Entscheidungsdatum
02.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W189 2290471-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU-GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2024, Zl. 1327786707-223154000, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2024, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Irene RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , StA. Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU-GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.03.2024, Zl. 1327786707-223154000, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.07.2024, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: der BF), ein somalischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 06.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am Folgetag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Er gab an, aus dem in der Region Lower Shabelle gelegenen Ort XXXX zu stammen und der sunnitischen Religionsgemeinschaft der Muslime sowie der Volksgruppe der Somali anzugehören. Seine Muttersprache Somali beherrsche er in Wort und Schrift. Er habe keine Schule besucht und sei zuletzt Hirte gewesen. Seine Eltern, Ehefrau, vier Kinder und fünf Geschwister würden in Somalia leben. Ein weiterer Bruder sei verstorben. Er habe Somalia im Mai 2022 legal mit einem Reisepass per Flugzeug in die Türkei verlassen. Seinen Reisepass habe er „ins Meer geschmissen“. Die Schleppung habe 600,- Euro gekostet. Zu seinem Ausreisegrund gab er zu Protokoll, dass er Somalia wegen der Al Shabaab verlassen habe. Sie hätten ihnen ihre Tiere weggenommen. Sie hätten seinen Bruder Ahmed getötet, weil er Holzkohle transportiert habe. Der Handel und Transport sei von der Al Shabaab verboten worden. Da der BF den Leichnam seines Bruders von der Straße entfernen habe wollen, um ihn zu beerdigen, habe die Al Shabaab ihn mit dem Tod bedroht. Daraufhin sei er aus seiner Heimat geflohen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der BF den Tod durch die Al Shabaab.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: der BF), ein somalischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 06.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er am Folgetag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde. Er gab an, aus dem in der Region Lower Shabelle gelegenen Ort römisch 40 zu stammen und der sunnitischen Religionsgemeinschaft der Muslime sowie der Volksgruppe der Somali anzugehören. Seine Muttersprache Somali beherrsche er in Wort und Schrift. Er habe keine Schule besucht und sei zuletzt Hirte gewesen. Seine Eltern, Ehefrau, vier Kinder und fünf Geschwister würden in Somalia leben. Ein weiterer Bruder sei verstorben. Er habe Somalia im Mai 2022 legal mit einem Reisepass per Flugzeug in die Türkei verlassen. Seinen Reisepass habe er „ins Meer geschmissen“. Die Schleppung habe 600,- Euro gekostet. Zu seinem Ausreisegrund gab er zu Protokoll, dass er Somalia wegen der Al Shabaab verlassen habe. Sie hätten ihnen ihre Tiere weggenommen. Sie hätten seinen Bruder Ahmed getötet, weil er Holzkohle transportiert habe. Der Handel und Transport sei von der Al Shabaab verboten worden. Da der BF den Leichnam seines Bruders von der Straße entfernen habe wollen, um ihn zu beerdigen, habe die Al Shabaab ihn mit dem Tod bedroht. Daraufhin sei er aus seiner Heimat geflohen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der BF den Tod durch die Al Shabaab.
2. In seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: das BFA) am 23.02.2024 machte der BF nähere Ausführungen zu seinem Fluchtgrund.
3. Mit Bescheid des BFA vom 04.03.2024 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).3. Mit Bescheid des BFA vom 04.03.2024 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch VI.).
4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist Beschwerde, über welche das Bundesverwaltungsgericht am 17.07.2024 in beider Anwesenheit eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchführte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF
1.1.1. Die Identität des BF steht nicht fest. Er stammt aus dem Ort XXXX (Koordinaten: XXXX in der Region Lower Shabelle. Er ist ein Staatsangehöriger von Somalia und gehört der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime sowie dem Clan der Hawiye, Subclan Galjecel, an. Seine Muttersprache Somali beherrscht er in Wort und Schrift. Zudem spricht er ein wenig arabisch. Er besuchte in Somalia die Koranschule und arbeitete als Hirte für die elterliche Viehzucht sowie in einem Teehaus.1.1.1. Die Identität des BF steht nicht fest. Er stammt aus dem Ort römisch 40 (Koordinaten: römisch 40 in der Region Lower Shabelle. Er ist ein Staatsangehöriger von Somalia und gehört der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime sowie dem Clan der Hawiye, Subclan Galjecel, an. Seine Muttersprache Somali beherrscht er in Wort und Schrift. Zudem spricht er ein wenig arabisch. Er besuchte in Somalia die Koranschule und arbeitete als Hirte für die elterliche Viehzucht sowie in einem Teehaus.
