TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/5 W204 2275087-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.09.2024
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Entscheidungsdatum

05.09.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W204 2275087-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde des M XXXX N XXXX A XXXX , geb. XXXX 1995, StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2023, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde des M römisch 40 N römisch 40 A römisch 40 , geb. römisch 40 1995, StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein syrischer Staatsbürger, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein syrischer Staatsbürger, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 18.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Anlässlich der am 19.05.2022 durchgeführten Erstbefragung (im Folgenden: EB) durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, er sei 2014 von seinem Wohnort Deir Ez-Zor zu Fuß in die Türkei geflüchtet, wo er sich für siebeneinhalb Jahre aufgehalten habe. Er wolle nach Europa, weil er krank sei. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der BF aus, in seiner Heimat herrsche Krieg; ihre Wohnung sei zerstört worden und sie hätten alles verloren. Wenn er nach Syrien zurückkehren würde, befürchte er eine Haft- oder Todesstrafe, weil er das Land verlassen habe. römisch eins.2. Anlässlich der am 19.05.2022 durchgeführten Erstbefragung (im Folgenden: EB) durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, er sei 2014 von seinem Wohnort Deir Ez-Zor zu Fuß in die Türkei geflüchtet, wo er sich für siebeneinhalb Jahre aufgehalten habe. Er wolle nach Europa, weil er krank sei. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der BF aus, in seiner Heimat herrsche Krieg; ihre Wohnung sei zerstört worden und sie hätten alles verloren. Wenn er nach Syrien zurückkehren würde, befürchte er eine Haft- oder Todesstrafe, weil er das Land verlassen habe.

I.3. Am 07.02.2023 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch unter anderem zu seinem Gesundheitszustand, seiner Identität, seinen Lebensumständen in Syrien, seinen Familienangehörigen und seinem Leben in Österreich befragt. Der BF gab an, er habe in Syrien Anfang 2011 einen Motorradunfall gehabt, nach welchem er drei Monate auf der Intensivstation und insgesamt ein Jahr lang im Krankenhaus sowie danach noch bis 2013 zuhause bettlägerig gewesen sei. Aus diesem Unfall stamme seine Gesichtslähmung. In der Türkei habe er deswegen Therapie erhalten und er verwende eine Augensalbe und Augentropfen. Wegen seiner Verletzung habe er nie aktiv gekämpft. Er habe nie Kontakt zu extremistischen, terroristischen Gruppierungen gehabt und sei nie vom IS oder anderen Gruppen rekrutiert worden. Er habe bis zu seiner Ausreise aus seinem damals unter Kontrolle des IS stehenden Dorfes in die Türkei Anfang 2016 bei seinem Vater als Tischler gearbeitet. Aus Syrien sei er ausgereist, weil es in seiner Heimatregion keine Behandlung für seine Taubheit gegeben habe und der IS sie mit seinen neuen Maßnahmen belästigt habe. römisch eins.3. Am 07.02.2023 wurde der BF vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch unter anderem zu seinem Gesundheitszustand, seiner Identität, seinen Lebensumständen in Syrien, seinen Familienangehörigen und seinem Leben in Österreich befragt. Der BF gab an, er habe in Syrien Anfang 2011 einen Motorradunfall gehabt, nach welchem er drei Monate auf der Intensivstation und insgesamt ein Jahr lang im Krankenhaus sowie danach noch bis 2013 zuhause bettlägerig gewesen sei. Aus diesem Unfall stamme seine Gesichtslähmung. In der Türkei habe er deswegen Therapie erhalten und er verwende eine Augensalbe und Augentropfen. Wegen seiner Verletzung habe er nie aktiv gekämpft. Er habe nie Kontakt zu extremistischen, terroristischen Gruppierungen gehabt und sei nie vom IS oder anderen Gruppen rekrutiert worden. Er habe bis zu seiner Ausreise aus seinem damals unter Kontrolle des IS stehenden Dorfes in die Türkei Anfang 2016 bei seinem Vater als Tischler gearbeitet. Aus Syrien sei er ausgereist, weil es in seiner Heimatregion keine Behandlung für seine Taubheit gegeben habe und der IS sie mit seinen neuen Maßnahmen belästigt habe.

