Entscheidungsdatum
22.08.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W257 2279611-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Spruchpunkt I., vom XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Spruchpunkt römisch eins., vom römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.07.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (nunmehr „BF“) stellte am 21.08.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 24.08.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Er führte aus, syrischer Staatsangehöriger und islamischen Glaubens zu sein. Seine Muttersprache sei Arabisch und er gehöre der arabischen Volksgruppe an. Er habe sechs die Grundschule, drei Jahre die Hauptschule und drei Jahre das Gymnasium besucht, keine Berufsausbildung erhalten und sei zuletzt Arbeiter gewesen. Er stamme aus XXXX . Zwei Schwestern würden noch in Syrien leben. Seine Eltern und zwei Brüder wären in der Türkei aufhältig.1. Der Beschwerdeführer (nunmehr „BF“) stellte am 21.08.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 24.08.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt. Er führte aus, syrischer Staatsangehöriger und islamischen Glaubens zu sein. Seine Muttersprache sei Arabisch und er gehöre der arabischen Volksgruppe an. Er habe sechs die Grundschule, drei Jahre die Hauptschule und drei Jahre das Gymnasium besucht, keine Berufsausbildung erhalten und sei zuletzt Arbeiter gewesen. Er stamme aus römisch 40 . Zwei Schwestern würden noch in Syrien leben. Seine Eltern und zwei Brüder wären in der Türkei aufhältig.
Syrien habe illegal etwa 2017/2918 verlassen und sich seither in der Türkei aufgehalten. Von dort sei er über Griechenland, Albanien, Kosovo, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Österreich sei aufgrund der Sicherheit und der geographischen Nähe ein Zielland gewesen.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Er müsse zum Militär einrücken und dies wolle er nicht. Die syrische Armee und die Kurden würden ihn einberufen wollen, aber er wolle nichts mit dem Krieg zu tun haben. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst vor der syrischen und der kurdischen Armee.
2. Am 05.04.2023 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr „BFA“) im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei erklärte er nach eingehender Belehrung, dass er den Dolmetscher gut verstehe. Er legte seinen syrischen Personalausweis im Original vor und gab an, gesund zu sein. Er vermeinte, dass ihm die Erstbefragung rückübersetzt worden sei und es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Er halte die Angaben zu seinem Fluchtgrund aufrecht.
Er stamme aus dem Dorf XXXX , in der Provinz Aleppo, rund 20 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt. Dort habe er bis zu seiner Ausreise gelebt. Er sei syrischer Staatsangehöriger, Araber und Moslem sunnitischer Glaubensrichtung. Er sei ledig und habe keine Kinder.Er stamme aus dem Dorf römisch 40 , in der Provinz Aleppo, rund 20 Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt. Dort habe er bis zu seiner Ausreise gelebt. Er sei syrischer Staatsangehöriger, Araber und Moslem sunnitischer Glaubensrichtung. Er sei ledig und habe keine Kinder.
Syrien habe er im Jänner 2018 verlassen, weil die Kurden im Sommer 2017 seine Heimatregion erobert hätten und ihn hätten zwangsrekrutieren wollen. Danach habe er sich bis Anfang 2022 in der Türkei aufgehalten, ehe er auf dem Landweg nach Österreich gekommen sei.
Er habe in Syrien zwölf Jahre die Schule besucht und in der Türkei Berufserfahrung in einer Weberei gemacht. Ein Bruder, der 31 Jahre alt sei, und zwei Schwestern würden in Syrien leben. Der Rest seiner Familie sei in der Türkei aufhältig. Er stehe mit seinen Angehörigen über Messengerdienste in Kontakt. Der Bruder sei nach Syrien zurückgekehrt, weil er krebskrank sei und er in der Türkei keine medizinische Versorgung erhalten habe.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF, nachdem er eine Verfolgung aufgrund seiner Nationalität, Volksgruppenzugehörigkeit, Religion, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer Gruppe verneint habe, im Wesentlichen aus, dass er vom syrischen Regime wegen des Militärdienstes gesucht werde. Seitdem die Kurden in sein Heimatdorf einmarschiert wären, würde er auch von diesen rekrutiert werden wollen. Dies sei auch der Grund für seine Flucht in die Türkei gewesen. Sie hätten wollen, dass er für sechs Monate mitkämpfe. Er selbst wolle dies jedoch nicht. Die Kurden würden ihn bei einer Weigerung lebenslang inhaftieren.
