Entscheidungsdatum
06.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W604 2294359-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert PLESCHBERGER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , syrischer Staatsangehöriger, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , GZ. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.09.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert PLESCHBERGER über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 , syrischer Staatsangehöriger, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , GZ. römisch 40 , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.09.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG und 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 28, Absatz 2, VwGVG und 3 Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes seine niederschriftliche Erstbefragung statt, in welcher er sich antragsbegründend auf den Krieg in Syrien und eine erfolgte Einberufung zum Militärdienst berief, er werde vom Geheimdienst gesucht, im Falle seiner Rückkehr inhaftiert und fürchte Folter und das syrische Regime.
2. Aus Anlass des Antrages auf internationalen Schutz erfolgte am 12.04.2024 die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Der Beschwerdeführer hielt sein Fluchtvorbringen hinsichtlich des drohenden Militärdienstes und einer Fahndung durch den (militärischen) Geheimdienst aufrecht und ergänzte gegen ihn gerichtete Misshandlungen im Rahmen einer polizeilichen Anhaltung.
3. Mit Bescheid vom XXXX .2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I), erkannte den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II) und erteilte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine mit einem Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III). Die mit Spruchpunkt I erfolgte Abweisung der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine Verfolgung im Sinne der GFK drohe. Auf Ebene der Beweiswürdigung legte sie dar, dass eine Verwechslungsgefahr aufgrund der Namensgleichheit mit einer gesuchten Revolutionsfigur angesichts des Altersunterschiedes nicht nachvollziehbar sei und der Beschwerdeführer sich vom Militärdienst durch Zahlung einer Gebühr freikaufen könne, zudem komme es in Syrien zu keinen großflächigen militärischen Kampfhandlungen mehr. 3. Mit Bescheid vom römisch 40 .2024 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins), erkannte den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 zu (Spruchpunkt römisch II) und erteilte dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine mit einem Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt römisch III). Die mit Spruchpunkt römisch eins erfolgte Abweisung der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine Verfolgung im Sinne der GFK drohe. Auf Ebene der Beweiswürdigung legte sie dar, dass eine Verwechslungsgefahr aufgrund der Namensgleichheit mit einer gesuchten Revolutionsfigur angesichts des Altersunterschiedes nicht nachvollziehbar sei und der Beschwerdeführer sich vom Militärdienst durch Zahlung einer Gebühr freikaufen könne, zudem komme es in Syrien zu keinen großflächigen militärischen Kampfhandlungen mehr.
4. Gegen die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten in Spruchpunkt I richtet sich die vorliegende und mit Einlangen bei der belangten Behörde am 21.06.2024 erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers. Das Begehren auf Beschwerdestattgebung stützt sich unter gleichzeitiger Darlegung der allgemeinen Länderberichtslage auf inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer habe den Staat Syrien aufgrund der eintägigen Anhaltung samt erlittener Misshandlungen und den abzuleistenden Militärdienst verlassen, ein Onkel sei aufgrund seines Namens von Soldaten des Regimes „zu Tode getreten“ worden. Es drohe asylrechtlich relevante Verfolgung aufgrund der Wehrdienstentziehung zufolge einer zumindest unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung, im Falle einer Zwangsrekrutierung werde der Beschwerdeführer einer erheblichen Gefahr für sein Leben ausgesetzt und sei die Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen zu befürchten. Er verweigere den Dienst an der Waffe und wolle keine Menschen töten, als Zugehöriger zur Gruppe wehrdienstverweigernder Personen drohten Menschenrechtsverletzungen. Der Beschwerdeführer werde von Seiten des syrischen Regimes ferner aufgrund seiner illegalen Ausreise, der Asylantragstellung in Österreich, des Auslandsaufenthaltes, der Namensgleichheit mit einem Oppositionellen sowie seiner Familienzugehörigkeit zu Deserteuren als Gegner angesehen und verfolgt, Wehrdienstentziehung werde als politische, regierungsfeindliche Handlung qualifiziert. Die belangte Behörde habe ungenügend ermittelt und sich überhaupt mit Länderberichten unzureichend auseinandergesetzt, der Beschwerdeführer erfülle UNHCR-Risikoprofile als Wehrdienstentzieher sowie als tatsächlicher oder vermeintlicher Gegner der syrischen Regierung.4. Gegen die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten in Spruchpunkt römisch eins richtet sich die vorliegende und mit Einlangen bei der belangten Behörde am 21.06.2024 erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers. Das Begehren auf Beschwerdestattgebung stützt sich unter gleichzeitiger Darlegung der allgemeinen Länderberichtslage auf inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer habe den Staat Syrien aufgrund der eintägigen Anhaltung samt erlittener Misshandlungen und den abzuleistenden Militärdienst verlassen, ein Onkel sei aufgrund seines Namens von Soldaten des Regimes „zu Tode getreten“ worden. Es drohe asylrechtlich relevante Verfolgung aufgrund der Wehrdienstentziehung zufolge einer zumindest unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung, im Falle einer Zwangsrekrutierung werde der Beschwerdeführer einer erheblichen Gefahr für sein Leben ausgesetzt und sei die Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen zu befürchten. Er verweigere den Dienst an der Waffe und wolle keine Menschen töten, als Zugehöriger zur Gruppe wehrdienstverweigernder Personen drohten Menschenrechtsverletzungen. Der Beschwerdeführer werde von Seiten des syrischen Regimes ferner aufgrund seiner illegalen Ausreise, der Asylantragstellung in Österreich, des Auslandsaufenthaltes, der Namensgleichheit mit einem Oppositionellen sowie seiner Familienzugehörigkeit zu Deserteuren als Gegner angesehen und verfolgt, Wehrdienstentziehung werde als politische, regierungsfeindliche Handlung qualifiziert. Die belangte Behörde habe ungenügend ermittelt und sich überhaupt mit Länderberichten unzureichend auseinandergesetzt, der Beschwerdeführer erfülle UNHCR-Risikoprofile als Wehrdienstentzieher sowie als tatsächlicher oder vermeintlicher Gegner der syrischen Regierung.
5. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt mit Einlangen im Bundesverwaltungsgericht am 26.06.2024 vor.
6. Mit Eingabe vom 28.08.2024 verwies der Beschwerdeführer auf die Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit eines Freikaufes aus der syrischen Wehrpflicht, weder er noch seine Familie verfüge über ausreichende finanzielle Mittel und fehle es zum Durchlauf des aufwendigen Verfahrens an einer Bestätigung über die Ein- und Ausreise. Beim individuellen Versöhnungsprozess seien rechtsstaatliche Garantien nicht gewährleistet, der Ausgang dieser theoretischen Möglichkeit sei nicht gesichert und handle es sich nicht um eine Alternative Möglichkeit zur Umgehung des „Reservedienstes“. Der Freikauf biete keinen Schutz vor Repressionsmaßnahmen aus Gründen der Sicherheit und sei eine Verweisung auf die Möglichkeit der Zahlung einer Befreiungsgebühr zufolge des politischen Charakters der Wehrdienstverweigerung durch den Beschwerdeführer nicht zumutbar, zudem widerspreche ein solches Vorgehen europäischem Sanktionsregime. Die lukrierten Gelder seien auf ein Konto der Zentralbank einzuzahlen und kämen dem Verteidigungsministerium zugute, die Befreiungsgebühr weise Strafcharakter auf. Wehrdienstverweigerung impliziere eine politische Haltung und unterscheide das Regime angesichts gleichermaßen geltender Amnestien nicht zwischen Wehrdienstverweigernden und oppositionellen Gruppen. Zuletzt korrigierte der Beschwerdeführer seine vor der belangten Behörde getätigten Angaben insofern, als er Demonstrationsteilnahmen in den Jahren 2011 und 2012 ins Treffen führt, in den Jahre 2013/2014 sei der Heimatort bereits unter Kontrolle des syrischen Regimes gestanden.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.09.2024 unter Anwesenheit sowohl des Beschwerdeführers und dessen rechtlicher Vertretung als auch eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, von Seiten der belangten Behörde wurde von einer Teilnahme Abstand genommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer, XXXX , geboren am XXXX , ist syrischer Staatsbürger sunnitisch islamischen Glaubens, arabischer Muttersprache und Volksgruppenzugehörigkeit. Er ist verheiratet, die Ehe mit seiner am 01.01.2005 geborenen Gattin wurde am 01.02.2020 geschlossen und am 12.10.2022 mit Urteil vor einem Scharia Gericht in Syrien bestätigt. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder, seine Ehefrau hält sich wie auch seine Eltern und zwei Brüder in Syrien auf. Drei Schwestern des Beschwerdeführers leben ebenfalls in Syrien und eine weitere in Jordanien, ein Bruder wird vermisst. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht erwerbstätig, bezieht Einkünfte aus Sozial- und Unterstützungsleistungen in der Höhe von monatlich annähernd EUR 1.000 und hat EUR 250 an monatlichen Wohnkosten aufzuwenden. Er hat keine physischen oder psychischen Beschwerden, strafrechtliche Verurteilungen liegen gegen ihn in Österreich nicht vor.1.1.1. Der Beschwerdeführer, römisch 40 , geboren am römisch 40 , ist syrischer Staatsbürger sunnitisch islamischen Glaubens, arabischer Muttersprache und Volksgruppenzugehörigkeit. Er ist verheiratet, die Ehe mit seiner am 01.01.2005 geborenen Gattin wurde am 01.02.2020 geschlossen und am 12.10.2022 mit Urteil vor einem Scharia Gericht in Syrien bestätigt. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder, seine Ehefrau hält sich wie auch seine Eltern und zwei Brüder in Syrien auf. Drei Schwestern des Beschwerdeführers leben ebenfalls in Syrien und eine weitere in Jordanien, ein Bruder wird vermisst. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht erwerbstätig, bezieht Einkünfte aus Sozial- und Unterstützungsleistungen in der Höhe von monatlich annähernd EUR 1.000 und hat EUR 250 an monatlichen Wohnkosten aufzuwenden. Er hat keine physischen oder psychischen Beschwerden, strafrechtliche Verurteilungen liegen gegen ihn in Österreich nicht vor.