Er habe nie eine Einberufung erhalten, habe jedoch Angst vor einer Einziehung zum Wehrdienst gehabt, weshalb er nicht in die Dörfer des syrischen Regimes gegangen sei, wo er eine gute Behandlung hätte bekommen können. In der Türkei habe er als Kellner gearbeitet, sei dort aber diskriminiert worden. 2022 sei er mit seinem Halbbruder nach Österreich geflüchtet. Die Entscheidung zur Flucht und deren Finanzierung seien durch seinen Vater erfolgt. Sein Vater habe, um die Kosten zu decken, Felder verkauft. Auch sein Bruder sei nie rekrutiert worden. Bei einer Rückkehr befürchte der BF, durch das Regime zur Leistung des Wehrdienstes gezwungen oder von den Kurden aufgefordert zu werden, sich diesen anzuschließen.

I.4. Mit Bescheid des BFA vom 25.05.2023 wurde der Antrag des BF in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte II. und III.).römisch eins.4. Mit Bescheid des BFA vom 25.05.2023 wurde der Antrag des BF in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkte römisch II. und römisch III.).

Soweit verfahrenswesentlich führte das BFA aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass dem BF eine asylrelevante, individuelle, ihn persönlich betreffende Verfolgung in Syrien drohe. Er sei weder vorbestraft noch je im Gefängnis gewesen. Der BF habe nie einen Einberufungsbefehl erhalten und gehe selbst davon aus, gesundheitlich nicht tauglich für den Wehrdienst zu sein. Der BF habe die Möglichkeit gehabt - und habe diese nach wie vor -, sich vom syrischen Wehrdienst freizukaufen. Er sei nie vom IS rekrutiert worden. Auch aus sonstigen Umständen könne eine Bedrohung oder Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Volksgruppenzugehörigkeit, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung nicht festgestellt werden.

I.5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids erhob der BF, vertreten durch die BBU GmbH, mit Schriftsatz vom 05.07.2023 fristgerecht Beschwerde. Dem BFA seien die Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelhafte Feststellungen und eine mangelhafte Beweiswürdigung, sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit vorzuwerfen. Dem BF drohe bei einer Rückkehr sowohl die Rekrutierung durch die kurdische Armee als auch die Rekrutierung durch die syrische Armee. Dem BF würde bei einer Rückkehr nach Syrien eine feindliche politische Einstellung unterstellt werden. Im Falle einer Rekrutierung durch die syrische Regierung oder die kurdischen Kräfte müsste der BF sich an Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen beteiligen. römisch eins.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheids erhob der BF, vertreten durch die BBU GmbH, mit Schriftsatz vom 05.07.2023 fristgerecht Beschwerde. Dem BFA seien die Verletzung von Verfahrensvorschriften, wie ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, mangelhafte Feststellungen und eine mangelhafte Beweiswürdigung, sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit vorzuwerfen. Dem BF drohe bei einer Rückkehr sowohl die Rekrutierung durch die kurdische Armee als auch die Rekrutierung durch die syrische Armee. Dem BF würde bei einer Rückkehr nach Syrien eine feindliche politische Einstellung unterstellt werden. Im Falle einer Rekrutierung durch die syrische Regierung oder die kurdischen Kräfte müsste der BF sich an Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen beteiligen.

I.6. Am 30.07.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, der das BFA fernblieb. Im Rahmen dieser wurde der BF im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch unter anderem zu seiner Identität und Herkunft, seinen Familienangehörigen sowie zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen ausführlich befragt. römisch eins.6. Am 30.07.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, der das BFA fernblieb. Im Rahmen dieser wurde der BF im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch unter anderem zu seiner Identität und Herkunft, seinen Familienangehörigen sowie zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen ausführlich befragt.


Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-        Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF;

-        Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderinformationen;

-        Befragung des BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 30.07.2024;

-        Einsicht in das Strafregister, in das Grundversorgungssystem und in das Zentrale Melderegister.

II. Feststellungen:römisch II. Feststellungen:

II.1. Zum BF:römisch II.1. Zum BF:

Der BF führt die im Rubrum genannte Verfahrensidentität. Seine Identität steht mangels Vorlage geeigneter Identitätsdokumente nicht fest.

Der BF ist syrischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Araber und der sunnitisch islamischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der BF ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er konnte seine Ehe in Syrien registrieren und die Kinder in die Register eintragen lassen.

Der BF wurde 1995 in Kuwait geboren und lebte, seitdem er sechs Monate alt war, in A XXXX S XXXX , Provinz Deir Ez-Zor, Syrien, wo er 9 Jahre die Grundschule besuchte. Er kann auf Arabisch lesen und schreiben.Der BF wurde 1995 in Kuwait geboren und lebte, seitdem er sechs Monate alt war, in A römisch 40 S römisch 40 , Provinz Deir Ez-Zor, Syrien, wo er 9 Jahre die Grundschule besuchte. Er kann auf Arabisch lesen und schreiben.