Seine Eltern und Geschwister sowie seine Ehefrau und seine drei minderjährigen Kinder leben weiterhin in seinem Heimatort. Seine Mutter und seine Ehefrau gehören nicht der Minderheit der Eyle an und der BF wurde deswegen nicht von seinem Clan verstoßen oder diskriminiert. Eine verheiratete Tante mütterlicherseits des BF ist in Mogadischu wohnhaft. Der BF steht in Kontakt zu seinen Angehörigen.
Der BF nimmt wegen des Erhalts des gegenständlichen abweisenden Bescheides des BFA im März 2024 die Antidepressiva Quetialan 25mg und Mirtabene 30mg ein. Im Übrigen ist er gesund.
1.1.2. Entgegen den von ihm angegebenen Ausreisegründen wurde weder ein Bruder des BF wegen eines illegalen Kohletransportes von der Al Shabaab getötet noch der BF selbst wegen des Versuchs der Beerdigung dieses Bruders von dieser Gruppierung mit dem Tod bedroht.
Aufgrund der volatilen Sicherheits- und schlechten Versorgungslage kann der BF nicht in seinen Heimatort zurückkehren. Der gesunde BF kann sich aber in Mogadischu neu ansiedeln und dort seinen Unterhalt bestreiten. Er kann zumindest für den Anfang bei seiner Tante Unterkunft nehmen, in weiterer Folge eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, gegebenenfalls eine eigene Wohnung anmieten und so ein Leben ohne unbillige Härten führen.
1.1.3. Der BF reiste im Oktober 2022 illegal in Österreich ein. Er hat hier keine Angehörigen oder Verwandten. Er besuchte zuletzt einen Deutschkurs auf dem Niveau A 0.3 sowie ein Sprachcafé und versteht auf Deutsch sehr einfach gehaltene Fragen, denen er in sehr einfachen Worten antworten kann. Seit Jänner 2023 hat er 24 Stunden an Remunerantentätigkeiten für eine karitative Organisation geleistet. Von November 2023 bis einschließlich Februar 2024 arbeitete er geringfügig als Aushilfe bei einer Reinigungsfirma.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia
1.2.1. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten
(PGN 23.1.2023)
(Rafal R./X 9.4.2023)
1.2.2. Sicherheitslage in der Region Lower Shabelle
Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und ATMIS, Kurtunwaarey und Sablaale werden von al Shabaab kontrolliert (PGN 23.1.2023; vgl. Sahan/SWT 21.8.2023). Dies gilt auch für große Teile des Hinterlandes nördlich des Shabelle (PGN 23.1.2023) bzw. des ländlichen Raumes (Sahan/SWT 21.8.2023). Lower Shabelle ist nach wie vor von Gewalt betroffen, das Gebiet zwischen den Städten liegt im Fokus der al Shabaab. Zwischen Afgooye und Merka kann die Gruppe weiterhin das Gelände zwischen den größeren Orten, die mehrheitlich unter Regierungskontrolle sind, nutzen (BMLV 1.12.2023). Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und ATMIS, Kurtunwaarey und Sablaale werden von al Shabaab kontrolliert (PGN 23.1.2023; vergleiche Sahan/SWT 21.8.2023). Dies gilt auch für große Teile des Hinterlandes nördlich des Shabelle (PGN 23.1.2023) bzw. des ländlichen Raumes (Sahan/SWT 21.8.2023). Lower Shabelle ist nach wie vor von Gewalt betroffen, das Gebiet zwischen den Städten liegt im Fokus der al Shabaab. Zwischen Afgooye und Merka kann die Gruppe weiterhin das Gelände zwischen den größeren Orten, die mehrheitlich unter Regierungskontrolle sind, nutzen (BMLV 1.12.2023).
Afgooye liegt aufgrund seines strategischen Wertes im ständigen Fokus aller Konfliktparteien - die Stadt gilt als Schlüssel zu Mogadischu. Trotzdem kann Afgooye hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Lage in der Stadt hat sich in den vergangenen Monaten verbessert (BMLV 1.12.2023).
Merka kann hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden (BMLV 1.12.2023). Eine Quelle der FFM Somalia 2023 erklärt, dass Habr Gedir und Biyomaal in Merka nunmehr ohne größere Animositäten zusammenleben - ein großer Fortschritt. Die Stadt ist demnach friedlich, neue Polizeistationen wurden errichtet. Al Shabaab verfügt in Merka nur noch über wenig Einfluss, während die Gruppe sich im landwirtschaftlichen Teil des Bezirks frei bewegen kann. Insgesamt hat sich die Situation in Merka in den letzten sieben Jahren signifikant verbessert (UNOFFX/STDOK/SEM 4.2023).
