Entscheidungsdatum
05.08.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W105 2289736-1/4Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BENDA über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2024, Zl. 1363615301/231504354, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BENDA über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den römisch 40 , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.03.2024, Zl. 1363615301/231504354, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46 und § 55 FPG 2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins,, Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3,, Paragraph 57, AsylG 2005 idgF in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG sowie Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9,, 46 und Paragraph 55, FPG 2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach illegaler Einreise am 04.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung am 05.08.2023 brachte er vor, der Volksgruppe der Paschtunen anzugehören, Staatsangehöriger von Afghanistan zu sein und aus Kunduz zu stammen. In seinem Herkunftsland würden noch seine Mutter sowie zwei Brüder und drei Schwestern leben. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer an, dass vor ca. zwei Jahren sein älterer Bruder in Afghanistan getötet worden sei. Seine Mutter habe ihn gebeten, das Land zu verlassen, bevor etwas passiert. Befragt zu seinen Befürchtungen bezüglich seiner Rückkehr gab er an, dass er keine Zukunft in Afghanistan habe.
Am 06.03.2024 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesens und Asyl (im Folgenden: BFA). Der Beschwerdeführer gab hierbei zu seinem familiären Hintergrund an, dass sein Vater verstorben sei, seine Mutter sei noch am Leben. Sie seien vier Brüder gewesen, einer sei getötet worden, die anderen zwei Brüder seien jünger als er. Zwei Brüder und zwei Schwestern seines Vaters würden in Kunduz leben, ein Bruder seiner Mutter lebe in Kabul. Ebenso würden noch Cousins in Afghanistan leben. Er selbst habe keine Schule besucht, sondern habe er in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet. Seine Familie besitze die Grundstücke noch immer und lebe aus Einnahmen aus der Verpachtung dieser Grundstücke.
Zu den Gründen seiner Ausreise brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in ein Mädchen verliebt gewesen sei und sie sich immer wieder getroffen hätten. Er habe um ihre Hand angehalten, jedoch hätten ihre Eltern nicht zugestimmt. Eines nachts habe ihn der Vater des Mädchens erwischt, als er zu seiner Freundin unterwegs gewesen sei, um sie zu treffen. Der Vater des Mädchens habe ihn dann in ein anderes Zimmer gebracht, ihm die Augen verbunden und ihn gefesselt. Dann habe er ihn verprügelt und seine Söhne geholt. In dem Moment sei seine Freundin gekommen und habe ihn freigelassen. Sie habe ihm gesagt, dass sie ihn töten wollten. Auch die Mutter seiner Freundin sei dabei gewesen und habe gesagt, dass er flüchten solle. Er sei dann weggelaufen und habe sein Onkel zu seinem Cousin gesagt, dass dieser ihn wegbringen solle. Die Leute seien zu ihm nach Hause gekommen und hätten nach ihm gesucht. Sie hätten seinen Bruder nach seinem Aufenthalt gefragt und hätten sie diesen erschossen, nachdem er gesagt habe, dass er dies nicht wüsste. Das seien seine Fluchtgründe.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG nach zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß Paragraph 46, FPG nach zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.) und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch VI.).
Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit und die Verfahrensidentität des Beschwerdeführers fest. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK glaubhaft darlegen können. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder eine Rückkehr für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Feststehe, dass die aktuelle Sicherheitslage im Allgemeinen und in seiner Herkunftsprovinz Kunduz ausreichend sicher sei. Feststehe, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge und der Unterhalt seiner Familie abgesichert sei. Feststehe, dass der Beschwerdeführer gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig sei und Berufserfahrung in der Landwirtschaft habe. Der Beschwerdeführer werde im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. In ihren beweiswürdigenden Erwägungen zu den Fluchtgründen wurde seitens der Behörde im Wesentlichen unter Darlegung näherer Details ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen, wonach er aufgrund der Folgen einer angeblichen Liason mit einem Mädchen einer persönlichen Gefährdungslage ausgesetzt gewesen sei, aufgrund seiner vagen Angaben und grober Widersprüche nicht glaubhaft machen habe können. Rechtlich folge daraus, dass ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt werden könne. Der Beschwerdeführer verfüge im Herkunftsstaat über ein tragfähiges familiäres Netzwerk und sei seine Versorgung und seine Unterbringung im Falle seiner Rückkehr somit gewährleistet. Auch unter Berücksichtigung der derzeitigen Wirtschafts- und Sicherheitslage sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in den Herkunftsstaat möglich und zumutbar. Gegen eine Rückkehrkehrentscheidung würden angesichts der fehlenden familiären oder sonstigen Bindungen im Bundesgebiet sowie mangels einer außergewöhnlichen und schützenswerten Integration keine Hinderungsgründe vorliegen. Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit und die Verfahrensidentität des Beschwerdeführers fest. Der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK glaubhaft darlegen können. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland dort einer realen Gefahr der Verletzung von Artikel 2,, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder eine Rückkehr für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Feststehe, dass die aktuelle Sicherheitslage im Allgemeinen und in seiner Herkunftsprovinz Kunduz ausreichend sicher sei. Feststehe, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge und der Unterhalt seiner Familie abgesichert sei. Feststehe, dass der Beschwerdeführer gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig sei und Berufserfahrung in der Landwirtschaft habe. Der Beschwerdeführer werde im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. In ihren beweiswürdigenden Erwägungen zu den Fluchtgründen wurde seitens der Behörde im Wesentlichen unter Darlegung näherer Details ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen, wonach er aufgrund der Folgen einer angeblichen Liason mit einem Mädchen einer persönlichen Gefährdungslage ausgesetzt gewesen sei, aufgrund seiner vagen Angaben und grober Widersprüche nicht glaubhaft machen habe können. Rechtlich folge daraus, dass ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt werden könne. Der Beschwerdeführer verfüge im Herkunftsstaat über ein tragfähiges familiäres Netzwerk und sei seine Versorgung und seine Unterbringung im Falle seiner Rückkehr somit gewährleistet. Auch unter Berücksichtigung der derzeitigen Wirtschafts- und Sicherheitslage sei dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in den Herkunftsstaat möglich und zumutbar. Gegen eine Rückkehrkehrentscheidung würden angesichts der fehlenden familiären oder sonstigen Bindungen im Bundesgebiet sowie mangels einer außergewöhnlichen und schützenswerten Integration keine Hinderungsgründe vorliegen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 28.03.2024 wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Feststellungs- und Begründungsmängeln vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde. In dieser wurde vorgebracht, dass die von der Behörde getätigte Schlussfolgerung zum Vorbringen des Beschwerdeführers einer tragfähigen Begründung entbehre. Die belangte Behörde habe Teile des Vorbringens des Beschwerdeführers ignoriert und wäre die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides unschlüssig. Die Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe keine asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, sei unrichtig. Auch hätte die belangte Behörde die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers im Lichte der aktuellen Länderinformationen zu seinem Herkunftsland einer besonders genauen Prüfung unterziehen müssen, um damit eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK im Falle der Rückkehr ausschließen zu können. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 28.03.2024 wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Feststellungs- und Begründungsmängeln vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eingebrachte Beschwerde. In dieser wurde vorgebracht, dass die von der Behörde getätigte Schlussfolgerung zum Vorbringen des Beschwerdeführers einer tragfähigen Begründung entbehre. Die belangte Behörde habe Teile des Vorbringens des Beschwerdeführers ignoriert und wäre die Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides unschlüssig. Die Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe keine asylrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, sei unrichtig. Auch hätte die belangte Behörde die Rückkehrsituation des Beschwerdeführers im Lichte der aktuellen Länderinformationen zu seinem Herkunftsland einer besonders genauen Prüfung unterziehen müssen, um damit eine Gefährdung nach Artikel 3, EMRK im Falle der Rückkehr ausschließen zu können. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der volljährige Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und Moslem sunnitischer Ausrichtung. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Paschtu. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Kunduz geboren, wo er bis zu seiner Ausreise im Sommer 2023 lebte. Er begab sich sodann über den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich, wo er am 04.08.2023 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan keine Schule besucht. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Die Mutter sowie zwei Brüder des Beschwerdeführers leben in Kunduz und dieser steht mit diesen Angehörigen in regelmäßigem Kontakt. Die Familie besitzt mehrere landwirtschaftliche Grundstücke, aus denen sie Einkünfte bezieht. Darüber hinaus leben noch zahlreiche weitere Verwandte mütterlicherseits und väterlicherseits des Beschwerdeführers in Kunduz. Ein Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers lebt in Kabul.
Der Beschwerdeführer bezieht aktuell Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.
Er hat weder Familienangehörige noch sonstige intensive soziale Kontakte in Österreich. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Deutschkurse besucht und war im Bundesland nicht ehrenamtlich tätig oder berufstätig.
1.1.2. Der Beschwerdeführer war im Herkunftsstaat weder einer individuellen gegen ihn gerichteten Verfolgung ausgesetzt noch hätte er dies im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten. Seine Behauptungen, er sei aufgrund der Beziehung zu einem Mädchen durch deren Familienangehörige einer Gefährdungssituation ausgesetzt gewesen, sind nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan weder vorbestraft noch wurde er dort jemals inhaftiert. Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an.
Weiters wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht ohne Hinzutreten weiterer wesentlicher individueller Merkmale mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder von staatlichen Organen geduldete Verfolgung durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit (Paschtune), seiner Religion (sunnitischer Islam), Nationalität (Afghanistan), Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung zu erwarten hätte.
Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht aufgrund der Tatsache, dass er sich nunmehr seit dem Jahr 2023 in Europa aufhält, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt oder anderen erheblichen Eingriffen ausgesetzt wäre. Er hat keine "westliche Lebenseinstellung" angenommen, welche im Widerspruch zur Gesellschaftsordnung in Afghanistan steht.
1.1.3. Es besteht für den Beschwerdeführer als leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf und mit familiären Rückhalt im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keine konkrete Gefahr, einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu erleiden und es liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, befindet sich nicht in regelmäßiger medizinischer Behandlung und gehört aufgrund seiner Gesundheit und seines Alters nicht zur Risikogruppe eines schweren Verlaufs einer Corona-Infektion.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Politische Lage
Letzte Änderung 2023-09-21 13:02
Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vgl. VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweisen bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023). Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 1.6.2023). Sie bezeichnen ihre Regierung als das "Islamische Emirat Afghanistan" (USIP 17.8.2022; vergleiche VOA 1.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem "islamischen Recht und den afghanischen Werten" regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweisen bestimmen (USIP 17.8.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.6.2023).
Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.8.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 7.7.2022a; vgl. REU 7.9.2021a; VOA 19.8.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 8.9.2021; vgl. DIP 4.1.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 1.6.2023) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.6.2023