Der BF hatte Anfang des Jahres 2011 noch vor den Unruhen bzw. vor Kriegsbeginn in Syrien einen Motorradunfall, aufgrund dessen er mehrere Monate im Krankenhaus zubringen musste und auch längere Zeit danach noch zuhause bettlägerig war. Aus diesem Unfall resultiert eine teilweise Gesichtslähmung des BF.

Der BF lebte bis zum Jahr 2015 in seinem Heimatort A XXXX S XXXX . Ende 2015 verließ er A XXXX S XXXX und reiste Anfang 2016 in die Türkei ein. Dort war der BF bis 2022 legal mit Aufenthaltsberechtigung (Kimlik) aufhältig. Gemeinsam mit seinem Halbbruder A XXXX A XXXX verließ der BF die Türkei im April 2022 in Richtung Europa. Die Kosten der Schleppung für den BF und seinen Halbbruder beliefen sich auf ca. EUR 18.000,00, und wurden von deren Vater durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken bestritten. Der BF lebte bis zum Jahr 2015 in seinem Heimatort A römisch 40 S römisch 40 . Ende 2015 verließ er A römisch 40 S römisch 40 und reiste Anfang 2016 in die Türkei ein. Dort war der BF bis 2022 legal mit Aufenthaltsberechtigung (Kimlik) aufhältig. Gemeinsam mit seinem Halbbruder A römisch 40 A römisch 40 verließ der BF die Türkei im April 2022 in Richtung Europa. Die Kosten der Schleppung für den BF und seinen Halbbruder beliefen sich auf ca. EUR 18.000,00, und wurden von deren Vater durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken bestritten.

Beruflich war der BF in Syrien als Bauschreinergehilfe im Betrieb seines Vaters tätig. In der Türkei arbeitete er unter anderem als Kellner und in der Metallbranche.

Der Vater des BF wohnt weiterhin im Heimatort A XXXX S XXXX . Er hat dort drei Frauen, von denen jede in einem eigenen Haus lebt. Die Schwester des BF ist verheiratet und lebt in Syrien. Ein Bruder des BF lebt in Deutschland, der Aufenthaltsort des anderen Bruders ist unbekannt. Die Frau des BF arbeitet in der Türkei und wohnt dort mit ihren zwei Kindern bei einem ihrer Brüder. Der Halbbruder des BF lebt in Österreich. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Mutter des BF und eine Schwester vor Kurzem bei Kampfhandlungen zwischen dem IS und den Kurden an einem Checkpoint in der Nähe des Elternhauses des BF ums Leben gekommen sind.Der Vater des BF wohnt weiterhin im Heimatort A römisch 40 S römisch 40 . Er hat dort drei Frauen, von denen jede in einem eigenen Haus lebt. Die Schwester des BF ist verheiratet und lebt in Syrien. Ein Bruder des BF lebt in Deutschland, der Aufenthaltsort des anderen Bruders ist unbekannt. Die Frau des BF arbeitet in der Türkei und wohnt dort mit ihren zwei Kindern bei einem ihrer Brüder. Der Halbbruder des BF lebt in Österreich. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Mutter des BF und eine Schwester vor Kurzem bei Kampfhandlungen zwischen dem IS und den Kurden an einem Checkpoint in der Nähe des Elternhauses des BF ums Leben gekommen sind.

Der Vater des BF war in A XXXX S XXXX als Bauschreiner im eigenen Betrieb tätig. Er arbeitet selbst nicht mehr aktiv mit, beschäftigt aber noch mehrere Angestellte. Der Vater des BF verfügt nach wie vor über mehrere landwirtschaftliche Liegenschaften, die derzeit nicht bewirtschaftet werden. Dem Vater des BF geht es finanziell sehr gut.Der Vater des BF war in A römisch 40 S römisch 40 als Bauschreiner im eigenen Betrieb tätig. Er arbeitet selbst nicht mehr aktiv mit, beschäftigt aber noch mehrere Angestellte. Der Vater des BF verfügt nach wie vor über mehrere landwirtschaftliche Liegenschaften, die derzeit nicht bewirtschaftet werden. Dem Vater des BF geht es finanziell sehr gut.

