Entscheidungsdatum
09.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W292 2293890-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , StA. Syrien, Arabische Republik, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich – Außenstelle Wiener Neustadt vom 05.05.2024, Zl. 1373278101-232116590, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren römisch 40 , StA. Syrien, Arabische Republik, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich – Außenstelle Wiener Neustadt vom 05.05.2024, Zl. 1373278101-232116590, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (BF), syrische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens und Angehörige der arabischen Volksgruppe, reiste spätestens am 13.10.2023 gemeinsam mit ihrem Ehemann, XXXX , und ihren vier minderjährigen Töchtern, XXXX sowie XXXX , illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. An demselben Tag fand eine Erstbefragung durch die Sicherheitsbehörden statt; die Beschwerdeführerin gab an, das Land verlassen zu haben, da in Syrien Krieg herrsche und sie Angst um ihre Kinder habe. 1. Die Beschwerdeführerin (BF), syrische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens und Angehörige der arabischen Volksgruppe, reiste spätestens am 13.10.2023 gemeinsam mit ihrem Ehemann, römisch 40 , und ihren vier minderjährigen Töchtern, römisch 40 sowie römisch 40 , illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. An demselben Tag fand eine Erstbefragung durch die Sicherheitsbehörden statt; die Beschwerdeführerin gab an, das Land verlassen zu haben, da in Syrien Krieg herrsche und sie Angst um ihre Kinder habe.
2. Im Zuge ihrer Einvernahme vor dem BFA (belangte Behörde) am 02.05.2024 gab die Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, es habe Luftangriffe des Regimes gegeben. Sie sei niemals persönlich bedroht worden. Ihr Mann habe den Wehrdienst noch nicht abgeleistet und hätten sie und die Kinder die gleichen Fluchtgründe wie ihr Ehemann. Sie habe Angst vor dem Tod und würde, selbst wenn ihr Mann nach Syrien zurückkehren sollte, mit ihren Kindern nicht ins Heimatland zurückgehen; es sei dort sehr gefährlich und wäre ihr Leben bedroht.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag der Beschwerdeführern auf internationalen Schutz vom 13.10.2023 mit im Spruch bezeichneten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte der Beschwerdeführerin jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). 3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag der Beschwerdeführern auf internationalen Schutz vom 13.10.2023 mit im Spruch bezeichneten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte der Beschwerdeführerin jedoch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend hielt die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin selbst keine eigenen Asylgründe geltend gemacht habe und sämtliche von ihrem Ehemann im Rahmen des Verfahrens getätigten Ausführungen als unglaubwürdig und damit nicht asylrelevant zu befinden gewesen seien. Da auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dahingehend gegeben seien, die auf eine Verfolgungsgefahr hindeuten würden, sei der Asylantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen gewesen. Auch aufgrund des Umstandes, dass gegenständlich ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vorliege, komme eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigen nicht in Betracht, zumal auch keinem anderen Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Begründend hielt die belangte Behörde zu Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin selbst keine eigenen Asylgründe geltend gemacht habe und sämtliche von ihrem Ehemann im Rahmen des Verfahrens getätigten Ausführungen als unglaubwürdig und damit nicht asylrelevant zu befinden gewesen seien. Da auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dahingehend gegeben seien, die auf eine Verfolgungsgefahr hindeuten würden, sei der Asylantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen gewesen. Auch aufgrund des Umstandes, dass gegenständlich ein Familienverfahren gemäß Paragraph 34, AsylG vorliege, komme eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigen nicht in Betracht, zumal auch keinem anderen Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
4. Gegen Spruchpunkt I des oben bezeichneten Bescheides richtet sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde. Im Rahmen ihres Beschwerdevorbringens führte die Beschwerdeführerin zunächst aus, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe zu Unrecht XXXX als Herkunftsregion angenommen, zumal die Beschwerdeführerin in XXXX geboren worden und dort aufgewachsen sei. Erst im Jahr 2015 habe sie die Heimatregion gemeinsam mit ihrem Ehemann aufgrund einer Vertreibung (aufgrund von fortlaufenden Bombardierungen) verlassen und für fünf Jahre in einem Zeltlager in XXXX gelebt, sie habe dort jedoch zu keinem Zeitpunkt Fuß gefasst. Ihr Heimatdorf liege im Kontrollbereich der syrischen Regierung. Hinzu komme, dass sich die belangte Behörde nur unzureichend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den eigenen Länderfeststellungen auseinandergesetzt und eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen habe. 4. Gegen Spruchpunkt römisch eins des oben bezeichneten Bescheides richtet sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde. Im Rahmen ihres Beschwerdevorbringens führte die Beschwerdeführerin zunächst aus, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe zu Unrecht römisch 40 als Herkunftsregion angenommen, zumal die Beschwerdeführerin in römisch 40 geboren worden und dort aufgewachsen sei. Erst im Jahr 2015 habe sie die Heimatregion gemeinsam mit ihrem Ehemann aufgrund einer Vertreibung (aufgrund von fortlaufenden Bombardierungen) verlassen und für fünf Jahre in einem Zeltlager in römisch 40 gelebt, sie habe dort jedoch zu keinem Zeitpunkt Fuß gefasst. Ihr Heimatdorf liege im Kontrollbereich der syrischen Regierung. Hinzu komme, dass sich die belangte Behörde nur unzureichend mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den eigenen Länderfeststellungen auseinandergesetzt und eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen habe.
