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L34002 Abgabenordnung Kärnten;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der X-Kommanditgesellschaft in S, vertreten durch Dr. A in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 27. Oktober 1992, Zl. 3-Gem-1056/1/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Getränkesteuerangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Feldkirchen in Kärnten, 9560 Feldkirchen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Stadtgemeinde Feldkirchen in Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. In einer Getränkesteuerangelegenheit erging folgende Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. Februar 1992 an die beschwerdeführende Partei:
"Sehr geehrte Damen und Herren
Zu Ihren Schreiben vom 28.8.1990 und 23.10.1991, beide betreffend die Geltendmachung eines sogenannten "Außerortsverbrauchs" bzw. die Rückzahlung bereits an die Stadtgemeinde Feldkirchen i.K. abgeführter Getränkeabgaben aus diesem Titel wird folgendes mitgeteilt:
In der Zwischenzeit hat sich die diesbezügliche Rechtslage dahingehend geändert, daß durch die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1989 (BGBl. Nr.693/1991) die Getränkesteuer von einer Verbrauchssteuer in eine Verkehrssteuer umgewandelt wurde.
Zusätzlich wurde mit der in Artikel II § 2 Abs.(3) enthaltenen Verfassungsbestimmung mit zeitlich rückwirkendem Geltungsbereich normiert, daß eine Festsetzung der Abgaben ab dem Inkrafttreten dieser Bestimmung, also dem Tag nach der Kundmachung im Bundesgesetzblatt, NICHT ZU ERFOLGEN HAT, WENN SICH DIE BEHAUPTETE UNRICHTIGKEIT AUS DEM VERBRAUCH AUßERHALB
DES GEMEINDEGEBIETES ERGIBT.
Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Eine Neufestsetzung der Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis und von Getränken gemäß § 14 Abs.(1) Z 7 FAG 1985, BGBl. Nr.544/1984 oder § 14 Abs.(1) Z 7 FAG 1989 aufgrund der Unrichtigkeit der Selbstbemessung gemäß den Vorschriften der Landesabgabenordnungen unterbleibt, soweit diese Unrichtigkeit damit begründet wird, daß die Abgabenerklärung auch jenes Speiseeis und jene Getränke erfaßt, die nicht in der Gemeinde verbraucht wurden, in der sie an Letztverbraucher entgeltlich abgegeben wurden."
Durch diese Verfassungsbestimmung sind alle bereits an die Gemeinde abgeführten Steuererträge erfaßt und ist eine Rückzahlung aus dem Titel eines sogenannten "Außerortsverbrauchs" untersagt.
Ihren im Schreiben vom 28.8.1990 gestellten Anträgen kann daher nicht mehr nähergetreten werden.
Zu Ihrem Schreiben vom 30.10.1991 muß der guten Ordnung halber festgestellt werden, daß eine Anerkennung des auswärtigen Verbrauchs durch die Stadtgemeinde Feldkirchen i.K. nicht erfolgte. Der h.a. Bescheid vom 5.8.1991 erwuchs infolge zeitgerechter Berufung nicht in Rechtskraft.
Es empfiehlt sich mit der Bitte um Kenntnisnahme und freundlichen Grüßen
Der Bürgermeister:
(Unterschrift)"
Die beschwerdeführende Partei qualifizierte diese Erledigung als Bescheid und erhob Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 13. März 1992 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde erster Instanz diese Berufung gemäß § 205 Abs. 1 der Kärntner Landesabgabenordnung 1991, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 128/1991 (im folgenden: Krnt LAO 1991), als unzulässig zurück. Nach der Begründung dieses Bescheides seien Berufungen, die sich gegen ein Schreiben oder eine Mitteilung richteten, denen die Bescheidqualität mangle, als unzulässig zurückzuweisen. Dem Schreiben des Bürgermeisters vom 5. Februar 1992 mangle die Bescheidqualität. Es handle sich um eine formlose Mitteilung, in welcher keinesfalls Rechte oder Pflichten begründet, abgeändert oder aufgehoben oder abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen festgestellt oder über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses in einer der Rechtskraft fähigen Weise abgesprochen worden sei. Die Berufung gegen einen solchen Nichtbescheid sei als unzulässig zurückzuweisen. Die Abgabenbehörde erster Instanz werde daher erst in Bescheidform über das Anbringen der beschwerdeführenden Partei vom 28. August 1990 abzusprechen haben.
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und beantragte die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides.
1.3. Mit Bescheid vom 22. April 1992 wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde diese Berufung als unbegründet ab. Die Zurückweisung der Berufung gegen die Erledigung des Bürgermeisters vom 5. Februar 1992 durch die Abgabenbehörde erster Instanz sei zu Recht erfolgt.
Die beschwerdeführende Partei erhob Vorstellung.
1.4. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1992 wies die Kärntner Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Das zitierte Schreiben des Bürgermeisters vom 5. Februar 1992 sei zu Recht nicht als Bescheid gewertet worden.
1.5. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "daß von der belangten Behörde als Gemeindeaufsichtsbehörde einer berechtigten Vorstellung Folge zu geben ist und daß rechtswidrige Bescheide des Stadtrats über Vorstellung aufzuheben sind."
Das Schreiben des Bürgermeisters vom 5. Februar 1992 beschränke sich nicht auf Hinweise auf die Verfassungsrechtslage, es komme vielmehr zu dem Schluß:
"Durch diese Verfassungsbestimmung sind alle bereits an die Gemeinde abgeführten Steuererträge erfaßt und ist eine Rückzahlung aus dem Titel eines sogenannten Außerortverbrauchs untersagt. Ihrem im Schreiben vom 28.8.1990 gestellten Antrag kann daher nicht mehr nähergetreten werden."
Damit werde eindeutig der Entscheidungswille des Bürgermeisters zum Ausdruck gebracht, den Antrag auf Rückzahlung aus dem Titel des sogenannten Außerortverbrauchs abzuweisen. Die Erledigung sei eindeutig und unmißverständlich.
Der vorliegende Fall sei nahezu völlig ident mit dem Sachverhalt, der dem Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. August 1991, Zl. 91/14/0045, zugrunde gelegen sei. Der damaligen Beschwerdeführerin sei (mit Anrede und Schlußfloskel nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens) folgende Rechtsansicht der Finanzlandesdirektion für Kärnten mitgeteilt worden:
"Da der gegenständliche Antrag im Rahmen des Finanzstrafgesetzes eingebracht wurde, kann hiedurch auch kein Übergang der Entscheidungspflicht auf die Finanzstrafbehörde
2. Instanz bewirkt werden."
Die Mitteilung habe (wiederum durchaus vergleichbar mit dem vorliegenden Fall) den Passus enthalten:
"Dem Devolutionsantrag vom 2.8.1990 kann damit nicht
nähergetreten werden."
Der Verwaltungsgerichtshof sei im Beschluß vom 27. August 1991, Zl. 91/14/0045, abstellend auf die beiden zitierten Passagen zum Ergebnis gelangt, hiemit habe die damals belangte Behörde ihre Absicht mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, eine meritorische Erledigung des Devolutionsantrages abzulehnen, also im Sinne einer zurückweisenden Entscheidung normativ abzusprechen. Der vorliegende Beschwerdefall sei damit nahezu vollständig ident.
In verfahrensrechtlicher Sicht werde noch darauf hingewiesen, daß die Abgabenbehörde erster Instanz eine von ihr nicht als zulässig erachtete Berufung nach § 205 Krnt LAO 1991 nur dann zurückweisen könne, wenn sie gegen "einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist". Wenn der Bürgermeister nachträglich die Bescheidqualität seiner Erledigung verneine, "also weitere Säumnis zugibt", fehle es an der Voraussetzung, daß er die Berufung zurückweise. Die Entscheidungskompetenz sei auch insoweit (hinsichtlich der Zurückweisungsfrage) ausschließlich dem Stadtrat zugestanden.
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
1.7. Mit Bescheid vom 4. Mai 1993 gab der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde einem Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 23. November 1992 auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Anträge vom 28. August 1990 auf den Stadtrat Folge und wies die Anträge in der Getränkesteuerangelegenheit als unbegründet ab (siehe dazu im weiteren das hg. Verfahren zu Zl. 94/16/0236).
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Die in der Beschwerde aufgeworfene Zuständigkeitsfrage ist vorrangig zu behandeln.
§ 205 Abs. 1 Krnt LAO 1991 lautet:
"Die Abgabenbehörde erster Instanz hat eine Berufung, die gegen einen vor ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung
a)
nicht zulässig ist oder
b)
nicht fristgerecht eingebracht wurde."
Diese Bestimmung (deren Inhalt mit § 273 Abs. 1 BAO übereinstimmt) stellt eine dem Abgabenverfahrensrecht eigentümliche Zuständigkeitsnorm dar, die die Zurückweisung eines unzulässigen Rechtsmittels nicht der Rechtsmittelbehörde, deren Einschreiten begehrt wird, vorbehält, sondern diese Aufgabe (zunächst) der erstinstanzlichen Abgabenbehörde überträgt. Damit weicht diese ausdrückliche gesetzliche Regelung, wie Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Bd 3, 2678, unter Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1971, Zl. 148/71, ausführt, von einem an sich allgemein geltenden Grundsatz des Verwaltungsverfahrensrechtes ab, daß über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels nur die als Rechtsmittelinstanz in Betracht kommende Behörde zu entscheiden hat, aber nicht jene Behörde, gegen deren Bescheid sich das Rechtsmittel richtet. Die getroffene Regelung erklärt sich allerdings daraus, daß die erstinstanzliche Abgabenbehörde auch in der Sache zu einer Berufungsvorentscheidung berufen ist.
§ 205 Abs. 1 Krnt LAO 1991 normiert die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz, eine Berufung, "die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist", zurückzuweisen. Dies bedeutet zunächst jedenfalls, daß die erstinstanzliche Behörde nicht zuständig ist, eine Berufung gegen einen Bescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz, die (unzutreffenderweise, vgl. § 196 Krnt LAO 1991) bei ihr eingebracht wurde, zurückzuweisen; in einem solchen Fall muß die Zurückweisung von der Abgabenbehörde zweiter Instanz ausgesprochen werden (vgl. Stoll aaO 2681). Auslegungsbedürftig ist allerdings die Frage, was unter einem "Bescheid" im Sinne dieser Bestimmungen (hier: des § 205 Abs. 1 Krnt LAO 1991) zu verstehen ist und ob darunter auch Nicht-Bescheide (nicht bescheidförmige Erledigungen und als Bescheide intendierte Verwaltungsakte, die an so schweren Mängeln leiden, daß sie als Bescheide nicht in rechtliche Existenz getreten sind) fallen.
Seinem Wortlaut nach handelt § 205 Abs. 1 Krnt LAO 1991 betreffend die Zurückweisungsbefugnis der Abgabenbehörde erster Instanz nicht von "Berufungen gegen ihre als Bescheid bekämpften Erledigungen", sondern von einer Berufung "gegen einen von ihr erlassenen Bescheid". Gegenstand der Berufung muß daher ein "erlassener Bescheid" (der Behörde erster Instanz) sein, wenn die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz begründet werden soll. Sowohl hinsichtlich des Begriffes des Bescheides als auch hinsichtlich jenes seiner Erlassung enthält die LAO eindeutige Regelungen.
Die Krnt LAO 1991 enthält in den §§ 72 und 73 Regeln über Form und Inhalt der Bescheide; sie regelt jene Mindestvoraussetzungen, die vorliegen müssen, damit ein Bescheid im Rechtssinne zustandekommt. Im Gegensatz dazu spricht die LAO z.B. von Verfügungen, die nur das Verfahren betreffen (§ 74), und von sonstigen Erledigungen einer Abgabenbehörde (§ 75). Unter Erlassung (an die sich die Wirksamkeit knüpft) wird die Verkündung des mündlichen Bescheides oder (grundsätzlich) die Zustellung des schriftlichen Bescheides verstanden (§ 77). Unter Berücksichtigung dieser Regelungen ergäbe sich daher, was unter einem "erlassenen Bescheid" zu verstehen ist. Darunter fiele nicht der Nicht-Bescheid. Für eine solche am Wortlaut orientierte Auslegung des Begriffes des "erlassenen Bescheides" der Abgabenbehörde erster Instanz könnte auch ins Treffen geführt werden, daß eine solche Auslegung jedenfalls auch dem aus Art. 18 und 83 Abs. 2 B-VG abzuleitenden Erfordernis einer präzisen Regelung der behördlichen Zuständigkeit
(VfSlg. 9937/1984, 10.311/1984, 11.287/1987, 12.080/1989; VfGH 24. Juni 1994, G 20-23/94) Rechnung trüge.
Der erkennende Senat des Verwaltungsgerichtshofes ist allerdings zu einem anderen Ergebnis gelangt und hat sich dabei von folgender gesetzessystematischer Erwägung leiten lassen:
Ausgegangen wird dabei von § 215 Abs. 1 Krnt LAO 1991, wonach die Abgabenbehörde zweiter Instanz, sofern die Berufung nicht gemäß § 210 zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden hat (die entsprechenden Bestimmungen der BAO sind die §§ 289 Abs. 1 und 278). Durch die Wendung "sofern die Berufung nicht gemäß § 210 zurückzuweisen ist" wird die Gesamtmenge der Zurückweisungsfälle erfaßt, denn nur bei deren Nichtvorliegen ist in der Sache selbst zu entscheiden. Der verwiesene § 210 Krnt LAO 1991 wiederum lautet:
"Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat zu prüfen, ob ein von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen."
§ 210 zweiter Satz Krnt LAO 1991 weist der Abgabenbehörde zweiter Instanz diese umfassende Zuständigkeit zur Zurückweisung unzulässiger Berufungen zu. Dabei wird durch den Bedingungssatz "Ist ein solcher Grund gegeben," auf den ersten Satz des § 210 verwiesen. Die Regelung bedenkt zwar den Fall, daß die bekämpfte Erledigung nicht von der Abgabenbehörde erster Instanz herrührt, nicht ausdrücklich (sie setzt hier wohl die jeder Berufungsbehörde zukommende Befugnis, unzulässige Eingaben zurückzuweisen voraus), läßt aber - nach Auffassung des Senates - doch erkennen, daß wenigstens alle Berufungen gegen Erledigungen der Abgabenbehörde erster Instanz erfaßt sein sollen. Der Begriff des von der Erstinstanz "nicht aufgegriffenen Grundes zur Zurückweisung der Berufung" impliziert die Aufgreifbarkeit (sämtlicher Zurückweisungsgründe). Solcherart ist der Senat zur Auffassung gelangt, daß die Wendung "eine Berufung, die gegen einen von ihr" (der Abgabenbehörde erster Instanz) "erlassenen Bescheid eingebracht worden ist" zu verstehen ist als "eine Berufung, die gegen eine als Bescheid bekämpfte Erledigung der Abgabenbehörde erster Instanz eingebracht worden ist".
Der erkennende Senat gelangte damit zu einem mit der Kommentarliteratur zur BAO übereinstimmenden Ergebnis. In diesem Sinne - wenn auch ohne nähere Begründung - führt etwa Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, RdN 26, aus:
"Nach § 273 Abs 1 ist die Abgabenbehörde erster Instanz zur Zurückweisung von Berufungen, die sich gegen von ihr erlassene Bescheide richten, zuständig. Dies wird auch gelten, wenn Erledigungen dieser Behörde trotz fehlenden Bescheidcharakters mit Berufung angefochten werden."
Die Zuständigkeit des Bürgermeisters zur Zurückweisung der Berufung gegen dessen Erledigung vom 5. Februar 1992 wird somit bejaht.
2.2. § 72 Abs. 1 Krnt LAO 1991 lautet:
"(1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind unbeschadet der Bestimmungen des § 148 als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen
a)
Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder
b)
abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder
c)
über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen."
§ 73 Abs. 2 Krnt LAO 1991 lautet:
"Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A = ZfVB 1978/4/1589, zu § 58 Abs. 1 AVG 1950 (der rechtsähnlichen Vorschrift zu § 93 Abs. 1 BAO und § 73 Abs. 2 Krnt LAO 1991) ausgeführt hat, ist dann, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit der Verwaltungsrechtes entschieden hat. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG (hier: § 73 Abs. 2 Krnt LAO), gewertet werden.
In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich. Dabei ist an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. in diesem Sinne etwa auch die hg. Entscheidungen vom 8. März 1991, Zl. 90/17/0328, vom 26. Juni 1992, Zlen. 92/17/0127, 0149 = ZfVB 1993/1521, und vom 26. März 1993, Zl. 90/17/0117). Abschließend heißt es in dem zitierten hg. Beschluß Slg. N.F. Nr. 9458 A/1977, mit der Wendung in einer angefochtenen Erledigung "... kann ... nicht nähergetreten werden" sei die Ablehnung des Antrages nicht klar und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht; die angefochtene Erledigung könne daher nicht als Bescheid gewertet werden.
Die in Berufung gezogene Erledigung des Bürgermeisters vom 5. Februar 1992, die nicht als Bescheid bezeichnet ist, weist ihrer Form und ihrem Inhalt nach keinen zweifelsfrei normativen Abspruch über den gestellten Antrag auf, sondern bedient sich derselben, eine Rechtsauskunft oder Rechtsbelehrung darstellenden, bloß narrativen Wendung, wie sie auch dem eben zitierten hg. Beschluß zugrunde lag.
Aus diesen Gründen durfte die belangte Behörde die Erledigung des Bürgermeisters vom 5. Februar 1992 als nicht normative Erledigung qualifizieren.
2.2.1. Der von der beschwerdeführenden Partei erwähnte hg. Beschluß vom 27. August 1991, Zl. 91/14/0045 (siehe oben Punkt 1.5.), bietet im Hinblick auf die verschiedenen zur Anwendung gelangenden Verfahrensgesetze (dort:
Finanzstrafgesetz; hier: Krnt LAO 1991) keinen Anlaß zur Senatsverstärkung. Es war daher entbehrlich zu prüfen, ob es sich angesichts des damaligen besonderen Verfahrenszusammenhanges und der auf diesen bezogenen Begründung der damals zu beurteilenden Erledigung überhaupt um einen vergleichbaren Sachverhalt gehandelt hat. Wollte man aber die Rechtsfrage ungeachtet der Anwendung verschiedener Verfahrensgesetze als gleichartig ansehen, dann schlösse diese Gleichartigkeit der zu lösenden Rechtsfrage auch den zitierten hg. Beschluß vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A (ergangen zu § 58 Abs. 1 AVG), mit ein. Ein mit diesem Beschluß eines verstärkten Senates im Widerspruch stehender späterer Beschluß eines Dreier- oder Fünfersenates hätte zwar - vorausgesetzt ein solcher Widerspruch, der ein Abgehen vom Beschluß des verstärkten Senates im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG bedeuten würde, läge überhaupt vor - einer Beschlußfassung in einem neuerlich verstärkten Senat zugeführt werden müssen, der ergangene Beschluß stellt jedoch aus der Sicht der heute zu entscheidenden Beschwerdeangelegenheit keinen Fall im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 2 VwGG (Verstärkungsfall, daß die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird) dar. Die erforderliche Orientierung der Rechtsschutzsuchenden ist nämlich bereits durch die Entscheidung des verstärkten Senates gewährleistet.
2.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Vorstellungsbescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidcharakter Bescheidbegriff Beschwerde Einhaltung der Formvorschriften Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Mitteilungen und RechtsbelehrungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992170288.X00Im RIS seit
11.07.2001