Die halbseitige Gesichtslähmung beeinflusst das Seh- und Hörvermögen des BF. Ansonsten ist der BF gesund und grundsätzlich arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

II.2. Zu den Fluchtgründen des BF:römisch II.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Der Heimatort des BF, A XXXX S XXXX , wie auch seine Heimatregion stehen nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung, sondern unter Kontrolle der Kurden und liegen im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet.Der Heimatort des BF, A römisch 40 S römisch 40 , wie auch seine Heimatregion stehen nicht unter Kontrolle der syrischen Regierung, sondern unter Kontrolle der Kurden und liegen im kurdischen Selbstverwaltungsgebiet.

Die syrische Regierung hat im Heimatort bzw. der Heimatregion keine Zugriffsmöglichkeit auf den BF. Der BF kann seine Heimatregion ohne nennenswerten Kontakt zur syrischen Regierung über die Türkei oder den Irak erreichen.

Dem 1995 geborenen BF droht bei einer Rückkehr in seine Heimatregion keine Einberufung zur kurdischen Armee. Er unterliegt nicht der „Selbstverteidigungspflicht“ der kurdischen Streitkräfte, ihm drohen keine Repressionen, weil er diesen nicht abgeleistet hat.

Der BF hat seinen syrischen Wehrdienst nicht abgeleistet und nie ein Wehrdienstbuch erhalten. Der BF hat auch nie eine Aufforderung zur Stellung oder einen Einberufungsbefehl zum Wehrdienst erhalten. Er wurde von der syrischen Regierung auch nicht diesbezüglich gesucht. Die syrische Regierung weiß von seinem Unfall und seinen Verletzungen. Dem 28-jährigen BF droht im Falle der Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, nicht die Gefahr, zum Wehrdienst bei der syrischen Armee einberufen zu werden Der BF könnte sich vom syrischen Wehrdienst aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen formell befreien lassen. Er kann sich überdies vom syrischen Wehrdienst freikaufen.

Auch die Brüder des BF haben keine Einberufung erhalten und ihren syrischen Wehrdienst weder abgeleistet noch sich von diesem freigekauft.

Der BF weist keine oppositionelle Gesinnung gegenüber der syrischen Regierung auf. Ihm oder seiner Familie wird eine solche nicht unterstellt. Der BF nahm an keinen Demonstrationen gegen die syrische Regierung teil.

Der BF hat Syrien aus gesundheitlichen Gründen wie auch der volatilen Sicherheitslage verlassen. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise befand sich der IS verstärkt in seiner Heimatregion.

Der BF läuft bei einer Rückkehr nach Syrien und konkret in das Gebiet, aus dem er stammt, nicht Gefahr, aufgrund einer Verweigerung der Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee oder bei den kurdischen Milizen relevanten Repressalien ausgesetzt zu sein. Ebenso wenig droht dem BF auf Grund seiner (illegalen) Ausreise aus Syrien, seinem Aufenthalt in Österreich sowie seiner Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich oder auf Grund einer Wehrdienstverweigerung/-entziehung seiner Brüder in Syrien und konkret in dem Gebiet, aus dem er stammt, die Gefahr der Anwendung einer relevanten physischen und/oder psychischen Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen.

Auch wäre der BF aufgrund seiner Herkunft aus einem oppositionellen Gebiet oder auch aufgrund einer Kumulation aller Aspekte keiner psychischen und/oder physischen Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen durch das syrische Regime oder anderen Kräften ausgesetzt. Insgesamt wäre der BF weder im Falle einer Rückkehr nach Syrien noch konkret in die Region, aus der er stammt, aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner (auch nur unterstellten) politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter individuell und konkret weder mit Lebensgefahr noch einem Eingriff in seine körperliche Integrität durch den syrischen Staat oder durch Mitglieder regierungsfeindlicher oder –freundlicher (bewaffneter) Gruppierungen bedroht.


II.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:römisch II.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren im Wesentlichen auf nachstehenden Quellen:

-        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Syrien, Version 11, Stand: 27.03.2024

-        EUAA: Country Guidance Syria, April 2024;

-        EUAA: Syria: Targeting of Individuals, September 2022;

-        EUAA: Syria: Security Situation, September 2022;

-        EUAA: Syria Country Focus, Oktober 2023;

-        UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung;

-        ACCORD: Reisepässe der syrischen Regierung für Männer im wehrdienstfähigen Alter; mögliches Sicherheitsrisiko für diese Personengruppe, im Ausland (insbesondere in der Türkei) einen Reisepass zu beantragen [a-12067-1]“, Jänner 2023;

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, TÜRKEI, Ein- und Durchreisebestimmungen für Syrer, Passieren von Grenzübergängen zu Syrien vom 24.10.2023.

Politische Lage

Letzte Änderung 2024-03-08 10:59

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).

Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen

Letzte Änderung 2023-07-14 13:52

Anmerkungen: Der Begriff „Militärdienst“ wird als Überbegriff für Wehr- und Reservedienst verwendet. Wo es die Quellen zulassen, wird versucht, klar zwischen Wehr- und Reservedienst bzw. zwischen Desertion und Wehrdienstverweigerung zu unterscheiden.

Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst

Letzte Änderung 2024-03-11 06:50

Rechtliche Bestimmungen

Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).

Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023).

Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022).

Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vgl. ICWA 24.5.2022).Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vergleiche ICWA 24.5.2022).

Die Umsetzung

Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrdienstbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vgl. DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrdienstbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vergleiche DIS 7.2023). Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).

Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vgl. AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer "Verkürzung" des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vergleiche AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer "Verkürzung" des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).

Seit März 2020 hat es in Syrien keine größeren militärischen Offensiven an den offiziellen Frontlinien mehr gegeben. Scharmützel, Granatenbeschuss und Luftangriffe gingen weiter, aber die Frontlinien waren im Grunde genommen eingefroren. Nach dem Ausbruch von COVID-19 und der Einstellung größerer Militäroperationen in Syrien Anfang 2020 verlangsamten sich Berichten zufolge die militärischen Rekrutierungsmaßnahmen der SAA. Die SAA berief jedoch regelmäßig neue Wehrpflichtige und Reservisten ein. Im Oktober 2021 wurde ein Rundschreiben herausgegeben, in dem die Einberufung von männlichen Syrern im wehrpflichtigen Alter angekündigt wurde. Auch in den wiedereroberten Gebieten müssen Männer im wehrpflichtigen Alter den Militärdienst ableisten (EUAA 9.2022). Der Personalbedarf des syrischen Militärs bleibt aufgrund von Entlassungen langgedienter Wehrpflichtiger und zahlreicher Verluste durch Kampfhandlungen unverändert hoch (AA 2.2.2024).

Rekrutierungspraxis

Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vgl. NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vgl. NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara'a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.9.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahr 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 6.3.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.1.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 2.2.2024).Es gibt, dem Auswärtigen Amt zufolge, zahlreiche glaubhafte Berichte, laut denen wehrpflichtige Männer, die auf den Einberufungsbescheid nicht reagieren, von Mitarbeitern der Geheimdienste abgeholt und zwangsrekrutiert werden (AA 2.2.2024). Junge Männer werden an Kontrollstellen (Checkpoints) sowie unmittelbar an Grenzübergängen festgenommen und zwangsrekrutiert (AA 2.2.2024; vergleiche NMFA 5.2022), wobei es in den Gebieten unter Regierungskontrolle zahlreiche Checkpoints gibt (NMFA 5.2022; vergleiche NLM 29.11.2022). Im September 2022 wurde beispielsweise von der Errichtung eines mobilen Checkpoints im Gouvernement Dara'a berichtet, an dem mehrere Wehrpflichtige festgenommen wurden (SO 12.9.2022). In Homs führte die Militärpolizei gemäß einem Bericht aus dem Jahr 2020 stichprobenartig unvorhersehbare Straßenkontrollen durch. Die intensiven Kontrollen erhöhen das Risiko für Militärdienstverweigerer, verhaftet zu werden (EB 6.3.2020). Im Jänner 2023 wurde berichtet, dass Kontrollpunkte in Homs eine wichtige Einnahmequelle der Vierten Division seien (EB 17.1.2023). Glaubhaften Berichten zufolge gibt es Zwangsrekrutierungen junger Männer durch syrische Streitkräfte auch unmittelbar im Kampfgebiet (AA 2.2.2024).

Rekrutierungen finden auch in Ämtern statt, beispielsweise wenn junge Männer Dokumente erneuern wollen, sowie an Universitäten, in Spitälern und an Grenzübergängen, wo die Beamten Zugang zur zentralen Datenbank mit den Namen der für den Wehrdienst gesuchten Männer haben. Nach Angaben einer Quelle fürchten auch Männer im wehrfähigen Alter, welche vom Militärdienst laut Gesetz ausgenommen sind oder von eine

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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