1.1.2. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernement Homs, wo er im etwa 25 Autominuten von der gleichnamigen Provinzhauptstadt entfernten Dorf XXXX geboren und in familiärer Einbettung aufgewachsen ist. Im April 2012 übersiedelte er aufgrund des Krieges in den rund 20 Minuten entfernten Ort XXXX , wo er über einen Zeitraum von etwa 10 bis 14 Monaten mit seiner Familie bei seinen Großeltern lebte. Er hat bis zur siebenten Klasse die Grundschule in XXXX besucht, musste die Schule aufgrund der kriegsbedingten Sicherheitslage abbrechen und hat keine regelmäßige Erwerbsarbeit ausgeübt. Der Vater des Beschwerdeführers war in der Vergangenheit als Busfahrer für einen Nachbarn tätig und fuhr regelmäßig über die Hauptstraße von XXXX in die Stadt Homs, zudem arbeitete er in einer Tankstelle und als Hilfsarbeiter. Derzeit betätigt er sich auf der Landwirtschaft eines Onkels und im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung in einem Elektrizitätswerk und sorgt so für den Unterhalt der Familie und der Ehefrau des Beschwerdeführers. Im August 2022 sind die Eltern des Beschwerdeführers gemeinsam mit einem Bruder in den Libanon ausgereist, seine Ehefrau folgte etwa 1,5 Monate danach. Aufgrund auch dort aufgetretener Sicherheitsprobleme kehrten die Angehörigen nach ungefähr sechs Monaten wieder nach Syrien zurück, auch bereits im Jahr 2021 verlegte die Familie ihren Wohnsitz für die Dauer von ungefähr drei Monaten in den Libanon. Neben den Eltern und dem noch minderjährigen Bruder befindet sich auch die Ehefrau nach wie vor in XXXX , wo die Familie über ihre eigene Wohnung verfügt. Ein Onkel des Beschwerdeführers ist wohlhabend und besitzt eine Wohnung in XXXX sowie landwirtschaftliche Flächen, welche er zum Anbau von Oliven- und Mandelbäumen nutzt. 1.1.2. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Gouvernement Homs, wo er im etwa 25 Autominuten von der gleichnamigen Provinzhauptstadt entfernten Dorf römisch 40 geboren und in familiärer Einbettung aufgewachsen ist. Im April 2012 übersiedelte er aufgrund des Krieges in den rund 20 Minuten entfernten Ort römisch 40 , wo er über einen Zeitraum von etwa 10 bis 14 Monaten mit seiner Familie bei seinen Großeltern lebte. Er hat bis zur siebenten Klasse die Grundschule in römisch 40 besucht, musste die Schule aufgrund der kriegsbedingten Sicherheitslage abbrechen und hat keine regelmäßige Erwerbsarbeit ausgeübt. Der Vater des Beschwerdeführers war in der Vergangenheit als Busfahrer für einen Nachbarn tätig und fuhr regelmäßig über die Hauptstraße von römisch 40 in die Stadt Homs, zudem arbeitete er in einer Tankstelle und als Hilfsarbeiter. Derzeit betätigt er sich auf der Landwirtschaft eines Onkels und im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung in einem Elektrizitätswerk und sorgt so für den Unterhalt der Familie und der Ehefrau des Beschwerdeführers. Im August 2022 sind die Eltern des Beschwerdeführers gemeinsam mit einem Bruder in den Libanon ausgereist, seine Ehefrau folgte etwa 1,5 Monate danach. Aufgrund auch dort aufgetretener Sicherheitsprobleme kehrten die Angehörigen nach ungefähr sechs Monaten wieder nach Syrien zurück, auch bereits im Jahr 2021 verlegte die Familie ihren Wohnsitz für die Dauer von ungefähr drei Monaten in den Libanon. Neben den Eltern und dem noch minderjährigen Bruder befindet sich auch die Ehefrau nach wie vor in römisch 40 , wo die Familie über ihre eigene Wohnung verfügt. Ein Onkel des Beschwerdeführers ist wohlhabend und besitzt eine Wohnung in römisch 40 sowie landwirtschaftliche Flächen, welche er zum Anbau von Oliven- und Mandelbäumen nutzt.