1.2.3. Sicherheitslage in Mogadischu
Die Sicherheitslage in Mogadischu ist weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass al Shabaab Angriffe auf Behörden und ihre Unterstützer verübt. Zugleich stecken hinter der Gewalt in der Stadt neben al Shabaab auch Regierungskräfte, der sogenannte Islamische Staat in Somalia (ISIS) und Unbekannte (Landinfo 8.9.2022). In der Stadt befinden sich die Polizei, die Präsidentengarde, die Bundesarmee, die National Intelligence and Security Agency (NISA), private Sicherheitskräfte und Clanmilizen in unterschiedlichem Umfang im Einsatz (Sahan/SWT 6.9.2023). Nichtstaatliche Sicherheitskräfte, darunter Clan-Milizen, üben trotz wiederholter Versuche, sie auf Linie zu bringen, erheblichen Einfluss in der Stadt aus. Die Teile dieser Patchwork-Sicherheitsarchitektur konkurrieren regelmäßig um Checkpoints und den Zugang zu Ressourcen (Sahan/SWT 6.9.2023).
Noch vor zehn Jahren kontrollierte al Shabaab die Hälfte der Stadt, die gleichzeitig Schauplatz heftiger Kämpfe war (BBC 18.1.2021; vgl. Sahan/SWT 18.1.2022). 2011 war Mogadischu eine halb entleerte Ruinenstadt, Einschusslöcher, zerstörte Häuser und Milizen in Kampfwagen prägten das Bild. Es gab keinerlei staatliche Dienste (Sahan/SWT 18.1.2022). Seit 2014 ist das Leben nach Mogadischu zurückgekehrt (SRF 27.12.2021) und die Stadt befindet sich unter Kontrolle von Regierung und ATMIS (PGN 23.1.2023). Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen zehn Jahren im Allgemeinen verbessert (Sahan/SWT 6.9.2023). Immer neue Teile von Mogadischu werden wieder aufgebaut. Er herrscht große Aktivität, viel Geld wird investiert (IO-D/STDOK/SEM 4.2023). Nun ist Mogadischu eine pulsierende Stadt mit hohen Apartmentblocks und Einkaufszentren. Der berühmte Lido-Strand ist am Wochenende voll mit Familien. Historische Gebäude und Monumente wurden renoviert und sind der Öffentlichkeit zugänglich. Unzählige Kaffeehäuser sind aus dem Boden geschossen. Der private und der öffentliche Sektor sind aufgrund der relativen Stabilität der Stadt stark gewachsen. Sechs Banken und Dutzende internationaler Firmen haben in Mogadischu eine Niederlassung eröffnet. Es gibt Investitionsmöglichkeiten, und es sind neue Arbeitsplätze entstanden (Sahan/SWT 18.1.2022). Die Stimmung der Menschen in der Stadt ist laut einer Quelle der FFM Somalia 2023 relativ positiv. Dies hat mit den Bemühungen der Regierung im Kampf gegen al Shabaab zu tun (INGO-C/STDOK/SEM 4.2023). Nach der Wahl von Hassan Sheikh Mohamed hat sich die Atmosphäre in Mogadischu dramatisch verändert, die Stadt ist ruhiger geworden (Sahan/SWT 8.6.2022).Noch vor zehn Jahren kontrollierte al Shabaab die Hälfte der Stadt, die gleichzeitig Schauplatz heftiger Kämpfe war (BBC 18.1.2021; vergleiche Sahan/SWT 18.1.2022). 2011 war Mogadischu eine halb entleerte Ruinenstadt, Einschusslöcher, zerstörte Häuser und Milizen in Kampfwagen prägten das Bild. Es gab keinerlei staatliche Dienste (Sahan/SWT 18.1.2022). Seit 2014 ist das Leben nach Mogadischu zurückgekehrt (SRF 27.12.2021) und die Stadt befindet sich unter Kontrolle von Regierung und ATMIS (PGN 23.1.2023). Die Sicherheitslage hat sich in den vergangenen zehn Jahren im Allgemeinen verbessert (Sahan/SWT 6.9.2023). Immer neue Teile von Mogadischu werden wieder aufgebaut. Er herrscht große Aktivität, viel Geld wird investiert (IO-D/STDOK/SEM 4.2023). Nun ist Mogadischu eine pulsierende Stad