Entscheidungsdatum
05.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W255 2290163-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zl. 1360775704/231351540, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zl. 1360775704/231351540, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine syrische Staatsangehörige, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.07.2023 für sich und ihre vier minderjährigen Kinder Anträge auf internationalen Schutz.
1.2. Am 14.07.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der BF statt. Dabei gab die BF an, dass sich ihr Ehegatte bereits seit 2020 in Österreich aufhalte. Die BF habe Syrien gemeinsam mit ihren Kindern verlassen, da ihr Ehegatte von der Regierung verfolgt werde. Das seien alle ihre Fluchtgründe.
1.3. Am 06.02.2024 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der BF vor dem BFA. Dabei führte sie aus, dass sie in Jänner 2020 aus Syrien in die Türkei ausgereist sei und sich dort bis Juni 2023 mit einer Kimlik aufgehalten habe, ehe sie nach Österreich gereist sei. Sie sei nach Österreich gereist, da sich ihr Ehegatte hier aufhalte. Ihre vier minderjährigen Kinder würden keine eigenen Fluchtgründe haben, für sie würden die von der BF angegeben Fluchtgründe gelten. Es sei eigentlich ausgemacht gewesen, dass ihr Ehegatte nach Österreich komme und die Familie im Rahmen eines Familienverfahrens nach Österreich bringe. Die BF sei dann alleine in Syrien gewesen und habe sich nicht frei bewegen können. Ihre Kinder seien im Alter von 13 und 14 Jahren gewesen und ihnen sei von den kurdischen Milizen gesagt worden, dass sie kämpfen gehen müssten. Die BF habe Angst gehabt, dass ihre Kinder zwangsrekrutiert werden würden, daher habe sie sich entschieden, Syrien zu verlassen und in die Türkei zu flüchten. Die BF sei in Syrien niemals persönlich verfolgt oder bedroht worden. Sie habe nur von der al Nusra Front Probleme bekommen und komplett verschleiert hinausgehen müssen. Dies habe die al Nusra Front erst von ihr gefordert, nachdem ihr Ehegatte Syrien verlassen gehabt hätte. Vorher hätte sich das keiner sagen getraut.
1.4. Das BFA wies die Anträge der BF und ihrer vier Kinder auf internationalen Schutz mit Bescheiden vom 11.03.2024, Zahlen 1360775704/231351540, 1360773601/231351388 1360776004/231351574, 1360773405/231351345 und 1360774010/231351400 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab. (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte der Ehegattin und den Kindern des BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). 1.4. Das BFA wies die Anträge der BF und ihrer vier Kinder auf internationalen Schutz mit Bescheiden vom 11.03.2024, Zahlen 1360775704/231351540, 1360773601/231351388 1360776004/231351574, 1360773405/231351345 und 1360774010/231351400 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab. (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte der Ehegattin und den Kindern des BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.).
1.5. Gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt 1.4. genannten Bescheides richtet sich die von der BF fristgerecht erhobene Beschwerde. 1.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des unter Punkt 1.4. genannten Bescheides richtet sich die von der BF fristgerecht erhobene Beschwerde.
1.6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 12.04.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
1.7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.07.2024 in Anwesenheit der BF, ihres Ehegattin, ihrer Kinder, ihrer Rechtsvertreterin wie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.
2. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des von der BF erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie der Einvernahme der BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch genannten Bescheides des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 18.07.2024, der Länderberichte zu Syrien sowie der Einsichtnahme in die seitens des Bundesverwaltungsgerichts zu den GZ W183 2251361 und W255 2290164-1 (jeweils Ehegatte der BF), W255 2290165-1 (Tochter der BF), W255 2290166-1 (Sohn der BF), W255 2290167-1 (Sohn der BF) und W255 2290168-1 (Tochter der BF) geführten Asylverfahren, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des von der BF erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie der Einvernahme der BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des im Spruch genannten Bescheides des BFA, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 18.07.2024, der Länderberichte zu Syrien sowie der Einsichtnahme in die seitens des Bundesverwaltungsgerichts zu den GZ W183 2251361 und W255 2290164-1 (jeweils Ehegatte der BF), W255 2290165-1 (Tochter der BF), W255 2290166-1 (Sohn der BF), W255 2290167-1 (Sohn der BF) und W255 2290168-1 (Tochter der BF) geführten Asylverfahren, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
2.1. Zur Person der BF:
2.1.1. Die BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX .
2.1.1. Die BF führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 .
2.1.2. Die BF ist syrische Staatsangehörige, sunnitische Muslimin und der Volksgruppe der Araber zugehörig. Die Muttersprache der BF ist Arabisch.