1.1.3. Im Mai 2016 verließ der Beschwerdeführer aufgrund des Bürgerkrieges, der allgemein schlechten Sicherheitslage sowie zur Vermeidung des syrischen Wehrdienstes den Staat Syrien illegal in Richtung Türkei. Nach einer Aufenthaltsdauer von etwa sechs Jahren, während deren er sich im Baubereich betätigte, brach er von dort aus im August 2022 schließlich in Richtung Europa auf, um am 27.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich zu stellen. Für die Reise nach Europa sind dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von rund EUR 4.000und zusätzlich 850.000 syrischen Pfund aufgelaufen, letztgenannter Betrag war für die Ausreise aus Syrien bis in die Türkei zu bezahlen. Die Mittel hat er über Unterstützung durch einen Nachbarn in Syrien, den wohlhabenden Onkel, den berufstätigen Ehemann seiner in Jordanien lebenden Schwester und aus eigenen Erwerbseinkünften aufgebracht.
1.1.4. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter. Er ist im Besitz eines syrischen Personalausweises.
1.2. Zu den weiteren Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Die Provinzhauptstadt Homs steht ebenso wie die Dörfer XXXX und XXXX unter Kontrolle des syrischen Regimes, ebenso die angrenzenden Gebiete in der großräumigen Umgebung innerhalb des Gouvernements Homs.1.2.1. Die Provinzhauptstadt Homs steht ebenso wie die Dörfer römisch 40 und römisch 40 unter Kontrolle des syrischen Regimes, ebenso die angrenzenden Gebiete in der großräumigen Umgebung innerhalb des Gouvernements Homs.
1.2.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Grundwehrdienst in Syrien nicht abgeleistet. Er hat vor seiner Ausreise aus Syrien keine Einberufung zur Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee erhalten und besitzt auch kein Militärbuch der syrischen Armee. Er hat keinen Aufschub der Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes veranlasst, eine Befreiung von der Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer lehnt die Ableistung des Wehrdienstes in der syrischen Armee aufgrund des Krieges und der damit einhergehenden Gefahren und Handlungen ab, er hat keine eigene, gegen das syrische Regime gerichtete und seiner Wehrdienstverweigerung zugrundeliegende politische Überzeugung.
1.2.3. Der Beschwerdeführer hat sich in den Jahren 2011 und 2012 an drei Demonstrationen gegen das syrische Regime in XXXX beteiligt, indem er gemeinsam mit den Demonstrierenden skandiert hat. Von Seiten des syrischen Regimes wurde in der Vergangenheit keine Notiz von den Demonstrationsteilnahmen des Beschwerdeführers genommen, den Beschwerdeführer identifizierende Bild- oder Videoaufzeichnungen wurden nicht angefertigt.1.2.3. Der Beschwerdeführer hat sich in den Jahren 2011 und 2012 an drei Demonstrationen gegen das syrische Regime in römisch 40 beteiligt, indem er gemeinsam mit den Demonstrierenden skandiert hat. Von Seiten des syrischen Regimes wurde in der Vergangenheit keine Notiz von den Demonstrationsteilnahmen des Beschwerdeführers genommen, den Beschwerdeführer identifizierende Bild- oder Videoaufzeichnungen wurden nicht angefertigt.
1.2.4. Im August 2015 wurde der Beschwerdeführer vor einem Checkpoint des syrischen Regimes festgenommen und über einen Zeitraum von 24 Stunden angehalten. Während der Anhaltung wurde er misshandelt und nach Zahlung eines Geldbetrages wieder auf freien Fuß gesetzt. Eine der Opposition zugeordnete Person führt denselben Vor- und Familiennamen wie der Beschwerdeführer, die Namen der jeweiligen Väter unterscheiden sich jedoch und war genannte Person zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers aus Syrien 34 Jahre alt. Der Name des jeweiligen Vaters einer Person ist im Familienbuch einer Person aufgeführt. Nach dem Beschwerdeführer wurde in der Vergangenheit nicht gezielt gefahndet, kein Onkel des Beschwerdeführers wurde aufgrund der Namensübereinstimmung mit einer gesuchten Person von Soldaten des syrischen Regimes getötet.
1.2.5. Ein Bruder des Beschwerdeführers hat versucht, aus dem Wehrdienst in der syrischen Armee zu desertieren und ist deshalb verhaftet worden. Ein weiterer Bruder ist in der Vergangenheit desertiert und in die Türkei ausgereist, er wurde im Jahr 2023 aus der Türkei nach Syrien abgeschoben. Sein Aufenthaltsort ist seither unbekannt.
1.3. Zur Situation im Herkunftsland Syrien:
1.3.1. Allgemeine Situation und politische Lage (zuletzt aktualisiert am 08.03.2024):
1.3.1.1. Allgemeines:
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Als die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen.
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70% des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten. Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen.
Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen.
Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt. In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten. Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar.
1.3.2. Zur allgemeinen Sicherheitslage in Syrien (zuletzt aktualisiert am 08.03.2024):
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen. Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden. Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60% des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens.
Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen. Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden. Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika sowie nichtstaatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind. Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte, Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen. Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen. Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA, mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen. Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen.
Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus. Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben. Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind im Land in den bewaffneten Konflikt involviert. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Irans unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah. Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“. Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. Auch in Landesteilen, in denen Kampfhandlungen mittlerweile abgenommen haben, besteht nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts weiterhin ein hohes Risiko, Opfer von Gewalt und Übergriffen zu werden.
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen:
Sicherheitslage in Nordsyrien und Kooperation der kurdischen Autonomie mit dem syrischen Regime (zuletzt aktualisiert am 08.03.2024):
Die syrische Armee von Präsident Bashar al-Assad ist nach einer Einigung mit den SDF am 14.10.2019 in mehrere Grenzstädte eingerückt, um sich der "türkischen Aggression" entgegenzustellen, wie Staatsmedien berichteten. Laut der Vereinbarung übernahmen die Einheiten der syrischen Regierung in einigen Grenzstädten die Sicherheitsfunktionen, die Administration soll aber weiterhin in kurdischer Hand sein. Seitdem verblieben die Machtverhältnisse [mit Stand April 2023] weitgehend unverändert. Die syrischen Regierungstruppen üben im Gebiet punktuell Macht aus, etwa mit Übergängen zwischen einzelnen Stadtvierteln (z. B. Stadt Qamischli im Gouvernement Al-Hassakah). Nach Vereinbarungen zwischen der Türkei, den USA und Russland richtete die Türkei eine "Sicherheitszone" in dem Gebiet zwischen Tall Abyad und Ra's al-?Ayn ein, die 120 Kilometer lang und bis zu 14 Kilometer breit ist.
Die sehr komplexe Gemengelage an (bewaffneten) Akteuren, u. a. YPG und Türkei-nahe Rebellengruppen, die sich auch untereinander bekämpfen, führt zu einer sehr konfliktgeladenen Situation in der Provinz Aleppo und vor allem in deren nördlichem Teil. Erdo?an hat wiederholt angekündigt, einen 30 Kilometer breiten Streifen an der syrischen Grenze vollständig einzunehmen, um eine sogenannte Sicherheitszone auf der syrischen Seite der Grenze zu errichten, unter anderem, um dort syrische Flüchtlinge und Vertriebene, sowohl sunnitische Araber als auch Turkmenen, anzusiedeln. Dieser Prozess ist in Afrîn, al-Bab und Ra's al-'Ayn bereits im Gange. Zuletzt konzentrierte die türkische Regierung ihre Drohungen auf die Region um Kobanê und Manbij - also die westlichen Selbstverwaltungsgebiete. Damit kann eine Verbindung zwischen dem Gebiet al-Bab-Jarablus und dem Gebiet Tel Abyad-Ra's al-'Ayn hergestellt werden, außerdem ist Kobanê ein Symbol des kurdischen Widerstands gegen den IS.
