TE Vwgh Erkenntnis 1995/4/27 94/11/0336

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Veröffentlicht am 27.04.1995
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Index

L76002 Heilvorkommen Kurort Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

AVG §59 Abs1;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §1;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §14;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §16 Abs1 Z6;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §26 Abs1;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §7;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §8 Abs1;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §8 Abs2;
Heilvorkommen- und KurorteG Krnt 1962 §8 Abs4;
LMG 1975;
VwRallg;
WRG 1959;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde 1. des KE, 2. des Dr. ME, 3. der GE, alle in V, alle vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 22. September 1994, Zl. 14-Ges-953/6/94, betreffend Nutzungsbewilligung nach dem (Kärntner) Heilvorkommen- und Kurortegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Auflagen 5. bis 7. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Kärnten hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe an die belangte Behörde vom 25. Jänner 1985 stellten die Beschwerdeführer die Anträge, die sogenannte J-Quelle auf einem näher bezeichneten Grundstück zum Heilvorkommen zu erklären und sodann die Nutzungsbewilligung zu erteilen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. August 1985 wurde die J-Quelle gemäß § 1 des Gesetzes über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, LGBl. Nr. 157/1962 (K-HVKOG), als Akratotherme zum Heilvorkommen erklärt.

Mit Eingabe vom 16. Jänner 1986 gaben die Beschwerdeführer im Sinne des § 7 K-HVKOG die Indikationen und die nachstehenden therapeutischen Anwendungsformen für dieses Heilvorkommen bekannt:

"Bewegungstherapie: Unterwassergymnastik, Schwimmgymnastik.

Medizinalbäder: Kohlensäurebad, Perlbad, Medizinalbad mit

pflanzlichen Zusätzen, Stangerbad.

Hydrotherapie: Kneipp"sche Güsse, Blitzgüsse,

Wechselbäder.

Massagen: Unterwassermassage."

Da eine Untersagung der gemeldeten Indikationen und therapeutischen Anwendungsformen nicht erfolgte, gelten sie gemäß § 7 Abs. 4 K-HVKOG als anerkannt.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde den Beschwerdeführern gemäß § 8 K-HVKOG die Nutzungsbewilligung für das in Rede stehende Heilvorkommen unter einer Reihe von Auflagen, von denen jene unter Punkt 5. bis 7. wie folgt lauten:

"5. Eine Nutzung des Thermalwassers als Trinkwasser ist auszuschließen.

6. Das wasserrechtlich zu bewilligende Maß der Wassernutzung darf nicht überschritten werden.

7. Die zum Schutze des Heilvorkommens wasserrechtlich festzulegenden Schutzmaßnahmen sind zu beachten."

In ihrer Beschwerde gegen diesen Bescheid machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Beantragt wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, "in eventu" die Aufhebung der Auflagen 5. bis 7. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 K-HVKOG darf ein Heilvorkommen nur mit Bewilligung der Landesregierung genutzt werden. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen ist die Nutzungsbewilligung zu erteilen, wenn

1. die Erklärung zum Heilvorkommen ausgesprochen worden ist,

2. die hygienisch und technisch einwandfreie Gewinnung bzw. Aufbereitung der Produkte des Heilvorkommens gewährleistet ist,

3. bei ortsgebundener Nutzung eines Heilvorkommens, insbesondere bei solchen mit Inhaltsstoffen flüchtiger oder leicht veränderlicher Natur, die für die Heilwirkung von Bedeutung sind, auch am Ort der Anwendung das Vorhandensein des Mindestgehaltes im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 2 gewährleistet ist.

Nach § 8 Abs. 4 K-HVKOG sind im Bescheid, mit dem die Nutzungsbewilligung erteilt wird, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen einer einwandfreien Nutzung des Heilvorkommens notwendigen Auflagen vorzuschreiben.

1. Die Beschwerdeführer erblicken die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides primär darin, daß mit ihm unzulässigerweise neuerlich über eine rechtskräftig entschiedene Sache abgesprochen und damit gegen den Grundsatz "ne bis in idem" verstoßen worden sei. Über ihren Antrag vom 25. Jänner 1985 sei nämlich bereits mit der zwar nicht als Bescheid bezeichneten, aber als solcher zu qualifizierenden Erledigung des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31. Oktober 1986 rechtskräftig abgesprochen worden.

Die genannte Erledigung hat folgenden, in der Beschwerde wörtlich wiedergegebenen Wortlaut:

"Bezugnehmend auf das Schreiben vom 23.10.1986 wird mitgeteilt, daß die gegenständliche Wassernutzung keiner weiteren Bewilligungspflicht unterliegt. Es werden jedoch solche Nutzungen auf Antrag im Wasserbuch ersichtlich gemacht."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. 9458/A) ist dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt der behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt, d.h. über die Sache entweder rechtsfeststellend oder rechtsgestaltend abgesprochen hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung der Erledigung als Bescheid für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich.

Die Erledigung vom 31. Oktober 1986 erging nach dem Beschwerdevorbringen als Reaktion auf die schriftliche Eingabe der Beschwerdeführer vom 23. Oktober 1986, in der sie um einen schriftlichen Bescheid nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 und einer näher genannten Verordnung des Landeshauptmannes ersuchten. Nach Wortlaut und Inhalt handelt es sich bei der Erledigung vom 31. Oktober 1986 um die Bekanntgabe einer Rechtsansicht des Landeshauptmannes von Kärnten ("wird mitgeteilt"), daß es eines Bescheides des von den Beschwerdeführern begehrten Inhaltes gar nicht bedarf. Es kommt darin keineswegs eindeutig zum Ausdruck, daß damit über die Eingabe vom 23. Oktober 1986 rechtsfeststellend oder rechtsgestaltend abgesprochen wird (etwa im Sinne einer Zurück- oder Abweisung). Im Hinblick darauf hätte es der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid bedurft. Ihr Fehlen hat zur Folge, daß die Erledigung vom 31. Oktober 1986 nicht als Bescheid angesehen werden kann. Es trifft daher schon aus diesem Grund nicht zu, daß mit dem angefochtenen Bescheid neuerlich über eine bereits rechtskräftig entschiedene Sache abgesprochen worden ist.

2. Die Beschwerdeführer begründen ihr Eventualbegehren (Aufhebung der Auflagen 5. bis 7.) damit, daß diese Auflagen durch das Gesetz nicht gedeckt seien. Außerdem seien die Auflagen 6. und 7. nicht hinreichend bestimmt, da ihr Inhalt erst von der Wasserrechtsbehörde festgelegt werden müsse.

Die belangte Behörde begründet die bekämpften Auflagen im wesentlichen mit lebensmittelrechtlichen und wasserrechtlichen Erwägungen. Das Thermalwasser der J-Quelle unterliege im Umfang seiner Nutzung für die Trinkwasserversorgung des J-Hofes den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen; es entspreche jedoch in geschmacklicher Hinsicht nicht den Kriterien für Trinkwasser ("fade", "schal"). Die besagte Verwendung des Thermalwassers erfordere jedenfalls auch eine wasserrechtliche Bewilligung nach den §§ 10, 13 des Wasserrechtsgesetzes und die Anordnung wasserrechtlicher Schutzmaßnahmen für die J-Quelle.

Die bekämpften Auflagen sind durch die Ermächtigung des § 8 Abs. 4 K-HVKOG zur Vorschreibung von Auflagen in einem Nutzungsbewilligungsbescheid nicht gedeckt. Das K-HVKOG stellt nach seinem § 1 auf die Nutzung der HEILWIRKUNG ortsgebundener natürlicher Heilvorkommen ab. Die nach diesem Gesetz bewilligungspflichtige Nutzung eines Heilvorkommens erfolgt in den anerkannten therapeutischen Anwendungsformen (Therapien) im Sinne des § 7 leg. cit., wobei die für die medizinische Behandlung vorgesehenen Einrichtungen einer eigenen Betriebsbewilligung bedürfen (§§ 14 ff). Der Zweck von Vorschreibungen gemäß § 8 Abs. 4 K-HVKOG liegt somit darin, die einwandfreie Nutzung eines Heilvorkommens im Rahmen der anerkannten therapeutischen Anwendungsformen sicherzustellen. Diese Bestimmung bietet aber keine Handhabe für die Regelung oder Untersagung allfälliger sonstiger, nicht therapeutischer Verwendungen eines Heilvorkommens. Für derartige Verwendungen sind die dafür jeweils in Betracht kommenden Vorschriften maßgebend. Es ist daher nicht zulässig, die Verwendung des gegenständlichen Thermalwassers (für welches die therapeutische Anwendungsform "Trinkkuren" nicht vorgesehen ist) zur Trinkwasserversorgung des J-Hofes durch eine Auflage im Nutzungsbewilligungsbescheid nach § 8 K-HVKOG zu verbieten. Die Auflage 5. des angefochtenen Bescheides spricht ein solches Verbot aus. Es kann dahinstehen, ob dieses Verbot auf das Lebensmittelgesetz 1975 oder das Wasserrechtsgesetz 1959 gestützt werden könnte, da diesfalls dessen Vorschreibung der belangten (Landes)Behörde schon aus kompetenzrechtlichen Gründen verwehrt ist.

(Unabhängig davon ist die Frage zu sehen, ob die Verwendung des Thermalwassers der J-Quelle als Trinkwasser für das Kurhotel J-Hof dem Erfordernis des § 16 Abs. 1 Z. 6 K-HVKOG - "Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser" - entspricht. Dabei geht es um das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen für Kuranstalten und -einrichtungen gemäß § 16 K-HVKOG. Sollte die besagte Voraussetzung durch die Verwendung des gegenständlichen Thermalwassers als Trinkwasser nicht erfüllt sein, könnte dies allenfalls zur Zurücknahme der Bewilligung für das Kurhotel gemäß § 26 Abs. 1 K-HVKOG führen. Für die Erteilung der Nutzungsbewilligung nach § 8 leg. cit. ist dieser Umstand ohne Bedeutung.)

Ebensowenig bietet § 8 Abs. 4 K-HVKOG eine Grundlage für Auflagen, mit denen die Beachtung wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben wird. Abgesehen davon, daß sich diese Verpflichtung der Beschwerdeführer schon aus dem Wasserrechtsgesetz 1959 ergibt, fehlt der belangten Behörde die Zuständigkeit, die Beachtung dieser bundesrechtlichen Vorschriften anzuordnen.

Aus diesen Erwägungen ist der angefochtene Bescheid in Ansehung der Auflagen 5. bis 7. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Diese Nebenbestimmungen sind vom übrigen Inhalt des angefochtenen Bescheides trennbar, da sie (wie sich aus den vorstehenden Ausführungen insgesamt ergibt) mit dem Hauptinhalt des Spruches in keinem aus dem K-HVKOG nach dessen Zweck und Inhalt ableitbaren Regelungszusammenhang stehen, sodaß nicht gesagt werden kann, daß der Spruch nach Aufhebung der bekämpften Auflagen nicht rechtmäßigerweise selbständig weiterbestehen dürfte (vgl. zu den Voraussetzungen der selbständigen Anfechtbarkeit und Aufhebbarkeit von Nebenbestimmungen die hg. Erkenntnisse vom 3. Juli 1986, Slg. 12191/A, und vom 23. Dezember 1993, Zl. 92/17/0056).

Der angefochtene Bescheid war daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Aus den unter Pkt. 2 dargelegten Gründen war die Beschwerde im übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Stempelgebühren für die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beilage (Schreiben vom 29. September 1994).

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den (zu hg. Zl. AW 94/11/0090 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994110336.X00

Im RIS seit

25.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

30.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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