2.1.3. Die BF stammt aus XXXX ) in der Provinz XXXX und lebte dort durchgehend bis zu ihrer Ausreise im Oktober 2020. Sie maturierte in Syrien und schloss im Anschluss eine Ausbildung zur Zahntechnikerin ab. Die BF betrieb nach Abschluss ihrer Ausbildung in ihrem Herkunftsort eine Zahnklinik, bis diese im Zuge eines – nicht konkret gegen die BF gerichteten – Bombardements zerstört wurde. 2.1.3. Die BF stammt aus römisch 40 ) in der Provinz römisch 40 und lebte dort durchgehend bis zu ihrer Ausreise im Oktober 2020. Sie maturierte in Syrien und schloss im Anschluss eine Ausbildung zur Zahntechnikerin ab. Die BF betrieb nach Abschluss ihrer Ausbildung in ihrem Herkunftsort eine Zahnklinik, bis diese im Zuge eines – nicht konkret gegen die BF gerichteten – Bombardements zerstört wurde.
2.1.4. Das Herkunftsgebiet der BF ( XXXX ) steht seit dem Jahr 2015 nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung, sondern jener der Gruppierung Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), welche vormals als Al-Nusra-Front bekannt war. Der Herkunftsort der BF ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.2.1.4. Das Herkunftsgebiet der BF ( römisch 40 ) steht seit dem Jahr 2015 nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung, sondern jener der Gruppierung Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), welche vormals als Al-Nusra-Front bekannt war. Der Herkunftsort der BF ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.
2.1.5. Die BF ist mit dem syrischen Staatsangehörigen, XXXX verheiratet. Der Ehe entstammen die vier Kinder XXXX ). Die BF verließ gemeinsam mit ihrem Ehegatten und den gemeinsamen Kindern im Oktober 2020 Syrien und reiste in die Türkei. Der Ehegatte der BF verließ im Sommer 2021 alleine die Türkei und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 15.07.2021 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, während die BF und ihre Kinder in der Türkei blieben. Das BFA wies diesen Antrag des Ehegatten der BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.01.2022, Zl. 1280808205/210963542, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte dem Ehegatten der BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2023, GZ: W183 2251361-1/13E, als unbegründet abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.06.2023, Ra 2023/14/0190-6, zurückgewiesen. Am 13.06.2023 stellte der Ehegatte der BF den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Dagegen erhob der Ehegatte der BF fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2024, GZ: W255 2290164-1/14E, wurde die Beschwerden des Ehegatten der BF gegen Spruchpunkt I. des Bescheide vom 11.03.2024 abgewiesen.2.1.5. Die BF ist mit dem syrischen Staatsangehörigen, römisch 40 verheiratet. Der Ehe entstammen die vier Kinder römisch 40 ). Die BF verließ gemeinsam mit ihrem Ehegatten und den gemeinsamen Kindern im Oktober 2020 Syrien und reiste in die Türkei. Der Ehegatte der BF verließ im Sommer 2021 alleine die Türkei und stellte nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 15.07.2021 den ersten Antrag auf internationalen Schutz, während die BF und ihre Kinder in der Türkei blieben. Das BFA wies diesen Antrag des Ehegatten der BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.01.2022, Zl. 1280808205/210963542, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte dem Ehegatten der BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.). Die gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2023, GZ: W183 2251361-1/13E, als unbegründet abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.06.2023, Ra 2023/14/0190-6, zurückgewiesen. Am 13.06.2023 stellte der Ehegatte der BF den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab. Dagegen erhob der Ehegatte der BF fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2024, GZ: W255 2290164-1/14E, wurde die Beschwerden des Ehegatten der BF gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheide vom 11.03.2024 abgewiesen.
