Entscheidungsdatum
11.09.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2298704-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2023,
Zl. 1400029701/240969105, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von römisch 40 , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2023,
Zl. 1400029701/240969105, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und er stellte am 20.06.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine EURODAC-Abfrage hinsichtlich des Beschwerdeführers ergab eine Treffermeldung der Kategorie 1 zu Kroatien (Asylantragstellung am 11.06.2024).
Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 21.06.2024 gab der BF an, er wolle zu seiner namentlich bezeichneten Ehefrau. Er sei Diabetiker, nehme Tabletten, habe zwei Herzinfarkte erlitten und noch immer Herzprobleme. Zu seiner Reiseroute gab der BF an, er sei einen Tag in der Türkei, zehn Tage in Bosnien, vier Tage in Kroatien gewesen und dann über unbekannte Länder nach Österreich gelangt. Er sei in Kroatien in einem Lager gewesen, der Zustand des Lagers sei extrem schlecht und schmutzig gewesen. Er sei Diabetiker und herzkrank, er habe keine medizinische Behandlung erhalten. In Kroatien habe er einen Asylantrag gestellt, die Entscheidung habe er nicht abgewartet. Er sei gesundheitlich nicht in der Lage in den Krieg zu ziehen gegen die Ukraine, dies habe jedoch die tschetschenische Behörde im Mai 2024 entschieden, daher habe er Russland verlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 27.06.2024 ein auf
Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (in Folge: Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch für den BF an Kroatien, es wurde darin auf seine in Österreich lebende Ehefrau verwiesen.Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 27.06.2024 ein auf
Art. 18 Absatz eins, Litera b, der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (in Folge: Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch für den BF an Kroatien, es wurde darin auf seine in Österreich lebende Ehefrau verwiesen.
Mit Schreiben vom 11.07.2024 stimmte Kroatien der Wiederaufnahme des BF gemäß
Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO ausdrücklich zu. Mit Schreiben vom 11.07.2024 stimmte Kroatien der Wiederaufnahme des BF gemäß
Art. 20 Absatz 5, Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Am 14.08.2024 wurde der BF durch das BFA einvernommen, die Einvernahme gestaltete sich wie folgt:
„(…)
LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.
Fühlen Sie sich heute psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen?
VP: Ja, mir geht es gut. Ich fühle mich gut.
(…)
LA Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?
VP: Ja.
LA: Haben Sie Beweismittel oder Identitätsbezeugende Dokumente, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?
VP: Meine Heiratsurkunde wird gerade übersetzt. Ich kann nicht sagen, wann diese fertig übersetz ist.
Anmerkung: Kopie (Lichtbild am Handy) der Heiratsurkunde wird zum Akt genommen.
Anmerkung: Kopie wurde von der Dolmetscherin überprüft. Es wird bestätigt, dass der Name der VP und der Ehegattin darin genannt werden. Es wird bestätigt, dass die Ehe am XXXX geschlossen wurde und die Urkunde an diesem Tag ausgestellt wurde.Anmerkung: Kopie wurde von der Dolmetscherin überprüft. Es wird bestätigt, dass der Name der VP und der Ehegattin darin genannt werden. Es wird bestätigt, dass die Ehe am römisch 40 geschlossen wurde und die Urkunde an diesem Tag ausgestellt wurde.
LA: Wie stellt sich Ihr momentaner Gesundheitszustand dar?
VP: Ich bin Diabetiker und hatte schon zwei Herzinfarkte. Ich habe immer noch Herzprobleme,
LA: Seit wann haben Sie diese Beschwerden?
VP: 2005 hatte ich zwei Herzattacken. Der Diabetes ist dann 2013 dazugekommen.
LA: Unterziehen Sie sich zurzeit ärztlichen Behandlungen oder Therapien, wenn ja, auf welche Art und Weise?
VP: Ja, im Krankenhaus im XXXX . VP: Ja, im Krankenhaus im römisch 40 .
LA: Nehmen Sie zurzeit Medikamente zu sich?
VP: Ja. Nachgefragt gebe ich an, dass ich folgende Medikamente nehme:
Sitagliptin 50 mg
Bisoprolol 1,25 mg
Atorvastatin Sandoz 20 mg.
Acemenin 5mg
Jardiance 10 mg
Thrombo ASS 100 mg
Glimepirid 1 mg
Metagelan 500 mg
Blutzuckermessgerät
LA: Geht es Ihnen mit den Medikamenten besser?
VP: Ja, mit den Medikamente geht es mir besser. In ärztlicher Behandlung werden meine Medikamente auf mich eingestellt.
LA: Waren Sie in Kroatien auch in ärztlicher Behandlung?
VP: Nein, ich habe keine medizinische Behandlung bekommen. Aber ich bin auch gleich weitergereist.
LA: Waren Sie in Ihrem Heimatland auch in ärztlicher Behandlung?
VP: Ja.
LA: Haben Sie eine medizinische Ausbildung?
VP: Nein.
LA: Haben Sie Befunde von Ihrer Behandlung hier in Österreich?
VP: Ja.
LA: Sind das alle Befunde die Sie haben?
VP: Ja.
Anmerkung: Befunde werden kopiert und zum Akt genommen.
Zur Person:
Ich heiße XXXX in Grosny in der Russischen Föderation geboren. Ich bin verheiratet und habe zwei volljährige Kinder. Ich bin russischer Staatsbürger, ich bin Moslem (Sunnit) und gehöre der Volksgruppe der XXXX an. Ich habe 10 Jahre die Grundschule besucht. Ich habe eine Berufsausbildung als XXXX und war zuletzt als XXXX tätig.Ich heiße römisch 40 in Grosny in der Russischen Föderation geboren. Ich bin verheiratet und habe zwei volljährige Kinder. Ich bin russischer Staatsbürger, ich bin Moslem (Sunnit) und gehöre der Volksgruppe der römisch 40 an. Ich habe 10 Jahre die Grundschule besucht. Ich habe eine Berufsausbildung als römisch 40 und war zuletzt als römisch 40 tätig.
LA: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?
VP: Ja, meinen Reisepass habe ich bei meiner Antragstellung der Polizei übergeben.
LA: Von wem sind Ihre Kinder?
VP: Die Kinder stammen aus einer vorherigen Ehe.
LA: Mit wem waren Sie verheiraten?
VP: Mit Frau XXXX . Ich habe in der russischen Föderation geheiratet und wurde dort auch 2007 geschieden. Meine Kinder sind alle volljährigen und leben in der russischen Föderation. Wo meine Exfrau derzeit lebt ist mir nicht bekannt. Ich habe keinen Kontakt zu meinen Kindern und zu meiner Exfrau.VP: Mit Frau römisch 40 . Ich habe in der russischen Föderation geheiratet und wurde dort auch 2007 geschieden. Meine Kinder sind alle volljährigen und leben in der russischen Föderation. Wo meine Exfrau derzeit lebt ist mir nicht bekannt. Ich habe keinen Kontakt zu meinen Kindern und zu meiner Exfrau.
LA. Mit wem sind Sie jetzt verheiratet?
VP: Mit XXXX . Sie lebt in Österreich.VP: Mit römisch 40 . Sie lebt in Österreich.
LA: Haben Sie in der EU bzw. in Österreich, in Norwegen, der Schweiz, in Liechtenstein oder in Island aufhältige Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte?
VP: Ja. Meine jetzige Ehefrau.
LA: Wie heißt Ihre Ehefrau und wann ist sie geboren?
VP: XXXX VP: römisch 40
LA: Seit wann befindet sich Ihre Ehefrau in Österreich?
VP: Seit 2005.
LA: Wann haben Sie Ihre Frau geheiratet?
VP: Ich habe am XXXX in der russischen Föderation geheiratet. Ich kenne Sie schon 33 Jahre. Ich war mit Ihr schon einmal in der russischen Föderation verheiratet. Ich habe dort traditionell geheiratet. Ich habe mich 1990 von ihr getrennt und 2024 geheiratet. VP: Ich habe am römisch 40 in der russischen Föderation geheiratet. Ich kenne Sie schon 33 Jahre. Ich war mit Ihr schon einmal in der russischen Föderation verheiratet. Ich habe dort traditionell geheiratet. Ich habe mich 1990 von ihr getrennt und 2024 geheiratet.
LA: Haben Sie standesamtlich oder traditionell geheiratet?
VP: Das erste Mal habe ich traditionell geheiratet. Das zweite Mal habe ich meine Frau standesamtlich geheiratet. Meine Ehefrau war bei der Hochzeit nicht persönlich anwesend. Die Eheschließung fand über Videokonferenz mit einem Standesbeamten von der russischen Föderation statt.
LA: Haben Sie eine Heiratsurkunde?
VP: Ja.
LA: Welchen Aufenthaltsstatus hat Ihre Ehefrau?
VP: Sie hat einen NAG-Aufenthaltstitel.
LA: Leben Sie mit Ihrer Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt?
VP: Nein. Ich wohne in einer Flüchtlingsunterkunft in XXXX .VP: Nein. Ich wohne in einer Flüchtlingsunterkunft in römisch 40 .
LA: Wo wohnt Ihre Ehefrau?
XXXX römisch 40
LA: Lebten Sie mit Ihrer Ehefrau vor Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland in einem gemeinsamen Haushalt?
VP: Nein. Wir haben nicht zusammengewohnt.
LA: Wann haben Sie Ihre Ehefrau, bevor Sie nach Österreich gegangen sind, zuletzt gesehen?
VP: Ich glaube vor drei Jahren.
LA: Haben Sie Ihre Ehefrau, seitdem Sie in Österreich sind, schon persönlich getroffen?
VP: Ja, meine Frau besucht mich immer am Wochenende.
LA: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihrer Ehefrau?
VP: Fast jedes Wochenende.
LA: Besteht zu Ihrer Ehefrau ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis?
VP: Nein. Ich bekomme ausreichend Unterstützung vom Staat. Sie bringt mir jedoch Essen, oder kocht für mich.
LA: Besteht eine existenzielle Abhängigkeit zu Ihrer Ehefrau?
VP: Nein.
LA: Warum haben Sie nicht versucht, auf legalem Weg nach Österreich zu kommen?
VP: Ich wollte nicht als XXXX für das Militär arbeiten.VP: Ich wollte nicht als römisch 40 für das Militär arbeiten.
LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft, wenn ja, beschreiben Sie diese Gemeinschaft?
VP: Nein.
LA: Aufgrund von Fingerabdruckvergleichen steht zweifelsfrei fest, dass Sie in Kroatien am 11.06.2024 im Zuge Ihrer Asylantragstellung erkennungsdienstlich behandelt wurden. Entspricht dies den Tatsachen?
VP: Ja.
LA: In welchem Stadium befindet sich Ihr Asylverfahren in Kroatien?
VP: Ich habe die Entscheidung nicht abgewartet und habe Kroatien verlassen.
LA: Wie lange waren Sie in Kroatien?
VP: Ich war dort nur eine Nacht.
LA: Wo waren Sie in Kroatien untergebracht?
VP: Ich war in einem Lager in Zagreb. Dort habe ich übernachtet.
LA: Warum haben Sie Kroatien verlassen?
VP: Ich wollte nach Österreich, weil meine Frau hier lebt.
LA: Wie sind Sie nach Österreich gelangt?