1.3.3. Allgemeine Menschenrechtslage (zuletzt geändert am 12.03.2024):
Von allen Akteuren agiert das Regime am meisten mit gewaltsamer Repression und die PYD am wenigsten - autoritär sind alle Machthaber nach Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung. Die im August 2011 vom UN-Menschenrechtsrat eingerichtete internationale unabhängige Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Syrien (Commission of Inquiry, CoI) benennt in ihrem am 13.9.2023 veröffentlichten Bericht (Berichtszeitraum Januar bis Juni 2023) zum wiederholten Male teils schwerste Menschenrechtsverletzungen, identifiziert Trends und belegt diese durch die Dokumentation von Einzelfällen. Nach Einschätzung der CoI dürfte es im Berichtszeitraum in Syrien weiterhin zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gekommen sein. Dazu gehörten u. a. gezielte und wahllose Angriffe auf Zivilisten und zivile Ziele (z. B. durch Artilleriebeschuss und Luftschläge) sowie Folter. Darüber hinaus seien willkürliche und ungesetzliche Inhaftierungen, „Verschwindenlassen“, sexualisierte Gewalt sowie willkürliche Eingriffe in die Eigentumsrechte, unter anderem von Geflüchteten, dokumentiert. Obwohl die UN-Kommission die Verantwortung in absoluten Zahlen betrachtet für die große Mehrzahl der Menschenrechtsverletzungen bei Kräften der syrischen Regierung und ihrer Verbündeten sieht, wurden erneut für alle Konfliktparteien und alle Regionen des Landes Menschenrechtsverstöße dokumentiert.
1.3.4. Rechtssicherheit in Syrien (zuletzt aktualisiert am 11.03.2024):
In Syrien vorherrschend und von langer Tradition ist eine Diskrepanz zwischen dem geschriebenen Recht und der Implementierung der Gesetze in der Praxis. Die in den letzten Jahren noch zugenommene und weit verbreitete Korruption hat diese Diskrepanz noch zusätzlich verstärkt. Rechtsstaatlichkeit ist schwach ausgeprägt, wenn nicht mittlerweile gänzlich durch eine Situation der Straffreiheit untergraben, in der Angehörige von Sicherheitsdiensten ohne strafrechtliche Konsequenzen und ohne jegliche zivile Kontrolle operieren können. Regelmäßig vom Regime verkündete Amnestien verringern ausgesprochene Todesurteile zum Teil auf lebenslange harte Strafarbeit oder stellen eine Freilassung in Aussicht. In der Rechtspraxis kommen die Amnestien aufgrund großzügig ausgelegter Ausnahmetatbestände und prozeduralen Hindernissen jedoch nur in Einzelfällen zur Anwendung, dabei oftmals infolge der Zahlung hoher Bestechungsgelder an Amtsträger im Justiz- und Sicherheitswesen.
1.3.5. Wehr- und Reservedienst in den syrischen Streitkräften (zuletzt aktualisiert am 11.03.2024):
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren. Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben. Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt. In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierungen anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden. Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können. Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert. Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen.Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend. Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren. Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben. Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt. In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierungen anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden. Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können. Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert. Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen.
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger in Anspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein. Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt.
Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert. Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen. Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse.
Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind, bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht. Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien.
Frauen können als Berufssoldatinnen dem syrischen Militär beitreten. Dies kommt in der Praxis tatsächlich vor, doch stoßen die Familien oft auf kulturelle Hindernisse, wenn sie ihren weiblichen Verwandten erlauben, in einem so männlichen Umfeld zu arbeiten. Dem Vernehmen nach ist es in der Praxis häufiger, dass Frauen in niedrigeren Büropositionen arbeiten als in bewaffneten oder leitenden Funktionen. Eine Quelle erklärt dies damit, dass Syrien eine männlich geprägte Gesellschaft ist, in der Männer nicht gerne Befehle von Frauen befolgen.
Mit Stand Mai 2023 werden die regulären syrischen Streitkräfte immer noch von zahlreichen regierungsfreundlichen Milizen unterstützt. Frauen sind auch regierungsfreundlichen Milizen beigetreten. In den Reihen der National Defence Forces (NDF) dienen ca. 1.000 bis 1.500 Frauen, eine vergleichsweise geringe Anzahl. Die Frauen sind an bestimmten Kontrollpunkten der Regierung präsent, insbesondere in konservativen Gebieten, um Durchsuchungen von Frauen durchzuführen.
1.3.5.1. Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet. Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten. Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen.
Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen, wobei zuletzt von einer "Verkürzung" des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden. Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst g