Entscheidungsdatum
07.10.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L519 2292716-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX, StA Türkei alias Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2024, Zl. 1325460607-222966515, wegen §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG 2005 sowie §§ 46, 52 und 55 FPG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.07.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. ZOPF als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 alias römisch 40 , geb. römisch 40 , StA Türkei alias Syrien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2024, Zl. 1325460607-222966515, wegen Paragraphen 3,, 8, 10 und 57 AsylG 2005 sowie Paragraphen 46,, 52 und 55 FPG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.07.2024 zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeührer (in weiterer Folge als „BF“ bezeichnet) ist Staatsangehöriger der Türkei, der kurdischen Volksgruppe zugehörig und Moslem. römisch eins.1. Der Beschwerdeührer (in weiterer Folge als „BF“ bezeichnet) ist Staatsangehöriger der Türkei, der kurdischen Volksgruppe zugehörig und Moslem.
I.2. Der BF reiste illegal und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Ausreisegrund führte er im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen aus, dass er die Türkei wegen des Krieges im Norden der Türkei zwischen Kurden und Türken verlassen hat. Als Kurde hätte er kämpfen müssen. Im Fall einer Rückkehr befürchte er seine Festnahme.römisch eins.2. Der BF reiste illegal und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Ausreisegrund führte er im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen aus, dass er die Türkei wegen des Krieges im Norden der Türkei zwischen Kurden und Türken verlassen hat. Als Kurde hätte er kämpfen müssen. Im Fall einer Rückkehr befürchte er seine Festnahme.
I.3. Am 20.10.2023 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Zum Ausreisegrund führte er zusammengefasst aus, dass sein Dorf 2011 bombardiert worden und eine Art Statthalter eingesetzt worden sei, wogegen sich die Bevölkerung aufgelehnt habe. Viele Personen, darunter auch der BF, seien festgenommen worden. Man habe ihn auch geschlagen und gefoltert. 2019 habe er sich der HDP angeschlossen. Er sei dann immer wieder angehalten und aufgefordert worden, sich von seinem Cousin, einem Journalisten, fernzuhalten. Bei Demonstrationen sei er insgesamt fünf Mal, für jeweils zwei Tage, festgenommen worden, wobei er geschlagen und mit Strom gefoltert worden sei. Er sei bedroht und aufgefordert worden, für sie zu arbeiten und Informationen über die HDP und seinen Cousin zu liefern. Seit seiner Ausreise habe die Polizei 2 Mal nach ihm gefragt. Er habe auch seinen Militärdienst noch nicht abgeleistet. Er wolle aber nicht gegen Kurden kämpfen. römisch eins.3. Am 20.10.2023 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Zum Ausreisegrund führte er zusammengefasst aus, dass sein Dorf 2011 bombardiert worden und eine Art Statthalter eingesetzt worden sei, wogegen sich die Bevölkerung aufgelehnt habe. Viele Personen, darunter auch der BF, seien festgenommen worden. Man habe ihn auch geschlagen und gefoltert. 2019 habe er sich der HDP angeschlossen. Er sei dann immer wieder angehalten und aufgefordert worden, sich von seinem Cousin, einem Journalisten, fernzuhalten. Bei Demonstrationen sei er insgesamt fünf Mal, für jeweils zwei Tage, festgenommen worden, wobei er geschlagen und mit Strom gefoltert worden sei. Er sei bedroht und aufgefordert worden, für sie zu arbeiten und Informationen über die HDP und seinen Cousin zu liefern. Seit seiner Ausreise habe die Polizei 2 Mal nach ihm gefragt. Er habe auch seinen Militärdienst noch nicht abgeleistet. Er wolle aber nicht gegen Kurden kämpfen.
I.4. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).römisch eins.4. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins). Gemäß Paragraph 8, AsylG 2005 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei ebenso abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen bezüglich der Vorfälle im Jahr 2011 nicht mehr im zeitlichen Konnex zur elf Jahre später erfolgten Ausreise stünde. Hinsichtlich Mitgliedschaft bei der HDP wurde festgestellt, dass der BF selbst keine unmittelbare politische Funktion ausgeübt habe. Auch habe kein tiefer gehendes Wissen über Ziele und Parteiprogramm der HDP festgestellt werden, außer dass diese Partei die Kurden vertritt. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum man gerade den BF unter Druck setzen und als Spion anwerben sollte. Sympathisanten oder einfache Mitglieder der HDP und deren Vorgänger- oder Nachfolgeparteien seien allein aufgrund der einfachenParteimitgliedschaft keiner relevanten Verfolgung durch türkische Behörden ausgesetzt. Es sei auch nicht ersichtlich, wie es dem BF möglich gewesen sein soll, die Ableistung des Pflichtmilitärdienstes bei der türkischen Armee bis zum Alter von 24 Jahren zu vermeiden. Dass ihm noch knapp vor Ihrer Ausreise ein Reisepass ausgestellt wurde, zeige, dass er in der Türkei weder einer Verfolgung aufgrund eines der in der GFK angeführten Gründe unterliegt noch wegen Militärdienstverweigerung von Seiten der türkischen Behörden gesucht wird.
Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorgekommen sei. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorgekommen sei.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Türkei traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
I.5. Gegen diesen Bescheid wurde vom BF innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seit dem Angriff auf sein Dorf im Jahr 2011 unterdrückt worden sei; es habe willkürliche Kontrollen durch die Polizei und das Militär gegeben. Die belangte Behörde habe es unterlassen, den BF dazu näher zu befragen. Zudem seien die Länderberichte unzureichend, es sei auch nicht ausreichend auf die Situation der Kurden und Mitglieder der HDP eingegangen worden. Die Beweiswürdigung der Behörde entspreche nicht den Anforderungen des § 60 AVG, da sie in weiten Teilen aus inhaltsleeren Textbausteinen bestünde, die sich nur unzureichend mit dem individuellen Vorbringen des BF auseinandersetzen würden.römisch eins.5. Gegen diesen Bescheid wurde vom BF innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF seit dem Angriff auf sein Dorf im Jahr 2011 unterdrückt worden sei; es habe willkürliche Kontrollen durch die Polizei und das Militär gegeben. Die belangte Behörde habe es unterlassen, den BF dazu näher zu befragen. Zudem seien die Länderberichte unzureichend, es sei auch nicht ausreichend auf die Situation der Kurden und Mitglieder der HDP eingegangen worden. Die Beweiswürdigung der Behörde entspreche nicht den Anforderungen des Paragraph 60, AVG, da sie in weiten Teilen aus inhaltsleeren Textbausteinen bestünde, die sich nur unzureichend mit dem individuellen Vorbringen des BF auseinandersetzen würden.
I.6. Am 15.07.2024 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertretun, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch- Kurmanji durchgeführt.römisch eins.6. Am 15.07.2024 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein des BF, seiner rechtsfreundlichen Vertretun, sowie eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch- Kurmanji durchgeführt.
I.7. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.römisch eins.7. Hinsichtlich des Verfahrensganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:römisch II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zum Beschwerdeführer: römisch II.1.1. Zum Beschwerdeführer:
Der ledige, kinderlose BF führt den Namen XXXX alias XXXX, er ist Staatsangehöriger der Türkei, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und Moslem. Er wurde am am XXXX im Dorf XXXX, Provinz Sirnak geboren. Der BF hat laut eigener Angaben keine Schule besucht. Vor der Ausreise hat er in der Landwirtschaft und als Schafhirt gearbeitet. Der ledige, kinderlose BF führt den Namen römisch 40 alias römisch 40 , er ist Staatsangehöriger der Türkei, Angehöriger der kurdischen Volksgruppe und Moslem. Er wurde am am römisch 40 im Dorf römisch 40 , Provinz Sirnak geboren. Der BF hat laut eigener Angaben keine Schule besucht. Vor der Ausreise hat er in der Landwirtschaft und als Schafhirt gearbeitet.
Die Identität des BF steht nicht fest.
Der BF ist gesund und benötigt keine medizinische Behandllung. Auf den rechten Ohr hat er seit seiner Kindheit eine Hörschwäche.
Es kann nicht festgestellt werden, ob der BF den Wehrdienst bereits abgeleistet hat.
In XXXX leben die Eltern und ein Bruder des BF. Drei Schwestern sind verheiratet und leben in Istanbul, Ankara und Izmir. Der Vater besitzt Vieh und betreibt eine Landwirtschaft, die Mutter ist Hausfrau. Alle Verwandten sind Angehörige der kurdischen Volksgruppe. Der BF steht mit seiner Familie in der Türkei in Kontakt.In römisch 40 leben die Eltern und ein Bruder des BF. Drei Schwestern sind verheiratet und leben in Istanbul, Ankara und Izmir. Der Vater besitzt Vieh und betreibt eine Landwirtschaft, die Mutter ist Hausfrau. Alle Verwandten sind Angehörige der kurdischen Volksgruppe. Der BF steht mit seiner Familie in der Türkei in Kontakt.
Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet war und ist nicht nach § 46a Abs. 1 Z. 1 oder Z. 3 FPG 2005 geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet war und ist nicht nach Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG 2005 geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der Paragraphen 382 b, oder 382e EO.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Schwierigkeiten mit staatlichen Organen, Sicherheitskräften oder Justizbehörden zu befürchten hätte.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor der Ausreise Schwierigkeiten aufgrund seines Religionsbekenntnisses bzw. ethnischen Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe zu gewärtigen hatte.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.
Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der BF wegen der behaupteten Mitgliedschaft in der HDP verfolgt oder bedroht worden wäre. Auch willkürliche Anhaltungen durch die Polizei und das Militär sowie damit einhergehende Schläge und Folter können nicht festgestellt werden. Weiter kann nicht festgestellt werden, dass der BF fünf Mal für je zwei Tage von der Polizei angehalten worden wäre. Nicht feststellbar ist weiter, dass er tatsächlich von staatlichen Einrichtungen angeworben worden wäre, um seinen Cousin, einen angeblichen Journalisten, sowie HDP-Mitglieder auszuspionieren.
Der BF verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage sowie über familiäre Anknüpfungspunkte und eine hinreichende Versorgung mit Nahrung und Unterkunft im Herkunftsstaat. Dem BF ist darüber hinaus die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar. Eine Niederlassung in XXXX ist möglich und zumutbar. XXXX ist über den internationalen Flughafen Batman sicher erreichbar. Mit dem Auto beträgt die Entfernung zwischen Flughafen und Heimatort ca. 250 km. Auch steht es dem BF frei, sich in einer türkischen Großstadt wie Istanbul, Izmir oder Ankara niederzulassen.Der BF verfügt über eine – wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich – gesicherte Existenzgrundlage sowie über familiäre Anknüpfungspunkte und eine hinreichende Versorgung mit Nahrung und Unterkunft im Herkunftsstaat. Dem BF ist darüber hinaus die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar. Eine Niederlassung in römisch 40 ist möglich und zumutbar. römisch 40 ist über den internationalen Flughafen Batman sicher erreichbar. Mit dem Auto beträgt die Entfernung zwischen Flughafen und Heimatort ca. 250 km. Auch steht es dem BF frei, sich in einer türkischen Großstadt wie Istanbul, Izmir oder Ankara niederzulassen.
Der BF hält sich zumindest seit 22.09.2022 in Östereich auf. Im Bundesgebiet leben keine Blutsverwandten des BF. Ein Onkel des BF lebt in der Schweiz, ein Bruder des BF in Belgien. Der tatsächliche Aufenthaltsstatus dieser Verwandten konnte nicht festgestellt werden. Der BF lebt im Bundesgebiet mit niemandem im gemeinsamen Haushalt. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig und hat auch keine Bemühungen in diese Richtung unternommen, vielmehr bezieht er Grundversorgung. Der BF gab an, einen Deutschkurs A1 abgeschlossen zu haben, ein Sprachdiplom wurde allerdings nicht vorgelegt. Er ist in keinen österr. Vereinen oder Organisationen tätig und leistet keine ehrenamtlichen oder gemeinnützigen Tätigkeiten. Es wurde ein Empfehlungsschreiben in Vorlage gebracht, wobei dem BF allerdings nicht einmal der Vorname des Verfassers bekannt war. Zu österreichischen Freunden befragt, nannte er lediglich einen weiblichen Vornamen und gab an, dass ihm diese Frau hin und wieder Deutsch beibringen würde. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung bzw. Verschlechterung in Bezug auf die den BF betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat noch in sonstigen, in der Person des BF gelegenen Umständen.
Ebenso ergab sich keine sonstige aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation des BF.
Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass den BF eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in seinem Heimatland Türkei droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in die Türkei der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.
Weiter konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in die Türkei eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.Weiter konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in die Türkei eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Die Abschiebung des BF in die Türkei ist zulässig und möglich.
Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.
I.1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat: römisch eins.1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Zur aktuellen Lage in der Türkei werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber den Verfahrensparteien offengelegten Quellen getroffen:
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-07 13:54
Die politische Lage in der Türkei war in den letzten Jahren geprägt von den Folgen des Putschversuchs vom 15.7.2016 und den daraufhin ausgerufenen Ausnahmezustand, von einem "Dauerwahlkampf" sowie vom Kampf gegen den Terrorismus. Aktuell steht die Regierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten unter Druck. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist mit Präsident Erdo?an und der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - Adalet ve Kalk?nma Partisi (AKP) unzufrieden und nach deren erneutem Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2023 desillusioniert. Ursache sind v. a. der durch die hohe Inflation verursachte Kaufkraftverlust, welcher durch Lohnzuwächse und von der Regierung im Vorfeld der Wahlen 2023 beschlossene Wahlgeschenke nicht nachhaltig kompensiert werden konnte, die zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung, Rückschritte in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die fortschreitende Untergrabung des Laizismus. Insbesondere junge Menschen sind frustriert. Laut einer aktuellen Studie möchten fast 82 % das Land verlassen und im Ausland leben. Während die vorhergehende Regierung keinerlei Schritte unternahm, die Unabhängigkeit der Justizbehörden und eine objektive Ausgabenkontrolle wiederherzustellen, versucht die neue Regierung zumindest im wirtschaftlichen Bereich Reformen durchzuführen, um den Schwierigkeiten zu begegnen. Die Gesellschaft ist – maßgeblich aufgrund der von Präsident Erdo?an verfolgten spaltenden Identitätspolitik – stark polarisiert. Insbesondere die Endphase des Wahlkampfes zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023 war von gegenseitigen Anschuldigungen und Verbalangriffen und nicht von der Diskussion drängender Probleme geprägt. Selbst die wichtigste gegenwärtige Herausforderung der Türkei, die Bewältigung der Folgen der Erdbebenkatastrophe, trat in den Hintergrund (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 4f.).Die politische Lage in der Türkei war in den letzten Jahren geprägt von den Folgen des Putschversuchs vom 15.7.2016 und den daraufhin ausgerufenen Ausnahmezustand, von einem "Dauerwahlkampf" sowie vom Kampf gegen den Terrorismus. Aktuell steht die Regierung wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der hohen Anzahl von Flüchtlingen und Migranten unter Druck. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung ist mit Präsident Erdo?an und der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung - Adalet ve Kalk?nma Partisi (AKP) unzufrieden und nach deren erneutem Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Mai 2023 desillusioniert. Ursache sind v. a. der durch die hohe Inflation verursachte Kaufkraftverlust, welcher durch Lohnzuwächse und von der Regierung im Vorfeld der Wahlen 2023 beschlossene Wahlgeschenke nicht nachhaltig kompensiert werden konnte, die zunehmende Verarmung von Teilen der Bevölkerung, Rückschritte in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die fortschreitende Untergrabung des Laizismus. Insbesondere junge Menschen sind frustriert. Laut einer aktuellen Studie möchten fast 82 % das Land verlassen und im Ausland leben. Während die vorhergehende Regierung keinerlei Schritte unternahm, die Unabhängigkeit der Justizbehörden und eine objektive Ausgabenkontrolle wiederherzustellen, versucht die neue Regierung zumindest im wirtschaftlichen Bereich Reformen durchzuführen, um den Schwierigkeiten zu begegnen. Die Gesellschaft ist – maßgeblich aufgrund der von Präsident Erdo?an verfolgten spaltenden Identitätspolitik – stark polarisiert. Insbesondere die Endphase des Wahlkampfes zu den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2023 war von gegenseitigen Anschuldigungen und Verbalangriffen und nicht von der Diskussion drängender Probleme geprägt. Selbst die wichtigste gegenwärtige Herausforderung der Türkei, die Bewältigung der Folgen der Erdbebenkatastrophe, trat in den Hintergrund (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 4f.).
Die Opposition versucht, die Regierung durch Kritik am teilweise verspäteten Erdbeben-Krisenmanagement und in der Migrationsfrage mit scharfen Tönen in Bedrängnis zu bringen und förderte die in breiten Bevölkerungsschichten zunehmend migrantenfeindliche Stimmung. Die Gesellschaft bleibt auch, was die irreguläre Migration betrifft, stark polarisiert (ÖB Ankara 28.12.2023, S. 5; vgl. EC 8.11.2023, S. 12, 54, WZ 7.5.2023), zwischen den Anhängern der AKP und denjenigen, die für ein demokratischeres und sozial gerechteres Regierungssystem eintreten (BS 23.2.2022a, S. 43). Das hat u. a. mit der Politik zu tun, die sich auf sogenannte Identitäten festlegt. Nationalistische Politiker, beispielsweise, propagieren ein "stolzes Türkentum". Islamischen Wertvorstellungen wird zusehends mehr Gewicht verliehen. Kurden, deren Kultur und Sprache Jahrzehnte lang unterdrückt wurden, kämpfen um ihr Dasein (WZ 7.5.2023). Angesichts des Ausganges der Wahlen im Frühjahr 2023 stellte das Europäische Parlament (EP) überdies hinsichtlich der gesellschaftspolitischen Verfasstheit des Landes fest, dass nicht nur "rechtsextreme islamistische Parteien als Teil der Regierungskoalition ins Parlament eingezogen sind", sondern das EP war "besorgt über das zunehmende Gewicht der islamistischen Agenda bei der Gesetzgebung und in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, unter anderem durch den wachsenden Einfluss des Präsidiums für Religionsangelegenheiten (Diyanet) im Bildungssystem" und "über den zunehmenden Druck der Regierungsstellen sowie islamistischer und ultranationalistischer Gruppen auf den türkischen Kultursektor und die Künstler in der Türkei, der sich in letzter Zeit darin zeigt, dass immer mehr Konzerte, Festivals und andere kulturelle Veranstaltungen abgesagt werden, weil sie als kritisch oder "unmoralisch" eingestuft wurden, um eine ultrakonservative Agenda durchzusetzen, die mit den Werten der EU unvereinbar ist" (EP 13.9.2023, Pt. 17).Die Opposition versucht, die Regierung durch Kritik am teilweise verspäteten Erdbeben-Krisenmanagement und in der Migrationsfrage mit scharfen Tönen in Bedrängnis zu bringen und förderte die in breiten Bevölkerungsschichten zunehmend migrantenfeindliche Stimmung. Die Gesellschaft bleibt auch, was die irreguläre Migration betrifft, stark polarisiert (ÖB Ankara 28.12.2023, Sitzung 5; vergleiche EC 8.11.2023, Sitzu