Entscheidungsdatum
26.08.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W276 2287900-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Gert WALLISCH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Gert WALLISCH als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) stellte am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der Bf an, dass er am XXXX in Damaskus, Syrien geboren worden sei. Er sei Moslem und gehöre der Volksgruppe der Araber an. Er sei ledig, habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet.Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am römisch 40 gab der Bf an, dass er am römisch 40 in Damaskus, Syrien geboren worden sei. Er sei Moslem und gehöre der Volksgruppe der Araber an. Er sei ledig, habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet.
Er habe Syrien wegen der schlechten Lage verlassen und müsse dort den Militärdienst ableisten. Im Falle der Rückkehr nach Syrien befürchte er, den Militärdienst ableisten zu müssen und, dass die Behörden ihn festnehmen würden. Zudem fügte er auf Nachfrage hinzu, dass er in Syrien ein paar Mal von den Sicherheitsbehörden angehalten worden sei. Einmal sei er drei Monate in Haft gewesen, einmal fünfzehn Tage und einmal eine Woche.
Am XXXX wurde der Bf von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren: belangte Behörde) und in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen.Am römisch 40 wurde der Bf von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Weiteren: belangte Behörde) und in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Bf an, dass er aus Syrien geflohen sei, weil er die Schule nicht mehr besuchen habe können. Er sei auch inhaftiert, sexuell belästigt und gefoltert worden. Dann habe die syrische Regierung die Kontrolle in ihrem Gebiet übernommen und er habe Angst gehabt, den Militärdienst machen zu müssen. Er wolle keinen Militärdienst leisten. Im Falle der Rückkehr nach Syrien befürchte er inhaftiert zu werden, da er als Verräter gesehen werde und außerdem müsse er den Militärdienst leisten. Er werde jedoch niemals für die Personen kämpfen, die seinen Vater getötet hätten.
Mit dem im Spruch bezeichneten, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Bf auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.). Mit dem im Spruch bezeichneten, angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Bf auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Der Bf erhob gegen Spruchpunkt I. des Bescheids fristgerecht Beschwerde. Er brachte im Wesentlichen vor, dass sich sein Herkunftsort unter der Kontrolle des syrischen Regimes befinde und er sich im wehrfähigen Alter befinde. Da die Region zuvor von oppositionellen Milizen kontrolliert worden sei, sei das syrische Regime in Bezug auf die wehrpflichtigen Männer besonders streng und schicke diese an die vorderste Front. Zudem brachte er vor, dass sein Vater Mitarbeiter der syrischen Regierung gewesen sei und dieser in einem Bericht beschuldigt worden sei, die Opposition zu unterstützen und diese zu finanzieren. Aufgrund dieser Anschuldigungen sei sein Vater im Jahr 2014 festgenommen worden und seither nicht mehr aufgetaucht und sei der Familie eine Sterbeurkunde ausgehändigt worden. Zudem wies der Bf darauf hin, dass auch er selbst drei Mal vom syrischen Regime festgenommen worden sei, da er verdächtigt worden sei, der Opposition anzugehören. Während der Inhaftierung sei der Bf von den Soldaten zur Vornahme von sexuellen Handlungen genötigt worden. In Zusammenschau würde dem Bf aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung eine oppositionelle Gesinnung vom syrischen Regime unterstellt werden und sei er in Syrien asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt. Zudem gehöre er der sozialen Gruppe der wehrfähigen syrischen Männer an. Einen Freikauf vom Wehrdienst könne sich der Bf nicht leisten.Der Bf erhob gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheids fristgerecht Beschwerde. Er brachte im Wesentlichen vor, dass sich sein Herkunftsort unter der Kontrolle des syrischen Regimes befinde und er sich im wehrfähigen Alter befinde. Da die Region zuvor von oppositionellen Milizen kontrolliert worden sei, sei das syrische Regime in Bezug auf die wehrpflichtigen Männer besonders streng und schicke diese an die vorderste Front. Zudem brachte er vor, dass sein Vater Mitarbeiter der syrischen Regierung gewesen sei und dieser in einem Bericht beschuldigt worden sei, die Opposition zu unterstützen und diese zu finanzieren. Aufgrund dieser Anschuldigungen sei sein Vater im Jahr 2014 festgenommen worden und seither nicht mehr aufgetaucht und sei der Familie eine Sterbeurkunde ausgehändigt worden. Zudem wies der Bf darauf hin, dass auch er selbst drei Mal vom syrischen Regime festgenommen worden sei, da er verdächtigt worden sei, der Opposition anzugehören. Während der Inhaftierung sei der Bf von den Soldaten zur Vornahme von sexuellen Handlungen genötigt worden. In Zusammenschau würde dem Bf aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung eine oppositionelle Gesinnung vom syrischen Regime unterstellt werden und sei er in Syrien asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt. Zudem gehöre er der sozialen Gruppe der wehrfähigen syrischen Männer an. Einen Freikauf vom Wehrdienst könne sich der Bf nicht leisten.
Mit Schreiben vom XXXX legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.Mit Schreiben vom römisch 40 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom XXXX gab die belangte Behörde bekannt, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters an der anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei.Mit Schreiben vom römisch 40 gab die belangte Behörde bekannt, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters an der anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine mündliche Verhandlung durch. Die Verhandlungsschrift wurde der belangten Behörde am XXXX zur Kenntnis übermittelt. Das Bundesverwaltungsgericht führte am römisch 40 eine mündliche Verhandlung durch. Die Verhandlungsschrift wurde der belangten Behörde am römisch 40 zur Kenntnis übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Bf führt die im Spruch genannten Personalien. Er ist syrischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Araber an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist ledig und kinderlos.
Der Bf wurde im Gouvernement Damaskus, im Dorf XXXX geboren. Im Jahr 2012 wurde die Familie des Bf von dort vertrieben und wuchs er seither im Gouvernement XXXX , im Dorf XXXX (auch XXXX genannt) gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern auf. Er lebte dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jänner 2021. Sodann lebte er – zwei Jahre - bis Februar 2023 in der Türkei. Der Bf besuchte zwölf Jahre lang die Schule. Der Bf erlernte keinen Beruf. Er hat in Syrien nicht gearbeitet. Er hat in der Türkei in einer Firma für Kartons und auf Baustellen gearbeitet.Der Bf wurde im Gouvernement Damaskus, im Dorf römisch 40 geboren. Im Jahr 2012 wurde die Familie des Bf von dort vertrieben und wuchs er seither im Gouvernement römisch 40 , im Dorf römisch 40 (auch römisch 40 genannt) gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern auf. Er lebte dort bis zu seiner Ausreise aus Syrien im Jänner 2021. Sodann lebte er – zwei Jahre - bis Februar 2023 in der Türkei. Der Bf besuchte zwölf Jahre lang die Schule. Der Bf erlernte keinen Beruf. Er hat in Syrien nicht gearbeitet. Er hat in der Türkei in einer Firma für Kartons und auf Baustellen gearbeitet.
Der Vater des Bf, XXXX , 52 Jahre alt, ist verstorben. Die Mutter des Bf, XXXX , 42 Jahre alt, lebt in XXXX . Der Bruder des Bf, XXXX , 19 Jahre alt, lebt im Irak in XXXX . Die Schwester des Bf, XXXX , 25 Jahre alt, lebt in XXXX bei der Mutter des Bf. Die Schwester des Bf, XXXX , 17 Jahre alt, lebt in XXXX bei der Mutter des Bf. Die Schwester des Bf, XXXX , 13 Jahre alt, lebt in XXXX bei der Mutter des Bf. Der Vater des Bf, römisch 40 , 52 Jahre alt, ist verstorben. Die Mutter des Bf, römisch 40 , 42 Jahre alt, lebt in römisch 40 . Der Bruder des Bf, römisch 40 , 19 Jahre alt, lebt im Irak in römisch 40 . Die Schwester des Bf, römisch 40 , 25 Jahre alt, lebt in römisch 40 bei der Mutter des Bf. Die Schwester des Bf, römisch 40 , 17 Jahre alt, lebt in römisch 40 bei der Mutter des Bf. Die Schwester des Bf, römisch 40 , 13 Jahre alt, lebt in römisch 40 bei der Mutter des Bf.
Der Herkunftsort des Bf steht unter Kontrolle des syrischen Regimes.
Der Bf hat Kontakt zu seiner Familie.
Der Bf ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt.
Der Bf leidet zeitweise an depressiven und traurigen Phasen, befindet sich aber nicht in ärztlicher Behandlung. Ansonsten ist der Bf gesund.
Der Bf ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Der Bf ist 23 Jahre alt und hat seinen Wehrdienst für das syrische Regime noch nicht abgeleistet. Der Bf befindet sich im wehrpflichtigen Alter. Der Bf verfügt über kein Militärbuch. Er erhielt keinen Einberufungsbefehl.
Die syrischen Behörden unterstellen nicht sämtlichen Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung und haben sich auch im Fall des Bf keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Insbesondere weist der Bf keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen das syrische Regime oder gegen den Dienst an der Waffe an sich auf.
Der Vater des Bf war nicht Mitarbeiter der syrischen Regierung. Der Bf wurde in Syrien nicht mehrfach wegen der Tätigkeit seines Vaters bzw. wegen seinem Vater vom syrischen Regime inhaftiert. Der Bf wurde von Angehörigen des syrischen Regimes nicht gefoltert.
Der Bf war nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung geraten. Er hat in Syrien keine Straftaten begangen und wurde nie verhaftet.
Dem Bf droht keine Gefahr, wegen der illegalen Ausreise oder der Asylantragstellung in Österreich mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
Aufgrund der Herkunft des Bf aus einem ehemalig durch andere Kriegsparteien kontrollierten Gebiet ergibt sich für ihn keine Verfolgungsgefahr.
Der Bf kann nur über die Grenzübergänge, die in der Hand des syrischen Regimes sind, wie jene zum Libanon oder über den Flughafen von Damaskus, sicher und legal nach Syrien zurückkehren.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Syrien vom 27.03.2024, Version 11:
[…]
1.3.1. Sicherheitslage
[…]
Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien
Letzte Änderung 2024-03-08 19:46
Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vgl. GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vgl. CFR 24.1.2024).Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vgl. SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) (Anm.: siehe dazu auch das Überkapitel Sicherheitslage).Mittlerweile hat das Assad-Regime, unterstützt von Russland und Iran, unterschiedlichen Quellen zu Folge zwischen 60 Prozent (INSS 24.4.2022; vergleiche GIS 23.5.2022) und 70 Prozent des syrischen Territoriums wieder unter seine Kontrolle gebracht (USCIRF 11.2022; EUAA 9.2022; vergleiche CFR 24.1.2024).Ausländische Akteure und regierungstreue Milizen üben erheblichen Einfluss auf Teile des Gebiets aus, das nominell unter der Kontrolle der Regierung steht (AM 23.2.2021; vergleiche SWP 3.2020, FP 15.3.2021, EUI 13.3.2020) Anmerkung, siehe dazu auch das Überkapitel Sicherheitslage).
[…]
Die zivilen Behörden haben nur begrenzten Einfluss auf ausländische militärische oder paramilitärische Organisationen, die in Syrien operieren, darunter russische Streitkräfte, die libanesische Hizbollah, die iranischen Revolutionswächter (IRGC) und regierungsnahe Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defence Forces - NDF), deren Mitglieder zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen haben (USDOS 20.3.2023). Für alle Regionen Syriens gilt dabei, dass eine pauschale ebenso wie eine abschließende Lagebeurteilung nicht möglich ist. Auch innerhalb der verschiedenen Einflussgebiete unterscheidet sich die Lage teilweise von Region zu Region und von Ort zu Ort (AA 2.2.2024).
Die Sicherheitslage zwischen militärischen Entwicklungen und Menschenrechtslage
Ungeachtet der obigen Ausführungen bleibt Syrien bis hin zur subregionalen Ebene territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v. a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023). Die Regierung ist nicht in der Lage, alle von ihr kontrollierten Gebiete zu verwalten und bedient sich verschiedener Milizen, um einige Gebiete und Kontrollpunkte in Aleppo, Lattakia, Tartus, Hama, Homs und Deir ez-Zor zu kontrollieren (DIS/DRC 2.2019). Die Hizbollah und andere von Iran unterstützte schiitische Milizen kontrollieren derzeit rund 20 Prozent der Grenzen des Landes. Obwohl die syrischen Zollbehörden offiziell für die Grenzübergänge zum Irak (Abu Kamal), zu Jordanien (Nasib) und zum Libanon (al-Arida, Jdeidat, al-Jousiyah und al-Dabousiyah) zuständig sind, liegt die tatsächliche Kontrolle bei anderen: Die libanesische Grenze ist von der Hizbollah besetzt, die auf der syrischen Seite Stützpunkte eingerichtet hat (Zabadani, al-Qusayr), von denen aus sie die Bergregion Qalamoun beherrscht. Auch die irakischen schiitischen Milizen verwalten beide Seiten ihrer Grenze von Abu Kamal bis at-Tanf (WI 10.2.2021).
Vor allem Aleppo, die größte Stadt Syriens und ihr ehemaliger wirtschaftlicher Motor, bietet einen Einblick in die derzeitige Lage: Die Truppen des Regimes haben die primäre, aber nicht die ausschließliche Kontrolle über die Stadt, weil die Milizen, auch wenn sie nominell mit dem Regime verbündet sind, sich sporadische Zusammenstöße mit Soldaten und untereinander liefern und die Einwohner schikanieren. Die Rebellen sind vertrieben, kein ausländischer Akteur hat ein Interesse an einer erneuten Intervention, um das Regime herauszufordern, und die Bevölkerung ist durch den jahrelangen Krieg zu erschöpft und verarmt und zu sehr damit beschäftigt, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, um einen weiteren Aufstand zu führen. Außerdem konnten die meisten Einwohner der Stadt, die in von der Opposition gehaltene Gebiete oder ins Ausland vertrieben wurden, nicht zurückkehren, vor allem weil sie entweder die Einberufung oder Repressalien wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung am Aufstand fürchten (ICG 9.5.2022). Gebiete, in denen es viele Demonstrationen oder Rebellenaktivitäten gab, wie Ost-Ghouta, Damaskus oder Homs, werden nun auch verstärkt durch die Geheimdienste überwacht (Üngör 15.12.2021).
Andere Regionen wie der Westen des Landes, insbesondere die Gouvernements Tartus und Latakia (Kerneinflussgebiete des Assad-Regimes), blieben auch im Berichtszeitraum von aktiven Kampfhandlungen vergleichsweise verschont. Unverändert kam es hier nur vereinzelt zu militärischenAuseinandersetzungen, vorwiegend im Grenzgebiet zwischen Latakia und Idlib (AA 2.2.2024). Damaskus, insbesondere im Zentrum sowie die Provinz Latakia gelten als Gebiete mit relativ stabiler Sicherheitslage (NMFA 8.2023).
Unabhängig von militärischen Entwicklungen kommt es laut Vereinten Nationen (VN) und Menschenrechtsorganisationen zu massiven Menschenrechtsverletzungen durch verschiedene Akteure in allen Landesteilen, insbesondere auch in Gebieten unter Kontrolle des Regimes (AA 29.11.2021) [Anm.: Siehe dazu Kapitel Allgemeine Menschenrechtslage]. Die VN-Untersuchungskommission für Syrien hält es für wahrscheinlich, dass das Regime, seine russischen Verbündeten und andere regimetreue Kräfte Angriffe begangen haben, die durch Kriegsverbrechen gekennzeichnet sind und möglicherweise auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen. Dem Regime nahestehende paramilitärische Gruppen begehen Berichten zufolge häufige Verstöße und Misshandlungen, darunter Massaker, wahllose Tötungen, Entführungen von Zivilisten, extreme körperliche Misshandlungen, einschließlich sexueller Gewalt, und rechtswidrige Festnahmen (USDOS 20.3.2023). Die syrische Regierung und andere Konfliktparteien setzen weiterhin Verhaftungen und das Verschwindenlassen von Personen als Strategie zur Kontrolle und Einschüchterung der Zivilbevölkerung ein (GlobalR2P 31.5.2023; vgl. CC 3.11.2022). In Zentral-, West- und Südsyrien kommt es in den von der Regierung kontrollierten Gebieten systematisch zu willkürlichen Verhaftungen, Folterungen und Misshandlungen (GlobalR2P 1.12.2022) [Anm.: Siehe auch Kapitel Allgemeine Menschenrechtslage]. Aus den Gouvernements Dara’a, Quneitra und Suweida wurden in der ersten Jahreshälfte 2022 gezielte Tötungen, Sprengstoffanschläge, Schusswechsel, Zusammenstöße und Entführungen gemeldet, an denen Kräfte der syrischen Regierung und regierungsfreundliche Milizen, ehemalige Mitglieder bewaffneter Oppositionsgruppen, IS-Kämpfer und andere nicht identifizierte Akteure beteiligt waren (EUAA 9.2022). Generell kommt es in Quneitra trotz geringer Opferzahlen zu einer sehr hohen Anzahl an Angriffen, Kriminalfällen und Kampfhandlungen zwischen sich bekriegenden Fraktionen (NMFA 8.2023).Unabhängig von militärischen Entwicklungen kommt es laut Vereinten Nationen (VN) und Menschenrechtsorganisationen zu massiven Menschenrechtsverletzungen durch verschiedene Akteure in allen Landesteilen, insbesondere auch in Gebieten unter Kontrolle des Regimes (AA 29.11.2021) [Anm.: Siehe dazu Kapitel Allgemeine Menschenrechtslage]. Die VN-Untersuchungskommission für Syrien hält es für wahrscheinlich, dass das Regime, seine russischen Verbündeten und andere regimetreue Kräfte Angriffe begangen haben, die durch Kriegsverbrechen gekennzeichnet sind und möglicherweise auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen. Dem Regime nahestehende paramilitärische Gruppen begehen Berichten zufolge häufige Verstöße und Misshandlungen, darunter Massaker, wahllose Tötungen, Entführungen von Zivilisten, extreme körperliche Misshandlungen, einschließlich sexueller Gewalt, und rechtswidrige Festnahmen (USDOS 20.3.2023). Die syrische Regierung und andere Konfliktparteien setzen weiterhin Verhaftungen und das Verschwindenlassen von Personen als Strategie zur Kontrolle und Einschüchterung der Zivilbevölkerung ein (GlobalR2P 31.5.2023; vergleiche CC 3.11.2022). In Zentral-, West- und Südsyrien kommt es in den von der Regierung kontrollierten Gebieten systematisch zu willkürlichen Verhaftungen, Folterungen und Misshandlungen (GlobalR2P 1.12.2022) [Anm.: Siehe auch Kapitel Allgemeine Menschenrechtslage]. Aus den Gouvernements Dara’a, Quneitra und Suweida wurden in der ersten Jahreshälfte 2022 gezielte Tötungen, Sprengstoffanschläge, Schusswechsel, Zusammenstöße und Entführungen gemeldet, an denen Kräfte der syrischen Regierung und regierungsfreundliche Milizen, ehemalige Mitglieder bewaffneter Oppositionsgruppen, IS-Kämpfer und andere nicht identifizierte Akteure beteiligt waren (EUAA 9.2022). Generell kommt es in Quneitra trotz geringer Opferzahlen zu einer sehr hohen Anzahl an Angriffen, Kriminalfällen und Kampfhandlungen zwischen sich bekriegenden Fraktionen (NMFA 8.2023).
Seit der Rückeroberung der größtenteils landwirtschaftlich geprägten Provinz um Damaskus im Jahr 2018 versucht der syrische Präsident Bashar al-Assad, die Hauptstadt als einen ’Hort der Ruhe’ in einem vom Konflikt zerrissenen Land darzustellen (AN 1.7.2022; vgl. EUAA 9.2022). Nach mehreren Anschlägen in den Jahren zwischen 2020 bis 2023, bei denen bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) mittels Autobomben ins Visier genommen wurden (TSO 10.3.2020; vgl. COAR 25.10.2021) und mehreren Anschlägen im Zeitraum von April 2022 bis Juli 2022, bei denen mehrere Personen mit Regimenähe ins Visier genommen wurden (AN 1.7.2022), ist die Sicherheitslage vertraulichen Quellen des niederländischen Außenministeriums zufolge in Damaskus Stadt mit Stand August 2023 relativ stabil. Die Syrische Regierung hat sogar alle Checkpoints aus der Innenstadt entfernt, weil die Sicherheitslage sich insbesondere im Zentrum so stark gebessert hat (NMFA 8.2023). In Gebieten wie Dara?a, der Stadt Deir ez-Zor und Teilen von Aleppo und Homs sind Rückkehrer mit ihre Macht missbrauchenden regimetreuen Milizen, Sicherheitsproblemen wie Angriffen des IS, mit schweren Zerstörungen oder einer Kombination aus allen drei Faktoren konfrontiert (ICG 13.2.2020).Seit der Rückeroberung der größtenteils landwirtschaftlich geprägten Provinz um Damaskus im Jahr 2018 versucht der syrische Präsident Bashar al-Assad, die Hauptstadt als einen ’Hort der Ruhe’ in einem vom Konflikt zerrissenen Land darzustellen (AN 1.7.2022; vergleiche EUAA 9.2022). Nach mehreren Anschlägen in den Jahren zwischen 2020 bis 2023, bei denen bestimmte Personen (Zivilisten oder Militärpersonal) mittels Autobomben ins Visier genommen wurden (TSO 10.3.2020; vergleiche COAR 25.10.2021) und mehreren Anschlägen im Zeitraum von April 2022 bis Juli 2022, bei denen mehrere Personen mit Regimenähe ins Visier genommen wurden (AN 1.7.2022), ist die Sicherheitslage vertraulichen Quellen des niederländischen Außenministeriums zufolge in Damaskus Stadt mit Stand August 2023 relativ stabil. Die Syrische Regierung hat sogar alle Checkpoints aus der Innenstadt entfernt, weil die Sicherheitslage sich insbesondere im Zentrum so stark gebessert hat (NMFA 8.2023). In Gebieten wie Dara?a, der Stadt Deir ez-Zor und Teilen von Aleppo und Homs sind Rückkehrer mit ihre Macht missbrauchenden regimetreuen Milizen, Sicherheitsproblemen wie Angriffen des IS, mit schweren Zerstörungen oder einer Kombination aus allen drei Faktoren konfrontiert (ICG 13.2.2020).
Der Islamischer Staat (IS) verfügt über Rückzugsgebiete im syrisch-irakischen Grenzgebiet sowie in Zentralsyrien. Seit Anfang 2020 hat der IS Anschläge in fast allen Landesteilen durchgeführt und ist weiterhin grundsätzlich in der Lage, dies landesweit zu tun (AA 29.11.2021; Anm.: Siehe dazu auch Abschnitt „Provinz Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet“). Der IS ist unter anderem im Osten der Provinz Homs aktiv. Es kommt immer wieder zu Anschlägen und Überfällen auf Einheiten/Konvois der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021; vgl. DIS 5.2022). Von Februar bis April versuchen verarmte Syrer durch die Trüffelsuche Geld zum Überleben zu verdienen - trotz Lebensgefahr (France 24 8.3.2023) aufgrund der Präsenz von IS-Kämpfern und zahlreichen Landminen in der Wüste Zentralsyriens (TAZ 24.3.2023). Im Frühjahr 2023 wurde der IS für zahlreiche Übergriffe auf Trüffelsammler in der Badia-Wüste im Nordosten verantwortlich gemacht (AA 2.2.2024).Der Islamischer Staat (IS) verfügt über Rückzugsgebiete im syrisch-irakischen Grenzgebiet sowie in Zentralsyrien. Seit Anfang 2020 hat der IS Anschläge in fast allen Landesteilen durchgeführt und ist weiterhin grundsätzlich in der Lage, dies landesweit zu tun (AA 29.11.2021; Anmerkung, Siehe dazu auch Abschnitt „Provinz Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet“). Der IS ist unter anderem im Osten der Provinz Homs aktiv. Es kommt immer wieder zu Anschlägen und Überfällen auf Einheiten/Konvois der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021; vergleiche DIS 5.2022). Von Februar bis April versuchen verarmte Syrer durch die Trüffelsuche Geld zum Überleben zu verdienen - trotz Lebensgefahr (France 24 8.3.2023) aufgrund der Präsenz von IS-Kämpfern und zahlreichen Landminen in der Wüste Zentralsyriens (TAZ 24.3.2023). Im Frühjahr 2023 wurde der IS für zahlreiche Übergriffe auf Trüffelsammler in der Badia-Wüste im Nordosten verantwortlich gemacht (AA 2.2.2024).
Verschiebungen bei der militärischen Präsenz von Russland und Iran
Die russischen Kriegsanstrengungen in der Ukraine haben begonnen, sich spürbar auf Russlands militärische und diplomatische Haltung in Syrien auszuwirken (CC 3.11.2022; vgl. NYT 19.10.2022). Russland ist seit 2015 eine dominante militärische Kraft in Syrien und trägt dazu bei, das syrische Regime an der Macht zu halten (NYT 19.10.2022). Allerdings versucht Russland nun auch, seine Position in Europa zu stärken, indem es im Stillen seine Präsenz und sein Engagement in Syrien reduziert. Berichten zufolge wurden diese Soldaten teilweise durch russische Militärpolizisten ersetzt (CC 3.11.2022; vgl. NYT 19.10.2022). Die Bemühungen Russlands, seine Präsenz in Syrien zu verringern, haben auch diplomatische Manöver mit Iran und der Türkei ausgelöst. Iran hat das Vakuum genutzt, um seine Präsenz in Ostsyrien auszubauen (CC 3.11.2022). Obwohl Russland gezwungen war, die militärische Präsenz in Syrien aufgrund des Ukraine-Krieges zu reduzieren und Teile der territorialen Kontrollen an iranische Milizen abzutreten, wird diese von Russland noch immer als wichtig angesehen (ISPI 11.9.2023). Seine Präsenz nützte Russland zuletzt, um die US-amerikanischen Truppen unter Druck zu setzen, indem beispielsweise US-amerikanische Drohnen beschädigt werden, mit dem Ziel die USA aus Syrien zu vertreiben (TWI 27.11.2023).Die russischen Kriegsanstrengungen in der Ukraine haben begonnen, sich spürbar auf Russlands militärische und diplomatische Haltung in Syrien auszuwirken (CC 3.11.2022; vergleiche NYT 19.10.2022). Russland ist seit 2015 eine dominante militärische Kraft in Syrien und trägt dazu bei, das syrische Regime an der Macht zu halten (NYT 19.10.2022). Allerdings versucht Russland nun auch, seine Position in Europa zu stärken, indem es im Stillen seine Präsenz und sein Engagement in Syrien reduziert. Berichten zufolge wurden diese Soldaten teilweise durch russische Militärpolizisten ersetzt (CC 3.11.2022; vergleiche NYT 19.10.2022). Die Bemühungen Russlands, seine Präsenz in Syrien zu verringern, haben auch diplomatische Manöver mit Iran und der Türkei ausgelöst. Iran hat das Vakuum genutzt, um seine Präsenz in Ostsyrien auszubauen (CC 3.11.2022). Obwohl Russland gezwungen war, die militärische Präsenz in Syrien aufgrund des Ukraine-Krieges zu reduzieren und Teile der territorialen Kontrollen an iranische Milizen abzutreten, wird diese von Russland noch immer als wichtig angesehen (ISPI 11.9.2023). Seine Präsenz nützte Russland zuletzt, um die US-amerikanischen Truppen unter Druck zu setzen, indem beispielsweise US-amerikanische Drohnen beschädigt werden, mit dem Ziel die USA aus Syrien zu vertreiben (TWI 27.11.2023).
Israelische Luftschläge
Um die Präsenz Irans zu bekämpfen und die Weitergabe von Waffen an die Hizbollah zu verhindern, hat Israel häufig Luftangriffe gegen die syrische Regierung und die vom Iran unterstützten Milizen in ganz Syrien durchgeführt (CC 3.11.2022). Die israelischen Luftschläge gingen in den letzten Jahren in die Hunderte (Haaretz 18.2.2023).
Im Jahr 2021 erhöhte sich bereits das Ausmaß der israelischen Luftangriffe mit mindestens 56 Konfliktvorfällen (CC 3.11.2022). Im November 2021 wurde von zwei israelischen Angriffen auf Ziele in der Umgebung von Damaskus berichtet (NPA 3.11.2021). Am 28.12.2021 wurden Hafenanlagen in Latakia durch Luftschläge schwer beschädigt (AA 29.3.2023). Im Jahr 2022 fanden 31 israelische Luftangriffe statt, davon 19 im dritten Quartal 2022 (CC 3.11.2022). Seit Beginn 2022 kam es zudem zu israelischen Angriffen u. a. auf den Flughafen von Damaskus, wo sowohl zivile wie militärische Landebahnen getroffen wurden (JP 11.6.2022), bzw. der Flughafen vorübergehend gesperrt wurde (Ha’aretz 30.1.2023, vgl. AA 29.3.2023). Auch gab es am 5.7.2022 nahe der Stadt Tartus einen israelischen Angriff auf Luftabwehrsysteme (JP 5.7.2022).Im Jahr 2021 erhöhte sich bereits das Ausmaß der israelischen Luftangriffe mit mindestens 56 Konfliktvorfällen (CC 3.11.2022). Im November 2021 wurde von zwei israelischen Angriffen auf Ziele in der Umgebung von Damaskus berichtet (NPA 3.11.2021). Am 28.12.2021 wurden Hafenanlagen in Latakia durch Luftschläge schwer beschädigt (AA 29.3.2023). Im Jahr 2022 fanden 31 israelische Luftangriffe statt, davon 19 im dritten Quartal 2022 (CC 3.11.2022). Seit Beginn 2022 kam es zudem zu israelischen Angriffen u. a. auf den Flughafen von Damaskus, wo sowohl zivile wie militärische Landebahnen getroffen wurden (JP 11.6.2022), bzw. der Flughafen vorübergehend gesperrt wurde (Ha’aretz 30.1.2023, vergleiche AA 29.3.2023). Auch gab es am 5.7.2022 nahe der Stadt Tartus einen israelischen Angriff auf Luftabwehrsysteme (JP 5.7.2022).
Im Jahr 2023 erfolgten weitere Luftangriffe, darunter Angriffe auf den internationalen Flughafen Damaskus sowie auf den Flughafen Aleppos, bei denen Start- und Landebahnen beschädigt wurden, sodass der Flughafenbetrieb eingestellt werden musste (AA 2.2.2024). Seither gab es auch weitere Angriffsziele in Zusammenhang mit iranischen Milizen und der Hizbollah, darunter ein Ort im Stadtteil Kafr Sousa in Damaskus mit je nach Quelle divergierenden Zahlen zu den Todesopfern, welche von fünf bis 15 Personen reichten. Laut syrischer Version wurde in Kafr Sousa eine iranische Schule (Ha’aretz 18.2.2023) getroffen, während andere Quellen von einem militärischen Ziel ausgehen - hauptsächlich mit Iran-Konnex (Ha’aretz 22.2.2022). In der Region Aleppo sind pro-iranische Milizen besonders präsent (ORF 2.5.2023) (Anm.: Zu iranischen Waffenlieferungen über die Flughäfen Lattakia, Damaskus und Aleppo unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe nach den Erdbeben siehe Unterkapitel Gouvernment Lattakia). Mittlerweile soll die Beunruhigung der Bevölkerung wachsen, weil sie immer mehr bei diesen Angriffen in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach Russland sollen zunehmend auch syrische Kräfte sich weigern, mit iranischen Verbänden gemeinsam zu patrouillieren (Zenith 24.2.2023).Im Jahr 2023 erfolgten weitere Luftangriffe, darunter Angriffe auf den internationalen Flughafen Damaskus sowie auf den Flughafen Aleppos, bei denen Start- und Landebahnen beschädigt wurden, sodass der Flughafenbetrieb eingestellt werden musste (AA 2.2.2024). Seither gab es auch weitere Angriffsziele in Zusammenhang mit iranischen Milizen und der Hizbollah, darunter ein Ort im Stadtteil Kafr Sousa in Damaskus mit je nach Quelle divergierenden Zahlen zu den Todesopfern, welche von fünf bis 15 Personen reichten. Laut syrischer Version wurde in Kafr Sousa eine iranische Schule (Ha’aretz 18.2.2023) getroffen, während andere Quellen von einem militärischen Ziel ausgehen - hauptsächlich mit Iran-Konnex (Ha’aretz 22.2.2022). In der Region Aleppo sind pro-iranische Milizen besonders präsent (ORF 2.5.2023) Anmerkung, Zu iranischen Waffenlieferungen über die Flughäfen Lattakia, Damaskus und Aleppo unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe nach den Erdbeben siehe Unterkapitel Gouvernment Lattakia). Mittlerweile soll die Beunruhigung der Bevölkerung wachsen, weil sie immer mehr bei diesen Angriffen in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach Russland sollen zunehmend auch syrische Kräfte sich weigern, mit iranischen Verbänden gemeinsam zu patrouillieren (Zenith 24.2.2023).
US-Luftschläge in Syrien
Auch die USA gingen immer wieder gezielt mit Luftschlägen gegen Iran-nahe Akteure, aber auch ranghohe Kommandeure des sogenannten IS vor. Zugleich wurden US-Stützpunkte und von US-Kräften gesicherte Anlagen wiederholt Ziel von Drohnen- und Raketenangriffen, die nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte auf Iran-nahe Milizen zurückzuführen sind (AA 2.2.2024).
Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, al-Bukamal sowie al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Dem deutschen Auswärtigen Amt zufolge kann daher in keinem Landesteil Syriens von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
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1.3.2. Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung 2024-03-11 06:50
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022).
Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023). Um dem verpflichtenden Wehrdienst zu entgehen, melden sich manche Wehrpflichtige allerdings aufgrund der höheren Bezahlung auch freiwillig zur Vierten Division, die durch die von ihr kontrollierten Checkpoints Einnahmen generiert (EB 17.1.2023). Die 25. (Special Tasks) Division (bis 2019: Tiger Forces) rekrutiert sich dagegen ausschließlich aus Freiwilligen (DIS 4.2023).
Ausnahmen von der Wehrpflicht bestehen für Studenten, Staatsangestellte, aus medizinischen Gründen und für Männer, die die einzigen Söhne einer Familie sind. Insbesondere die Ausnahmen für Studenten können immer schwieriger inAnspruch genommen werden. Fallweise wurden auch Studenten eingezogen. In letzter Zeit mehren sich auch Berichte über die Einziehung von Männern, die die einzigen Söhne einer Familie sind (ÖB Damaskus 12.2022). Einer vertraulichen Quelle des niederländischen Außenministeriums zufolge sollen Männer auch unabhängig ihres Gesundheitszustandes eingezogen und in der Verwaltung eingesetzt worden sein (NMFA 8.2023).
Die im März 2020, Mai 2021 und Jänner 2022 vom Präsidenten erlassenen Generalamnestien umfassten auch einen Straferlass für Vergehen gegen das Militärstrafgesetz, darunter Fahnenflucht. Die Verpflichtung zum Wehrdienst bleibt davon unberührt (ÖB Damaskus 12.2022).
Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vgl. ICWA 24.5.2022).Binnenvertriebene sind wie andere Syrer zur Ableistung des Wehrdienstes verpflichtet und werden rekrutiert (FIS 14.12.2018). Auch geflüchtete Syrer, die nach Syrien zurückkehren, müssen mit Zwangsrekrutierung rechnen (AA 2.2.2024). Laut Berichten und Studien verschiedener Menschenrechtsorganisationen ist für zahlreiche Geflüchtete die Gefahr der Zwangsrekrutierung neben anderen Faktoren eines der wesentlichen Rückkehrhindernisse (AA 2.2.2024; vergleiche ICWA 24.5.2022).
Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind (NMFA 5.2022), bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht (AA 13.11.2018; vgl. Action PAL 3.1.2023, ACCORD 21.9.2022). Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA) (BAMF 2.2023, (AA 13.11.2018; vgl. ACCORD 21.9.2022). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien (ACCORD 21.9.2022; vgl. BAMF 2.2023).Männliche Nachkommen palästinensischer Flüchtlinge, die zwischen 1948 und 1956 nach Syrien kamen und als solche bei der General Administration for Palestinian Arab Refugees (GAPAR) registriert sind (NMFA 5.2022), bzw. palästinensische Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthalt in Syrien unterliegen ebenfalls der Wehrpflicht (AA 13.11.2018; vergleiche Action PAL 3.1.2023, ACCORD 21.9.2022). Ihren Wehrdienst leisten sie für gewöhnlich in einer Unterabteilung der syrischen Armee, die den Namen Palästinensische Befreiungsarmee trägt: Palestinian Liberation Army (PLA) (BAMF 2.2023, (AA 13.11.2018; vergleiche ACCORD 21.9.2022). Es konnten keine Quellen gefunden werden, die angeben, dass Palästinenser vom Reservedienst ausgeschlossen seien (ACCORD 21.9.2022; vergleiche BAMF 2.2023).
Frauen können als Berufssoldatinnen dem syrischen Militär beitreten. Dies kommt in der Praxis tatsächlich vor, doch stoßen die Familien oft auf kulturelle Hindernisse, wenn sie ihren weiblichen Verwandten erlauben, in einem so männlichen Umfeld zu arbeiten. Dem Vernehmen nach ist es in der Praxis häufiger, dass Frauen in niedrigeren Büropositionen arbeiten als in bewaffneten oder leitenden Funktionen. Eine Quelle erklärt dies damit, dass Syrien eine männlich geprägte Gesellschaft ist, in der Männer nicht gerne Befehle von Frauen befolgen (NMFA 5.2022).
Mit Stand Mai 2023 werden die regulären syrischen Streitkräfte immer noch von zahlreichen regierungsfreundlichen Milizen unterstützt (CIA 9.5.2023). Frauen sind auch regierungsfreundlichen Milizen beigetreten. In den Reihen der National Defence Forces (NDF) dienen ca. 1.000 bis 1.500 Frauen, eine vergleichsweise geringe Anzahl. Die Frauen sind an bestimmten Kontrollpunkten der Regierung präsent, insbesondere in konservativen Gebieten, um Durchsuchungen von Frauen durchzuführen (FIS 14.12.2018).
Die Umsetzung
Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vgl. DIS 7.2023).Bei der Einberufung neuer Rekruten sendet die Regierung Wehrdienstbescheide mit der Aufforderung, sich zum Militärdienst anzumelden, an Männer, die das wehrfähige Alter erreicht haben. Die Namen der einberufenen Männer werden in einer zentralen Datenbank erfasst. Männer, die sich beispielsweise im Libanon aufhalten, können mittels Bezahlung von Bestechungsgeldern vor ihrer Rückkehr nach Syrien überprüfen, ob sich ihr Name in der Datenbank befindet (DIS 5.2020). Laut Gesetz sind in Syrien junge Männer im Alter von 17 Jahren dazu aufgerufen, sich ihr Wehrbuch abzuholen und sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Im Alter von 18 Jahren wird man einberufen, um den Wehrdienst abzuleisten. Wenn bei der medizinischen Untersuchung ein gesundheitliches Problem festgestellt wird, wird man entweder vom Wehrdienst befreit oder muss diesen durch Tätigkeiten, die nicht mit einer Teilnahme an einer Kampfausbildung bzw. -einsätzen verbunden sind, ableisten (STDOK 8.2017; vergleiche DIS 7.2023).
Wenn eine Person physisch tauglich ist, wird sie entsprechend ihrer schulischen bzw. beruflichen Ausbildung eingesetzt. Die Rekruten müssen eine 45-tägige militärische Grundausbildung absolvieren. Männer mit niedrigem Bildungsstand werden häufig in der Infanterie eingesetzt, während Männer mit einer höheren Bildung oft in prestigeträchtigeren Positionen eingesetzt werden. Gebildetere Personen kommen damit auch mit höherer Wahrscheinlichkeit in Positionen, in denen sie über andere Personen Bericht erstatten oder diese bestrafen müssen (STDOK 8.2017).
Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in der Praxis auf unbestimmte Zeit eingezogen (NMFA 5.2022; vgl. AA 29.3.2022), wobei zuletzt von einer „Verkürzung“ des Wehrdienstes auf 7,5 Jahre berichtet wurde. Die tatsächliche Dauer richtet sich laut UNHCR Syrien jedoch nach Rang und Funktion der Betreffenden (ÖB Damaskus 12.2022). Personen, die aufgrund ihrer besonderen Fachkenntnisse von großem Wert für die Armee und nur schwer zu ersetzen sind, können daher über Jahre hinweg im Militärdienst gehalten werden. Personen, deren Beruf oder Fachwissen in der Gesellschaft sehr gefragt ist, wie z.B. Ärzte, dürfen eher nach Ablauf der offiziellen Militärdienstzeit ausscheiden (NMFA 5.2022).Obwohl die offizielle Wehrdienstzeit etwa zwei Jahre beträgt, werden Wehrpflichtige in de