Entscheidungsdatum
12.09.2024Norm
AsylG 2005 §3 Abs3 Z2Spruch
W226 2278027-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2023, Zl. 1316498110-222280252, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.07.2024, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2023, Zl. 1316498110-222280252, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.07.2024, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen. römisch eins. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuerkannt. römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuerkannt.
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.
III. Der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben. römisch III. Der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides wird ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: „BF“), ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 23.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am 24.07.2022 erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, am XXXX in Syrien geboren zu sein. Im Herkunftsland seien nach wie vor die Eltern, die 17-jährige Gattin, zwei Brüder und eine Schwester des BF aufhältig. Zwei weitere Schwestern würden in der Türkei leben. 2. Im Rahmen der am 24.07.2022 erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, am römisch 40 in Syrien geboren zu sein. Im Herkunftsland seien nach wie vor die Eltern, die 17-jährige Gattin, zwei Brüder und eine Schwester des BF aufhältig. Zwei weitere Schwestern würden in der Türkei leben.
Zum Fluchtgrund führte der BF aus, dass er in Syrien zum Militärdienst müsse und die Türkei wieder begonnen habe, die von der kurdischen Miliz kontrollierten Gebiete zu bombardieren. Er habe Angst um sein Leben und sei deshalb geflüchtet. Bei einer Rückkehr befürchte er, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Er habe Angst vor dem Sterben.
3. Am 15.05.2023 erfolgte eine Einvernahme des BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: „BFA“). Dabei gab der BF im Wesentlichen an, in XXXX , Syrien, geboren zu sei. Er bekenne sich zum sunnitischen Islam und gehöre der Volksgruppe der Araber an. Der BF sei seit XXXX mit seiner Cousine verheiratet. Das Geburtsdatum seiner Gattin sei offiziell der XXXX . Tatsächlich sei sie aber zwei Jahre älter. Die Angehörigen des BF seien nach wie vor in XXXX aufhältig und er stehe in regelmäßigem Kontakt zu diesen. Der BF habe nach seiner Ausreise aus dem Herkunftsland etwa sieben Jahre in der Türkei gelebt, bevor er wegen des zunehmenden Rassismus weiter nach Österreich gereist sei.3. Am 15.05.2023 erfolgte eine Einvernahme des BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: „BFA“). Dabei gab der BF im Wesentlichen an, in römisch 40 , Syrien, geboren zu sei. Er bekenne sich zum sunnitischen Islam und gehöre der Volksgruppe der Araber an. Der BF sei seit römisch 40 mit seiner Cousine verheiratet. Das Geburtsdatum seiner Gattin sei offiziell der römisch 40 . Tatsächlich sei sie aber zwei Jahre älter. Die Angehörigen des BF seien nach wie vor in römisch 40 aufhältig und er stehe in regelmäßigem Kontakt zu diesen. Der BF habe nach seiner Ausreise aus dem Herkunftsland etwa sieben Jahre in der Türkei gelebt, bevor er wegen des zunehmenden Rassismus weiter nach Österreich gereist sei.
Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, nicht zurück nach Syrien gehen zu wollen um dort zu sterben. Er fürchte, von der Regierung wegen des Militärdienstes festgenommen zu werden. Auch die Kurden, welche in XXXX regieren, würden zum Militär einziehen. Der BF wolle keine Waffe tragen und kämpfen. Der BF habe kein Militärbuch und sei auch nicht zur Stellung einberufen worden. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, nicht zurück nach Syrien gehen zu wollen um dort zu sterben. Er fürchte, von der Regierung wegen des Militärdienstes festgenommen zu werden. Auch die Kurden, welche in römisch 40 regieren, würden zum Militär einziehen. Der BF wolle keine Waffe tragen und kämpfen. Der BF habe kein Militärbuch und sei auch nicht zur Stellung einberufen worden.
In Österreich verfüge der BF über soziale Anknüpfungspunkte in Form von zwei Cousins und einem Onkel.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 04.08.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 02.07.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 wurde auch der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat Syrien unzulässig sei (Spruchpunkt II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). 4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 04.08.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 02.07.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 2 und Absatz 2, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins, AsylG 2005 wurde auch der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat Syrien unzulässig sei (Spruchpunkt römisch II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte die Behörde aus, dass die Ehefrau des BF bei der Eheschließung XXXX alt gewesen sei. Nach syrischem Recht sei das Ehemündigkeitsalter mit 18 Jahren festgelegt und eine Heirat vor Erreichen dieser Altersgrenze nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, welche im Fall des BF nicht vorliegen würden. Der BF habe dadurch einen Asylausschlussgrund verwirklicht. Auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei dem BF aus diesem Grund nicht zuzuerkennen. Im Hinblick auf die aktuelle Lage im Herkunftsstaat sei eine Abschiebung nach Syrien aber derzeit unzulässig. Begründend führte die Behörde aus, dass die Ehefrau des BF bei der Eheschließung römisch 40 alt gewesen sei. Nach syrischem Recht sei das Ehemündigkeitsalter mit 18 Jahren festgelegt und eine Heirat vor Erreichen dieser Altersgrenze nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, welche im Fall des BF nicht vorliegen würden. Der BF habe dadurch einen Asylausschlussgrund verwirklicht. Auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei dem BF aus diesem Grund nicht zuzuerkennen. Im Hinblick auf die aktuelle Lage im Herkunftsstaat sei eine Abschiebung nach Syrien aber derzeit unzulässig.
5. Mit Information zur Rechtsberatung vom 04.08.2023 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.5. Mit Information zur Rechtsberatung vom 04.08.2023 wurde dem BF gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom 01.09.2023 fristgerecht Beschwerde. Begründend führte er aus, dass der BF entgegen der Annahme der Behörde keine unmündige Minderjährige geheiratet habe, sondern sei die Ehefrau zum Zeitpunkt der Heirat bereits mündig gewesen. Es liege daher kein Ausschlussgrund für Asyl oder subsidiären Schutz vor. Ferner wurde ausgeführt, dass sich der BF im wehrpflichtigen Alter befinde und im Herkunftsland weder für die Kurden noch für das syrische Regime oder andere Gruppierungen kämpfen wolle.
7. Am 16.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung statt, im Rahmen welcher der BF unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache einvernommen wurde. Die Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.
8. Am 17.07.2024 langte eine Stellungnahme des BF beim BVwG ein, mit welchem er auch Beweismittel hinsichtlich des Aufenthalts des Bruders des BF in Deutschland vorlegte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Syrien und gehört der Volksgruppe der Araber an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Seine Identität steht nicht fest.
Der BF wurde in XXXX , Syrien, geboren und war dort bis zu seiner Ausreise wohnhaft. Als Herkunftsgebiet des BF ist somit die im Gouvernement XXXX gelegene Region XXXX anzusehen. Das Herkunftsgebiet liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens. Im Herkunftsland hat der BF neun Jahre die Grundschule besucht und arbeitete anschließend fünf Jahre als Schlosser.Der BF wurde in römisch 40 , Syrien, geboren und war dort bis zu seiner Ausreise wohnhaft. Als Herkunftsgebiet des BF ist somit die im Gouvernement römisch 40 gelegene Region römisch 40 anzusehen. Das Herkunftsgebiet liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens. Im Herkunftsland hat der BF neun Jahre die Grundschule besucht und arbeitete anschließend fünf Jahre als Schlosser.
Der BF ist verheiratet und hat keine Kinder.
In Syrien sind weiterhin die Eltern, die Gattin, ein Bruder sowie eine Schwester des BF aufhältig, mit welchen der BF in Kontakt steht. Die Angehörigen leben nach wie vor in XXXX . Zwei Schwestern des BF leben in der Türkei und ein Bruder hält sich in Deutschland auf. In Syrien sind weiterhin die Eltern, die Gattin, ein Bruder sowie eine Schwester des BF aufhältig, mit welchen der BF in Kontakt steht. Die Angehörigen leben nach wie vor in römisch 40 . Zwei Schwestern des BF leben in der Türkei und ein Bruder hält sich in Deutschland auf.
Im Dezember 2021 verließ der BF sein Herkunftsland und reiste zunächst in die Türkei, wo er sich etwa fünf Monate aufhielt, bevor er weiter nach Österreich reiste.