5. Am 18.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck von der Beschwerdeführerin verschafft und diese ausführlich zu ihren Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt. Die Beschwerdeführerin gab an, derzeit nicht zu arbeiten. Ihr Heimatdorf habe sie nach der Eheschließung aufgrund von Bombardierungen verlassen; ab diesem Zeitpunkt habe sie im Heimatdorf ihres Mannes gelebt. Kurz darauf sei man jedoch nach XXXX und schließlich, im Jahr 2020, in die Türkei geflüchtet. Zu ihren Fluchtgründen brachte die Beschwerdeführerin vor, aufgrund des Krieges ausgereist zu sein. Ein weiterer Grund sei die Wehrdienstsituation ihres Mannes gewesen. Das Regime sei unberechenbar und kriminell. Auf die Frage, ob sie in Syrien jemals Probleme aufgrund ihrer politischen Einstellung gehabt habe, führte sie aus, dass dies unmittelbar nicht der Fall gewesen sei. Sie habe sich nie politisch betätigt oder geäußert. Was im Falle einer Rückkehr passiere, wisse sie nicht; die Situation ihres Mannes sei aber jedenfalls sehr angespannt und habe sie auch gehört, dass jene Personen, die zurückkehren als Verräter angesehen würden, weil sie das Land verlassen hätten. Den Entschluss zur Ausreise hätten sie auch gefasst, um ihren Kindern zu ermöglichen in besserer Atmosphäre aufzuwachsen. 5. Am 18.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck von der Beschwerdeführerin verschafft und diese ausführlich zu ihren Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt. Die Beschwerdeführerin gab an, derzeit nicht zu arbeiten. Ihr Heimatdorf habe sie nach der Eheschließung aufgrund von Bombardierungen verlassen; ab diesem Zeitpunkt habe sie im Heimatdorf ihres Mannes gelebt. Kurz darauf sei man jedoch nach römisch 40 und schließlich, im Jahr 2020, in die Türkei geflüchtet. Zu ihren Fluchtgründen brachte die Beschwerdeführerin vor, aufgrund des Krieges ausgereist zu sein. Ein weiterer Grund sei die Wehrdienstsituation ihres Mannes gewesen. Das Regime sei unberechenbar und kriminell. Auf die Frage, ob sie in Syrien jemals Probleme aufgrund ihrer politischen Einstellung gehabt habe, führte sie aus, dass dies unmittelbar nicht der Fall gewesen sei. Sie habe sich nie politisch betätigt oder geäußert. Was im Falle einer Rückkehr passiere, wisse sie nicht; die Situation ihres Mannes sei aber jedenfalls sehr angespannt und habe sie auch gehört, dass jene Personen, die zurückkehren als Verräter angesehen würden, weil sie das Land verlassen hätten. Den Entschluss zur Ausreise hätten sie auch gefasst, um ihren Kindern zu ermöglichen in besserer Atmosphäre aufzuwachsen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
1.1.1. Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht fest; die Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX als Verfahrensidentität. 1.1.1. Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht fest; die Beschwerdeführerin führt den Namen römisch 40 als Verfahrensidentität.
1.1.2. Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX geboren, ist syrische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen Glaubensrichtung mit sunnitischer Ausrichtung an. 1.1.2. Die Beschwerdeführerin wurde am römisch 40 geboren, ist syrische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen Glaubensrichtung mit sunnitischer Ausrichtung an.
1.1.3. Die Beschwerdeführerin ist seit August 2015 nach traditionellen islamischen Gepflogenheiten mit dem mit ihr (spätestens am 13.10.2023) zusammen eingereisten XXXX (geb. am XXXX ) verheiratet, in Ermangelung der Registrierung der Ehe vor einer staatlichen Behörde wird diese Form der Eheschließung vom syrischen Staat aufgrund der dortigen Rechtsvorschriften des Personenstandsrechts jedoch nicht anerkannt.1.1.3. Die Beschwerdeführerin ist seit August 2015 nach traditionellen islamischen Gepflogenheiten mit dem mit ihr (spätestens am 13.10.2023) zusammen eingereisten römisch 40 (geb. am römisch 40 ) verheiratet, in Ermangelung der Registrierung der Ehe vor einer staatlichen Behörde wird diese Form der Eheschließung vom syrischen Staat aufgrund der dortigen Rechtsvorschriften des Personenstandsrechts jedoch nicht anerkannt.
Zu den syrischen Rechtsvorschriften in Bezug auf die staatliche Registrierung von Ehen:
Laut Artikel 38 des syrischen Zivilrechts (Nr. 376 aus 1975) muss jede Eheschließung behördlich registriert werden. Muslime erhalten ihre Heiratspapiere vom Scharia - Gericht, Christen von der Kirche. Danach müssen die Ehepaare ihre Heiratspapiere an die Zivilstandsbehörde (Meldeamt) senden, um die Ehe offiziell zu registrieren. Erst mit der Registrierung bei der Zivilbehörde ist die Ehe rechtsgültig. Traditionelle Eheschließungen (z.B. nur vor einem Scheich) werden nicht anerkannt.
1.1.4. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Ehemann nach traditionellem Ritus vier minderjährige Töchter, XXXX , die gemeinsam mit der Beschwerdeführerin (spätestens am 13.10.2023) in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind. 1.1.4. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrem Ehemann nach traditionellem Ritus vier minderjährige Töchter, römisch 40 , die gemeinsam mit der Beschwerdeführerin (spätestens am 13.10.2023) in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind.
1.1.5. Die Beschwerdeführerin wurde im Dorf XXXX in der Provinz XXXX in Syrien geboren und hat sich dort bis zum Sommer 2015 aufgehalten. Anschließend hat sie für zwei Monate mit ihrem traditionell angetrauten Ehemann in dessen nahegelegenem Heimatdorf und in der Folge für fünf Jahre in einem Zeltlager in XXXX gelebt, bevor sie in die Türkei ausreiste. Das Heimatdorf ihres traditionell angetrauten Ehemannes, XXXX liegt nur wenige Kilometer vom Heimatdorf der Beschwerdeführerin, XXXX , entfernt.1.1.5. Die Beschwerdeführerin wurde im Dorf römisch 40 in der Provinz römisch 40 in Syrien geboren und hat sich dort bis zum Sommer 2015 aufgehalten. Anschließend hat sie für zwei Monate mit ihrem traditionell angetrauten Ehemann in dessen nahegelegenem Heimatdorf und in der Folge für fünf Jahre in einem Zeltlager in römisch 40 gelebt, bevor sie in die Türkei ausreiste. Das Heimatdorf ihres traditionell angetrauten Ehemannes, römisch 40 liegt nur wenige Kilometer vom Heimatdorf der Beschwerdeführerin, römisch 40 , entfernt.
1.1.6. XXXX und den vier minderjährigen Töchtern wurde ebenfalls mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2024 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die von XXXX gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 05.05.2024 erhobene Bescheidbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W292 2293879-1, als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurden die Bescheidbeschwerden der vier minderjährigen Töchter mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W292 2293885-1, W292 2293888-1, W292 2293881-1 und W292 2293883-1). 1.1.6. römisch 40 und den vier minderjährigen Töchtern wurde ebenfalls mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2024 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die von römisch 40 gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides vom 05.05.2024 erhobene Bescheidbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W292 2293879-1, als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurden die Bescheidbeschwerden der vier minderjährigen Töchter mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W292 2293885-1, W292 2293888-1, W292 2293881-1 und W292 2293883-1).
1.1.7. Eine Schwester der Beschwerdeführerin befindet sich in XXXX , darüber hinaus lebt im Norden Syriens eine Schwester ihres traditionell angetrauten Ehemannes.1.1.7. Eine Schwester der Beschwerdeführerin befindet sich in römisch 40 , darüber hinaus lebt im Norden Syriens eine Schwester ihres traditionell angetrauten Ehemannes.
1.1.8. Die Beschwerdeführerin hat in Syrien acht Jahre lang die Schule besucht. Anschließend hat sie in der Landwirtschaft geholfen und war Hausfrau. Der Vater der Beschwerdeführerin verfügt über eine universitäre Ausbildung und arbeitet im Libanon.
1.1.9. Die Beschwerdeführerin hat ihr Heimatland im Jahr 2020 verlassen und ist seither nicht mehr dorthin zurückgekehrt.
1.1.10. Die Beschwerdeführerin ist gesund, nimmt keine Medikamente ein und steht nicht in ärztlicher Behandlung.
1.1.11. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich unbescholten.
1.1.12. Die Beschwerdeführerin bezieht staatliche Unterstützungsleistungen und geht keiner eigenen Erwerbsarbeit nach.
1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin:
1.2.1. Die Herkunftsregion der Beschwerdeführerin steht zum Entscheidungszeitpunkt unter syrischer Kontrolle.
1.2.2. Die Beschwerdeführerin war nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und ist auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder anderer Konfliktparteien wegen einer (unterstellten) oppositionellen Haltung geraten. Die Beschwerdeführerin weist keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die syrische Zentralregierung oder sonstige Machtstrukturen in Syrien auf.
1.2.3. Die Beschwerdeführerin und ihre Familie unterlag bislang in Syrien keiner individuellen Gefährdung aufgrund ihrer Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit oder ihrer Familien- bzw. Stammeszugehörigkeit.
Die Beschwerdeführerin und ihre Familienangehörigen haben in der Vergangenheit keine Probleme mit dem syrischen Regime gehabt. Sie und ihre Familie ist nicht als regimekritisch bekannt.
1.2.4. Die Beschwerdeführerin wurde bisher nicht Opfer von häuslicher und familiärer Gewalt oder von Zwangsverheiratung.
1.2.5. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
1.2.6. Seitens österreichischer Behörden sind zur Asylantragstellung der Beschwerdeführerin an deren Herkunftsstaat keinerlei Informationen übermittelt worden.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen (z.T. bereinigt um grammatikalische und orthographische Fehler):
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation SYRIEN vom 27.03.2024 (Version 11)
- EUAA: Country Guidance Syria, Version 2024
- ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188]
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, SYRIEN, Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB), 14.10.2022
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, TÜRKEI / SYRIEN, Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29.03.2023
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.9.2022: SYRIEN - Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen
- Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge aus dem COI-CMS Country of Origin Information – Content Management System, Version 1, 25.10.2023
1.3.1. Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung 2024-03-08 11:12
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).
Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).
Personenstandsrecht, Ehe, Scheidung, Familienrecht, Vormundschaft und Obsorge (regimekontrollierte Gebiete)
Letzte Änderung 2024-03-08 19:54
Personenstandsgesetz von 1953 (mit Nivellierungen)
Im muslimisch dominierten multireligiösen und multiethnischen Syrien haben die unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften seit Langem das Recht, bestimmte Angelegenheiten des Familienrechts entsprechend ihren jeweiligen religiösen Vorschriften zu regeln (SLJ 3.10.2019). Im Allgemeinen wird das Familienrecht durch das Personenstandsgesetz (qanun al-ahwal al-shakhsiyya) von 1953 geregelt, eine Kodifizierung islamischen Rechts. Das Gesetz gilt für alle Syrer, aber bestimmte Ausnahmen gelten für Drusen, Christen und Juden, die ihre eigenen religiösen Gesetze in Bezug auf Heirat, Scheidung, Kindesunterhalt, Mitgift, Testamente und Erbschaft anwenden können (MPG 2018). Andere Bereiche wie Vormundschaft und Vaterschaft gelten jedoch für alle Syrer, unabhängig von ihrer Religion - nach einer zeitweisen Ausnahme für Katholiken (Landinfo 22.8.2018). Das Personenstandsrecht und die Scharia-Gerichte, die dieses Recht anwenden, haben Vorrang gegenüber den nicht-muslimischen Gerichten (Eijk 2013).
Nicht nur die verschiedenen Religionsgruppen, auch die unterschiedlichen Konfessionen haben eine jeweils eigene Gesetzgebung in bestimmten rechtlichen Angelegenheiten den Personenstand betreffend (Eijk 2013). So existiert ein kodifiziertes Familienrecht für Katholiken, Protestanten sowie für die Armenisch-, Griechisch- sowie Syrisch-Orthodoxen Kirchen u. a. in verschiedenen Personenstandsgesetzen (MPG 2018). Das Gesetz unterscheidet hingegen nicht zwischen den verschiedenen islamischen Konfessionen und gilt für Sunniten, Alawiten und andere schiitische Gruppen gleichermaßen (ausgenommen sind hiervon Drusen, wenn man diese als muslimische Gruppe ansieht) (Eijk 2016).
Am 25.3.2021 ist mit der Unterschrift des Präsidenten das Gesetz Nr. 13/2021 zum Erlass eines neuen Personenstandsgesetzes (PSG) verabschiedet worden. Das neue Gesetz ersetzt das Personenstandsgesetz von 2007. Gegenstand der enthaltenen Neuerungen sind insbesondere die Automatisierung und Informatisierung von Registerprozessen und ihre Vereinfachung; u. a. soll es Erleichterungen bei der Beantragung von Urkunden geben (VfSt 30.3.2021). Bezüglich Heirat, Scheidung, Kinderobsorge und Erbschaft sind Frauen weiterhin im Personenstandsgesetz diskriminiert (HRW 11.1.2024).
Eheschließung
Religionsverschiedenheit ist ein Hindernis für die Eheschließung in Syrien. So ist die Ehe einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nichtig. Eine Ehe zwischen einem muslimischen Mann und einer nicht-muslimischen Frau, sofern diese dem Christentum oder Judentum angehört, ist gültig (MPG 2018, vgl. USDOS 2.6.2022). Inwieweit eine Ehe mit einer Jesidin rechtmäßig ist, ist unklar (MPG 2018). Im Jahr 2019 erfolgten Änderungen. Das Heiratsalter wurde für Männer wie Frauen von 17 auf 18 Jahre erhöht. Der Ehemann und die Ehefrau können nun ihre jeweiligen Bedingungen im Ehevertrag festschreiben, wenn diese weder islamisches noch syrisches Recht verletzen. Sollte islamisches oder syrisches Recht hingegen verletzt sein, werden diese Bedingungen nichtig, aber der Ehevertrag behält seine Gültigkeit (LoC 8.4.2019). Religionsverschiedenheit ist ein Hindernis für die Eheschließung in Syrien. So ist die Ehe einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nichtig. Eine Ehe zwischen einem muslimischen Mann und einer nicht-muslimischen Frau, sofern diese dem Christentum oder Judentum angehört, ist gültig (MPG 2018, vergleiche USDOS 2.6.2022). Inwieweit eine Ehe mit einer Jesidin rechtmäßig ist, ist unklar (MPG 2018). Im Jahr 2019 erfolgten Änderungen. Das Heiratsalter wurde für Männer wie Frauen von 17 auf 18 Jahre erhöht. Der Ehemann und die Ehefrau können nun ihre jeweiligen Bedingungen im Ehevertrag festschreiben, wenn diese weder islamisches noch syrisches Recht verletzen. Sollte islamisches oder syrisches Recht hingegen verletzt sein, werden diese Bedingungen nichtig, aber der Ehevertrag behält seine Gültigkeit (LoC 8.4.2019).
Der Zuständige des Gerichts kann die Ehe im Gericht oder zuhause schließen. Das Brautpaar muss nicht anwesend sein. Die Frau kann auch durch ihren Vormund vertreten werden. Eine Vertretung wird entsprechend in der Eheschließungsurkunde/Heiratsurkunde vermerkt (NMFA 5.2022) [Anm.: zur Praxis von diesbezüglichen Vermerken bei der Bestätigung informeller Heiraten siehe weiter unten.]. Theoretisch braucht eine erwachsene Frau nicht die ausdrückliche Zustimmung ihres Vaters oder Vormunds, um eine traditionelle Ehe eingehen zu können. Auf die Anwesenheit des Vormunds der Frau wird jedoch großer Wert gelegt, weil von ihm erwartet wird, dass er die Interessen der Familie und der Braut schützt (NMFA 6.2021). In den unterschiedlichen Strömungen des islamischen Rechts ist es umstritten, ob eine erwachsene, voll geschäftsfähige Frau ihre Ehe ohne ihren Ehevormund schließen kann. Ein erwachsener Mann kann seine Ehe ohne einen Ehevormund schließen (MPG o.D.a). Stellvertretung bei der Ehe (tawkîl) ist gemäß Art. 8 PSG zulässig und durchaus üblich (ÖB Damaskus 1.10.2021). Der Zuständige des Gerichts kann die Ehe im Gericht oder zuhause schließen. Das Brautpaar muss nicht anwesend sein. Die Frau kann auch durch ihren Vormund vertreten werden. Eine Vertretung wird entsprechend in der Eheschließungsurkunde/Heiratsurkunde vermerkt (NMFA 5.2022) [Anm.: zur Praxis von diesbezüglichen Vermerken bei der Bestätigung informeller Heiraten siehe weiter unten.]. Theoretisch braucht eine erwachsene Frau nicht die ausdrückliche Zustimmung ihres Vaters oder Vormunds, um eine traditionelle Ehe eingehen zu können. Auf die Anwesenheit des Vormunds der Frau wird jedoch großer Wert gelegt, weil von ihm erwartet wird, dass er die Interessen der Familie und der Braut schützt (NMFA 6.2021). In den unterschiedlichen Strömungen des islamischen Rechts ist es umstritten, ob eine erwachsene, voll geschäftsfähige Frau ihre Ehe ohne ihren Ehevormund schließen kann. Ein erwachsener Mann kann seine Ehe ohne einen Ehevormund schließen (MPG o.D.a). Stellvertretung bei der Ehe (tawkîl) ist gemäß Artikel 8, PSG zulässig und durchaus üblich (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Die Mitwirkung des Staates ist für die Wirksamkeit der Eheschließung nicht erforderlich. Vielmehr stellen die Eheschließung an sich und die Mitteilung bzw. Registrierung der Eheschließung bei Gericht oder einer anderen Behörde getrennte Vorgänge dar. Die Registrierung ist verpflichtend und kann entweder vor oder nach der Eheschließung erfolgen (MPG o.D.a). Das Scharia-Gericht (oder religiöse Behörde) meldet die geschlossenen gesetzlichen Heiraten dem Zivilregister (NMFA 5.2022).
Paare, bei denen ein Partner ausländischer Staatsbürger ist, benötigen eine Genehmigung des Innenministeriums, denn dies gilt als Frage der nationalen Sicherheit (SLJ 3.10.2019).
Eine informelle Heirat mit Bezeichnungen wie sheikh, ‘urfi und katb al-kitab (NMFA 5.2022) - auch unter der Bezeichnung „traditionelle Ehe“ (SLJ 3.10.2019) - ist eine islamische Heirat, die ohne die Involvierung einer kompetenten Autorität geschlossen wird (NMFA 5.2022). Gründe für eine traditionelle Ehe können sein, dass das Paar unterschiedlichen islamischen Konfessionen angehört, dass es gegen die Wünsche der Familie heiratet, oder es sich um eine polygame Ehe handelt (mit oder ohne Wissen der ersten Ehefrau), die grundsätzlich im syrischen Personenstandsrecht erlaubt, jedoch strukturell beschränkt ist. Ein Mann kann einer solchen Ehe auch zustimmen, um dem unehelichen Kind seiner Frau einen Vater und somit einen Familiennamen zu geben (Eijk 2013). Ein Richter kann weiterhin eine informelle Heirat ratifizieren, wenn die Bedingungen im ersten Absatz (des Gesetzes) nicht gegeben sind. Das kann auch als Möglichkeit für die Heirat von Minderjährigen genutzt werden, ohne das eine Dispens durch den Richter nötig ist (NMFA 5.2022).
Ein weiterer Grund für informelle Heiraten ist, dass Männer, die in der Armee [Anm.: je nach Zeitpunkt vor oder nach der Gesetzesänderung 2019 nur Berufssoldaten oder auch andere - siehe auch weiter unten] dienen, eine Genehmigung der Armee für eine Eheschließung benötigen (Eijk 2013). Männer müssen nämlich sonst Dokumente vorlegen, welche belegen, dass ihre militärdienstlichen Verpflichtungen erfüllt sind (STJ 3.10.2019). Im Jahr 2019 benötigte z. B. jeder in der Altersgruppe zwischen 18 und 42 Jahren die Erlaubnis seiner Militäreinheit für eine Heirat. Viele Männer, egal ob Wehrdienstpflichtige oder Deserteure schlossen daher informelle Ehen, welche sie dann bei einem Scharia-Gericht ratifizieren ließen. Letzteres soll ohne Erlaubnis des Militärs möglich gewesen sein, wenn die Frau schwanger war oder schon ein Kind geboren hatte. Mit mehreren Änderungen im Personenstandsgesetz im Jahr 2019, Artikel 40, Absatz 1, benötigen nur Berufssoldaten eine Erlaubnis zur Heirat. Ob ein Deserteur seine informelle Heirat durch ein Scharia-Gericht bestätigen lassen kann, das beim Zivilregister registriert ist, hängt hauptsächlich davon ab, ob diese informelle Heirat bestätigt wird (NMFA 5.2022).
Da eine Ehe auch formlos zustande kommen kann, gibt es oft keine vorherige Anzeige der Eheabsicht bei Gericht. Zudem können die Brautleute in vielen Fällen die erforderlichen Dokumente nicht beibringen. Der Bedarf, die informell geschlossene Ehe zu registrieren, entsteht immer dann, wenn für ein Kind aus dieser Ehe Dokumente (z. B. eine Geburtsurkunde oder die Staatsbürgerschaftsurkunde) ausgestellt werden sollen. Das Gesetz bestimmt, dass eine Registrierung der bereits geschlossenen Ehe im Nachhinein erfolgen darf, wenn festgelegte Anforderungen erfüllt sind. Im Fall einer Schwangerschaft der Ehefrau oder des Vorhandenseins von Kindern aus dieser Ehe ist diese leichter nachweisbar. Können bestimmte Unterlagen zur Gültigkeit der außergerichtlichen Eheschließung nicht vorgelegt werden, besteht die Möglichkeit, eine einvernehmliche Feststellungsklage über das Bestehen der Ehe zu erheben. Bei der Feststellungsklage werden lediglich Tatsachen festgehalten, die von den Parteien selbst vorgebracht werden. Das Gericht überprüft die vorgebrachten Behauptungen nicht (MPG o.D.a).
Scharia-Gerichte können diese informellen Ehen ratifizieren, wobei die Bestätigung in schriftlicher Form erfolgt, aber die Dokumente werden inhaltlich wie formal je nach Gericht unterschiedlich nach Gutdünken der Richter ausgestellt. Zum Beispiel ist die Anwesenheit des Brautpaars oder seiner Repräsentanten nicht zwingend im Dokument erwähnt. Es wird auch nicht immer explizit erwähnt, ob ein Gatte oder eine Gattin durch eine andere Person vertreten wurde (NMFA 5.2022).
Das Datum der Eheschließung wird bei einer nachträglichen Registrierung vom Gericht bestimmt. Wenn das Gericht die traditionelle Eheschließung als gültig anerkennt, ist das Datum der traditionellen Eheschließung das Datum der Eheschließung, nicht das Datum der Registrierung. Da es auch möglich ist, Kinder ex post facto zu registrieren (oftmals gleichzeitig mit der Registrierung der Ehe), und Kinder im Kontext einer Ehe geboren werden sollten, sollte das Hochzeitsdatum hierbei jedenfalls vor dem Geburtsdatum der Kinder liegen. Daher würde es laut der Einschätzung einer Expertin für syrisches Ehe- und Familienrecht Sinn machen, dass das Gericht das Datum der traditionellen Eheschließung als das „echte Hochzeitsdatum“ festlegt (Eijk 4.1.2018).
Ein Gerichtsbeschluss wird besonders in Fällen gewählt, in denen ein Gatte verstorben, verschwunden, die Adresse unbekannt ist, nicht im Gericht erscheinen kann oder sich weigert, seine informelle Heirat zu bestätigen oder zu registrieren. Der Weg kann auch gewählt werden, wenn beide Gatten nicht vor Gericht erscheinen können. Ein Anwalt initiiert als Vertreter einer der beiden Eheleute das Verfahren zur Ratifizierung der außergerichtlichen Heirat. Dieses Verfahren war weit verbreitet, als die Genehmigung des Registrierungsbüros für den Militärdienst von Nöten war, und der Gatte nicht im Gericht erscheinen konnte (NMFA 6.2021).
In Bezug auf christliche Ehen werden vom Staat Ehen, die in einer Kirche geschlossen werden, als gültige Ehen anerkannt. Nach der Zeremonie sendet die Kirche die Unterlagen an das Zivilregisterbüro (Ejk 2013).
Heiratsdokumente
Ein "bay?n zaw?j" ist ein Auszug aus einer Heiratsurkunde und enthält eine Reihe von Feldern oder Abschnitten. Die "raqm al-wath?qa" (Dokumentennummer) ist eine codierte Nummer, die sich auf die Provinz, das zuständige Standesamt und die Seriennummer des Dokuments bezieht. Die Dokumentennummer ist die Nummer des Heiratsdokuments und wird vom Scharia-Gericht oder im Falle von Christen oder Drusen von einem anderen Familiengericht vergeben. Die "raqm al-w?qi?a" (Vorgangsnummer) bezieht sich auf die Nummer des registrierten Vorfalls (wie Geburt, Tod, Heirat, Scheidung und damit zusammenhängende Vorfälle) und den Ort, an dem der Vorfall registriert wurde. Die Vorgangsnummer wird von den Standesämtern vergeben. Das "t?r?? al-?aqd" (wörtlich "das Datum des Vertrags") bezieht sich auf das Datum der Eheschließung - entweder das Datum, an dem die Ehe vor einem oder durch einen Eheschließungsbeamten des Gerichts geschlossen wurde, oder das Datum der Eheschließung, das durch die rückwirkende Ratifizierung einer traditionellen Ehe durch das Gericht bestimmt wurde. Im Falle einer rückwirkenden Ratifizierung einer traditionellen oder "Urfi-Ehe" entspricht dieses Datum - wenn es korrekt ist, wie die Quelle hinzufügt - dem Datum der Eheschließung, das in der Gerichtsentscheidung zu finden ist (NMFA 6.2021).
Der Heiratsurkunde/Eheschließungsurkunde (sakk zawaj) beinhaltet drei Zahlen auf der oberen linken Seite: as-sahifa (Seitenzahl), al-asas (Laufnummer) und as-sidjil (Registrierungsbuchnummer des Zivilregisterarchivs). Kopien der Heiratsurkunde ergehen an das jeweilige Zivilregisterbüro der Eheleute, sodass ihre Ehe dort als registriert aufscheint. Das kann mehrere Tage dauern. Manche Paare bringen lieber selbst die Kopien zu den Registrierungsbüros, um das Prozedere zu beschleunigen, bzw. als Vorsichtsmaßnahme (NMFA 5.2022).
Im Fall einer nachträglichen Ratifizierung einer informellen Heirat kann in der Zwischenzeit eine Schwangerschaft vorliegen, was der Richter bei der Ratifizierung vermerken kann, was aber kein Standardvorgehen darstellt (NMFA 5.2022).
Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung 2024-03-11 06:50
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022). Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabischen Armee (SAA) auch den Spezialeinheiten (Special Forces), der Republikanischen Garde oder der Vierten Division zugeteilt werden, wobei die Rekruten den Dienst in diesen Einheiten bei Zuteilung nicht verweigern können (DIS 4.2023)