Entscheidungsdatum
05.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W255 2290164-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Erstes Asylverfahren:
1.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) verließ im Oktober 2020 Syrien, stellte am 15.07.2021 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Als Fluchtgrund gab der BF an, Syrien wegen der schlechten Sicherheitslage verlassen zu haben. Seine drei Brüder seien durch den Krieg gestorben und sein Vater habe einen Herzinfarkt erlitten.
1.1.2. Am 24.11.2021 wurde der BF von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen.
Im behördlichen Verfahren gab der BF als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass einer seiner Brüder vom syrischen Regime gefoltert und getötet worden sei, weil er Sunnit und aus XXXX gewesen sei. Auch habe die al-Nusra-Front den BF erpresst, mit dem Tod bedroht und seinen anderen Bruder getötet, woraufhin er geflüchtet sei. Im Verfahren vor dem BFA legte der BF seinen syrischen Reisepass im Original, eine Kopie seines syrischen Personalausweises, eine Kopie seines syrischen Führerscheins, eine Kopie der Bestätigung über die Ableistung des Wehrdienstes in Syrien sowie ein Entlassungsschein aus dem syrischen Militär im Original vor.Im behördlichen Verfahren gab der BF als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass einer seiner Brüder vom syrischen Regime gefoltert und getötet worden sei, weil er Sunnit und aus römisch 40 gewesen sei. Auch habe die al-Nusra-Front den BF erpresst, mit dem Tod bedroht und seinen anderen Bruder getötet, woraufhin er geflüchtet sei. Im Verfahren vor dem BFA legte der BF seinen syrischen Reisepass im Original, eine Kopie seines syrischen Personalausweises, eine Kopie seines syrischen Führerscheins, eine Kopie der Bestätigung über die Ableistung des Wehrdienstes in Syrien sowie ein Entlassungsschein aus dem syrischen Militär im Original vor.
1.1.3. Mit nicht verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 03.01.2022, Zl. 1280808205/210963542, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr teilt (Spruchpunkt III.). 1.1.3. Mit nicht verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 03.01.2022, Zl. 1280808205/210963542, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) abgewiesen. Dem BF wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr teilt (Spruchpunkt römisch III.).
1.1.4. Mit Schriftsatz vom 20.01.2022 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt 1.1.3. genannten Bescheides und ergänzte er sein Vorbringen dahingehend, dass er im Jahr 2015 in die „National Defense Forces“ des syrischen Regimes einberufen worden und dieser nicht beigetreten sei. Er befürchte die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime und auch durch die al-Nusra-Front. 1.1.4. Mit Schriftsatz vom 20.01.2022 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des unter Punkt 1.1.3. genannten Bescheides und ergänzte er sein Vorbringen dahingehend, dass er im Jahr 2015 in die „National Defense Forces“ des syrischen Regimes einberufen worden und dieser nicht beigetreten sei. Er befürchte die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime und auch durch die al-Nusra-Front.
1.1.5. Mit Schriftsatz vom 24.01.2022 legte das BFA die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
1.1.6. Mit Stellungnahme vom 16.09.2022 brachte der BF vor, seinen Militärdienst in Syrien nicht abgeleistet zu haben. Mit Stellungnahme vom 19.09.2022 brachte er ergänzend vor, im August 2014 wegen des Vorwurfs der Kommunikation mit oppositionellen Gruppierungen acht Monate lang inhaftiert gewesen zu sein. Im Juni 2015 sei er durch den Bürgermeister zum Reservemilitärdienst in die „National Defense Forces“ des syrischen Regimes einberufen worden. Zudem habe er in XXXX an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen. Ergänzend vorgelegt wurden eine Bestätigung über die freiwillige Arbeit des BF bei einer humanitären Organisation in den Jahren 2015 bis 2017 sowie Fotos, die ihn bei einer Demonstration zeigen.1.1.6. Mit Stellungnahme vom 16.09.2022 brachte der BF vor, seinen Militärdienst in Syrien nicht abgeleistet zu haben. Mit Stellungnahme vom 19.09.2022 brachte er ergänzend vor, im August 2014 wegen des Vorwurfs der Kommunikation mit oppositionellen Gruppierungen acht Monate lang inhaftiert gewesen zu sein. Im Juni 2015 sei er durch den Bürgermeister zum Reservemilitärdienst in die „National Defense Forces“ des syrischen Regimes einberufen worden. Zudem habe er in römisch 40 an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen. Ergänzend vorgelegt wurden eine Bestätigung über die freiwillige Arbeit des BF bei einer humanitären Organisation in den Jahren 2015 bis 2017 sowie Fotos, die ihn bei einer Demonstration zeigen.
1.1.7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 02.03.2023 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF sowie seine Rechtsvertretung teilnahmen. Der BF wurde ausführlich zu seiner Person und seinen Fluchtgründen befragt. Es wurde ihm Gelegenheit gegeben, alle Gründe umfassend darzulegen und zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen.
1.1.8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2023, GZ: W183 2251361-1/13E, wurde die Beschwerde des BF gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der BF fristgerecht außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.1.1.8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2023, GZ: W183 2251361-1/13E, wurde die Beschwerde des BF gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des BFA als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der BF fristgerecht außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
1.1.9. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.06.2023, Ra 2023/14/0190-6, wurde die Revision des BF zurückgewiesen.
1.2. Gegenständliches, zweites Asylverfahren:
1.2.1. Am 13.06.2023 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen, zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
1.2.2. Am 13.06.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Dabei gab der BF an, dass er gestern ein Schreiben von seiner Familie aus Syrien erhalten habe, demzufolge er von der HTS gesucht werde. Eine Rückkehr nach Syrien wäre für ihn gefährlich. Zudem wolle er seine Familie nach Österreich holen und das könne er nicht, weil er nur subsidiären Schutz in Österreich habe. Der BF legte das von ihm erwähnte Schreiben in Kopie vor.
1.2.3. Am 14.07.2023 reisten die Ehegattin und die vier minderjährigen Kinder des BF illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten Anträge auf internationalen Schutz.
1.2.4. Am 06.02.2024 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA. Dabei brachte er vor, seit rechtskräftiger Entscheidung bezüglich seines ersten Asylverfahrens keine neuen Fluchtgründe zu haben. Er habe jedoch neue Beweismittel. Der BF legte jeweils Kopien eines Schreibens der „Freien Syrerinnen in Österreich“, ein Schreiben des syrischen Justizministeriums, eine Bestätigung der Organisation „ XXXX “ sowie zweier Fotos, die den BF nahe von Fahnen der syrischen Revolution zeigen, vor. Der BF werde in Syrien gesucht, weil er für das Landwirtschaftsministerium gearbeitet habe. Ein Bruder des BF sei im Gefängnis gewesen und man habe erzählt, dass er verstorben sei. 1.2.4. Am 06.02.2024 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA. Dabei brachte er vor, seit rechtskräftiger Entscheidung bezüglich seines ersten Asylverfahrens keine neuen Fluchtgründe zu haben. Er habe jedoch neue Beweismittel. Der BF legte jeweils Kopien eines Schreibens der „Freien Syrerinnen in Österreich“, ein Schreiben des syrischen Justizministeriums, eine Bestätigung der Organisation „ römisch 40 “ sowie zweier Fotos, die den BF nahe von Fahnen der syrischen Revolution zeigen, vor. Der BF werde in Syrien gesucht, weil er für das Landwirtschaftsministerium gearbeitet habe. Ein Bruder des BF sei im Gefängnis gewesen und man habe erzählt, dass er verstorben sei.
1.2.5. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Das BFA wies auch die Anträge der Ehegattin und der Kinder des BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab und erteilte der Ehegattin und den Kindern des BF jeweils den Status der subsidiär Schutzberechtigten. 1.2.5. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab. Das BFA wies auch die Anträge der Ehegattin und der Kinder des BF bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab und erteilte der Ehegattin und den Kindern des BF jeweils den Status der subsidiär Schutzberechtigten.
1.2.6. Gegen den unter Punkt 1.2.4. genannten Bescheid richtet sich die vom BF fristgerecht erhobene Beschwerde. Die Ehegattin und die Kinder des BF erhoben jeweils Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten.
1.2.7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 12.04.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
1.2.8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.07.2024 in Anwesenheit des BF, seiner Ehegattin, seiner Kinder, seiner Rechtsvertreterin wie eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei gab der BF an, dass er vom syrischen Regime und der HTS gesucht werde.
2. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des vom BF erhobenen Antrages auf internationalen Schutz, der Erstbefragung sowie der Einvernahme des BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie des BFA, der Beschwerden gegen die Bescheide des BFA, der Einsichtnahme in das zur GZ W183 2251361 geführte Verfahren, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 18.07.2024, der Länderberichte zu Syrien sowie der Einsichtnahme in die seitens des Bundesverwaltungsgerichts zu den GZ W255 2290163-1 (Ehefrau des BF), W255 2290165-1 (Tochter des BF), W255 2290166-1 (Sohn des BF), W255 2290167-1 (Sohn des BF) und W255 2290168-1 (Tochter des BF) geführten Asylverfahren, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister und das Grundversorgungs-Informationssystem werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
2.1. Zur Person des BF:
2.1.1. Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX .
2.1.1. Der BF führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 .
2.1.2. Der BF ist syrischer Staatsangehöriger, sunnitischer Muslim und der Volksgruppe der Araber zugehörig. Die Muttersprache des BF ist Arabisch.
2.1.3. Der BF stammt aus XXXX in der Provinz XXXX und lebte dort durchgehend – abgesehen von der Zeit seines Studiums in XXXX – bis zu seiner Ausreise. Er maturierte in Syrien und studierte von 1998 bis 2000 in XXXX Vermessungstechnik. In der Folge arbeitete er für die syrische Regierung beim Vermessungsamt und von ca. 2015 bis zu seiner Ausreise selbständig als Vermessungstechniker. 2.1.3. Der BF stammt aus römisch 40 in der Provinz römisch 40 und lebte dort durchgehend – abgesehen von der Zeit seines Studiums in römisch 40 – bis zu seiner Ausreise. Er maturierte in Syrien und studierte von 1998 bis 2000 in römisch 40 Vermessungstechnik. In der Folge arbeitete er für die syrische Regierung beim Vermessungsamt und von ca. 2015 bis zu seiner Ausreise selbständig als Vermessungstechniker.
2.1.4. Das Herkunftsgebiet des BF ( XXXX ) steht seit dem Jahr 2015 nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung, sondern jener der Gruppierung Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), welche vormals als Al-Nusra-Front bekannt war. Der Herkunftsort des BF ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.2.1.4. Das Herkunftsgebiet des BF ( römisch 40 ) steht seit dem Jahr 2015 nicht unter der Kontrolle der syrischen Regierung, sondern jener der Gruppierung Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), welche vormals als Al-Nusra-Front bekannt war. Der Herkunftsort des BF ist ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.
2.1.5. Der BF ist mit der syrischen Staatsangehörigen, XXXX , verheiratet. Der Ehe entstammen die vier Kinder XXXX ). Die Ehegattin und die Kinder des BF verließen gemeinsam mit dem BF Syrien und hielten sich – noch länger als der BF – in der Türkei auf, ehe sie am 14.07.2023 illegal in das österreichische Bundesgebiet einreisten und Anträge auf internationalen Schutz stellten. Ihre Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des BFA vom 11.03.2024, Zl. 1360775704/231351540 bzgl. XXXX , Zl. 1360773601/231351388 bzgl. XXXX , Zl. 1360776004/231351574 bzgl. XXXX , Zl. 1360773405/231351345 bzgl. XXXX , und Zl. 1360774010/231351400 bzgl. XXXX , bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte der Ehegattin und den Kindern des BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). Gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des BFA erhoben die Ehegattin und die Kinder des BF Beschwerde. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2024, GZ: W255 2290163-1/8E, W255 2290165-1/8E, W255 2290166-1/8E, W255 2290167-1/8E und W255 2290168-1/8E, wurden die Beschwerden der Ehegattin und der Kinder des BF gegen Spruchpunkt I. der Bescheide des BFA abgewiesen. 2.1.5. Der BF ist mit der syrischen Staatsangehörigen, römisch 40 , verheiratet. Der Ehe entstammen die vier Kinder römisch 40 ). Die Ehegattin und die Kinder des BF verließen gemeinsam mit dem BF Syrien und hielten sich – noch länger als der BF – in der Türkei auf, ehe sie am 14.07.2023 illegal in das österreichische Bundesgebiet einreisten und Anträge auf internationalen Schutz stellten. Ihre Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des BFA vom 11.03.2024, Zl. 1360775704/231351540 bzgl. römisch 40 , Zl. 1360773601/231351388 bzgl. römisch 40 , Zl. 1360776004/231351574 bzgl. römisch 40 , Zl. 1360773405/231351345 bzgl. römisch 40 , und Zl. 1360774010/231351400 bzgl. römisch 40 , bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen. (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte der Ehegattin und den Kindern des BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihnen befristete Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.). Gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des BFA erhoben die Ehegattin und die Kinder des BF Beschwerde. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.2024, GZ: W255 2290163-1/8E, W255 2290165-1/8E, W255 2290166-1/8E, W255 2290167-1/8E und W255 2290168-1/8E, wurden die Beschwerden der Ehegattin und der Kinder des BF gegen Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des BFA abgewiesen.
2.1.6. Nach seiner Ausreise aus Syrien und seinem Aufenthalt in der Türkei heiratete der BF während der aufrechten Ehe mit der syrischen Staatsangehörigen, XXXX auf traditionellem Weg die syrische Staatsangehörige XXXX nach islamischem Recht. XXXX lebt derzeit in der Türkei. Der BF steht in regelmäßigem Kontakt mit ihr.2.1.6. Nach seiner Ausreise aus Syrien und seinem Aufenthalt in der Türkei heiratete der BF während der aufrechten Ehe mit der syrischen Staatsangehörigen, römisch 40 auf traditionellem Weg die syrische Staatsangehörige römisch 40 nach islamischem Recht. römisch 40 lebt derzeit in der Türkei. Der BF steht in regelmäßigem Kontakt mit ihr.
2.1.7. Die Eltern des BF sind natürlichen Todes verstorben. Die drei Brüder des BF sind im Krieg verstorben. Eine Schwester des BF lebt in Syrien.
2.1.8. Der BF leidet an keiner physischen oder psychischen (schweren oder lebensbedrohlichen) Erkrankung und ist arbeitsfähig.
2.1.9. Der BF hat Syrien im Oktober 2020 verlassen und nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 15.07.2021 den ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das BFA wies diesen Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.01.2022, Zl. 1280808205/210963542, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Das BFA erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.). Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2023, GZ: W183 2251361-1/13E, als unbegründet abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.06.2023, Ra 2023/14/0190-6, zurückgewiesen. Am 13.06.2023 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen, zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab. Dagegen richtet sich die vom BF fristgerecht erhobene Beschwerde. 2.1.9. Der BF hat Syrien im Oktober 2020 verlassen und nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 15.07.2021 den ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Das BFA wies diesen Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 03.01.2022, Zl. 1280808205/210963542, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Das BFA erkannte dem BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.). Die gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.04.2023, GZ: W183 2251361-1/13E, als unbegründet abgewiesen. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.06.2023, Ra 2023/14/0190-6, zurückgewiesen. Am 13.06.2023 stellte der BF den verfahrensgegenständlichen, zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 11.03.2024, Zl. 1280808205/231128735, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab. Dagegen richtet sich die vom BF fristgerecht erhobene Beschwerde.
2.1.10. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
2.2.1. Der BF verließ Syrien aufgrund des Krieges und der allgemeinen schlechten Sicherheitslage.
2.2.2. Der BF hat in Syrien seinen Militärdienst in den Jahren von 1999 bis 2002 bereits abgeleistet. Im Rahmen seines Militärdienstes war er Feldwebel und als Vermessungstechniker tätig. Er erlangte keine militärische Spezialausbildung und hat nie aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen.
2.2.3. Der 45-jährige BF befindet sich nicht mehr im wehrfähigen Alter. Im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsgebiet besteht für den BF keine Gefahr, als Reservist zum syrischen Militärdienst eingezogen zu werden. Es droht ihm auch keine Gefahr, durch andere Gruppierungen als die syrische Armee rekrutiert zu werden.
2.2.4. Der BF war in Syrien nicht politisch aktiv, er nahm an keinen Demonstrationen teil und ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung. Er war dort nicht für eine humanitäre Organisation tätig. Er hat keine Straftaten begangen und wurde nie wegen des Vorwurfs der Kommunikation mit oppositionellen Gruppierungen oder aus anderen Gründen verhaftet.
2.2.5. Der BF war in Syrien nie einer konkreten individuellen Verfolgung oder Bedrohung durch die Al-Nusra-Front bzw. die HTS ausgesetzt. Er wurde und wird in Syrien nicht vom syrischen Regime, der HTS oder anderen Gruppierungen gesucht.
2.2.6. Der BF nahm in XXXX vereinzelt an Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. Er organisierte diese nicht, nahm dort keine führende Rolle ein und trat nicht auffällig in Erscheinung. Er tritt nicht in öffentlichen Medien gegen das syrische Regime auf. 2.2.6. Der BF nahm in römisch 40 vereinzelt an Demonstrationen gegen das syrische Regime teil. Er organisierte diese nicht, nahm dort keine führende Rolle ein und trat nicht auffällig in Erscheinung. Er tritt nicht in öffentlichen Medien gegen das syrische Regime auf.
2.2.7. Dem BF droht wegen der Teilnahme an Demonstrationen in Österreich im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsgebiet keine Verfolgung wegen (unterstellter) oppositioneller Gesinnung. Eine solche droht ihm auch nicht wegen seiner illegalen Ausreise, seines Aufenthalts in Österreich, seiner Asylantragstellung oder seiner Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet.
2.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:
2.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit Stand vom 27.03.2024:
2.3.1.1. Politische Lage
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023). Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte "Normalisierungsnarrativ" verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen(AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
2.3.1.2. Sicherheitslage
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen [Anm.: zu den Gebieten mit IS-Präsenz siehe Unterkapitel zu den Regionen]:
CC 13.12.2023 (Stand: 30.9.2023)
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense