TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/27 94/01/0405

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Veröffentlicht am 27.04.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in A, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Oktober 1993, Zl. 4.330.575/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Oktober 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der "früheren SFRJ", der am 14. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und am selben Tag den Asylantrag gestellt hat, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 20. Februar 1992, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen und ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht erfülle und der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei.

Sofern die belangte Behörde das Nichtvorliegen der Flüchtlingseigenschaft oder den Ausschließungsgrund gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. zutreffend angenommen hat, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers zu Recht abgewiesen.

Nach § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Die belangte Behörde nahm aufgrund der niederschriftlichen Befragung am 16. Oktober 1991 an, daß sich der Beschwerdeführer vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten habe. Verfolgungssicherheit sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. in einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Es müßten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit bestanden haben, ihn durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren.

Der Beschwerdeführer macht im Zusammenhang mit diesem Abweisungsgrund lediglich geltend, daß er ohne Reisedokumente eingereist sei. Ein neuer Reisepaß werde - wie amtsbekannt - von der Botschaft "Restjugoslawiens" in Wien nicht ausgestellt. Im Falle der Einreise in sein Heimatland drohe ihm als Deserteur eine Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren. Weiters müßten Deserteure bei Rückkehr befürchten, daß sie sofort zum Militärdienst eingezogen würden und unter verschärften Bedingungen Kriegsdienst leisten müßten. "Eine Abweisung des Asylantrages für den Beschwerdeführer, welche aufgrund einer Abweisung des Asylantrages in Österreich erfolgen würde", biete "jedoch nunmehr keine Gewähr dafür, daß eine weitere Abschiebung von Ungarn nach Restjugoslawien" unterbleibe. Insbesonders müsse "berücksichtigt werden, daß selbst nach dem Österreichischen Asylrecht eine positive Erledigung eines Asylantrages dann nicht möglich ist, wenn in einem anderen Land bereits ein Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde". Es stehe daher nunmehr die Befürchtung offen, daß aufgrund dieses Umstandes letztendlich die Abschiebung nach Restjugoslawien drohe.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist entgegenzuhalten, daß für die Frage der Verfolgungssicherheit die Situation in einem Drittstaat VOR DER EINREISE des Asylwerbers in das Bundesgebiet maßgeblich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162). Die Frage der Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ungarn nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages ist allein aufgrund der dabei anzuwendenden fremdenrechtlichen Vorschriften (§ 37 Fremdengesetz) zu beurteilen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Umstand, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers nach einer allfälligen Abschiebung nach Ungarn in Ungarn abgewiesen würde, weil sein Asylantrag in Österreich bereits abgewiesen wurde, berührt im übrigen die Frage des Vorliegens der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/01/0344).

Da der Beschwerdeführer nicht behauptet hat, daß Ungarn, das der Genfer Flüchtlingskonvention am 14. März 1989 mit Wirksamkeit für den 12. Juni 1989 (siehe Art. 43 der Genfer Flüchtlingskonvention) und mit der Maßgabe, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird, beigetreten ist (vgl. BGBl. Nr. 260/1992), die sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht einhalte und daher der Beschwerdeführer in Ungarn vor seiner Einreise in Österreich nicht vor Verfolgung und vor Abschiebung in sein Heimatland sicher gewesen wäre, kann im Hinblick auf die hg. Judikatur zur "Verfolgungsicherheit" (siehe insbesondere die Erkenntnisse vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) der Annahme der belangten Behörde, § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 sei anzuwenden, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Der Umstand, daß der vorliegende Fall im Hinblick auf die Vollziehung von § 3 in Verbindung mit § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 in allen für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, Zl. G 92, 93/94) jenem gleicht, der dem hg. Erkenntnis vom 25. August 1994, Zl. 94/19/0435, zugrundelag, kann der Beschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen.

Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nicht in Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994010405.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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