VP: Ich bin mit einem Auto nach Österreich gekommen.
LA: Sie haben am 01.08.2024 eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge BFA) gem. § 29/3/4 AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen die beabsichtigte Vorgehensweise des BFA mitgeteilt wurde, Ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und worin Sie auch über das Führen von Dublin Konsultationen mit Kroatien informiert wurden. Am 11.07.2024 hat Kroatien die Zustimmung für die Führung Ihres Asylverfahrens erteilt. Es ist daher beabsichtigt, Ihre Außerlandesbringung aus Österreich nach Kroatien anzuordnen. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben? LA: Sie haben am 01.08.2024 eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge BFA) gem. Paragraph 29 /, 3 /, 4, AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen die beabsichtigte Vorgehensweise des BFA mitgeteilt wurde, Ihren Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen und worin Sie auch über das Führen von Dublin Konsultationen mit Kroatien informiert wurden. Am 11.07.2024 hat Kroatien die Zustimmung für die Führung Ihres Asylverfahrens erteilt. Es ist daher beabsichtigt, Ihre Außerlandesbringung aus Österreich nach Kroatien anzuordnen. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?
VP: Ich bin ein kranker Mann. Die Zustände in Kroatien, im Lager, sind nicht gut. Im Lager war es schmutzig und es gab dort Ungeziefer. Ich möchte bei meiner Frau bleiben, die mir hilft. Ich bin hier in Österreich medizinisch besser aufgehoben.
LA: Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl liegen schriftliche Feststellungen zur Lage im Mitgliedsland Kroatien vor, insbesondere zur Ausgestaltung des dortigen Asylverfahrens und zur Versorgungslage in diesem Land, einschließlich der medizinischen Versorgung. Wollen Sie in die schriftlichen Feststellungen Einsicht nehmen, Kopien davon ausgefolgt bekommen, diese teilweise oder zur Gänze übersetzt bekommen?
VP: Nein.
Anmerkung: Die schriftlichen Feststellungen zu Kroatien werden zum Akt genommen.
LA: Inwieweit würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen in Ihr Familien- und Privatleben eingreifen?
Anmerkung: Dem AW wird die Fragestellung näher erläutert, insbesondere dass im Rahmen einer Ausweisungsprüfung verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich, Aufenthaltsberechtigungen in Österreich, gewichtige private Interessen an einem Verbleib in Österreich, udgl. berücksichtigt werden.
VP: Ich habe in Österreich meine Ehefrau.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint?
VP: Ja.
(…)“
Betreffend den BF wurde insbesondere vorgelegt:
- Russischer Reisepass
- Schreiben der kroatischen Behörden.
- Heiratsurkunde
Blutbefund eines österreichischen Krankenhauses vom 23.06.2024 und vom 26.06.2024
- Befund eines österreichischen Krankenhauses vom 23.06.2024 mit der Diagnose „Diabetes Mellitus Typ 2“, samt dem Vermerk „keine akut Medikation notwendig“
- Zwei Auflistungen über Medikation des BF
2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß
§ 61 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt II.). 2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien für die Prüfung des Antrages gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß
§ 61 Absatz eins, Ziffer eins, FPG 2005 die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG 2005 zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Kroatien (Stand 14.04.2023) wurden der Entscheidung zu Grunde gelegt, wonach in Kroatien die Notfallversorgung sowie notwendige medizinische und psychologische Behandlung von Asylwerbern sichergestellt ist, allenfalls durch Überweisung an örtliche Krankenhäuser. Vulnerable (wie Folteropfer) sind danach entsprechend medizinisch zu behandeln, wobei diese zusätzliche Gesundheitsversorgung nicht regelmäßig zugänglich ist. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte begründend zusammengefasst aus, es ergebe sich aus dem Vorbringen des BF und dem amtswegigen Ermittlungsverfahren, dass Artikel 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 Grundrechtecharta, bzw. von Art. 3 EMRK, im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen ließen. Es sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass in Kroatien – als einem Mitgliedsstaat der EU - nach den Länderfeststellungen notwendige medizinische Versorgung für den BFD nicht zur Verfügung stehe. Die Ehefrau des BF befinde sich seit dem Jahr 2005 in Österreich, habe einen NAG-Aufenthaltstitel und lebe der BF mit dieser nicht im gemeinsamen Haushalt, ein solcher habe auch noch nie bestanden. Weiters bestehe zur Ehefrau weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Laut den Angaben kenne der BF seine Ehefrau zwar schon seit 33 Jahren, aber der BF habe seine Ehefrau erst am XXXX - also unmittelbar vor seiner Ausreise aus seinem Heimatland - geheiratet. Es könne daher auch von keiner besonderen Beziehungsintensität ausgegangen werden, nachdem der BF selbst angegeben habe, dass er erst seit Kurzem mit ihr verheiratet sei und außerdem habe die Hochzeit mit einer Ehefrau über Videokonferenz im Beisein des Standesbeamten der Russischen Föderation stattgefunden. Des Weiteren habe noch nie ein gemeinsamer Haushalt bestanden und seine Ehefrau besuche den BF nur am Wochenende. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Ein schützenswertes Familienleben oder ein schützenswertes Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK, welches einer Überstellung entgegensteht, konnte nicht festgestellt werden.Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Kroatien (Stand 14.04.2023) wurden der Entscheidung zu Grunde gelegt, wonach in Kroatien die Notfallversorgung sowie notwendige medizinische und psychologische Behandlung von Asylwerbern sichergestellt ist, allenfalls durch Überweisung an örtliche Krankenhäuser. Vulnerable (wie Folteropfer) sind danach entsprechend medizinisch zu behandeln, wobei diese zusätzliche Gesundheitsversorgung nicht regelmäßig zugänglich ist. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte begründend zusammengefasst aus, es ergebe sich aus dem Vorbringen des BF und dem amtswegigen Ermittlungsverfahren, dass Artikel 18 Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO formell erfüllt sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Artikel 4, Grundrechtecharta, bzw. von Artikel 3, EMRK, im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen ließen. Es sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass in Kroatien – als einem Mitgliedsstaat der EU - nach den Länderfeststellungen notwendige medizinische Versorgung für den BFD nicht zur Verfügung stehe. Die Ehefrau des BF befinde sich seit dem Jahr 2005 in Österreich, habe einen NAG-Aufenthaltstitel und lebe der BF mit dieser nicht im gemeinsamen Haushalt, ein solcher habe auch noch nie bestanden. Weiters bestehe zur Ehefrau weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Laut den Angaben kenne der BF seine Ehefrau zwar schon seit 33 Jahren, aber der BF habe seine Ehefrau erst am römisch 40 - also unmittelbar vor seiner Ausreise aus seinem Heimatland - geheiratet. Es könne daher auch von keiner besonderen Beziehungsintensität ausgegangen werden, nachdem der BF selbst angegeben habe, dass er erst seit Kurzem mit ihr verheiratet sei und außerdem habe die Hochzeit mit einer Ehefrau über Videokonferenz im Beisein des Standesbeamten der Russischen Föderation stattgefunden. Des Weiteren habe noch nie ein gemeinsamer Haushalt bestanden und seine Ehefrau besuche den BF nur am Wochenende. Die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG treffe daher zu. Ein schützenswertes Familienleben oder ein schützenswertes Privatleben im Sinne des Artikel 8, EMRK, welches einer Überstellung entgegensteht, konnte nicht festgestellt werden.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Vertreters des BF, womit zunächst die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde. Es wurde darin insbesondere ausgeführt, der BF sei mit einer russischen Staatsangehörigen, die in Österreich über einen NAG-Aufenthaltstitel verfüge, verheiratet. Der BF führe in Österreich ein aufrechtes Privat- und Familienleben mit seiner Ehefrau, es bestehe eine sehr enge Beziehung und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen. Er könne sie emotional unterstützen und sie wolle ihr Familienleben hier in Österreich weiterführen. Außerdem habe die Ehefrau des BF aus einer anderen Ehe ein behindertes Kind, wobei der BF sie diesbezüglich unterstützen könne. Das BFA gehe nicht ausreichend auf die Situation des BF in Kroatien ein. Der BF sei Diabetiker und habe bereits zwei Herzinfarkte gehabt. Er befinde sich in medizinischer Betreuung und nehme derzeit Medikamente. Der BF gelte aufgrund seines Alters sowie aufgrund seines Gesundheitszustandes als besonders vulnerabel. Das BFA habe es versäumt diese besonderen Vulnerabilitäten festzustellen. Das BFA erkenne die Ehe nicht an und gehe zudem davon aus, dass zwischen dem BF und seiner Ehefrau kein Abhängigkeitsverhältnis bzw. auch keine besonders enge Beziehung bestehe. Hierbei verkenne es allerdings, dass der BF und seine Ehefrau regelmäßig Kontakt gepflegt hätten, als sie nicht in einem Land gelebt hätten. Der BF und seine Ehefrau würden ein gemeinsames Familienleben in Österreich führen und zusammenleben wollen. Zum Beweis der besonders engen Beziehung und des bestehenden Privat- und Familienlebens zwischen dem BF und seiner Ehefrau werde die zeugenschaftliche Einvernahme der Ehefrau des BF beantragt. Aufgrund der durch die Trennung des BF von seiner Ehefrau in Österreich resultierenden Verletzung seines Rechtes auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK ergebe sich die Pflicht Österreichs gem. Art 17 der Dublin-III-Verordnung das Selbsteintrittsrecht wahrzunehmen und den BF zum Asylverfahren zuzulassen. Aus den dargestellten Gründen hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass aufgrund der besonderen Umstände des gegenständlichen Falles eine Abschiebung nach Kroatien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der durch Art 3 und 8 EMRK bzw Art 4 GRC gewährleisteten Rechte des BF darstellt und vom Selbsteintrittsrecht gem.
Art 17 Abs 1 Dublin-III-VO Gebrauch machen müssen.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde des Vertreters des BF, womit zunächst die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde. Es wurde darin insbesondere ausgeführt, der BF sei mit einer russischen Staatsangehörigen, die in Österreich über einen NAG-Aufenthaltstitel verfüge, verheiratet. Der BF führe in Österreich ein aufrechtes Privat- und Familienleben mit seiner Ehefrau, es bestehe eine sehr enge Beziehung und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen. Er könne sie emotional unterstützen und sie wolle ihr Familienleben hier in Österreich weiterführen. Außerdem habe die Ehefrau des BF aus einer anderen Ehe ein behindertes Kind, wobei der BF sie diesbezüglich unterstützen könne. Das BFA gehe nicht ausreichend auf die Situation des BF in Kroatien ein. Der BF sei Diabetiker und habe bereits zwei Herzinfarkte gehabt. Er befinde sich in medizinischer Betreuung und nehme derzeit Medikamente. Der BF gelte aufgrund seines Alters sowie aufgrund seines Gesundheitszustandes als besonders vulnerabel. Das BFA habe es versäumt diese besonderen Vulnerabilitäten festzustellen. Das BFA erkenne die Ehe nicht an und gehe zudem davon aus, dass zwischen dem BF und seiner Ehefrau kein Abhängigkeitsverhältnis bzw. auch keine besonders enge Beziehung bestehe. Hierbei verkenne es allerdings, dass der BF und seine Ehefrau regelmäßig Kontakt gepflegt hätten, als sie nicht in einem Land gelebt hätten. Der BF und seine Ehefrau würden ein gemeinsames Familienleben in Österreich führen und zusammenleben wollen. Zum Beweis der besonders engen Beziehung und des bestehenden Privat- und Familienlebens zwischen dem BF und seiner Ehefrau werde die zeugenschaftliche Einvernahme der Ehefrau des BF beantragt. Aufgrund der durch die Trennung des BF von seiner Ehefrau in Österreich resultierenden Verletzung seines Rechtes auf Privat- und Familienleben nach Artikel 8, EMRK ergebe sich die Pflicht Österreichs gem. Artikel 17, der Dublin-III-Verordnung das Selbsteintrittsrecht wahrzunehmen und den BF zum Asylverfahren zuzulassen. Aus den dargestellten Gründen hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass aufgrund der besonderen Umstände des gegenständlichen Falles eine Abschiebung nach Kroatien mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der durch Artikel 3 und 8 EMRK bzw Artikel 4, GRC gewährleisteten Rechte des BF darstellt und vom Selbsteintrittsrecht gem.
Art 17 Absatz eins, Dublin-III-VO Gebrauch machen müssen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und er stellte am 20.06.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Eine EURODAC-Abfrage hinsichtlich des Beschwerdeführers ergab eine Treffermeldung der Kategorie 1 zu Kroatien (Asylantragstellung am 11.06.2024).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 27.06.2024 ein auf
Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch für den BF an Kroatien, es wurde darin auf seine in Österreich lebende Ehefrau verwiesen.Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 27.06.2024 ein auf
Art. 18 Absatz eins, Litera b, Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch für den BF an Kroatien, es wurde darin auf seine in Österreich lebende Ehefrau verwiesen.
Mit Schreiben vom 11.07.2024 stimmte Kroatien der Wiederaufnahme des BF gemäß
Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO ausdrücklich zu. Mit Schreiben vom 11.07.2024 stimmte Kroatien der Wiederaufnahme des BF gemäß
Art. 20 Absatz 5, Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen derart schwerwiegenden oder gar lebensbedrohenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche einer Überstellung entgegenstehen.
Zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Kroatien:
1. Allgemeines zum Asylverfahren
Letzte Änderung: 14.04.2023
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 2 22.4.2022; USDOS 12.4.2022 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
(AIDA 22.4.2022)
Im Jahr 2021 bestand die größte Herausforderung neben der anhaltenden Ausbreitung von COVID-19 weiterhin in einem strengen Grenzregime, das den Zugang zum Hoheitsgebiet und zum Verfahren für internationalen Schutz in Kroatien einschränkt und ernsthafte Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Menschenrechte von Personen, die internationalen Schutz beantragen, aufkommen lässt (HPC 22.42022).
Im Jahr 2022 wurden laut Eurostat 12.750 Erstanträge gestellt (von insgesamt 12.870 Anträgen im Vergleich zu 2.930 Anträgen im Jahr 2021) (Eurostat 23.3.2023; vgl. MoI 1.2.2023). Die Zahl der mutmaßlich unbegleiteten Minderjährigen belief sich auf 128 Personen (Eurostat 9.3.2023). Russen stellen inzwischen die mit Abstand antragsstärkste Nationalität dar (VB 6.2.2023).Im Jahr 2022 wurden laut Eurostat 12.750 Erstanträge gestellt (von insgesamt 12.870 Anträgen im Vergleich zu 2.930 Anträgen im Jahr 2021) (Eurostat 23.3.2023; vergleiche MoI 1.2.2023). Die Zahl der mutmaßlich unbegleiteten Minderjährigen belief sich auf 128 Personen (Eurostat 9.3.2023). Russen stellen inzwischen die mit Abstand antragsstärkste Nationalität dar (VB 6.2.2023).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 24.1.2023
- Eurostat (23.3.2023): Asylum and first time asylum applicants - annual aggregated data, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00191/default/table?lang=en, Zugriff 28.3.2023
- Eurostat (9.3.2023): Asylum applications of unaccompanied minors withdrawn by citizenship, age, sex and type of withdrawal - annual aggregated data, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/migr_asyumwita/default/table?lang=en, Zugriff 28.3.2023
- HPC - Croatian Law Centre (22.4.2022): Access to the territory and push backs - Croatia, https: //asylumineurope.org/reports/country/croatia/asylum-procedure/access-procedure-and-registration/access-territory-and-push-backs/, Zugriff 25.1.2023
- MoI - Ministry of Interior [Kroatien] (1.2.2023): Statistische Indikatoren von Antragstellern auf internationalen Schutz gem Staatsbürgerschaft und Geschlecht für den Zeitraum 01.01.-31.12.2022, https://mup.gov.hr/UserDocsImages/OTVORENI%20PODACI/Tra%C5%BEitelji%20me%C4%91unarodne%20za%C5%A1tite/web%20statistike%202022%20Q4%20TMZ.pdf, Zugriff 17.2.2023
- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Rights Practices 2021 - Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071254.html, Zugriff 24.1.2023
- VB des BM.I Kroatien [Österreich] (6.2.2023): Bericht des VB, per E-Mail
2. Dublin-Rückkehrer
Letzte Änderung: 13.04.2023
Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren (dies waren im Jahr 2021 insgesamt 54 Personen), haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Allerdings müssen Personen, die Kroatien vor Abschluss des Verfahrens verlassen haben und deren Verfahren daher ausgesetzt wurde, nach ihrer Rückkehr nach Kroatien erneut ein Asylverfahren beantragen (wenn sie dies wünschen), und somit das ursprüngliche Verfahren wieder aufnehmen, wie es in Artikel 18 Absatz 2 der Dublin-III-Verordnung vorgesehen ist (AIDA 22.4.2022).
Andererseits gelten Personen, deren Antrag ausdrücklich zurückgezogen oder abgelehnt wurde, bevor sie Kroatien verlassen haben, als Folgeantragsteller, was im Widerspruch zur Dublin-Verordnung steht. Dublin Rückkehrer haben keine Schwierigkeiten beim Zugang zum Aufnahmesystem und zu den materiellen Aufnahmebedingungen (AIDA 22.4.2022).
Das kroatische Rote Kreuz (CRC) bietet Dublin-Rückkehrern, die in Aufnahmezentren für Antragsteller untergebracht sind, Unterstützung bei der Integration in die kroatische Gesellschaft an (IOM 30.3.2023).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 24.1.2023
- IOM - International Organization for Migration (30.3.2023): Information on IOM activities and IOM supported initiatives for migrants in the Republic of Croatia, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Dokument liegt bei der Staatendokumentation auf.
3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Letzte Änderung: 13.04.2023
Als vulnerabel gelten unmündige Personen, Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, alte und gebrechliche Personen, ernsthaft Kranke, Behinderte, Schwangere, AlleinerzieherInnen mit minderjährigen Kindern, psychisch Kranke, Opfer von Menschenhandel, Folter, Vergewaltigung oder anderen Formen psychologischer, physischer und sexueller Gewalt. Für Vulnerable gibt es spezielle Verfahrens- und Unterbringungsgarantien. Im Hinblick auf ihre persönlichen Umstände ist ihnen geeignete – auch medizinische - Unterstützung zu bieten. Speziell geschulte Beamte sollen Vulnerable identifizieren; ein institutionalisiertes Früherkennungssystem gibt es nicht (AIDA 22.4.2022).
In Gesetz und Praxis wird die Identifizierung spezieller Bedürfnisse als kontinuierlicher Prozess während des Verfahrens gesehen. Die frühzeitige Erkennung von Vulnerabilität erfolgt durch speziell ausgebildete Polizeibeamte, die dann das Aufnahmezentrum für Asylwerber je nach Bedarf entsprechend informieren. Die weitere Ermittlung besonderer Schutzbedürftigkeit erfolgt in der Unterbringung durch Sozialarbeiter oder Mitarbeiter von NGOs in Kooperation mit dem Innenministerium. Weniger offensichtliche Vulnerabilität wie z. B. im Zusammenhang mit Traumatisierten oder Opfern von Folter oder Menschenhandel oder auch von LGBTI-Personen werden in der gegenwärtigen Praxis viel seltener erkannt. Das Rehabilitationszentrum für Stress und Trauma berichtete, dass es noch immer keinen geeigneten Mechanismus zur Identifizierung von Folteropfern gibt (AIDA 22.4.2022).
Als „unbegleitete Minderjährige“ gelten Drittstaatsangehörige bzw. staatenlose Personen, die jünger als 18 Jahre alt sind und ohne Begleitung verantwortlicher erwachsener Personen in die Republik Kroatien eingereist sind, aber auch alle Minderjährigen, die nach der Einreise unbegleitet verbleiben (AIDA 22.4.2022).
Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit, Rentensystem, Familie und Sozialpolitik haben unbegleitete Minderjährige nach wie vor Schwierigkeiten beim Zugang zum Bildungswesen und stoßen auf den Widerstand der lokalen Gemeinden gegen ihre Integration. Sie können nur kurzzeitig in Sozialhilfeeinrichtungen untergebracht werden. Weitere Schwierigkeiten betreffen den Mangel an Dolmetschern, die fehlende Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen und die unzureichende Kooperation von Sondervormunden mit Unterbringungseinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Im Jahr 2021 erhielt das Büro der Ombudsperson für Minderjährige weiterhin Informationen über Fälle, in denen Behörden Kinder von Migranten und Asylwerbern monatelang von ihren Familien trennten. Die Medien berichteten auch über zwei Fälle der Trennung von Eltern und Kindern durch kroatische Grenzschutzbeamte an den Außengrenzen, ohne dass Informationen über den Verbleib der Eltern vorlagen. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst berichtete von einer zunehmenden Zahl von Familien, die an der Grenze getrennt werden, wenn Mütter und Kinder einen Asylantrag stellen dürfen, während die Väter nach Bosnien und Herzegowina zurückgeschoben werden (AIDA 22.4.2022).
Die Ombudsperson für Minderjährige berichtete, dass im Jahr 2021 laut NGO-Angaben 256 Minderjährige zurückgeschoben wurden. Es gibt auch Berichte über physische und psychische Gewalt gegen Minderjährige und Verweigerung des Rechts auf internationalen Schutz (HPC 22.4.2022).
Am 1. Januar 2019 trat ein neues Pflegeelterngesetz in Kraft, das die Möglichkeit des Aufenthalts unbegleiteter Minderjähriger in einer Pflegefamilie vorsieht. 2020 gab es noch keine Minderjährigen in Pflegefamilien, im Jahr 2021 waren es drei (AIDA 22.4.2022). Gemäß dem Protokoll über Verfahren für unbegleitete und von ihren Eltern getrennte Minderjährige muss der Polizeibeamte bei Feststellung, dass ein Kind unbegleitet oder von seinen Eltern getrennt ist, Maßnahmen zur Sicherstellung des Identifizierungsverfahrens ergreifen.
Hierzu gehört unter anderem die Verpflichtung, einen Sozialarbeiter des Zentrums für soziale Wohlfahrt und - wenn das Kind kein Kroatisch versteht - einen Dolmetscher hinzuzuziehen, sowie ein Schreiben an das zuständige Zentrum für soziale Wohlfahrt zu senden, in dem die Bestellung eines besonderen Vormunds beantragt wird. Vormunde sind in der Regel Mitarbeiter des zuständigen Zentrums für soziale Wohlfahrt, üblicherweise Juristen, Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen. Der Vormund hat im besten Interesse des Kindes alle notwendigen Abklärungen mit Behörden, NGOs, usw. zu treffen. Die Ombudsperson für Kinder berichtete, dass es im Jahr 2021 immer noch Probleme im Vormundschaftssystem gab. Einige spezielle Vormunde hatten keinen Kontakt zu ihren Mündeln, weshalb diese nicht ausreichend über ihre Rechte und Pflichten informiert wurden. Einige Vormunde sind Berichten zufolge auch nicht motiviert, was auf den Umfang der Arbeit zurückzuführen ist, die sie regelmäßig verrichten. Ist ein UMA über 16 Jahre alt und verheiratet, ist kein Vormund zu bestellen (AIDA 22.4.2022).
Bei Zweifeln am Alter einer Person sollen zuerst die vorhandenen Informationen, inklusive der Meinung der Experten, die mit dem Minderjährigen täglich arbeiten, bewertet werden. Wenn dies nicht genügt, ist mit schriftlichem Einverständnis des Minderjährigen und des Vormunds eine medizinische Altersfeststellung möglich. Diese besteht aus einer allgemeinen medizinischen Untersuchung und einem Röntgen der Zähne und/oder der Hand. Bei einem nicht eindeutigen Ergebnis ist im Zweifel Minderjährigkeit anzunehmen. Zuvor sind jedoch weitere Untersuchungen vorgesehen. Wird die Zustimmung zur Altersfeststellung verweigert, ist der Antragssteller als Erwachsener zu behandeln, der Antrag darf aber nicht ausschließlich deswegen abgelehnt werden. Im Zweifel wird zunächst eine zweite Meinung eingeholt, sofern die Zweifel fortbestehen, ist von der Minderjährigkeit auszugehen. Nach Angaben des Innenministeriums wurde das Altersfeststellungsverfahren in den Jahren 2017 und 2018 nicht durchgeführt. Für 2019 bis Ende 2021 liegen diesbezüglich keine Informationen vor (AIDA 22.4.2022).
Das kroatische Rote Kreuz (CRC) bietet besondere Betreuung für vulnerable Gruppen wie insbesondere unbegleitete und von ihren Eltern getrennte Minderjährige, Frauen, Menschen mit gesundheitlichen und psychischen Problemen sowie Überlebende von Folter und Traumata. Médecins du Monde (MdM) betreibt unter anderem ein Projekt zur Befähigung von Frauen und Minderjährigen zur Bekämpfung sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) betreibt mit Unterstützung von UNICEF einen kinderfreundlichen Raum im Aufnahmezentrum für Asylbewerber in Zagreb, der Minderjährigen einen sicheren Aufenthaltsort bietet (MtC o.D.).
Bei der Unterbringung von Asylwerbern im Aufnahmezentrum werden insbesondere das Geschlecht, das Alter, die Stellung von schutzbedürftigen Personen, Asylwerbern mit besonderem Aufnahmebedarf und die Einheit der Familie berücksichtigt. Personen mit besonderen Aufnahmebedürfnissen können in einer geeigneten Einrichtung untergebracht oder zu einer Unterbringung nach den Vorschriften über die Sozialhilfe zugelassen werden, wenn eine ihren Bedürfnissen entsprechende Unterbringung in der Aufnahmeeinrichtung nicht möglich ist. Die Verordnung über die Verwirklichung der materiellen Aufnahmebedingungen schreibt vor, dass die Aufnahmebedingungen an die Bedürfnisse der Antragsteller angepasst werden, psychosoziale Unterstützung geleistet wird und Antragsteller mit besonderen Aufnahmebedürfnissen entsprechend spezialisiert betreut werden müssen. Der Prozess der Identifizierung von Personen mit besonderen Aufnahmebedürfnissen wird von Fachleuten durchgeführt, die im Aufnahmezentrum psychosoziale Unterstützung leisten, und bei Bedarf kann das zuständige Zentrum für soziale Wohlfahrt an der Bewertung teilnehmen. Das Zentrum für soziale Wohlfahrt unterrichtet das Aufnahmezentrum über alle getroffenen Maßnahmen und Aktionen. Antragstellern mit besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen wird auf der Grundlage der Empfehlungen des Arztes eine spezielle Diät angeboten. Es gibt keinen Überwachungsmechanismus für die Maßnahmen zur Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der in den Zentren untergebrachten Bewerber. Allerdings stehen Sozialarbeiter des Innenministeriums und des Kroatischen Roten Kreuzes täglich in den Aufnahmezentren zur Verfügung und können Unterstützung leisten. In der Praxis können die Mitarbeiter des Kroatischen Roten Kreuzes bei ihrer regelmäßigen Arbeit und Kommunikation mit den Asylwerbern sowie bei der Einzel- und Gruppenbetreuung die Bedürfnisse schutzbedürftiger Gruppen beobachten und dem Leiter des Aufnahmezentrums bei Bedarf Änderungen bei der Aufnahme bestimmter Asylwerber vorschlagen (AIDA 22.4.2022).
UMA unter 14 Jahren werden in Kinderheimen und jene über 14 Jahren in Jugendunterkünften untergebracht. Die Mitarbeiter dieser Unterkünfte sind jedoch nicht speziell auf den Umgang mit UMA vorbereitet. Verschiedene NGOs haben Bedenken insbesondere hinsichtlich der Unterbringung in Kinderbetreuungseinrichtungen geäußert, da dort hauptsächlich Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten betreut werden. Die Eignung dieser Einrichtungen für den Aufenthalt von UMA kann in Zweifel gezogen werden, insbesondere wenn man die besonderen Bedürfnisse dieser Minderjährigen sowie die Nichtverfügbarkeit von Dolmetschern in diesen Einrichtungen berücksichtigt (AIDA 22.4.2022). Die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen, die internationalen Schutz beantragten, stieg von 115 im Jahr 2020 auf 195 im Jahr 2021 (Eurostat 23.3.2023).
Quellen:
- AIDA - Asylum Information Database (22.4.2022): National Country Report Croatia 2021, provided by Croatian Law Centre (HPC) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE), https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/04/AIDA-HR_2021update.pdf, Zugriff 24.1.2023
- Eurostat (24.3.2023): Asylum applicants considered to be unaccompanied minors - annual data, https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/tps00194/default/table?lang=en, Zugriff 28.3.2023
- HPC - Croatian Law Centre (22.4.2022): Access to the territory and push backs - Croatia, https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/asylum-procedure/access-procedure-and-registration/access-territory-and-push-backs/, Zugriff 25.1.2023
- MtC - Moving to Croatia (o.D.): Reception centers and other helpful services, https://movingtocroatia.com/asylum-in-croatia, Zugriff 26.1.2023
4. Non-Refoulement
Letzte Änderung: 13.04.2023
Seit 2016 gibt es eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten. Diese sind Albanien, Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien, Tunesien und die Türkei. Auf die Türkei wird das Konzept des sicheren Herkunftsstaates in der Praxis allerdings nicht angewandt. Im Jahr 2018 wurde das Konzept in insgesamt 76 Fällen umgesetzt, die sich wie folgt verteilen: bei Algeriern (39), Marokkanern (13), Tunesiern (13), Kosovaren (5), Serben (4) und Bosniern (2). Entsprechende Zahlen für den Zeitraum ab 2019 liegen nicht vor. Laut Gesetz kann ein Land dann als sicherer Drittstaat eingestuft werden, wenn ein Antragsteller dort sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko, ernsten Schaden zu erleiden, wenn das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährt wird.
Ob die Voraussetzungen für die Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats erfüllt sind, wird für jeden Antrag gesondert festgestellt. Hierzu wird geprüft, ob ein Land die oben genannten Bedingungen erfüllt und ob eine Verbindung zwischen diesem Land und dem Antragsteller besteht, aufgrund derer vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er dort internationalen Schutz beantragen könnte, wobei alle Fakten und Umstände seines Antrags zu berücksichtigen sind (AIDA 22.4.2022).
Wie in den Jahren zuvor wurde die Grenzpolizei auch noch 2021 in Berichten nationaler und internationaler NGOs gewaltsamer Pushbacks und der Misshandlung irregulärer Migranten beschuldigt (USDOS 12.4.2022; vgl. SFH 13.9.2022). Nach Angaben des Dänischen Flüchtlingsrats (DRC) wurden 2021 gemäß HPC 9.114 (HPC 22.4.2022) und gemäß USDOS 3.629 (USDOS 12.4.2022) Personen aus Kroatien nach Bosnien und Herzegowina (BiH) zurückgeschoben, darunter auch Vulnerable (UMA, Familien mit Kindern, Frauen), wobei es auch zu Kettenabschiebungen gekommen sein soll (HPC 22.4.2022). Ende 2021 hatte das Anti-Folter-Komitee des Europarates die Anwendung von Gewalt durch die kroatischen Behörden bei Pushbacks kritisiert (SFH 13.9.2022). In einem Bericht vom Mai 2022 stellte das Border Violence Monitoring Network fest, dass die kroatische Polizei in das Hoheitsgebiet von Bosnien und Herzegowina eindrang, während sie Menschen über die Grenze zurückdrängte (FH 2023).Wie in den Jahren zuvor wurde die Grenzpolizei auch noch 2021 in Berichten nationaler und internationaler NGOs gewaltsamer Pushbacks und der Misshandlung irregulärer Migranten beschuldigt (USDOS 12.4.2022; vergleiche SFH 13.9.2022). Nach Angaben des Dänischen Flüchtlingsrats (DRC) wurden 2021 gemäß HPC 9.114 (HPC 22.4.2022) und gemäß USDOS 3.629 (USDOS 12.4.2022) Personen aus Kroatien nach Bosnien und Herzegowina (BiH) zurückgeschoben, darunter auch Vulnerable (UMA, Familien mit Kindern, Frauen), wobei es auch zu Kettenabschiebungen gekommen sein soll (HPC 22.4.2022). Ende 2021 hatte das Anti-Folter-Komitee des Europarates die Anwendung von Gewalt durch die kroatischen Behörden bei Pushbacks kritisiert (SFH 13.9.2022). In einem Bericht vom Mai 2022 stellte das Border Violence Monitoring Network fest, dass die kroatische Polizei in das Hoheitsgebiet von Bosnien und Herzegowina eindrang, während sie Menschen über die Grenze zurückdrängte (FH 2023).
Am 8.6.2021 schloss das Innenministerium eine Vereinbarung zur Einrichtung eines unabhängigen Mechanismus zur Überwachung des Verhaltens von Polizeibeamten des Innenministeriums im Bereich der illegalen Migration und des internationalen Schutzes. Der Mechanismus soll die Behandlung von irregulären Migranten und Personen, die internationalen Schutz suchen, durch angekündigte und unangekündigte Beobachtungen auf Polizeistationen, in Ausländerunterkünften und durch angekündigte Besuche an „anderen geeigneten Orten“ wie der grünen Grenze zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina überwachen. Einige NGOs kritisierten den Mechanismus wegen mangelnder öffentlicher Informationen über die Ei