2.1.6. Die Eltern der BF und ihre Schwester leben in XXXX . Weitere 20 bis 30 Verwandte der BF leben nach wie vor in Syrien. Der Bruder der BF lebt in den Vereinigten Arabischen Emiraten. 2.1.6. Die Eltern der BF und ihre Schwester leben in römisch 40 . Weitere 20 bis 30 Verwandte der BF leben nach wie vor in Syrien. Der Bruder der BF lebt in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
2.1.7. Die BF leidet an keiner physischen oder psychischen (schweren oder lebensbedrohlichen) Erkrankung und ist arbeitsfähig.
2.1.8. Die BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.07.2023 Anträge auf internationalen Schutz für sich und ihre vier minderjährigen Kinder. Ihre Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des BFA vom 11.03.2024, Zl. 1360775704/231351540 bzgl. XXXX , Zl. 1360773601/231351388 bzgl. XXXX , Zl. 1360776004/231351574 bzgl. XXXX , Zl. 1360773405/231351345 bzgl. XXXX , und Zl. 1360774010/231351400 bzgl. XXXX , bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte der BF und ihren Kindern gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des BFA erhob die BF für sich und ihre Kinder jeweils Beschwerde. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2024, GZ: W255 2290165-1/8E, W255 2290166-1/8E, W255 2290167-1/8E und W255 2290168-1/8E, wurden die Beschwerden der Kinder der BF gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des BFA abgewiesen. 2.1.8. Die BF stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.07.2023 Anträge auf internationalen Schutz für sich und ihre vier minderjährigen Kinder. Ihre Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des BFA vom 11.03.2024, Zl. 1360775704/231351540 bzgl. römisch 40 , Zl. 1360773601/231351388 bzgl. römisch 40 , Zl. 1360776004/231351574 bzgl. römisch 40 , Zl. 1360773405/231351345 bzgl. römisch 40 , und Zl. 1360774010/231351400 bzgl. römisch 40 , bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen. (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte der BF und ihren Kindern gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.). Gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des BFA erhob die BF für sich und ihre Kinder jeweils Beschwerde. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2024, GZ: W255 2290165-1/8E, W255 2290166-1/8E, W255 2290167-1/8E und W255 2290168-1/8E, wurden die Beschwerden der Kinder der BF gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des BFA abgewiesen.
2.1.9. Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2.2. Zu den Fluchtgründen der BF:
2.2.1. Die BF verließ Syrien aufgrund des Krieges und der allgemeinen schlechten Sicherheitslage.
2.2.2. Die BF hat sich in Syrien nie politisch engagiert. Sie hat sich nie öffentlich negativ über die HTS geäußert und/oder gegen die HTS gerichtete Aktionen ausgeführt. Die BF war in Syrien nie einer konkreten individuellen Verfolgung oder Bedrohung durch die Al-Nusra-Front bzw. die HTS ausgesetzt. Sie wäre im Fall der Rückkehr nach Syrien nicht einer konkret gegen sie gerichteten Verfolgung durch die Al-Nusra-Front bzw. die HTS ausgesetzt.
2.2.3. Der Ehegatte der BF war in Syrien nie einer konkreten individuellen Verfolgung oder Bedrohung durch die Al-Nusra-Front bzw. die HTS ausgesetzt.
2.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
2.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand vom 27.03.2024:
2.3.1.1. Politische Lage
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
2.3.1.2. Sicherheitslage
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen [Anm.: zu den Gebieten mit IS-Präsenz siehe Unterkapitel zu den Regionen]:
CC 13.12.2023 (Stand: 30.9.2023)
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).
Die folgende Karte zeigt die verschiedenen internationalen Akteure und deren militärische Interessenschwerpunkte in Syrien:
Jusoor 30.7.2023
Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).
Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).
Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).
Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht-identifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).
Die Terrororganisation Is