Ein Militärbuch habe er nicht. Dieses hätte er sich 2013 in XXXX abholen müssen. Dies habe er nicht getan, weil er nicht an den Kämpfen teilnehmen wolle. Damals sei er oft umgezogen und seinem Vater, der nach XXXX habe gehen müssen, sei mitgeteilt worden, dass der BF einrücken müsse. Er habe damals ein Schriftstück erhalten, könne dies aber nicht mehr vorlegen. Es wäre auch nur ein Schreiben gewesen, dass er zu einem Rekrutierungsbüro müsse. Aber alleine von seinem Alter her könne man sehen, dass er wehrpflichtig sei.Ein Militärbuch habe er nicht. Dieses hätte er sich 2013 in römisch 40 abholen müssen. Dies habe er nicht getan, weil er nicht an den Kämpfen teilnehmen wolle. Damals sei er oft umgezogen und seinem Vater, der nach römisch 40 habe gehen müssen, sei mitgeteilt worden, dass der BF einrücken müsse. Er habe damals ein Schriftstück erhalten, könne dies aber nicht mehr vorlegen. Es wäre auch nur ein Schreiben gewesen, dass er zu einem Rekrutierungsbüro müsse. Aber alleine von seinem Alter her könne man sehen, dass er wehrpflichtig sei.
Von den Kurden sei er nicht zwangsrekrutiert worden, obgleich diese jeden der über 18 Jahre alt sei, in seiner Heimatregion rekrutieren wollen würden. Auf Vorhalt, dass er mit 28 nicht mehr von den Kurden rekrutiert werde, zumal diese nur bis 24 rekrutieren würden, vermeinte der BF, dass es nun sein könne, wenn er seinen Heimatort erreichen wolle, dass er Checkpoints der syrischen Armee passiere, denn dieses würde an der Frontlinie liegen.
Gefragt, warum er sich nicht vom Militärdienst freikaufe, vermeinte der BF, dass man diesem Regime nicht trauen könne, selbst, wenn man diese Summe überweisen würde.
In Österreich habe er keine Verwandten. Hier lebe er von der Grundversorgung und mache keine Ausbildung. Er führe keine Lebensgemeinschaft und nehme auch nicht an kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen teil. Er arbeite nicht und gehe auch keinen freiwilligen Tätigkeiten nach. Probleme mit den Behörden habe er hier nicht gehabt.
Er wurde danach über die Länderberichte und der Abgabe einer Stellungnahme belehrt. Auf die Abgabe einer solchen verzichtete der BF. Danach erfolgte die wortwörtliche Rückübersetzung und der BF bestätigte, dass alles richtig aufgenommen worden wäre. Er wurde auch über den weiteren Verlauf des Verfahrens aufgeklärt. Er habe nichts mehr hinzuzufügen und den Dolmetscher einwandfrei verstanden. Danach bestätigte er mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift.
3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2023, zugestellt am 31.07.2023 durch Hinterlegung, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2023, zugestellt am 31.07.2023 durch Hinterlegung, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien und hielt fest, dass die Identität des BF feststehe und seine personenbezogenen Daten glaubwürdig gewesen wären. Es begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Heimatregion unter kurdischer Kontrolle stehe. Es werde nicht verkannt, dass dort auch die syrische Armee zeitweise präsent sei, jedoch fehle dieser der Apparat, um systematisch Rekrutierungen in diesem Gebiet durchführen zu können. Diese Ansicht decke sich auch mit den Angaben des BF, der sich seit 2013 in der Heimatregion aufhalten habe können, ohne seitens der syrischen Streitkräfte von einer Zwangsrekrutierung bedroht gewesen zu sein. Da die Zugriffsmöglichkeiten der syrischen Regierung in dieser Region nicht gegeben wären, liege auch keine aktuelle Gefährdung des BF im Falle seiner Rückkehr vor. Im Übrigen wäre es BF möglich, sich in Falle einer Rückkehr nach Syrien aufgrund seines langen Auslandsaufenthaltes, vom Militärdienst freizukaufen.
Da seine Heimatregion unter kurdischer Kontrolle stehe, gebe es auch keine Anhaltspunkte, dass der BF seitens der Kurden zwangsrekrutiert werde. Auch gebe es keine großen Festnahmeaktionen seitens der Kurden – wie 2021 gegen die Araber – mehr.
Abgesehen davon finde keine Generalmobilmachung seitens des syrischen Regimes statt, sodass Rekruten nicht zu Kampfhandlungen im Kriegsgebiet eingesetzt werden würden. Abgesehen davon gebe es keine Anhaltspunkte, warum der BF, der bereits vor einigen Jahren ins wehrpflichtige Alter gekommen sei, plötzlich seitens einer anderer militärischen Gruppierung einberufen werden sollte. Auch führe eine Wehrdienstentziehung bei den Kurden nicht zu einer unverhältnismäßigen Strafe oder dazu, dass einem eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde.
Der BF habe keine asylrechtlich relevante Verfolgung glaubhaft machen können und Syrien aufgrund des Krieges und der schlechten Sicherheitslage verlassen. Es sei jedoch nicht hervorgekommen, dass der BF einer Verfolgungsgefahr aus Gründen der GFK ausgesetzt gewesen sei und solche auch zukünftig nicht zu erwarten wäre. Der BF habe keine individuelle Verfolgungshandlung glaubhaft machen können.
Aufgrund der vorherrschenden Sicherheitslage in seinem Herkunftsstaat sei dem BF, unter der Berücksichtigung der EMRK, subsidiärer Schutz in Österreich und somit ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht von einem Jahr zu gewähren gewesen.
4. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG wurde dem BF am 28.07.2023 die BBU GmbH als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.4. Mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG wurde dem BF am 28.07.2023 die BBU GmbH als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
5. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 24.08.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte und durch seine nunmehrige Vertretung, der BBU GmbH, erhoben wurde. Als Beschwerdegründe wurden die Verletzung von Verfahrensvorschriften und mangelnde Beweiswürdigung sowie mangelhafte Länderfeststellungen geltend gemacht.5. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 24.08.2023 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte und durch seine nunmehrige Vertretung, der BBU GmbH, erhoben wurde. Als Beschwerdegründe wurden die Verletzung von Verfahrensvorschriften und mangelnde Beweiswürdigung sowie mangelhafte Länderfeststellungen geltend gemacht.
Die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, weil keine Detailermittlungen bezüglich des Vorbringen des BF getätigt worden wären. Dieser habe sehr wohl eine begründete Furcht vor einer Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee angeführt. Es sei den Länderberichten zu entnehmen, dass Männer im wehrpflichtigen Alter einer asylrechtlich relevanten Bedrohung in Syrien ausgesetzt wären, zumal willkürlich Festnahmen, Misshandlungen, Folter oder verschwinden lassen in Syrien weit verbreitet wären, vor allem gegen Personen, die vom Regime als oppositionell wahrgenommen werden würden. Die Schwelle, als oppositionell betrachtet zu werden, sei sehr gering, weshalb eine Weigerung des Wehrdienstes sehr wohl bereits darunterfallen würde, als oppositionell angesehen zu werden. Im Übrigen fehle es auch an einer einheitlichen Praxis, wie eine Person zum Wehrdienst einberufen werde.
Spätestens bei der Einreise nach Syrien, die wohl nur über einen von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergang geschehen könne, würde der BF ins Blickfeld des syrischen Regimes geraten. Diese hätten Listen von Personen, die illegal das Land verlassen hätten. Der BF falle daher unter das Risikoprofil vermeintlich in Opposition zur Regierung stehend und das des Wehrdienstverweigerers. Daher sei der BF auch der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die syrische Regierung ausgesetzt.
Außerdem habe der BF nachvollziehbar angegeben, dass er von der SDF ebenfalls zum Militärdienst gezwungen werden könnte und es dürfe auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die syrische Armee in seiner Heimatregion stationiert sei und deren militärische Einrichtungen nur wenige Kilometer von dort entfernt wären.
Der bekämpfte Bescheid sei daher rechtswidrig, zumal sich dieser auf mangelhafte Länderfeststellungen berufe. Der BF könnte bei der Einreise über einen syrischen Flughafen schon vor Erreichen seines Heimatortes von der syrischen Armee einer Kontrolle unterzogen werden, wodurch ihm die Verhaftung drohe, weil er der Ableistung zum Militärdienst noch nicht nachgekommen sei und der BF auch zum Ausdruck gebracht habe, dass der diesen nicht ableisten wolle. Auch gebe Berichte, dass seitens der Kurden und der SDF Zwangsrekrutierungen durchgeführt werden. Daher sei der BF als oppositionell zu betrachten und der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt. Da die Angaben des BF glaubhaft gewesen wären, zumal diese bei ausreichender Ermittlungstätigkeit mit den Länderberichten vereinbar gewesen wären und der BF auch einigen Risikogruppen nach UNHCR angehören würde, habe der BF glaubhaft gemacht, dass er aus asylrechtlich relevanten Gründen sein Heimatland verlassen habe.
Der BF habe sich nachvollziehbar darauf berufen habe, dass er aus Angst vor einer Zwangsrekrutierung geflohen sei. Daher habe der BF im Wesentlichen gleichbleibend ausgeführt, dass er aus wohlbegründeter Furcht sein Heimatland verlassen habe. Dass der BF seinen Militärdienst nicht angetreten habe, würde bei seiner Einreise festgestellt werden. Dies hätte zur Folge, dass er vom syrischen Regime als „oppositionell“ betrachtet werden würde. Als Militärdienstverweigerer drohe dem BF in Syrien eine asylrechtlich relevante Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Wehrdienstverweigerer. Er wäre aufgrund dieser Weigerung als Regimegegner angesehen. Aufgrund seiner unterstellten politischen Gesinnung als Wehrdienstverweigerer würde daher eine asylrechtlich relevante Verfolgung vorliegen, weshalb der angefochtene Bescheid mangelhaft sei. Es wurde beantragt der Beschwerde stattzugeben und dem BF des Asylberechtigten zuzuerkennen. Ebenfalls wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12.10.2023 vorgelegt und sind am 13.10.2023 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.
8. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 09.07.2024, im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF, ebenso wie seine Rechtsvertretung, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde verzichtete, mit Schreiben vom 11.06.2024 entschuldigt, auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.
Nach eingehender Belehrung und Verzicht auf Verlesung des Aktes gab der BF an, dass er gesund sei. Seine bisherigen Aussagen würden der Wahrheit entsprechen und er habe nichts richtigzustellen. Alle Dolmetscher habe gut verstanden.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er 2011 noch als Schüler an Demonstrationen in XXXX und in anderen naheliegenden Orten teilgenommen habe. Im Jahr 2012 habe er gesehen, wie die Armee die Leute umgebracht und verhaftet habe. Im Jahr 2013 habe er die Maturaprüfungen abgelegt und zu diesem Zeitpunkt sei er zum letzten Mal in der Stadt XXXX gewesen. Sein Vater sei danach noch einmal in der Stadt gewesen, um seinen Gehalt abzuholen. Hierbei sei er angehalten worden und man habe ihm einen Einberufungsbefehl für den BF ausgehändigt. Der BF sei diesem nicht gefolgt und habe sich dann in seinem Heimatdorf XXXX aufgehalten. Die Kurden wären im Jahr 2016 gekommen und hätten die Kontrolle übernommen. Ab 2017 habe es einen Erlass gegeben, wonach alle Männer zwischen dem 18. und 24. Lebensjahr den Militärdienst ableisten müssten. Sein Heimatdorf liege in der Nähe des Militärflugplatzes XXXX . Dort habe es ständig Bombardierungen gegeben und das Haus seines Onkels sei von einem Geschoß getroffen worden und drei Menschen wären dabei gestorben. Er könne nicht in das Regimegebiet gehen, weil er für den Wehrdienst gesucht werde. Nach den türkischen Bombardements sei er in die Türkei gereist.Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, dass er 2011 noch als Schüler an Demonstrationen in römisch 40 und in anderen naheliegenden Orten teilgenommen habe. Im Jahr 2012 habe er gesehen, wie die Armee die Leute umgebracht und verhaftet habe. Im Jahr 2013 habe er die Maturaprüfungen abgelegt und zu diesem Zeitpunkt sei er zum letzten Mal in der Stadt römisch 40 gewesen. Sein Vater sei danach noch einmal in der Stadt gewesen, um seinen Gehalt abzuholen. Hierbei sei er angehalten worden und man habe ihm einen Einberufungsbefehl für den BF ausgehändigt. Der BF sei diesem nicht gefolgt und habe sich dann in seinem Heimatdorf römisch 40 aufgehalten. Die Kurden wären im Jahr 2016 gekommen und hätten die Kontrolle übernommen. Ab 2017 habe es einen Erlass gegeben, wonach alle Männer zwischen dem 18. und 24. Lebensjahr den Militärdienst ableisten müssten. Sein Heimatdorf liege in der Nähe des Militärflugplatzes römisch 40 . Dort habe es ständig Bombardierungen gegeben und das Haus seines Onkels sei von einem Geschoß getroffen worden und drei Menschen wären dabei gestorben. Er könne nicht in das Regimegebiet gehen, weil er für den Wehrdienst gesucht werde. Nach den türkischen Bombardements sei er in die Türkei gereist.
Die Kurden hätten bis ungefähr 2019 die alleinige Kontrolle in der Heimatregion des BF gehabt. Ab 2020 hätten die Kurden und das syrische Regime die gemeinsame Kontrolle über die Region gehabt. Nahe seinem Heimatdorf sei der Militärflugplatz XXXX . Dort sei das syrische Regime präsent. Die Kurden wären es in den naheliegenden Dörfern. Es gebe auch zwei Checkpoints in der Nähe seines Heimatdorfes.Die Kurden hätten bis ungefähr 2019 die alleinige Kontrolle in der Heimatregion des BF gehabt. Ab 2020 hätten die Kurden und das syrische Regime die gemeinsame Kontrolle über die Region gehabt. Nahe seinem Heimatdorf sei der Militärflugplatz römisch 40 . Dort sei das syrische Regime präsent. Die Kurden wären es in den naheliegenden Dörfern. Es gebe auch zwei Checkpoints in der Nähe seines Heimatdorfes.
Da er über 24 Jahre alt sei, werde er nur mehr vom syrischen Regime rekrutiert. Diese wären nicht mehr präsent in seinem Heimatdorf. Er habe sein ganzes Leben in Syrien in seinem Heimatdorf verbracht. Nur für notwendige Sachen oder für Besuche sei er in der Stadt XXXX gewesen.Da er über 24 Jahre alt sei, werde er nur mehr vom syrischen Regime rekrutiert. Diese wären nicht mehr präsent in seinem Heimatdorf. Er habe sein ganzes Leben in Syrien in seinem Heimatdorf verbracht. Nur für notwendige Sachen oder für Besuche sei er in der Stadt römisch 40 gewesen.
Momentan würden sein Vater und sein Bruder sowie zwei Schwestern in Syrien leben. Seine Mutter sei verstorben, weil man diese in der Türkei nicht behandelt habe und sie wieder nach Syrien zurückgehen habe müssen. Da sein Bruder eine Chemotherapie mache, lebe die Familie nun in der Stadt XXXX mietfrei bei Verwandten in der Stadt XXXX . Im Heimatdorf würden noch Onkel und Cousins leben. Seine Familie besitze dort ein Haus und Ländereien. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien, würde der BF jedenfalls in sein Heimatdorf zurückkehren. Seine Verwandten hätten sich auch nicht in XXXX niedergelassen.Momentan würden sein Vater und sein Bruder sowie zwei Schwestern in Syrien leben. Seine Mutter sei verstorben, weil man diese in der Türkei nicht behandelt habe und sie wieder nach Syrien zurückgehen habe müssen. Da sein Bruder eine Chemotherapie mache, lebe die Familie nun in der Stadt römisch 40 mietfrei bei Verwandten in der Stadt römisch 40 . Im Heimatdorf würden noch Onkel und Cousins leben. Seine Familie besitze dort ein Haus und Ländereien. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien, würde der BF jedenfalls in sein Heimatdorf zurückkehren. Seine Verwandten hätten sich auch nicht in römisch 40 niedergelassen.
Er habe kein Wehrdienstbuch erhalten. Seinem Vater sei ein Einberufungsbefehl ausgehändigt worden. Der BF hätte die Rekrutierungsstelle aufsuchen sollen, um sich ein Wehrdienstbuch ausstellen zu lassen.
Laut google maps, https://syria.liveuamap.com/ und https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html wurde festgehalten, dass sich der Flughafen, von dem der BF gesprochen habe, und das Gebiet rund um den Flughafen, auf einem Gebiet befinde, dass laut der letzten Karte vom kurdischen Regime gemeinsam mit dem syrischen Regime kontrolliert werde.
In Österreich gehe der BF nicht arbeiten. Er habe nur Deutschkurse besucht. Er habe kein Geld. Die Kosten der Reise nach Österreich habe er mittlerweile beglichen.
Er habe von 2011 bis 2012 an mehreren Demonstrationen im nördlichen Umland von XXXX in den Orten XXXX teilgenommen. Er sei damals ein Schüler gewesen. Die Lehrer wären auch Oppositionelle gewesen und hätten an Demonstrationen teilgenommen.Er habe von 2011 bis 2012 an mehreren Demonstrationen im nördlichen Umland von römisch 40 in den Orten römisch 40 teilgenommen. Er sei damals ein Schüler gewesen. Die Lehrer wären auch Oppositionelle gewesen und hätten an Demonstrationen teilgenommen.
Zu den vorab übersandten Länderberichten hätten der BF und dessen Rechtsvertretung keine Einwendungen. Abschließend meinte der BF, dass nicht über das Thema Freikauf gesprochen worden wäre. Er wolle keinen Betrag für den Freikauf dem syrischen Regime bezahlen, weil er das Regime in keiner Weise unterstützen wolle.
Danach erfolgte der Schluss der mündlichen Verhandlung. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG.Danach erfolgte der Schluss der mündlichen Verhandlung. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß Paragraph 29, Absatz 3, VwGVG.
9. Mit Schreiben vom 10.07.2024 erging ein Parteiengehör an die Verfahrensparteien. Zur beiliegende ACCORD Anfrage wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tage ab Zustellung dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Es langt keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch erwähnten Namen, ist am XXXX in Syrien geboren worden, Araber und sunnitischer Moslem. Er befindet sich nicht in medizinischer Behandlung und ist gesund. Er ist ledig und hat keine Kinder.Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch erwähnten Namen, ist am römisch 40 in Syrien geboren worden, Araber und sunnitischer Moslem. Er befindet sich nicht in medizinischer Behandlung und ist gesund. Er ist ledig und hat keine Kinder.
In Syrien leben noch sein Vater, ein Bruder und zwei Schwestern. Fünf Brüder sind in der Türkei aufhältig.
Er verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung. Er hat Berufserfahrung als Arbeiter. Er hat den Militärdienst bei der syrischen Armee noch nicht absolviert.
Syrien hat der BF im Syrien illegal etwa 2017/2918 verlassen und sich seither in der Türkei aufgehalten. Von dort ist er über Griechenland, Albanien, Kosovo, Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Österreich, wo er am 21.08.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ist aufgrund der Sicherheit und der geographischen Nähe ein Zielland gewesen.
Er stammt aus der Ortschaft XXXX , das sich in der Nähe von XXXX befindet. Zuletzt hat er sich in Syrien in seinem Heimatdorf aufgehalten. Die Heimatregion des BF steht seit dem Jahr 2019 unter geteilter Kontrolle sowohl der kurdischen Selbstverwaltung/SDF als auch des syrischen Regimes.Er stammt aus der Ortschaft römisch 40 , das sich in der Nähe von römisch 40 befindet. Zuletzt hat er sich in Syrien in seinem Heimatdorf aufgehalten. Die Heimatregion des BF steht seit dem Jahr 2019 unter geteilter Kontrolle sowohl der kurdischen Selbstverwaltung/SDF als auch des syrischen Regimes.
Dem BF wurde Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2023 der der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
1.2. Dem BF droht bei einer Rückkehr nach Syrien keine asylrelevante Verfolgung aus dem von ihm geltend gemachten oder aus anderen Gründen.
Dem BF droht nicht die Einberufung/(zwangsweise) Einziehung in den Militärdienst der Regierung und keine Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung durch die syrische Regierung. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF von der syrischen Regierung wegen der Wehrdienstverweigerung zum Militärdienst gesucht wurde bzw. wird. Der BF ist nicht bedroht, von der syrischen Regierung als Oppositioneller/(politischer) Gegner angesehen zu werden.
Die Kontrolle über seine Herkunftsprovinz Aleppo ist unter dem syrischen Regime, kurdischen Machthabern sowie türkischen Truppen und mit diesen verbündeten Milizen aufgeteilt. Für männliche syrische Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 42 Jahren ist die Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren gesetzlich verpflichtend. Nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes bleibt ein syrischer Mann, wenn er sich gegen einen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheidet, Reservist und kann bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden.
Der Beschwerdeführer befindet sich mit seinen 29 Jahren im wehrpflichtigen Alter hinsichtlich des gesetzlich vorgesehenen Militärdienstes beim syrischen Regime im Gebiet unter dessen Kontrolle. Er hat keinen Einberufungsbefehl erhalten. Dem Beschwerdeführer droht in seinem Herkunftsgebiet im Falle seiner Rückkehr aktuell nicht die Gefahr, zum Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen zu werden. Sein Heimatort liegt nicht im Einfluss- und Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern befindet sich unter der Kontrolle der SDF. Das syrische Regime ist nicht in der Lage, in Gebieten, die unter Kontrolle der Kurdinnen und Kurden stehen, zu rekrutieren oder Wehrdienstverweigerer zu verhaften und zu bestrafen, auch nicht wegen der illegalen Ausreise oder einer vom Beschwerdeführer behaupteten unterstellten Gesinnung.
Der Beschwerdeführer kann nach Syrien über den Grenzübergang Semalka-Faysh Khabur einreisen. Dieser steht unter Kontrolle der kurdischen Sicherheitskräfte, sodass er dort von syrischen Sicherheitskräften nicht eingezogen oder festgenommen werden kann. Das Betreten des selbsternannten kurdischen Autonomiegebiets über diesen Grenzübergang ist abhängig von den – unregelmäßigen – Öffnungszeiten dieses Grenzüberganges. Die Modalitäten für eine Einreise über den Irak können je nach aktueller (politischer) Lage variieren. Der Beschwerdeführer hätte bei einer Rückkehr in seine Heimatregion keine Gebiete zu durchqueren, die von dem syrischen Regime kontrolliert werden. Dem Beschwerdeführer ist es somit möglich, in das kurdische Gebiet und seinen Heimatort zu reisen ohne in den Einflussbereich des Regimes zu gelangen und ohne in Kontakt mit dem syrischen Regime zu treten.
In Syrien besteht in Gebieten unter der Kontrolle der kurdischen Volksverteidigungskräfte (YPG) ein verpflichtender Militärdienst (Selbstverteidigungspflicht) für Männer, die im Jahr 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit
Der im Entscheidungszeitpunkt 29-jährige Beschwerdeführer ist somit aufgrund seines Lebensalters nicht der Gefahr ausgesetzt, zur Selbstverteidigungspflicht einberufen zu werden.
Für den Beschwerdeführer besteht auch nicht die Gefahr, einer Verfolgung durch das syrische Regime wegen einer oppositionellen oder unterstellten oppositionellen Gesinnung diesem gegenüber ausgesetzt zu sein. Der BF hat in Syrien zwar als Schüler in den Jahre 2011 und 2012 an Demonstrationen gegen das syrische Regime teilgenommen, jedoch nicht in einer Intensität, dass er vom Regime aktuell gesucht wird. Er weder in Syrien noch in Österreich politisch aktiv.
Der BF hat daher keine als oppositionell anzusehenden Handlungen gesetzt, die ihn mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit glaubhaft ins Blickfeld des syrischen Regimes gebracht haben. Der BF wurde niemals von syrischen Behörden wegen oppositioneller Betätigung verhaftet oder festgehalten.
Eine Verfolgung aufgrund der Ausreise des Beschwerdeführers und der Asylantragstellung in Österreich bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung ist nicht maßgeblich wahrscheinlich. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und der im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
Im Verfahren wurden ua. die folgenden Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:
? Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024,
? Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der SDF/YPG in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka - Faysh Khabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak vom 25.10.2023,
? ACCORD v. 24.08.2023, Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen [a-12197],
1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt, Version 11 vom 27.03.2024:
[…]
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-03-08 10:59
Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).
Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden (IPS 20.5.2022). Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen (USIP 14.3.2023). Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (AA 2.2.2024).
Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen (AA 2.2.2024). In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus (FH 9.3.2023). In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqah, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus (AA 2.2.2024). Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (Brookings 27.1.2023).
Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vgl. AA 29.3.2023).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 - Oktober 2023] nicht wesentlich verändert (AA 2.2.2024). Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung (USIP 14.3.2023; vergleiche AA 29.3.2023).
Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vgl. IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht (AA 2.2.2024). Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen (Alaraby 31.5.2023; vergleiche IPS 20.5.2022). Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (HRW 11.1.2024).
Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vgl. SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vgl. Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen (AA 2.2.2024). Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten (AA 29.3.2023). Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war (Wilson 6.6.2023; vergleiche SOHR 7.5.2023). Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon (CMEC 16.5.2023; vergleiche Wilson 6.6.2023, SOHR 7.5.2023), Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft (CMEC 16.5.2023). Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren (AA 2.2.2024). Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (AA 2.2.2024).
Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (AA 2.2.2024).
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung 2024-03-08 11:06
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba’athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbünd