Entscheidungsdatum
11.09.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W268 2287196-1/7E
W268 2287195-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX und 2) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Somalia und vertreten durch BBU, gegen Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1) vom 23.01.2024, Zl. XXXX , 2) vom 23.01.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 01.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) römisch 40 , geb. römisch 40 und 2) römisch 40 , geb. römisch 40 , alle StA. Somalia und vertreten durch BBU, gegen Spruchpunkte römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1) vom 23.01.2024, Zl. römisch 40 , 2) vom 23.01.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 01.07.2024, zu Recht:
A) Den Beschwerden wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG sowie XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 und 4 AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt. A) Den Beschwerden wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG sowie römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2 und 4 AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass den Beschwerdeführern damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG wird festgestellt, dass den Beschwerdeführern damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Erstbeschwerdeführerin ist mit ihrer minderjährigen Tochter, der Zweitbeschwerdeführerin, ins Bundesgebiet eingereist und stellte am 24.06.2023 für sich und ihre Tochter, als ihre gesetzliche Vertretung, Anträge auf internationalen Schutz. Am 26.06.2023 fand eine Erstbefragung der Erstbeschwerdeführerin vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Am 30.11.2023 fand eine niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt.
Zu ihren Fluchtgründen gab die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verfolgung durch die Al-Shabaab an. Der Zweitbeschwerdeführerin drohe im Falle einer Rückkehr nach Somalia die Genitalverstümmelung.
2. Mit im Spruch angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Erstbeschwerdeführerin wurde gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkte II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 befristete Aufenthaltsberechtigungen für ein Jahr erteilt (Spruchpunkte III.).2. Mit im Spruch angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Der Erstbeschwerdeführerin wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 und der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 3, AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkte römisch II.) und ihnen gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 befristete Aufenthaltsberechtigungen für ein Jahr erteilt (Spruchpunkte römisch III.).
3. Gegen Spruchpunkte I. der am 30.01.2024 rechtswirksam zugestellten Bescheide wurden fristgerecht am 16.02.2024 Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.3. Gegen Spruchpunkte römisch eins. der am 30.01.2024 rechtswirksam zugestellten Bescheide wurden fristgerecht am 16.02.2024 Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
4. Am 01.07.2024 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Die Erstbeschwerdeführerin ist Mutter und gesetzliche Vertreterin der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin. Sie führen die im Kopf dieser Entscheidung genannten Namen und Geburtsdaten, sind somalische Staatsangehörige, bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und sprechen muttersprachlich Somalisch.
Die Erstbeschwerdeführerin gehört dem Clan der Sheikal-Lobogeey, Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Sub-Clan XXXX , die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin dem Clan der Sheikal-Lobogeey, Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Sub-Clan XXXX an.Die Erstbeschwerdeführerin gehört dem Clan der Sheikal-Lobogeey, Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Sub-Clan römisch 40 , die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin dem Clan der Sheikal-Lobogeey, Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Sub-Clan römisch 40 an.
Die Erstbeschwerdeführerin stammt aus XXXX , Baraawe, Lower Shabelle (Somalia), wo sie im Familienverband aufwuchs. Nach ihrer Heirat lebte sie für eine gewisse Zeit bei ihren Schwiegereltern in Belet Weyne und schließlich wieder in XXXX , bevor sie aus dem Herkunftsstaat ausreiste. Die Erstbeschwerdeführerin ist traditionell verheiratet und hat acht Kinder, von denen die Zweitbeschwerdeführerin die jüngste ist. Ihre sieben weiteren Kinder leben derzeit bei der Cousine ihrer Mutter in Merka (Somalia). Ihr Ehemann ist in Äthiopien aufhältig. Zu ihren Familienangehörigen hat die Erstbeschwerdeführerin regelmäßig Kontakt. Die Erstbeschwerdeführerin stammt aus römisch 40 , Baraawe, Lower Shabelle (Somalia), wo sie im Familienverband aufwuchs. Nach ihrer Heirat lebte sie für eine gewisse Zeit bei ihren Schwiegereltern in Belet Weyne und schließlich wieder in römisch 40 , bevor sie aus dem Herkunftsstaat ausreiste. Die Erstbeschwerdeführerin ist traditionell verheiratet und hat acht Kinder, von denen die Zweitbeschwerdeführerin die jüngste ist. Ihre sieben weiteren Kinder leben derzeit bei der Cousine ihrer Mutter in Merka (Somalia). Ihr Ehemann ist in Äthiopien aufhältig. Zu ihren Familienangehörigen hat die Erstbeschwerdeführerin regelmäßig Kontakt.
Die Erstbeschwerdeführerin hat in Somalia etwa sieben Jahre die Schule besucht und betrieb gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Restaurant. Die Beschwerdeführer sind gesund, leiden an keinen schwerwiegenden physischen oder psychischen Erkrankungen, die Erstbeschwerdeführerin ist zudem arbeitsfähig.
Sie verließen Somalia etwa im Juni 2022 legal mit dem Flugzeug, reisten im Juni 2023 irregulär ins Bundesgebiet ein und stellten am 24.06.2023 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Sie halten sich seither durchgehend in Österreich auf.
Die Erstbeschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten, die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin ist strafunmündig.
1.2. Zum Fluchtvorbringen:
Die Zweitbeschwerdeführerin wurde keiner weiblichen Genitalbeschneidung unterzogen. Die Erstbeschwerdeführerin ist beschnitten.
Festgestellt wird, dass der Zweitbeschwerdeführerin in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit landesweit eine an ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität in Form der Gefahr einer Genitalverstümmelung droht, wogegen sie vom somalischen Staat keinen effektiven Schutz erwarten kann. Aufgrund der landesweit üblichen Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung kommt der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zu. Es kann weiters nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Somalia in der Lage wäre, die Zweitbeschwerdeführerin effektiv und nachhaltig vor einer Genitalverstümmelung zu schützen.
1.3. Zur maßgeblichen Lage in Somalia werden nachfolgende Feststellungen getroffen:
South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle)
Letzte Änderung 2023-03-15
In den größeren von der Regierung kontrollierten Städten besteht eine grundlegende Verwaltung. Es gibt Bürgermeister, eine lokale Rechtsprechung und Ordnungskräfte. Die Regierung konnte mit internationaler Unterstützung ihre eigene, lokal rekrutierte Armee, die South West State Special Police Force (SWSSPF), weiter ausbauen. Sie wird von Äthiopien versorgt und ist in Bay der Hauptträger des Kampfes gegen al Shabaab. Al Shabaab kontrolliert viele ländliche Gebiete (BMLV 9.2.2023) und nahezu alle wichtigen Hauptversorgungsrouten (HIPS 8.2.2022, S. 23f). Sicheres Reisen erfolgt über den Luftweg (BMLV 9.2.2023). Alle Verbindungsstraßen nach Baidoa werden von al Shabaab kontrolliert. Selbst gepanzerte Fahrzeuge werden mit dem Flugzeug eingeflogen, weil der Straßentransport aus Mogadischu als zu gefährlich eingestuft wird (NPR 17.12.2022). Da der SWS maßgeblich von den Häfen Kismayo und Mogadischu abhängig ist, müssen Güter durch von al Shabaab kontrolliertes Gebiet transportiert werden (HIPS 8.2.2022, S. 23f). Al Shabaab bleibt in der Lage, die somalische Armee und ATMIS im Gebiet anzugreifen (BMLV 9.2.2023). Vor allem die Regionen Bay und Lower Shabelle sind von Angriffen und Anschlägen betroffen (UNSC 13.5.2022, Abs. 13).In den größeren von der Regierung kontrollierten Städten besteht eine grundlegende Verwaltung. Es gibt Bürgermeister, eine lokale Rechtsprechung und Ordnungskräfte. Die Regierung konnte mit internationaler Unterstützung ihre eigene, lokal rekrutierte Armee, die South West State Special Police Force (SWSSPF), weiter ausbauen. Sie wird von Äthiopien versorgt und ist in Bay der Hauptträger des Kampfes gegen al Shabaab. Al Shabaab kontrolliert viele ländliche Gebiete (BMLV 9.2.2023) und nahezu alle wichtigen Hauptversorgungsrouten (HIPS 8.2.2022, Sitzung 23f). Sicheres Reisen erfolgt über den Luftweg (BMLV 9.2.2023). Alle Verbindungsstraßen nach Baidoa werden von al Shabaab kontrolliert. Selbst gepanzerte Fahrzeuge werden mit dem Flugzeug eingeflogen, weil der Straßentransport aus Mogadischu als zu gefährlich eingestuft wird (NPR 17.12.2022). Da der SWS maßgeblich von den Häfen Kismayo und Mogadischu abhängig ist, müssen Güter durch von al Shabaab kontrolliertes Gebiet transportiert werden (HIPS 8.2.2022, Sitzung 23f). Al Shabaab bleibt in der Lage, die somalische Armee und ATMIS im Gebiet anzugreifen (BMLV 9.2.2023). Vor allem die Regionen Bay und Lower Shabelle sind von Angriffen und Anschlägen betroffen (UNSC 13.5.2022, Absatz 13,).
Stößt al Shabaab auf den Widerstand lokaler Clanmilizen, so wie dies bei den Leysan (Rahanweyn) in Bay und Bakool oder den Galja’el (Hawiye) in Lower Shabelle geschehen ist, und wo es kaum Schutz durch Sicherheitskräfte gibt, dann entführt die Gruppe mitunter Älteste, und es kommt zur Zwangsvertreibung ganzer Dörfer (BMLV 9.2.2023; vgl. UNSC 6.10.2021).Stößt al Shabaab auf den Widerstand lokaler Clanmilizen, so wie dies bei den Leysan (Rahanweyn) in Bay und Bakool oder den Galja’el (Hawiye) in Lower Shabelle geschehen ist, und wo es kaum Schutz durch Sicherheitskräfte gibt, dann entführt die Gruppe mitunter Älteste, und es kommt zur Zwangsvertreibung ganzer Dörfer (BMLV 9.2.2023; vergleiche UNSC 6.10.2021).
Lower Shabelle: Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und ATMIS, Kurtunwaarey und Sablaale werden von al Shabaab kontrolliert. Dies gilt auch für große Teile des Hinterlandes nördlich des Shabelle (PGN 23.1.2023). Lower Shabelle ist nach wie vor von Gewalt betroffen, das Gebiet zwischen den Städten liegt im Fokus der al Shabaab (BMLV 9.2.2023).
Nach wie vor mangelt es den Regierungskräften an Kapazitäten, um erobertes Gebiet auch zu halten (BMLV 9.2.2023; vgl. HIPS 8.2.2022, S. 28). Immer wieder kann al Shabaab in Orte vordringen - z. B. am 7.4.2022 nach Buulo Mareer. Der Ort, in dem es Stützpunkte von ATMIS und Bundesarmee gibt, wurde vorab mit Mörsern beschossen und danach kurzzeitig von al Shabaab besetzt (ACLED 7.4.2022).Nach wie vor mangelt es den Regierungskräften an Kapazitäten, um erobertes Gebiet auch zu halten (BMLV 9.2.2023; vergleiche HIPS 8.2.2022, Sitzung 28). Immer wieder kann al Shabaab in Orte vordringen - z. B. am 7.4.2022 nach Buulo Mareer. Der Ort, in dem es Stützpunkte von ATMIS und Bundesarmee gibt, wurde vorab mit Mörsern beschossen und danach kurzzeitig von al Shabaab besetzt (ACLED 7.4.2022).
Anfang 2021 eskalierte der Konflikt zwischen al Shabaab und dem Clan der Galje’el (Hawiye). Al Shabaab vertrieb in Lower Shabelle dabei ca. 1.500 Haushalte aus 11 Dörfern. Im Zuge dieser Strafaktion ermordete die Gruppe zwei Menschen und setzte mehrere Dutzend Wohnstätten in Brand. Auch gegen Angehörige der ShantaAlemod (Rahanweyn) ging al Shabaab vor (UNSC 6.10.2021). Auch Mitte 2021 kam es im Gebiet zwischen al Shabaab, Galja’el, Shanta Alemod und Digil/Mirifle zu Auseinandersetzungen. Milizen der Galja’el griffen dabei Konvois an und beteiligten sich an Vergewaltigungen, Brandschatzungen, Plünderungen und Landraub (USDOS 12.4.2022, S. 7).Anfang 2021 eskalierte der Konflikt zwischen al Shabaab und dem Clan der Galje’el (Hawiye). Al Shabaab vertrieb in Lower Shabelle dabei ca. 1.500 Haushalte aus 11 Dörfern. Im Zuge dieser Strafaktion ermordete die Gruppe zwei Menschen und setzte mehrere Dutzend Wohnstätten in Brand. Auch gegen Angehörige der ShantaAlemod (Rahanweyn) ging al Shabaab vor (UNSC 6.10.2021). Auch Mitte 2021 kam es im Gebiet zwischen al Shabaab, Galja’el, Shanta Alemod und Digil/Mirifle zu Auseinandersetzungen. Milizen der Galja’el griffen dabei Konvois an und beteiligten sich an Vergewaltigungen, Brandschatzungen, Plünderungen und Landraub (USDOS 12.4.2022, Sitzung 7).
Afgooye liegt aufgrund seines strategischen Wertes im ständigen Fokus aller Konfliktparteien die Stadt gilt als Schlüssel zu Mogadischu. Trotzdem kann Afgooye hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Lage in der Stadt hat sich in den vergangenen Monaten verbessert (BMLV 9.2.2023).
Merka kann hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Kontrolle über einige Dörfer an der Küste zwischen Mogadischu und Merka ist unklar. Allerdings kann al Shabaab diesen Landesteil nicht mehr so einfach erreichen, wie vor der Operation Badbaado (BMLV 9.2.2023). Bei einem Selbstmordattentat kamen am 27.7.2022 in Merka mindestens elf, nach anderen Angaben 20 Menschen ums Leben - darunter der Bürgermeister bzw. Bezirkschef (VOA 27.7.2022; vgl. UNSC 1.9.2022, Abs. 25).Merka kann hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Die Kontrolle über einige Dörfer an der Küste zwischen Mogadischu und Merka ist unklar. Allerdings kann al Shabaab diesen Landesteil nicht mehr so einfach erreichen, wie vor der Operation Badbaado (BMLV 9.2.2023). Bei einem Selbstmordattentat kamen am 27.7.2022 in Merka mindestens elf, nach anderen Angaben 20 Menschen ums Leben - darunter der Bürgermeister bzw. Bezirkschef (VOA 27.7.2022; vergleiche UNSC 1.9.2022, Absatz 25,).
Aus Baraawe gibt es auch weiterhin nur wenige sicherheitsrelevante Meldungen (BMLV 9.2.2023). Am 9.2.2022 kam es zu einem Mörserangriff auf Baraawe, vier Zivilisten wurden getötet (UNSC 13.5.2022, Abs. 15).Aus Baraawe gibt es auch weiterhin nur wenige sicherheitsrelevante Meldungen (BMLV 9.2.2023). Am 9.2.2022 kam es zu einem Mörserangriff auf Baraawe, vier Zivilisten wurden getötet (UNSC 13.5.2022, Absatz 15,).
In den Gebieten von Qoryooley und Kurtunwaarey hat al Shabaab 2021 die Bewohner einiger Dörfer der Leysan (Rahanweyn) zwangsvertrieben (UNSC 6.10.2021).
Bay: Die großen Städte – Baidoa, Buur Hakaba, Diinsoor – werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert, dies gilt auch für Qansax Dheere und Berdale (PGN 23.1.2023). Die drei erstgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Im Umfeld der Stadt Diinsoor, die als Frontstadt bezeichnet werden kann, ist al Shabaab aktiv. Die Straße von Diinsoor nach Baidoa ist offen und nutzbar (BMLV 9.2.2023). Ab Feber 2022 hat al Shabaab wiederholt Armee- und ATMIS-Stützpunkte in Diinsoor angegriffen und dort auch zunehmend Gewalt gegen Zivilisten angewendet. Im März 2022 haben die Einwohner die Stadt temporär geräumt (UN- SC 10.10.2022, Abs. 117) - aufgrund von Feindseligkeiten von al Shabaab. Mehr als 17.000 Menschen sind damals geflohen. Am 5.2.2022 konnte al Shabaab Diinsoor sogar für kurze Zeit besetzen; immer wieder wurde die Stadt auch mit Mörsern beschossen (UNSC 13.5.2022, Abs. 38).Bay: Die großen Städte – Baidoa, Buur Hakaba, Diinsoor – werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert, dies gilt auch für Qansax Dheere und Berdale (PGN 23.1.2023). Die drei erstgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Im Umfeld der Stadt Diinsoor, die als Frontstadt bezeichnet werden kann, ist al Shabaab aktiv. Die Straße von Diinsoor nach Baidoa ist offen und nutzbar (BMLV 9.2.2023). Ab Feber 2022 hat al Shabaab wiederholt Armee- und ATMIS-Stützpunkte in Diinsoor angegriffen und dort auch zunehmend Gewalt gegen Zivilisten angewendet. Im März 2022 haben die Einwohner die Stadt temporär geräumt (UN- SC 10.10.2022, Absatz 117,) - aufgrund von Feindseligkeiten von al Shabaab. Mehr als 17.000 Menschen sind damals geflohen. Am 5.2.2022 konnte al Shabaab Diinsoor sogar für kurze Zeit besetzen; immer wieder wurde die Stadt auch mit Mörsern beschossen (UNSC 13.5.2022, Absatz 38,).
Al Shabaab kontrolliert große Teile von Bay (PGN 23.1.2023). Die Gruppe kontrolliert den Ort Leego an der Straße von Wanla Weyne nach Buur Hakaba. Dort nimmt sie monatlich hunderttausende US-Dollar an Wegzoll ein (Bryden 8.11.2021). Die Straße nach Baidoa bleibt demnach für Zwecke der Regierung geschlossen (BMLV 9.2.2023; vgl. Bryden 8.11.2021). Nach anderen Angaben ist die Kontrolle über Leego ungewiss (PGN 23.1.2023). Im April 2021 sind Flüchtlinge in Baidoa und in Berdale angelangt; sie waren vor Drohungen und möglichen Rekrutierungen durch al Shabaab geflüchtet (UNOCHA 17.6.2021, S. 3).Al Shabaab kontrolliert große Teile von Bay (PGN 23.1.2023). Die Gruppe kontrolliert den Ort Leego an der Straße von Wanla Weyne nach Buur Hakaba. Dort nimmt sie monatlich hunderttausende US-Dollar an Wegzoll ein (Bryden 8.11.2021). Die Straße nach Baidoa bleibt demnach für Zwecke der Regierung geschlossen (BMLV 9.2.2023; vergleiche Bryden 8.11.2021). Nach anderen Angaben ist die Kontrolle über Leego ungewiss (PGN 23.1.2023). Im April 2021 sind Flüchtlinge in Baidoa und in Berdale angelangt; sie waren vor Drohungen und möglichen Rekrutierungen durch al Shabaab geflüchtet (UNOCHA 17.6.2021, Sitzung 3).
Die Sicherheitslage in Baidoa ist stabil, die Stadt wird als relativ sicher beschrieben. Es gibt dort regelmäßig Sicherheitsoperationen und Razzien durch Sicherheitskräfte. Die Einsatzfähigkeit der SWS Police Force (SWSPF) hat sich nach der Aufnahme lokaler Rekruten verbessert. In Baidoa sind zudem eine sogenannte Formed Police Unit und einzelne Polizisten von ATMIS stationiert. Diese Polizisten bilden die lokale Polizei nicht nur aus, sondern unterstützen sie auch im Einsatz. Gleichzeitig ist Baidoa auf die Anwesenheit der äthiopischen ATMIS-Truppen angewiesen. Al Shabaab ist in der Lage, Baidoa in der Nacht zu infiltrieren (BMLV 9.2.2023).Allerdings weigert sich laut einer Studie aus dem Jahr 2020 rund ein Drittel der Wirtschaftstreibenden, in Baidoa Steuern an al Shabaab abzuführen. Dies weist auf einen besseren Schutz bzw. auf eine geringere Dichte an Straforganen der al Shabaab hin (HI 10.2020, S. 2). Am 29.7.2022 wurden bei einem gezielten Anschlag in Baidoa der Justizminister des SWS und sein Sohn getötet, mindestens neun weitere Personen wurden verletzt (UNSC 1.9.2022, Abs. 25). Mit der Einnahme von Goof Gaduud Burey Mitte Dezember 2022 konnte im Umland von Baidoa das Gebiet unter Kontrolle der Regierung ausgeweitet werden (HO 12.12.2022).Die Sicherheitslage in Baidoa ist stabil, die Stadt wird als relativ sicher beschrieben. Es gibt dort regelmäßig Sicherheitsoperationen und Razzien durch Sicherheitskräfte. Die Einsatzfähigkeit der SWS Police Force (SWSPF) hat sich nach der Aufnahme lokaler Rekruten verbessert. In Baidoa sind zudem eine sogenannte Formed Police Unit und einzelne Polizisten von ATMIS stationiert. Diese Polizisten bilden die lokale Polizei nicht nur aus, sondern unterstützen sie auch im Einsatz. Gleichzeitig ist Baidoa auf die Anwesenheit der äthiopischen ATMIS-Truppen angewiesen. Al Shabaab ist in der Lage, Baidoa in der Nacht zu infiltrieren (BMLV 9.2.2023).Allerdings weigert sich laut einer Studie aus dem Jahr 2020 rund ein Drittel der Wirtschaftstreibenden, in Baidoa Steuern an al Shabaab abzuführen. Dies weist auf einen besseren Schutz bzw. auf eine geringere Dichte an Straforganen der al Shabaab hin (HI 10.2020, Sitzung 2). Am 29.7.2022 wurden bei einem gezielten Anschlag in Baidoa der Justizminister des SWS und sein Sohn getötet, mindestens neun weitere Personen wurden verletzt (UNSC 1.9.2022, Absatz 25,). Mit der Einnahme von Goof Gaduud Burey Mitte Dezember 2022 konnte im Umland von Baidoa das Gebiet unter Kontrolle der Regierung ausgeweitet werden (HO 12.12.2022).
Am 22.12.2022 ist es in Baidoa zu Auseinandersetzungen gekommen, als regionale Kräfte das Haus von Mohamed Adan Ibrahim stürmen wollten. Letzterer ist Präsidentschaftskandidat für den SWS. Der amtierende Präsident Laftagareen möchte aber sein eigenes Mandat um ein Jahr verlängern. Die Union der Präsidentschaftskandidaten für den SWS hat hingegen zur Abhaltung von Wahlen aufgefordert (MM 23.12.2022). Die Bundesregierung hat ein Komitee eingerichtet, das zwischen den Streitparteien vermitteln soll. Bei den Unruhen waren mindestens zehn Menschen getötet und 20 weitere verletzt worden (Halbeeg 2.1.2023). Am 5.2.2023 wurde zwischen Regierung und Opposition ein Abkommen abgeschlossen (BMLV 9.2.2023).
Bakool: Ceel Barde, Yeed, Xudur und Waajid werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert (PGN 23.1.2023). Die drei letztgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Ein mindestens 20 km breiter Grenzstreifen an der Grenze zu Äthiopien, der von durch Äthiopien gesponserte, lokale Clanmilizen beherrscht wird, ist frei von al Shabaab (BMLV 9.2.2023; vgl. PGN 23.1.2023). Kleinere Teile der Region werden aber von der Gruppe kontrolliert, darunter auch die Städte Rab Dhuure und Tayeeglow (PGN 23.1.2023). In Xudur aber auch in Waajid befinden sich Stützpunkte der Armee. Außerdem operieren in Bakool unabhängige Clanmilizen. Die Verwaltung von Bakool steht massiven Problemen gegenüber, um die Bevölkerung zu erreichen (BMLV 9.2.2023). Gegen Xudur und Waajid hält al Shabaab weiterhin eine Blockade aufrecht, es kommt zu Versorgungsengpässen (ICG 1.10.2021). Nach anderen Angaben ist v. a. Xudur von einer Blockade betroffen. Gütertransporte werden immer wieder angegriffen (UNSC 6.10.2021). Die Versorgungsstraße nach Xudur wird nur fallweise freigekämpft. Insgesamt gibt es in Bakool nur geringe Kampfhandlungen (BMLV 9.2.2023). Um Xudur hatte al Shabaab die Menschen von 42 Orten im April 2021 dazu aufgefordert, ihre Dörfer zu verlassen. Fast 30.000 Menschen flohen daraufhin nach Xudur (UNSC 10.8.2021, Abs. 53). Betroffen war maßgeblich der Clan der Leysan (Rahanweyn). Auch im Juni 2021 kam es zu Vertreibungen im Umland von Xudur, diesmal waren die Rahanweyn-Subclans Hadame und Luwaay betroffen. Beiden Clans hatte al Shabaab vorgeworfen, das Handelsverbot mit Xudur zu missachten (UNSC 6.10.2021). Im Juli und August 2022 kam es in den Gebieten von Yeed, Ato und Washaaqo zu schwerenBakool: Ceel Barde, Yeed, Xudur und Waajid werden von Regierungskräften und ATMIS kontrolliert (PGN 23.1.2023). Die drei letztgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Ein mindestens 20 km breiter Grenzstreifen an der Grenze zu Äthiopien, der von durch Äthiopien gesponserte, lokale Clanmilizen beherrscht wird, ist frei von al Shabaab (BMLV 9.2.2023; vergleiche PGN 23.1.2023). Kleinere Teile der Region werden aber von der Gruppe kontrolliert, darunter auch die Städte Rab Dhuure und Tayeeglow (PGN 23.1.2023). In Xudur aber auch in Waajid befinden sich Stützpunkte der Armee. Außerdem operieren in Bakool unabhängige Clanmilizen. Die Verwaltung von Bakool steht massiven Problemen gegenüber, um die Bevölkerung zu erreichen (BMLV 9.2.2023). Gegen Xudur und Waajid hält al Shabaab weiterhin eine Blockade aufrecht, es kommt zu Versorgungsengpässen (ICG 1.10.2021). Nach anderen Angaben ist v. a. Xudur von einer Blockade betroffen. Gütertransporte werden immer wieder angegriffen (UNSC 6.10.2021). Die Versorgungsstraße nach Xudur wird nur fallweise freigekämpft. Insgesamt gibt es in Bakool nur geringe Kampfhandlungen (BMLV 9.2.2023). Um Xudur hatte al Shabaab die Menschen von 42 Orten im April 2021 dazu aufgefordert, ihre Dörfer zu verlassen. Fast 30.000 Menschen flohen daraufhin nach Xudur (UNSC 10.8.2021, Absatz 53,). Betroffen war maßgeblich der Clan der Leysan (Rahanweyn). Auch im Juni 2021 kam es zu Vertreibungen im Umland von Xudur, diesmal waren die Rahanweyn-Subclans Hadame und Luwaay betroffen. Beiden Clans hatte al Shabaab vorgeworfen, das Handelsverbot mit Xudur zu missachten (UNSC 6.10.2021). Im Juli und August 2022 kam es in den Gebieten von Yeed, Ato und Washaaqo zu schweren
Auseinandersetzungen zwischen äthiopischer Liyu-Police und al Shabaab. In allen drei Orten befinden sich größere Kontingente der Liyu (VOA 20.7.2022; vgl. MM 3.8.2022). Al Shabaab zerstörte dabei u. a. Einrichtungen der Liyu und tötete einige Mitglieder dieser Einheit (UNSCAuseinandersetzungen zwischen äthiopischer Liyu-Police und al Shabaab. In allen drei Orten befinden sich größere Kontingente der Liyu (VOA 20.7.2022; vergleiche MM 3.8.2022). Al Shabaab zerstörte dabei u. a. Einrichtungen der Liyu und tötete einige Mitglieder dieser Einheit (UNSC
1.9.2022, Abs. 24). Diese Angriffe, die auch nach Äthiopien hinein zielten und von Bakool ausgegangen sind, weisen darauf hin, dass al Shabaab hier relativ einfach stärkere Kräfte (in diesem Fall rund 1.100 Mann) zusammenziehen kann (BMLV 9.2.2023).1.9.2022, Absatz 24,). Diese Angriffe, die auch nach Äthiopien hinein zielten und von Bakool ausgegangen sind, weisen darauf hin, dass al Shabaab hier relativ einfach stärkere Kräfte (in diesem Fall rund 1.100 Mann) zusammenziehen kann (BMLV 9.2.2023).
Vorfälle: In den Regionen Bakool (492.487), Bay (1,287.587) und Lower Shabelle (1,425.393) leben nach Angaben einer Quelle 3,205.467 Einwohner (IPC 13.12.2022). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2021 insgesamt 55 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie violence against civilians). Bei 44 dieser 55 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2022 waren es ebenfalls 55 derartige Vorfälle (davon 39 mit je einem Toten) (ACLED 2023). In der Zusammenschau von Bevölkerungszahl und „Violence against Civilians“ ergeben sich für 2022 folgende Zahlen (Vorfälle je 100.000 Einwohner): Bakool 0,41; Bay 1,24; Lower Shabelle 2,60
In der Folge eine Übersicht für die Jahre 2013-2022 zur Gesamtzahl an Vorfällen mit Todesopfern sowie zur Subkategorie violence against civilians, in welcher auch „normale“ Morde inkludiert sind. Die Zahlen werden in zwei Subkategorien aufgeschlüsselt: Ein Todesopfer; mehrere Todesopfer. Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der Schwankungsbreite bei ACLED nicht berücksichtigt:
Abbildung: ACLED 2023 (und Vorgängerversionen)
[...]
Minderheiten und Clans
Zu Clanschutz siehe auch Kapitel Rechtsschutz / Justizwesen
Der Clan ist die relevanteste soziale, ökonomische und politische Struktur in Somalia. Er bestimmt den Zugang zu Ressourcen sowie zu Möglichkeiten, Einfluss, Schutz und Beziehungen (SPC 9.2.2022). Dementsprechend steht Diskriminierung in Somalia generell oft nicht mit ethnischen Erwägungen in Zusammenhang, sondern vielmehr mit der Zugehörigkeit zu bestimmten Minderheitenclans oder Clans, die in einer bestimmten Region keine ausreichende Machtbasis und Stärke haben (AA 28.6.2022, S. 11). Die meisten Bundesstaaten fußen auf einer fragilen Balance zwischen unterschiedlichen Clans. In diesem Umfeld werden weniger mächtige Clans und Minderheiten oft vernachlässigt (BS 2022, S. 10). Selbst relative starke Clans können von einem lokalen Rivalen ausmanövriert werden, und es kommt zum Verlust der Kontrolle über eine Stadt oder eine regionale Verwaltung. Meist ist es die zweitstärkste Lineage in einem Bezirk oder einer Region, welche über die Verteilung von Macht und Privilegien am unglücklichsten ist (Sahan 30.9.2022).Der Clan ist die relevanteste soziale, ökonomische und politische Struktur in Somalia. Er bestimmt den Zugang zu Ressourcen sowie zu Möglichkeiten, Einfluss, Schutz und Beziehungen (SPC 9.2.2022). Dementsprechend steht Diskriminierung in Somalia generell oft nicht mit ethnischen Erwägungen in Zusammenhang, sondern vielmehr mit der Zugehörigkeit zu bestimmten Minderheitenclans oder Clans, die in einer bestimmten Region keine ausreichende Machtbasis und Stärke haben (AA 28.6.2022, Sitzung 11). Die meisten Bundesstaaten fußen auf einer fragilen Balance zwischen unterschiedlichen Clans. In diesem Umfeld werden weniger mächtige Clans und Minderheiten oft vernachlässigt (BS 2022, Sitzung 10). Selbst relative starke Clans können von einem lokalen Rivalen ausmanövriert werden, und es kommt zum Verlust der Kontrolle über eine Stadt oder eine regionale Verwaltung. Meist ist es die zweitstärkste Lineage in einem Bezirk oder einer Region, welche über die Verteilung von Macht und Privilegien am unglücklichsten ist (Sahan 30.9.2022).
Clanälteste dienen als Vermittler zwischen Staat und Gesellschaft. Sie werden nicht einfach aufgrund ihres Alters gewählt. Autorität und Führungsposition werden verdient, nicht vererbt. Ein Clanältester repräsentiert seine Gemeinschaft, ist ihr Interessenvertreter gegenüber dem Staat. Innerhalb der Gemeinschaft dienen sie als Friedensstifter, Konfliktvermittler und Wächter des Xeer. Bei Streitigkeiten mit anderen Clans ist der Clanälteste der Verhandler. Al Shabaab installiert oft Älteste, welche die Gruppe repräsentieren. Er wird so zum Bindeglied zwischen der Gemeinschaft und al Shabaab. So werden zuvor legitime Strukturen in Geiselhaft genommen (Sahan 26.10.2022).
In ganz Somalia sehen sich Menschen, die keinem der großen Clans angehören, in der Gesellschaft signifikant benachteiligt. Dies gilt etwa beim Zugang zur Justiz (UNHCR 22.12.2021, S. 56) und für ökonomische sowie politische Partizipation (UNHCR 22.12.2021, S. 56; vgl. BS 2022, S. 23). Minderheiten und berufsständische Kasten werden in mindere Rollen gedrängt - trotz des oft sehr relevanten ökonomischen Beitrags, den genau diese Gruppen leisten (BS 2022, S. 23). Mitunter kommt es auch zu physischer Belästigung (UNHCR 22.12.2021, S. 56). Insgesamt ist allerdings festzustellen, dass es hinsichtlich der Vulnerabilität und Kapazität unterschiedlicher Minderheitengruppen signifikante Unterschiede gibt (UNOCHA 14.3.2022).In ganz Somalia sehen sich Menschen, die keinem der großen Clans angehören, in der Gesellschaft signifikant benachteiligt. Dies gilt etwa beim Zugang zur Justiz (UNHCR 22.12.2021, Sitzung 56) und für ökonomische sowie politische Partizipation (UNHCR 22.12.2021, Sitzung 56; vergleiche BS 2022, Sitzung 23). Minderheiten und berufsständische Kasten werden in mindere Rollen gedrängt - trotz des oft sehr relevanten ökonomischen Beitrags, den genau diese Gruppen leisten (BS 2022, Sitzung 23). Mitunter kommt es auch zu physischer Belästigung (UNHCR 22.12.2021, Sitzung 56). Insgesamt ist allerdings festzustellen, dass es hinsichtlich der Vulnerabilität und Kapazität unterschiedlicher Minderheitengruppen signifikante Unterschiede gibt (UNOCHA 14.3.2022).
Recht: Die Übergangsverfassung und Verfassungen der Bundesstaaten verbieten die Diskriminierung und sehen Minderheitenrechte vor (UNHCR 22.12.2021, S. 56). Weder das traditionelle Recht (Xeer) (SEM 31.5.2017, S. 42) noch Polizei und Justiz benachteiligen Minderheiten systematisch. Faktoren wie Finanzkraft, Bildungsniveau oder zahlenmäßige Größe einer Gruppe können Minderheiten dennoch den Zugang zur Justiz erschweren (SEM 31.5.2017, S. 42; vgl. ÖB 11.2022, S. 4). Allerdings sind Angehörige von Minderheiten in staatlichen Behörden unterrepräsentiert und daher misstrauisch gegenüber diesen Einrichtungen (ÖB 11.2022, S. 4). Von Gerichten Rechtsschutz zu bekommen, ist für Angehörige von Minderheiten noch schwieriger als für andere Bevölkerungsteile (FIS 7.8.2020, S. 21). Auch im Xeer sind Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson eng verbunden mit der Macht ihres Clans (SEM 31.5.2017, S. 31). Weiterhin ist es für Minderheitsangehörige aber möglich, sich im Rahmen formaler Abkommen einem andern Clan anzuschließen bzw. sich unter Schutz zu stellen. Diese Resilienz-Maßnahme wurde von manchen Gruppen etwa angesichts der Hungersnot 2011 und der Dürre 2016/17 angewendet (DI 6.2019, S. 11). Aufgrund dieser Allianzen werden auch Minderheiten in das Xeer-System eingeschlossen. Wenn ein Angehöriger einer Minderheit, die mit einem großen Clan alliiert ist, einen Unfall verursacht, trägt auch der große Clan zu Mag/Diya (Kompensationszahlung) bei (SEM 31.5.2017, S. 33). Gemäß einer Quelle haben schwächere Clans und Minderheiten trotzdem oft Schwierigkeiten – oder es fehlt überhaupt die Möglichkeit – ihre Rechte im Xeer durchzusetzen (LIFOS 1.7.2019, S. 14).Recht: Die Übergangsverfassung und Verfassungen der Bundesstaaten verbieten die Diskriminierung und sehen Minderheitenrechte vor (UNHCR 22.12.2021, Sitzung 56). Weder das traditionelle Recht (Xeer) (SEM 31.5.2017, Sitzung 42) noch Polizei und Justiz benachteiligen Minderheiten systematisch. Faktoren wie Finanzkraft, Bildungsniveau oder zahlenmäßige Größe einer Gruppe können Minderheiten dennoch den Zugang zur Justiz erschweren (SEM 31.5.2017, Sitzung 42; vergleiche ÖB 11.2022, Sitzung 4). Allerdings sind Angehörige von Minderheiten in staatlichen Behörden unterrepräsentiert und daher misstrauisch gegenüber diesen Einrichtungen (ÖB 11.2022, Sitzung 4). Von Gerichten Rechtsschutz zu bekommen, ist für Angehörige von Minderheiten noch schwieriger als für andere Bevölkerungsteile (FIS 7.8.2020, Sitzung 21). Auch im Xeer sind Schutz und Verletzlichkeit einer Einzelperson eng verbunden mit der Macht ihres Clans (SEM 31.5.2017, Sitzung 31). Weiterhin ist es für Minderheitsangehörige aber möglich, sich im Rahmen formaler Abkommen einem andern Clan anzuschließen bzw. sich unter Schutz zu stellen. Diese Resilienz-Maßnahme wurde von manchen Gruppen etwa angesichts der Hungersnot 2011 und der Dürre 2016/17 angewendet (DI 6.2019, Sitzung 11). Aufgrund dieser Allianzen werden auch Minderheiten in das Xeer-System eingeschlossen. Wenn ein Angehöriger einer Minderheit, die mit einem großen Clan alliiert ist, einen Unfall verursacht, trägt auch der große Clan zu Mag/Diya (Kompensationszahlung) bei (SEM 31.5.2017, Sitzung 33). Gemäß einer Quelle haben schwächere Clans und Minderheiten trotzdem oft Schwierigkeiten – oder es fehlt überhaupt die Möglichkeit – ihre Rechte im Xeer durchzusetzen (LIFOS 1.7.2019, Sitzung 14).
Angehörige von Minderheiten stehen vor Hindernissen, wenn sie Identitätsdokumente erhalten wollen - auch im Falle von Reisepässen (UNHCR 22.12.2021, S. 58).Angehörige von Minderheiten stehen vor Hindernissen, wenn sie Identitätsdokumente erhalten wollen - auch im Falle von Reisepässen (UNHCR 22.12.2021, Sitzung 58).
Politik: Politische Repräsentation, politische Parteien, lokale Verwaltungen und auch das nationale Parlament sind um die verschiedenen Clans bzw. Subclans organisiert, wobei die vier größten Clans (Darod, Hawiye, Dir-Isaaq und Digil-Mirifle) Verwaltung, Politik, und Gesellschaft dominieren - und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel (ÖB 11.2022, S. 3). Dies bedeutet, dass den vier großen Clans dieselbe Anzahl von Parlamentssitzen zusteht, während kleinere Clans und Minderheitengruppen gemeinsam nur die Hälfte dieser Sitze erhalten (ÖB 11.2022, S. 3; vgl. USDOS 12.4.2022, S. 31f; FH 2022a, B4). Dadurch werden kleinere Gruppen politisch marginalisiert (FH 2022a, B4). Sie werden von relevanten politischen Posten ausgeschlossen und die wenigen Angehörigen von Minderheiten, die solche Posten halten, haben kaum die Möglichkeit, sich für ihre Gemeinschaften einzusetzen (SPC 9.2.2022). So ist also selbst die gegebene, formelle Vertretung nicht mit einer tatsächlichen politischen Mitsprache gleichzusetzen, da unter dem Einfluss und Druck der politisch mächtigen Clans agiert wird. Die 4.5-Formel hat bisher nicht zu einem Fortschritt der ethnischen bzw. Clan-bezogenen Gleichberechtigung beigetragen (ÖB 11.2022, S. 4).Politik: Politische Repräsentation, politische Parteien, lokale Verwaltungen und auch das nationale Parlament sind um die verschiedenen Clans bzw. Subclans organisiert, wobei die vier größten Clans (Darod, Hawiye, Dir-Isaaq und Digil-Mirifle) Verwaltung, Politik, und Gesellschaft dominieren - und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel (ÖB 11.2022, Sitzung 3). Dies bedeutet, dass den vier großen Clans dieselbe Anzahl von Parlamentssitzen zusteht, während kleinere Clans und Minderheitengruppen gemeinsam nur die Hälfte dieser Sitze erhalten (ÖB 11.2022, Sitzung 3; vergleiche USDOS 12.4.2022, Sitzung 31f; FH 2022a, B4). Dadurch werden kleinere Gruppen politisch marginalisiert (FH 2022a, B4). Sie werden von relevanten politischen Posten ausgeschlossen und die wenigen Angehörigen von Minderheiten, die solche Posten halten, haben kaum die Möglichkeit, sich für ihre Gemeinschaften einzusetzen (SPC 9.2.2022). So ist also selbst die gegebene, formelle Vertretung nicht mit einer tatsächlichen politischen Mitsprache gleichzusetzen, da unter dem Einfluss und Druck der politisch mächtigen Clans agiert wird. Die 4.5-Formel hat bisher nicht zu einem Fortschritt der ethnischen bzw. Clan-bezogenen Gleichberechtigung beigetragen (ÖB 11.2022, Sitzung 4).
Gesellschaft: Einzelne Minderheiten leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 12.4.2022, S. 41; vgl. AA 28.6.2022, S. 14; FH 2022a, F4). Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 28.6.2022, S. 14). Zudem sind die Systeme gegenseitiger Unterstützung bei ihnen weniger gut ausgebaut, und sie verfügen über geringere Ressourcen (Sahan 24.10.2022) und erhalten weniger Remissen (Sahan 24.10.2022; vgl. SPC 9.2.2022). Die mächtigen Gruppen erhalten den Löwenanteil an Jobs, Ressourcen, Verträgen, Remissen und humanitärer Hilfe. Schwache Gruppen erhalten wenig bis gar nichts. Bei der Hungersnot 1991 waren die meisten Hungertoten entweder Digil-Mirifle oder Bantu. Dies gilt auch für die Hungersnot im Jahr 2011. Ein Grund dafür ist, dass humanitäre Hilfe von mächtigeren Clans vereinnahmt wird (Sahan 24.10.2022). Dementsprechend stehen Haushalte, die einer Minderheit angehören, einem höheren Maß an Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung gegenüber. Meist sind Minderheitenangehörige von informeller Arbeit abhängig, und die allgemeinen ökonomischen Probleme haben u.a. die Nachfrage nach Tagelöhnern zurückgehen lassen. Dadurch sind auch die Einkommen dramatisch gesunken (UNOCHA 14.3.2022).Gesellschaft: Einzelne Minderheiten leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 12.4.2022, Sitzung 41; vergleiche AA 28.6.2022, Sitzung 14; FH 2022a, F4). Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 28.6.2022, Sitzung 14). Zudem sind die Systeme gegenseitiger Unterstützung bei ihnen weniger gut ausgebaut, und sie verfügen über geringere Ressourcen (Sahan 24.10.2022) und erhalten weniger Remissen (Sahan 24.10.2022; vergleiche SPC 9.2.2022). Die mächtigen Gruppen erhalten den Löwenanteil an Jobs, Ressourcen, Verträgen, Remissen und humanitärer Hilfe. Schwache Gruppen erhalten wenig bis gar nichts. Bei der Hungersnot 1991 waren die meisten Hungertoten entweder Digil-Mirifle oder Bantu. Dies gilt auch für die Hungersnot im Jahr 2011. Ein Grund dafür ist, dass humanitäre Hilfe von mächtigeren Clans vereinnahmt wird (Sahan 24.10.2022). Dementsprechend stehen Haushalte, die einer Minderheit angehören, einem höheren Maß an Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung gegenüber. Meist sind Minderheitenangehörige von informeller Arbeit abhängig, und die allgemeinen ökonomischen Probleme haben u.a. die Nachfrage nach Tagelöhnern zurückgehen lassen. Dadurch sind auch die Einkommen dramatisch gesunken (UNOCHA 14.3.2022).
Gewalt: Minderheitengruppen, denen es oft an bewaffneten Milizen fehlt, sind überproportional von Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.). Täter sind Milizen oder Angehörige dominanter Clans - oft unter Duldung lokaler Behörden (USDOS 12.4.2022, S. 41). In Mogadischu können sich Angehörige aller Clans frei bewegen und auch niederlassen. Allerdings besagt der eigene Clanhintergrund, in welchem Teil der Stadt es für eine Person am sichersten ist (FIS 7.8.2020, S. 39).Gewalt: Minderheitengruppen, denen es oft an bewaffneten Milizen fehlt, sind überproportional von Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.). Täter sind Milizen oder Angehörige dominanter Clans - oft unter Duldung lokaler Behörden (USDOS 12.4.2022, Sitzung 41). In Mogadischu können sich Angehörige aller Clans frei bewegen und auch niederlassen. Allerdings besagt der eigene Clanhintergrund, in welchem Teil der Stadt es für eine Person am sichersten ist (FIS 7.8.2020, Sitzung 39).
Al Shabaab: Es gibt Hinweise, wonach al Shabaab gezielt Kinder von Minderheiten entführt (BS 2022, S. 19; vgl. ÖB 11.2022 S. 6). Gleichzeitig nützt al Shabaab die gesellschaftliche Nivellierung als Rekrutierungsanreiz – etwa durch die Abschaffung der Hindernisse für Mischehen zwischen "noblen" Clans und Minderheiten (ICG 27.6.2019, S. 7f). Dementsprechend wird die Gruppe von Minderheitsangehörigen eher als gerecht oder sogar attraktiv erachtet (DI 6.2019, S. 11; vgl. ÖB 11.2022, S. 4). Al Shabaab hat sich die gesellschaftliche Benachteiligung von Gruppen zunutze gemacht (Sahan 24.10.2022). Ein überproportionaler Teil von al Shabaab setzt sich aus Angehörigen der am meisten marginalisierten Gruppen Somalias zusammen (Sahan 30.9.2022). Fehlender Rechtsschutz auf Regierungsseite ist ein weiterer Grund dafür, dass Angehörige von Minderheiten al Shabaab beitreten (FIS 7.8.2020, S. 21). Missstände treiben ganze Gemeinden in die Arme von al Shabaab. Sie suchen ein taktisches Bündnis – haben dabei aber keine dschihadistische Vision, sondern wollen ihre Rivalen ausstechen. Al Shabaab nimmt derartige Spannungen gerne auf und verwendet sie für eigene Zwecke (Sahan 30.9.2022). Aufgrund der (vormaligen) Unterstützung von al Shabaab durch manche Minderheiten kann es in Regionen, aus welchen al Shabaab gewichen ist, zu Repressalien kommen (ÖB 11.2022, S. 4f).Al Shabaab: Es gibt Hinweise, wonach al Shabaab gezielt Kinder von Minderheiten entführt (BS 2022, Sitzung 19; vergleiche ÖB 11.2022 Sitzung 6). Gleichzeitig nützt al Shabaab die gesellschaftliche Nivellierung als Rekrutierungsanreiz – etwa durch die Abschaffung der Hindernisse für Mischehen zwischen "noblen" Clans und Minderheiten (ICG 27.6.2019, Sitzung 7f). Dementsprechend wird die Gruppe von Minderheitsangehörigen eher als gerecht oder sogar attraktiv erachtet (DI 6.2019, Sitzung 11; vergleiche ÖB 11.2022, Sitzung 4). Al Shabaab hat sich die gesellschaftliche Benachteiligung von Gruppen zunutze gemacht (Sahan 24.10.2022). Ein überproportionaler Teil von al Shabaab setzt sich aus Angehörigen der am meisten marginalisierten Gruppen Somalias zusammen (Sahan 30.9.2022). Fehlender Rechtsschutz auf Regierungsseite ist ein weiterer Grund dafür, dass Angehörige von Minderheiten al Shabaab beitreten (FIS 7.8.2020, Sitzung 21). Missstände treiben ganze Gemeinden in die Arme von al Shabaab. Sie suchen ein taktisches Bündnis – haben dabei aber keine dschihadistische Vision, sondern wollen ihre Rivalen ausstechen. Al Shabaab nimmt derartige Spannungen gerne auf und verwendet sie für eigene Zwecke (Sahan 30.9.2022). Aufgrund der (vormaligen) Unterstützung von al Shabaab durch manche Minderheiten kann es in Regionen, aus welchen al Shabaab gewichen ist, zu Repressalien kommen (ÖB 11.2022, Sitzung 4f).
Bevölkerungsstruktur
Somalia ist eines der wenigen Länder in Afrika, wo es eine dominante Mehrheitskultur und -Sprache gibt. Die Mehrheit der Bevölkerung findet sich innerhalb der traditionellen somalischen Clanstrukturen (UNHCR 22.12.2021, S. 56). Somalia ist nach Angabe einer Quelle ethnisch sehr homogen; allerdings sei der Anteil ethnischer Minderheiten an der Gesamtbevölkerung unklar (AA 28.6.2022, S. 11/14). Gemäß einer Quelle teilen mehr als 85 % der Bevölkerung eine ethnische Herkunft (USDOS 12.4.2022, S. 40). Eine andere Quelle besagt, dass die somalische Bevölkerung aufgrund von Migration, ehemaliger Sklavenhaltung und der Präsenz von nicht nomadischen Berufsständen divers ist (GIGA 3.7.2018). Es gibt weder eine Konsistenz noch eine Verständigungsbasis dafür, wie Minderheiten definiert werden (UNOCHA 14.3.2022; vgl. NLMBZ 1.12.2021, S. 44). Insgesamt reichen die Schätzungen hinsichtlich des Anteils an Minderheiten an der Gesamtbevölkerung von 6 % bis hin zu 33 %. Diese Diskrepanz veranschaulicht die Schwierigkeit, Clans und Minderheiten genau zu definieren (NLMBZ 1.12.2021, S. 44; vgl. SEM, 31.5.2017, S. 12). Jedenfalls trifft man in Somalia auf Zersplitterung in zahlreiche Clans, Subclans und Sub-Subclans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 18.4.2021, S. 12). Diese Unterteilung setzt sich fort bis hinunter zur Kernfamilie (SEM 31.5.2017, S. 5). Somalia ist eines der wenigen Länder in Afrika, wo es eine dominante Mehrheitskultur und -Sprache gibt. Die Mehrheit der Bevölkerung findet sich innerhalb der traditionellen somalischen Clanstrukturen (UNHCR 22.12.2021, Sitzung 56). Somalia ist nach Angabe einer Quelle ethnisch sehr homogen; allerdings sei der Anteil ethnischer Minderheiten an der Gesamtbevölkerung unklar (AA 28.6.2022, Sitzung 11/14). Gemäß einer Quelle teilen mehr als 85 % der Bevölkerung eine ethnische Herkunft (USDOS 12.4.2022, Sitzung 40). Eine andere Quelle besagt, dass die somalische Bevölkerung aufgrund von Migration, ehemaliger Sklavenhaltung und der Präsenz von nicht nomadischen Berufsständen divers ist (GIGA 3.7.2018). Es gibt weder eine Konsistenz noch eine Verständigungsbasis dafür, wie Minderheiten definiert werden (UNOCHA 14.3.2022; vergleiche NLMBZ 1.12.2021, Sitzung 44). Insgesamt reichen die Schätzungen hinsichtlich des Anteils an Minderheiten an der Gesamtbevölkerung von 6 % bis hin zu 33 %. Diese Diskrepanz veranschaulicht die Schwierigkeit, Clans und Minderheiten genau zu definieren (NLMBZ 1.12.2021, Sitzung 44; vergleiche SEM, 31.5.2017, Sitzung 12). Jedenfalls trifft man in Somalia auf Zersplitterung in zahlreiche Clans, Subclans und Sub-Subclans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 18.4.2021, Sitzung 12). Diese Unterteilung setzt sich fort bis hinunter zur Kernfamilie (SEM 31.5.2017, Sitzung 5).
Insgesamt ist das westliche Verständnis einer Gesellschaft im somalischen Kontext irreführend. Dort gibt es kaum eine Unterscheidung zwischen öffentlicher und privater Sphäre. Zudem herrscht eine starke Tradition der sozialen Organisation abseits des Staates. Diese beruht vor allem auf sozialem Vertrauen innerhalb von Abstammungsgruppen. Seit dem Zusammenbruch des Staates hat sich diese soziale Netzwerkstruktur reorganisiert und verstärkt, um das Überleben der einzelnen Mitglieder zu sichern (BS 2022, S. 34). Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (SEM 31.5.2017, S. 8). Insgesamt ist das westliche Verständnis einer Gesellschaft im somalischen Kontext irreführend. Dort gibt es kaum eine Unterscheidung zwischen öffentlicher und privater Sphäre. Zudem herrscht eine starke Tradition der sozialen Organisation abseits des Staates. Diese beruht vor allem auf sozialem Vertrauen innerhalb von Abstammungsgruppen. Seit dem Zusammenbruch des Staates hat sich diese soziale Netzwerkstruktur reorganisiert und verstärkt, um das Überleben der einzelnen Mitglieder zu sichern (BS 2022, Sitzung 34). Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (SEM 31.5.2017, Sitzung 8).
Die sogenannten "noblen" Clanfamilien können (nach eigenen Angaben) ihre Abstammung auf mythische gemeinsame Vorfahren und den Propheten Mohammed zurückverfolgen. Die meisten Minderheiten sind dazu nicht in der Lage (SEM 31.5.2017, S. 5). Somali sehen sich als Nation arabischer Abstammung, "noble" Clanfamilien sind meist Nomaden:Die sogenannten "noblen" Clanfamilien können (nach eigenen Angaben) ihre Abstammung auf mythische gemeinsame Vorfahren und den Propheten Mohammed zurückverfolgen. Die meisten Minderheiten sind dazu nicht in der Lage (SEM 31.5.2017, Sitzung 5). Somali sehen sich als Nation arabischer Abstammung, "noble" Clanfamilien sind meist Nomaden:
• Darod gliedern sich in die d