Der BF reiste spätestens am 23.07.2022 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an ebendiesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 04.08.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 Z 1 AsylG wies die Behörde auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab und stellte gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 fest, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat Syrien unzulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen diesen Bescheid wurde am 01.09.2023 fristgerecht Beschwerde erhoben. Der BF reiste spätestens am 23.07.2022 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte an ebendiesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 04.08.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 2 und Absatz 2, AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins, AsylG wies die Behörde auch den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten ab und stellte gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 fest, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat Syrien unzulässig ist (Spruchpunkt römisch II.). Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gegen diesen Bescheid wurde am 01.09.2023 fristgerecht Beschwerde erhoben.
Der BF ist gesund und nimmt keine Medikamente.
1.2. Zum Fluchtvorbringen und der Rückkehrgefährdung des BF:
Der BF ist bei einer Rückkehr nach Syrien in seine – kurdische - Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Einziehung oder Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee ausgesetzt. Der BF hat den gesetzlich verpflichtenden Grundwehrdienst in der syrischen Armee nicht geleistet. Er war nicht bei der Stellung bzw. Musterung und hat diesbezüglich auch keine Aufforderung erhalten.
Zudem steht die Herkunftsregion des BF nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet der syrischen Zentralregierung, sondern unter der Kontrolle der Kurden. Darüber hinaus ist die Herkunftsregion des BF auch ohne Kontakt zu den syrischen Behörden erreichbar.
In der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“, in der sich die Herkunftsregion des BF befindet, sind Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) zum „Wehrdienst“ verpflichtet. Der BF unterliegt daher grundsätzlich der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ nicht mehr.
Im Falle einer Einziehung zum „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ würden dem BF bei einer theoretischen, in der Zukunft liegenden Weigerung, der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ nachzukommen, keine unverhältnismäßigen Sanktionen drohen und wäre der BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Beteiligung an Kampfhandlungen verpflichtet. Er wäre nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verlegung an die Front ausgesetzt und müsste sich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an der Begehung von Menschenrechtsverletzungen beteiligen.
Dem BF droht im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische und/oder psychische Gewalt asylrelevanter Intensität aufgrund seiner Herkunft aus einem oppositionellen Gebiet.
Ebenso droht dem BF auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien, seinem Aufenthalt und seiner Asylantragstellung in Europa bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist, sich im Ausland aufgehalten hat und dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
1.3. Zu möglichen Ausschlussgründen von der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:
Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und wurde auch in keinem anderen Land wegen eines Vergehens oder Verbrechens verurteilt.
Der BF heiratete im September XXXX . Diese war somit zum Zeitpunkt der Eheschließung XXXX , der BF war XXXX Jahre alt. Die Ehe wurde unter Mitwirkung der Väter des Brautpaares geschlossen. Die Zustimmung des Vormunds zur Eheschließung lag also vor. Bei der Gattin des BF handelt es sich um die Cousine des BF. Der BF heiratete im September römisch 40 . Diese war somit zum Zeitpunkt der Eheschließung römisch 40 , der BF war römisch 40 Jahre alt. Die Ehe wurde unter Mitwirkung der Väter des Brautpaares geschlossen. Die Zustimmung des Vormunds zur Eheschließung lag also vor. Bei der Gattin des BF handelt es sich um die Cousine des BF.
Das Ehemündigkeitsalter liegt in Syrien bei 18 Jahren für Männer und 17 Jahren für Frauen. Eine Eheschließung ist jedoch schon möglich, wenn ein Junge das 15. Lebensjahr und ein Mädchen das 13. Lebensjahr vollendet hat. Diese benötigt zwingend die Mitwirkung des jeweiligen Ehevormundes, welcher im Regelfall der Vater ist. Für ein legales Zustandekommen braucht es des Weiteren einen richterlichen Dispens, welcher in einem Eheschließungsverfahren an einem Schariagericht beantragt werden kann. Es wird geprüft, ob beide Seiten sowohl ehewillig als auch „physisch reif genug“ sind. Außerdem gilt eine vom Ehevormund geschlossene Ehe einer Minderjährigen bis zu ihrer ausdrücklichen Genehmigung als schwebend unwirksam und kann auf Antrag der Parteien aufgelöst werden.
Obwohl Ehen ohne Zwang und in ihrem Willen frei geschlossen werden müssen, ist eine durch Zwang geschlossene Ehe aber nicht nichtig, sondern fehlerhaft. D.h., dass die Ehe zustande kommt, aber dass jeder der beiden Gatten die Auflösung fordern kann.
Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass eine Eheschließung ohne vorherige richterliche Genehmigung mit einem Mädchen, das das 13., aber noch nicht das 17. Lebensjahr vollendet hat, in Syrien in irgendeiner Weise strafbar wäre. Das Gesetz kennt auch keine Vergewaltigung in der Ehe und sieht eine Strafmilderung oder Strafaussetzung vor, wenn der Vergewaltiger das Opfer heiratet. Ebensowenig liegen Hinweise darauf vor, dass eine Eheschließung mit einem Mädchen, das das 13. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, strafbar wäre, obwohl eine solche Ehe nach syrischem Recht nicht möglich wäre. Die Eheschließung des BF wurde trotz des Alters der Braut durch ein Gericht bestätigt.
Ein Imam, der informell an einer Ehe mitwirkt, die nicht vorher gerichtlich angezeigt worden ist, ist grundsätzlich mit einer Geldstrafe zwischen 500 und 2.000 syrischen Lira zu bestrafen (Art. 470 Strafgesetzbuch). Dasselbe gilt für beide Vertragsparteien, den Ehevormund, den Stellvertreter und die Zeugen der Eheschließung (Art. 472 Strafgesetzbuch). In der Praxis werden diese Strafen nicht angewandt. Informelle Eheschließungen werden überhaupt nicht verfolgt. Durch das Eingehen einer informellen, nicht gerichtlich angezeigten Ehe hat der BF eine Verwaltungsübertretung gesetzt und hätte mit einer Geldstrafe zu rechnen, in der Praxis wird dieses Gesetz aber nicht angewandt.Ein Imam, der informell an einer Ehe mitwirkt, die nicht vorher gerichtlich angezeigt worden ist, ist grundsätzlich mit einer Geldstrafe zwischen 500 und 2.000 syrischen Lira zu bestrafen (Artikel 470, Strafgesetzbuch). Dasselbe gilt für beide Vertragsparteien, den Ehevormund, den Stellvertreter und die Zeugen der Eheschließung (Artikel 472, Strafgesetzbuch). In der Praxis werden diese Strafen nicht angewandt. Informelle Eheschließungen werden überhaupt nicht verfolgt. Durch das Eingehen einer informellen, nicht gerichtlich angezeigten Ehe hat der BF eine Verwaltungsübertretung gesetzt und hätte mit einer Geldstrafe zu rechnen, in der Praxis wird dieses Gesetz aber nicht angewandt.
Der BF hat durch die Heirat mit einem XXXX jährigen Mädchen keine in Syrien mit Verfolgung bedrohte Handlung gesetzt. Der BF hat durch die Heirat mit einem römisch 40 jährigen Mädchen keine in Syrien mit Verfolgung bedrohte Handlung gesetzt.
1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
Es kann unverändert nicht davon ausgegangen werden, dass für den BF aktuell – auch wenn dieser gesund und arbeitsfähig ist – eine zulässige Rückkehrsituation bezogen auf seinen Herkunftsstaat Syrien vorliegt.
1.5. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsland:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
? Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2024 (LIB)
? UNHCR Erwägungen zum Schutzbedarf von syrischen Staatsangehörigen aus März 2021 (UNHCR)
? EUAA Country Guidance: Syria aus Februar 2023 (EUAA)
? ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Voraussetzungen für Einreise syrischer Staatsangehöriger in Gebiete unter Kontrolle der SDF/YPG in Nordostsyrien; Legale Einreise aus dem Irak bzw. der Türkei; Informationen zum Grenzübergang Semalka – Faysh Kabur; Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Nordostsyrien und der Türkei/dem Irak [a-11859-1]“ vom 06.05.2022
? ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Kontrollen durch Sicherheitsbehörden bei Einreise, Auswirkungen von negativem Asylbescheid [a-12124-5] vom 09.06.2023
? ACCORD vom 06.09.2023, Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften, Dokument 2096372
? Staatendokumentation vom 25.10.2023, Syrien Grenzübergänge
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Syrien, Eheschließung mit Minderjähriger“ vom 04.04.2023:
? Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Syrien, Mindestalter für Verlöbnis und Ehe, Schutzalter für Geschlechtsverkehr, Strafmaß bei schwerem sexuellem Missbrauch von Unmündigen“ vom 15.12.2021
Sicherheitslage:
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgu