Sie ein Aufenthaltsrecht bekämen?
P: Mit meinem Beruf als Malerin.
RI: Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde seitens der belangten Behörde abgewiesen und wurde im angefochtenen Bescheid die Entscheidung begründet. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde entgegen.
P: Es hat geheißen, dass meine Familie in Georgien ist. Es stimmt, dass meine Mutter und Schwester dort sind, aber ich habe kaum Kontakt zu ihnen. Es hat auch geheißen, dass mein Partner dort leben würde. Ich will aber nicht zu einem gewalttätigen Partner zurück.
RI: Was würde Sie im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat konkret erwarten?
P: Mein Partner würde herausfinden, dass ich in Georgien bin. Er war Drogenabhängig und ich bin mir sicher, er nimmt auch in Georgien Drogen. Er ist auch wütend auf mich, er ist wegen mir nach Österreich gekommen. Meines Wissens hat er ein 7Jähriges Aufenthaltsverbot. Er ist verbittert, er ist der Meinung, dass ich zu ihm nach Georgien muss, weil ich das alles verschuldet habe. Außerdem lebt auch mein früherer Partner in Georgien, welcher mich über die Jahre nicht in Ruhe gelassen hat und mir das Leben zur Hölle gemacht hat. Das Ganze hat auch mit meiner Diagnose zu tun. Sie sehen sich in Recht mich so zu behandeln, wie sie mich behandeln. Wäre ich ein normaler Mensch, würde das nicht passieren.
RI: Ihnen wurde gemeinsam mit der Ladung die Auskunft des VB des BMI für Georgien (dessen Qualifikationsprofil wird der bP erklärt) vom 15.2.2023 zur Kenntnis gebracht, woraus sich zusammengefasst ergibt, dass von einer gesellschaftlichen oder staatlichen Diskriminierung AIDS-Kranker nicht auszugehen ist. Gewisse Berufe dürfen von AIDS-Kranken nicht ausgeübt werden, ein generelles Berufsverbot besteht jedoch nicht. Es existieren Organisationen, welche AIDS-Kranke unterstützen und beraten.
P: Ich persönlich bin auch Opfer dieser Diskriminierung geworden. Ich kann mir vorstellen, dass diejenigen keine Diskriminierung erfahren, die ihre Krankheit verschweigen, was auch die meisten machen. Auch mir wurde empfohlen, nicht öffentlich über meine Krankheit zu sprechen. Mein Ex-Partner hat aber die Information über meine Krankheit überall verbreitet.
RI: Im Fall der Bedrohungen durch ihre Ex-Partner stünde es Ihnen frei, sich an die georgischen Behörden zu wenden. Seitens Österreich wird Georgien als sicherer Herkunftsstaat gesehen, für den der Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit gilt (der Begriff wird erklärt).
In Georgien existiert auch ein mit dem österreichischen vergleichbares Gewaltschutzgesetz für Frauen.
P: Es gibt Gesetze in Georgien, die aber nicht wirksam sind. Das gilt leider auch für das Gewaltschutzgesetz. Wenn ich die Polizei wegen häuslicher Gewalt rufen würde, dann würde nichts passieren. Das ist in Georgien ein Mentalitätsproblem. Es gibt genauso Gesetze gegen Homophobie oder zum Schutz der Meinungsfreiheit.
RI: Ihnen wurden gemeinsam mit der Ladung Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien übermittelt. Hierzu ging keine schriftliche Stellungnahme ein. Wollen Sie sich heute hierzu noch äußern?
P: Zum Teil bin ich mit den Ausführungen mit diesen Berichten einverstanden, z.B., dass häusliche Gewalt in Georgien verbreitet ist oder die Beschäftigung von behinderten Personen kaum stattfindet. Es stand auch drinnen, dass die Medikamente gegen AIDS vom Staat finanziert werden, das stimmt auch so, aber alle anderen Medikamente musste ich aus eigener Tasche finanzieren. Die Versicherung deckt nicht alle Kosten. Die staatliche Versicherung gilt nur für einen Hausarzt in Georgien und für Blutbefunde, alles andere muss man selbst bezahlen.
Fragen des RV: keine FragenFragen des Regierungsvorlage, keine Fragen
Stellungnahme des RV: ich verweise auf das bisherige Vorbringen und auf die Beschwerdeschrift. Stellungnahme des Regierungsvorlage, ich verweise auf das bisherige Vorbringen und auf die Beschwerdeschrift.
RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will.
P: Ich wollte sagen, dass ich mit den Problemen, mit denen ich dort zu kämpfen hatte, nicht fertig wurde. Ich habe einige Jahre gekämpft, aber diesen Kampf verloren. Ich möchte in Österreich niemandem zur Last fallen. Ich bin selbsterhaltungsfähig, ich habe auf alle sozialen Leistungen verzichtet.
RI fragt die P, ob sie die Dolmetscherin gut verstanden habe; dies wird bejaht.
…“
Seitens der bB wurde kein Vertreter entsandt.
Sowohl die niederschriftliche Einvernahme vor der bB als auch Verhandlung wurde unter Beiziehung eines Dolmetschers für die georgische Sprache durchgeführt. Ebenso legte sie in diesem Verfahren Unterlagen vor, in denen die in der georgischen Sprache kommunizierte. Seitens der bP wurde in diesem Verfahren auch nie der Bedarf nach der Beiziehung eines Dolmetschers für eine andere Sprache, etwa Russisch geäußert.