Entscheidungsdatum
03.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W105 2283849-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2023, Zahl 1374074705/232180166, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 21.08.2024, zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2023, Zahl 1374074705/232180166, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 21.08.2024, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.10.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 20.10.2023 wurde der BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen und brachte zu seinen Fluchtgründen befragt vor, dass er Afghanistan wegen der schlechten Sicherheitslage verlassen habe. Darüber hinaus gebe es in Afghanistan weder Arbeit noch eine Zukunft.
2. Am 23.11.2023 fand die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari, statt. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der BF an, in Afghanistan keine Zukunft gehabt zu haben. Es habe niemanden gegeben, der ihn unterstützt hätte. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter habe wieder geheiratet. Es herrsche große Armut und er habe nicht gewusst, wie er überleben solle. Sein Onkel habe ihn nicht mehr aufnehmen wollen, da er schon älter sei. Die finanzielle Lage seiner Onkel sei sehr schlecht, sie hätten den BF nicht mehr unterstützen können. Der BF habe keine Arbeit mehr gehabt, weshalb er ausgereist sei.
3. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 29.11.2023 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2023 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).3. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 29.11.2023 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 19.10.2023 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Es wurde gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der BF keine in Afghanistan bestehende und gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgung glaubhaft habe darlegen können. Die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan sei ausreichend sicher und sei der BF im Falle der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existenziellen Bedrohung ausgesetzt. Er verfüge in seiner Herkunftsregion Kabul über eine ausreichende Existenzgrundlage und über familiäre Anknüpfungspunkte.
Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des BF nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus Paragraph 55, FPG, da besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
4. Mit Schreiben seiner Vertretung vom 27.12.2023 erhob der BF gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) und brachte im Wesentlichen vor, dass mit der Zeit die wirtschaftliche Situation immer schlimmer geworden sei und der BF keine regelmäßige Arbeit habe finden können. Als der BF älter geworden sei, habe sich auch das Verhältnis zu seinem Onkel und dem Rest der Familie verschlechtert, sodass er nicht mehr bei diesem habe wohnen dürfen. Er sei in der Folge eine Zeit lang obdachlos gewesen und habe immer wieder Gewalt durch die Taliban erfahren, die ihn wegen seines „westlichen“ Haarschnitts geschlagen und verfolgt hätten. Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan sei der BF auch aufgrund seines Aufenthalts in Europa asylrelevanter Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt. Schließlich wurde vorgebracht, dass sich aus den Länderberichten eine desaströse Versorgungslage in Afghanistan ergebe und sei auch nicht, wie von der belangten Behörde behauptet, ersichtlich, dass die Sicherheitslage in Afghanistan stabil sei.
Beantragt wurde unter anderem, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
5. Am 21.08.2024 fand vor dem BVwG eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Usbekisch/Dari statt, an der der BF gemeinsam mit seiner gewillkürten Vertretung teilnahm.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und den individuellen Umständen des BF im Herkunftsstaat:
Der BF führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Usbeken und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Die Muttersprache des BF ist Usbekisch, weiters spricht er Dari. Er ist ledig und hat keine Kinder.Der BF führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 . Er ist Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Usbeken und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Die Muttersprache des BF ist Usbekisch, weiters spricht er Dari. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Er ist im Dorf XXXX , Distrikt XXXX , Provinz Kunduz, Afghanistan, geboren und aufgewachsen. Im Alter von zwölf Jahren begab sich der BF nach Kabul und lebte dort bis zu seiner Ausreise bei mehreren Onkeln. Seine Mutter, eine seiner Stiefschwestern und sein Stiefbruder leben weiterhin in Afghanistan, seine weitere Stiefschwester ist in Kanada aufhältig. Sein Vater ist verstorben, seine Mutter hat wieder geheiratet. Darüber hinaus leben mehrere Onkel und eine Tante in Kunduz bzw. Kabul. Er steht zu seiner Familie in Kontakt.Er ist im Dorf römisch 40 , Distrikt römisch 40 , Provinz Kunduz, Afghanistan, geboren und aufgewachsen. Im Alter von zwölf Jahren begab sich der BF nach Kabul und lebte dort bis zu seiner Ausreise bei mehreren Onkeln. Seine Mutter, eine seiner Stiefschwestern und sein Stiefbruder leben weiterhin in Afghanistan, seine weitere Stiefschwester ist in Kanada aufhältig. Sein Vater ist verstorben, seine Mutter hat wieder geheiratet. Darüber hinaus leben mehrere Onkel und eine Tante in Kunduz bzw. Kabul. Er steht zu seiner Familie in Kontakt.
Der BF verfügt über Schul- jedoch keine Berufsausbildung und hat in Kabul bis zu seiner Ausreise für seinen Onkel väterlicherseits als Schweißer gearbeitet.
Es wird festgestellt, dass die Stadt Kabul der Herkunftsort des BF ist. Es wird davon ausgegangen, dass der BF in Afghanistan, konkret in Kabul, auf ein effektives soziales bzw. familiäres Netz zurückgreifen kann.
Der BF ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Der BF ist in seiner Heimat keiner konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt und wurden von ihm asylrelevante Gründe für das Verlassen seines Heimatstaates nicht glaubhaft dargetan.
Weiters konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass ihm aufgrund seines „westlichen“ Auftretens Verfolgung durch die Taliban droht.
Der BF ist wegen des Aufenthalts in einem europäischen Land keinen psychischen oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität ausgesetzt.
Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan ist der BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.
1.3. Zum Leben des BF in Österreich:
Der BF verließ zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2023 sein Heimatland in Richtung Iran. In der Folge reiste er über die Türkei und mehrere europäische Länder unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal nach Österreich ein und stellte am 19.10.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er befindet sich auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG rechtmäßig im Bundesgebiet.
Der BF verfügt über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen.
Die Ausübung einer legalen Erwerbstätigkeit hat der BF weder behauptet noch belegt.
Eine Integration des BF in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.
1.4. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:
Es besteht für den BF als leistungsfähigen Mann mit Berufserfahrung im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf und mit familiären Rückhalt im Falle der Rückkehr nach Afghanistan keine konkrete Gefahr, einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu erleiden und liefe der BF auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der BF leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und befindet sich nicht in regelmäßiger medizinischer Behandlung.
1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
1.5.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 11, Stand: 10.04.2024:
„[…] 3 Politische Lage
Letzte Änderung 2024-04-05 15:33
Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 01.06.2023a). Sie bezeichnen ihre Regierung als das „Islamische Emirat Afghanistan“ (USIP 17.08.2022; vgl. VOA 01.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem „islamischen Recht und den afghanischen Werten“ regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweise bestimmen (USIP 17.08.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.06.2023).Die politischen Rahmenbedingungen in Afghanistan haben sich mit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 grundlegend verändert (AA 26.6.2023). Die Taliban sind zu der ausgrenzenden, auf die Paschtunen ausgerichteten, autokratischen Politik der Taliban-Regierung der späten 1990er-Jahre zurückgekehrt (UNSC 01.06.2023a). Sie bezeichnen ihre Regierung als das „Islamische Emirat Afghanistan“ (USIP 17.08.2022; vergleiche VOA 01.10.2021), den Titel des ersten Regimes, das sie in den 1990er-Jahren errichteten, und den sie während ihres zwei Jahrzehnte andauernden Aufstands auch für sich selbst verwendeten. Das Emirat ist um einen obersten Führer, den Emir, herum organisiert, von dem man glaubt, dass er von Gott mit der Autorität ausgestattet ist, alle Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft zu beaufsichtigen. Seit ihrer Machtübernahme hat die Gruppe jedoch nur vage erklärt, dass sie im Einklang mit dem „islamischen Recht und den afghanischen Werten“ regieren wird, und hat nur selten die rechtlichen oder politischen Grundsätze dargelegt, die ihre Regeln und Verhaltensweise bestimmen (USIP 17.08.2022). Die Verfassung von 2004 ist de facto ausgehebelt. Ankündigungen über die Erarbeitung einer neuen Verfassung sind bislang ohne sichtbare Folgen geblieben. Die Taliban haben begonnen, staatliche und institutionelle Strukturen an ihre religiösen und politischen Vorstellungen anzupassen. Im September 2022 betonte der Justizminister der Taliban, dass eine Verfassung für Afghanistan nicht notwendig sei (AA 26.06.2023).
Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.08.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 07.07.2022a; vgl. REU 07.09.2021a, VOA 19.08.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 08.09.2021; vgl. DIP 04.01.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 01.06.2023a) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.06.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansäßige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 01.06.2023a). Innerhalb weniger Wochen nach der Machtübernahme kündigten die Taliban „Interims“-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.08.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.08.2022; vgl. HRW 04.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge „Sittenpolizei“ berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.08.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.08.2021; vgl. USDOS 12.04.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.09.2021; vgl. Guardian 20.09.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.06.2023).Nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan übernahmen die Taliban auch schnell staatliche Institutionen (USIP 17.08.2022) und erklärten Haibatullah Akhundzada zu ihrem obersten Führer (Afghan Bios 07.07.2022a; vergleiche REU 07.09.2021a, VOA 19.08.2021). Er kündigte an, dass alle Regierungsangelegenheiten und das Leben in Afghanistan den Gesetzen der Scharia unterworfen werden (ORF 08.09.2021; vergleiche DIP 04.01.2023). Haibatullah hat sich dem Druck von außen, seine Politik zu mäßigen, widersetzt (UNSC 01.06.2023a) und baut seinen Einfluss auf Regierungsentscheidungen auf nationaler und subnationaler Ebene auch im Jahr 2023 weiter aus (UNGA 20.06.2023). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass andere in Kabul ansäßige Taliban-Führer die Politik wesentlich beeinflussen können. Kurz- bis mittelfristig bestehen kaum Aussichten auf eine Änderung (UNSC 01.06.2023a). Innerhalb weniger Wochen nach der Machtübernahme kündigten die Taliban „Interims“-Besetzungen für alle Ministerien bis auf ein einziges an, wobei die Organisationsstruktur der vorherigen Regierung beibehalten wurde (USIP 17.08.2022) - das Ministerium für Frauenangelegenheiten blieb unbesetzt und wurde später aufgelöst (USIP 17.08.2022; vergleiche HRW 04.10.2021). Alle amtierenden Minister waren hochrangige Taliban-Führer; es wurden keine externen politischen Persönlichkeiten ernannt, die überwältigende Mehrheit war paschtunisch, und alle waren Männer. Seitdem haben die Taliban die interne Struktur verschiedener Ministerien mehrfach geändert und das Ministerium für die Verbreitung der Tugend und die Verhütung des Lasters wiederbelebt, das in den 1990er-Jahren als strenge „Sittenpolizei“ berüchtigt war, die strenge Vorschriften für das soziale Verhalten durchsetzte (USIP 17.08.2022). Bezüglich der Verwaltung haben die Taliban Mitte August 2021 nach und nach die Behörden und Ministerien übernommen. Sie riefen die bisherigen Beamten und Regierungsmitarbeiter dazu auf, wieder in den Dienst zurückzukehren, ein Aufruf, dem manche von ihnen auch folgten (ICG 24.08.2021; vergleiche USDOS 12.04.2022a), wobei weibliche Angestellte aufgefordert wurden, zu Hause zu bleiben (BBC 19.09.2021; vergleiche Guardian 20.09.2021). Die für die Wahlen zuständigen Institutionen, sowie die Unabhängige Menschenrechtskommission, der Nationale Sicherheitsrat und die Sekretariate der Parlamentskammern wurden abgeschafft (AA 26.06.2023).
Der Ernennung einer aus 33 Mitgliedern bestehenden geschäftsführenden Übergangsregierung im September 2021 folgten zahlreiche Neuernennungen und Umbesetzungen auf nationaler, Provinz- und Distriktebene in den folgenden Monaten, wobei Frauen weiterhin gar nicht und nicht-paschtunische Bevölkerungsgruppen nur in geringem Umfang berücksichtigt wurden (AA 26.06.2023). [...]
Die Regierung der Taliban wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 08.09.2021; vgl. REU 07.09.2021b, Afghan Bios 18.07.2023). Die Regierung der Taliban wird von Mohammad Hassan Akhund geführt. Er ist Vorsitzender der Minister, eine Art Premierminister. Akhund ist ein wenig bekanntes Mitglied des höchsten Führungszirkels der Taliban, der sogenannten Rahbari-Schura, besser bekannt als Quetta-Schura (NZZ 08.09.2021; vergleiche REU 07.09.2021b, Afghan Bios 18.07.2023).
Stellvertretende vorläufige Premierminister sind Abdul Ghani Baradar (AJ 07.09.2021; vgl. REU 07.09.2021b, Afghan Bios 16.02.2022), der die Taliban bei den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten in Doha vertrat und das Abkommen mit ihnen am 29.02.2021 unterzeichnete (AJ 07.09.2021; vgl. VOA 29.02.2020), und Abdul Salam Hanafi (REU 07.09.2021b; vgl. Afghan Bios 07.07.2022b), der unter dem ersten Taliban-Regime Bildungsminister war (Afghan Bios 07.07.2022b; vgl. UNSC o. D.a). Im Oktober 2021 wurde Maulvi Abdul Kabir zum dritten stellvertretenden Premierminis