RS Vfgh 2024/10/3 V51/2024 (V51/2024-9)

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Veröffentlicht am 03.10.2024
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z1
StGG Art5
Stmk BauG §5, §9
Stmk RaumOG 2010 §8, §26, §30, §40
Flächenwidmungsplan 1.00 des Gemeinderats der Marktgemeinde Scheifling vom 27.06.2019, 17.10.2019, 25.05.2020 und 02.07.2020 §9
VfGG §7 Abs1
  1. B-VG Art. 139 heute
  2. B-VG Art. 139 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  5. B-VG Art. 139 gültig von 30.11.1996 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 659/1996
  6. B-VG Art. 139 gültig von 01.01.1991 bis 29.11.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  7. B-VG Art. 139 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  8. B-VG Art. 139 gültig von 21.07.1962 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 205/1962
  9. B-VG Art. 139 gültig von 19.12.1945 bis 20.07.1962 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  10. B-VG Art. 139 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung einer Bebauungsplanzonierung der Marktgemeinde Scheifling betreffend das Erfordernis einer Bebauungsplanung für bestimmte Grundstücke; Verletzung der Verpflichtung zur Erlassung eines Bebauungsplans binnen 18 Monaten durch den Gemeinderat; Bestehen eines effektiven Bauverbots auf Grund der Nichterlassung des Bebauungsplans stellt eine – nicht mehr vom fairen Gleichgewicht der öffentlichen und privaten Interessen getragene – unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkung dar

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit des §9 iVm Blatt AA18-3 (Bebauungsplanzonierungsplan) des Flächenwidmungsplans 1.00 der Marktgemeinde Scheifling, beschlossen im Gemeinderat am 27.06.2019, 17.10.2019, 25.05.2020 und 02.07.2020 soweit damit für das Grundstück Nr 269, EZ539, KG 65320 Scheifling, die Erforderlichkeit einer Bebauungsplanung vorgesehen wird.Gesetzwidrigkeit des §9 in Verbindung mit Blatt AA18-3 (Bebauungsplanzonierungsplan) des Flächenwidmungsplans 1.00 der Marktgemeinde Scheifling, beschlossen im Gemeinderat am 27.06.2019, 17.10.2019, 25.05.2020 und 02.07.2020 soweit damit für das Grundstück Nr 269, EZ539, KG 65320 Scheifling, die Erforderlichkeit einer Bebauungsplanung vorgesehen wird.

Sieht der Verordnungsgeber im Flächenwidmungsplan die Erlassung eines Bebauungsplans verpflichtend vor, so bewirkt er damit, solange er keinen Bebauungsplan erlässt, ein effektives Bauverbot auf dem betreffenden Grundstück. §40 Abs8 StROG und §9 des Flächenwidmungsplans 1.00 der Marktgemeinde Scheifling bestimmen, dass Baubewilligungen erst nach Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplans erteilt werden dürfen. Der Landesgesetzgeber sieht daher vor, dass die jeweilige Gemeinde spätestens im "Anlassfall", insbesondere im Falle eines "Ansuchens um Erstellung des Bebauungsplans nach erfolgter Abklärung aller Vorfragen", Bebauungspläne zu erstellen, Verfahren zur Erstellung oder Änderung der Bebauungspläne unverzüglich nach Eintreten des Anlassfalles einzuleiten und spätestens innerhalb von 18 Monaten abzuschließen hat. Ein solches Verfahren hat somit mit der Erlassung eines Bebauungsplans – nicht mit deren Verweigerung – zu enden: Das "Abschließen" des Verfahrens zur Bebauungsplanerstellung besteht in der Kundmachung des Bebauungsplans. Aus §40 Abs1 und 8 StROG ergibt sich demnach, dass die Erstellung eines Bebauungsplans nicht im Ermessen der verordnungserlassenden Behörde liegt, sondern sie dazu verpflichtet ist, die Bebauungsplanung innerhalb einer bestimmten Frist vorzunehmen. Aus §40 Abs2 StROG ergibt sich ferner, dass die "den Raumordnungsgrundsätzen entsprechende Entwicklung der Struktur und Gestaltung des im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Baulandes und des Freilandes (Sondernutzungen)" mit der Bebauungsplanung und nicht durch ihre tatsächliche Verweigerung anzustreben ist. Ein Bebauungsplan ist daher jedenfalls zu erlassen, wenn der Flächenwidmungsplan dies vorsieht; die Planungsziele sind durch den Bebauungsplan anzustreben und die Erlassung des Bebauungsplans kann nicht mit Verweis auf die Raumordnungsgrundsätze verweigert werden. Lassen diese nämlich im Einzelfall keine Bebauung zu, so dürfte das betreffende Grundstück überhaupt nicht als Bauland gewidmet sein.

Das beim Bürgermeister der Marktgemeinde Scheifling eingebrachte, näher präzisierte Bauansuchen vom 27.11.2020 stellt einen Anlassfall dar, sodass die 18-monatige Frist für die "Gemeinde" (im konkreten Fall für den Gemeinderat der Marktgemeinde Scheifling als zur Verordnungserlassung berufene Gemeindebehörde) zur Erlassung eines Bebauungsplans in diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen hat. Offene Sachverhaltsfragen iSd §40 Abs8 StROG, welche den Eintritt des Anlassfalles hintangehalten hätten bzw hintanhalten würden, sind nicht ersichtlich. Aus den unwidersprochenen Ausführungen des LVwG Steiermark ergibt sich, dass das betreffende Grundstück bereits aufgeschlossen, bebaut und verkehrsmäßig erschlossen ist.

Folglich besteht für die beteiligte Partei seit mehr als drei Jahren ein effektives Bauverbot, das die verordnungserlassende Behörde durch Erlassung eines Bebauungsplans hätte beseitigen müssen. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Scheifling hat bisher jedoch keinen Bebauungsplan erlassen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass sich die Bebauungsplanpflicht im Flächenwidmungsplan 1.00 der Marktgemeinde Scheifling in Bezug auf das Grundstück der beteiligten Partei im Einzelfall als Eigentumsbeschränkung darstellt, die nicht mehr von einem fairen Gleichgewicht der öffentlichen und privaten Interessen getragen ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Eigentumsbeschränkung, Bauverbot, Verordnungserlassung, Entscheidungspflicht, Baurecht, VfGH / Gerichtsantrag, Baubewilligung, Raumordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2024:V51.2024

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2024
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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