Entscheidungsdatum
09.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W292 2293879-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, Arabische Republik, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich – Außenstelle Wiener Neustadt vom 05.05.2024, Zl. 1373276902-232116425, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024, zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herwig ZACZEK als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , StA. Syrien, Arabische Republik, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich – Außenstelle Wiener Neustadt vom 05.05.2024, Zl. 1373276902-232116425, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF), syrischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, reiste spätestens am 13.10.2023 gemeinsam mit XXXX , mit der er angibt traditionell verheiratet zu sein, sowie seinen vier minderjährigen Töchtern, XXXX sowie XXXX , illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand eine Erstbefragung durch die Sicherheitsbehörden statt; darin gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Land verlassen, weil in Syrien Krieg herrsche und er Angst um seine Kinder gehabt habe. 1. Der Beschwerdeführer (BF), syrischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, reiste spätestens am 13.10.2023 gemeinsam mit römisch 40 , mit der er angibt traditionell verheiratet zu sein, sowie seinen vier minderjährigen Töchtern, römisch 40 sowie römisch 40 , illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand eine Erstbefragung durch die Sicherheitsbehörden statt; darin gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Land verlassen, weil in Syrien Krieg herrsche und er Angst um seine Kinder gehabt habe.
2. Im Zuge seiner Einvernahme vor dem BFA (belangte Behörde) am 02.05.2024 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt zusammengefasst an, er wolle, dass seine Kinder eine sichere und gute Zukunft haben. Zudem habe er im Heimatland Angst, vom Regime eingezogen zu werden. Die Frage, ob er jemals einen Einberufungsbefehl erhalten habe oder jemals persönlich bedroht worden sei, verneinte der Beschwerdeführer. Er wolle keinen Militärdienst leisten und nicht am Krieg teilnehmen. Auf die Möglichkeit der Leistung einer Befreiungsgebühr angesprochen, brachte der Beschwerdeführer vor, das „verbrecherische Regime“ nicht finanziell unterstützen zu wollen.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.10.2023 mit im Spruch bezeichneten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt III.). 3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.10.2023 mit im Spruch bezeichneten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte dem Beschwerdeführer jedoch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend hielt die belangte Behörde zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen fest, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Rückkehrbefürchtungen betreffend die Gefahr, zum verpflichtenden Wehrdienst in die syrische Armee eingezogen zu werden, keine Glaubhaftigkeit zukomme, weil sein Herkunftsort nicht unter der Kontrolle der syrischen Armee stehe und das diesbezügliche Vorbringen nicht mit den Länderfeststellungen in Einklang zu bringen sei. Als Heimatregion des Beschwerdeführers im Herkunftsland komme lediglich die Stadt XXXX in Betracht. Er habe zu seinen Fluchtgründen nur angegeben, Syrien verlassen zu haben, weil er nach Sicherheit gesucht habe. Er habe nie einen Einberufungsbefehl erhalten und sei er auch schon vor der Ausreise im wehrpflichtigen Alter gewesen, sodass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Beschwerdeführer bei einer nunmehrigen Rückkehr die Befürchtung habe, einberufen zu werden. Zudem hätte er von der Möglichkeit, sich vom Wehrdienst freizukaufen, Gebrauch machen können. Auch die Asylantragstellung im Ausland, die Ausreise, die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie die Herkunft aus XXXX würden für sich betrachtet keine asylrelevanten Gründe für eine Verfolgung darstellen, systematische Menschenrechtsverletzungen seien, wie festgestellt, nicht aus den Länderinformationen ersichtlich.Begründend hielt die belangte Behörde zu Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen fest, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Rückkehrbefürchtungen betreffend die Gefahr, zum verpflichtenden Wehrdienst in die syrische Armee eingezogen zu werden, keine Glaubhaftigkeit zukomme, weil sein Herkunftsort nicht unter der Kontrolle der syrischen Armee stehe und das diesbezügliche Vorbringen nicht mit den Länderfeststellungen in Einklang zu bringen sei. Als Heimatregion des Beschwerdeführers im Herkunftsland komme lediglich die Stadt römisch 40 in Betracht. Er habe zu seinen Fluchtgründen nur angegeben, Syrien verlassen zu haben, weil er nach Sicherheit gesucht habe. Er habe nie einen Einberufungsbefehl erhalten und sei er auch schon vor der Ausreise im wehrpflichtigen Alter gewesen, sodass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Beschwerdeführer bei einer nunmehrigen Rückkehr die Befürchtung habe, einberufen zu werden. Zudem hätte er von der Möglichkeit, sich vom Wehrdienst freizukaufen, Gebrauch machen können. Auch die Asylantragstellung im Ausland, die Ausreise, die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie die Herkunft aus römisch 40 würden für sich betrachtet keine asylrelevanten Gründe für eine Verfolgung darstellen, systematische Menschenrechtsverletzungen seien, wie festgestellt, nicht aus den Länderinformationen ersichtlich.
4. Gegen Spruchpunkt I des oben bezeichneten Bescheides richtet sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde. Im Rahmen seines Beschwerdevorbringens führte der Beschwerdeführer zunächst aus, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe zu Unrecht XXXX als Herkunftsregion angenommen, zumal der Beschwerdeführer in XXXX geboren worden und dort aufgewachsen sei. Erst im Jahr 2015 habe er den Heimatort gemeinsam mit seiner Ehefrau nach traditionellem Ritus aufgrund einer Vertreibung (aufgrund von fortlaufenden Bombardierungen) verlassen und für fünf Jahre in einem Zeltlager in XXXX gelebt, er habe dort jedoch zu keinem Zeitpunkt Fuß gefasst. Sein Heimatdorf liege im Kontrollbereich der syrischen Regierung. Hinzu komme, dass sich die belangte Behörde nur unzureichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den eigenen Länderfeststellungen auseinandergesetzt und eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen habe. Insbesondere sei der Beschwerdeführer vom Bundesamt nicht zu seiner politischen Gesinnung dem Regime gegenüber befragt worden. Im Falle einer Rückkehr bestehe für den Beschwerdeführer eine ernsthafte Gefahr dahingehend, dass er aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung verhaftet, gefoltert und zum Militärdienst zwangsweise eingezogen werden würde. 4. Gegen Spruchpunkt römisch eins des oben bezeichneten Bescheides richtet sich die gegenständliche Bescheidbeschwerde. Im Rahmen seines Beschwerdevorbringens führte der Beschwerdeführer zunächst aus, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe zu Unrecht römisch 40 als Herkunftsregion angenommen, zumal der Beschwerdeführer in römisch 40 geboren worden und dort aufgewachsen sei. Erst im Jahr 2015 habe er den Heimatort gemeinsam mit seiner Ehefrau nach traditionellem Ritus aufgrund einer Vertreibung (aufgrund von fortlaufenden Bombardierungen) verlassen und für fünf Jahre in einem Zeltlager in römisch 40 gelebt, er habe dort jedoch zu keinem Zeitpunkt Fuß gefasst. Sein Heimatdorf liege im Kontrollbereich der syrischen Regierung. Hinzu komme, dass sich die belangte Behörde nur unzureichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den eigenen Länderfeststellungen auseinandergesetzt und eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen habe. Insbesondere sei der Beschwerdeführer vom Bundesamt nicht zu seiner politischen Gesinnung dem Regime gegenüber befragt worden. Im Falle einer Rückkehr bestehe für den Beschwerdeführer eine ernsthafte Gefahr dahingehend, dass er aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung verhaftet, gefoltert und zum Militärdienst zwangsweise eingezogen werden würde.
5. Am 18.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft und diesen ausführlich zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt. Der Beschwerdeführer gab an, derzeit für vierzehn Stunden pro Woche in einem arabischen Supermarkt zu arbeiten, zudem beziehe er staatliche Unterstützungsleistungen. Hinsichtlich der Eheschließung gab er an, seine Frau und er hätten damals traditionell bei einem Sheikh geheiratet, die Ehe sei nicht staatlich registriert worden. Zu seiner Fluchtgeschichte brachte der Beschwerdeführer vor, er hätte zwei Monate nach seiner Eheschließung im Jahr 2015 gemeinsam mit seiner Ehefrau das Heimatdorf aufgrund von Bombardierungen verlassen. In der Folge hätte man sich in XXXX aufgehalten; eine Rückkehr in die Herkunftsregion sei einerseits aufgrund der Kriegssituation, andererseits aufgrund der Wehrdienstsituation nicht möglich gewesen. Nachgefragt, ob er jemals aufgefordert worden sei, bei der syrischen Armee den Militärdienst anzutreten, führte der Beschwerdeführer aus, als er ins Wehrdienstalter gekommen sei, habe er sich in einem Dorf aufgehalten, das sich nicht unter Kontrolle des Regimes befunden habe, weshalb man ihm einen Einberufungsbefehl nicht zustellen hätte können. Er sei niemals festgenommen worden und habe sich auch niemals in Haft befunden. Die Ausreise habe er teilweise durch eigene Ersparnisse bezahlt, zudem habe er sich Geld von seinem Vater und Schwiegervater ausgeborgt. Die Leistung einer Wehrersatzgebühr komme für ihn nicht in Frage, da er das Geld hierfür nicht habe und er außerdem „Kriminelle“, die die Zivilbevölkerung attackieren, nicht unterstützen wolle. 5. Am 18.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschafft und diesen ausführlich zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt. Der Beschwerdeführer gab an, derzeit für vierzehn Stunden pro Woche in einem arabischen Supermarkt zu arbeiten, zudem beziehe er staatliche Unterstützungsleistungen. Hinsichtlich der Eheschließung gab er an, seine Frau und er hätten damals traditionell bei einem Sheikh geheiratet, die Ehe sei nicht staatlich registriert worden. Zu seiner Fluchtgeschichte brachte der Beschwerdeführer vor, er hätte zwei Monate nach seiner Eheschließung im Jahr 2015 gemeinsam mit seiner Ehefrau das Heimatdorf aufgrund von Bombardierungen verlassen. In der Folge hätte man sich in römisch 40 aufgehalten; eine Rückkehr in die Herkunftsregion sei einerseits aufgrund der Kriegssituation, andererseits aufgrund der Wehrdienstsituation nicht möglich gewesen. Nachgefragt, ob er jemals aufgefordert worden sei, bei der syrischen Armee den Militärdienst anzutreten, führte der Beschwerdeführer aus, als er ins Wehrdienstalter gekommen sei, habe er sich in einem Dorf aufgehalten, das sich nicht unter Kontrolle des Regimes befunden habe, weshalb man ihm einen Einberufungsbefehl nicht zustellen hätte können. Er sei niemals festgenommen worden und habe sich auch niemals in Haft befunden. Die Ausreise habe er teilweise durch eigene Ersparnisse bezahlt, zudem habe er sich Geld von seinem Vater und Schwiegervater ausgeborgt. Die Leistung einer Wehrersatzgebühr komme für ihn nicht in Frage, da er das Geld hierfür nicht habe und er außerdem „Kriminelle“, die die Zivilbevölkerung attackieren, nicht unterstützen wolle.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , wurde am XXXX geboren, ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen (sunnitischen) Glaubensrichtung an. 1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 , wurde am römisch 40 geboren, ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen (sunnitischen) Glaubensrichtung an.
1.1.2. Der Beschwerdeführer ist seit August 2015 nach traditionellen islamischen Gepflogenheiten mit der mit ihm (spätestens am 13.10.2023) zusammen eingereisten XXXX (geboren am XXXX ) verheiratet, in Ermangelung einer staatlichen Registrierung der Ehe vor einer staatlichen Behörde wird diese Form der Eheschließung vom syrischen Staat, aufgrund der dort geltenden Personenstandsvorschriften, jedoch nicht staatlich anerkannt.1.1.2. Der Beschwerdeführer ist seit August 2015 nach traditionellen islamischen Gepflogenheiten mit der mit ihm (spätestens am 13.10.2023) zusammen eingereisten römisch 40 (geboren am römisch 40 ) verheiratet, in Ermangelung einer staatlichen Registrierung der Ehe vor einer staatlichen Behörde wird diese Form der Eheschließung vom syrischen Staat, aufgrund der dort geltenden Personenstandsvorschriften, jedoch nicht staatlich anerkannt.
Zu den syrischen Rechtsvorschriften in Bezug auf die staatliche Registrierung von Ehen:
Laut Artikel 38 des syrischen Zivilrechts (Nr. 376 aus 1975) muss jede Eheschließung behördlich registriert werden. Muslime erhalten ihre Heiratspapiere vom Scharia - Gericht, Christen von der Kirche. Danach müssen die Ehepaare ihre Heiratspapiere an die Zivilstandsbehörde (Meldeamt) senden, um die Ehe offiziell zu registrieren. Erst mit der Registrierung bei der Zivilbehörde ist die Ehe rechtsgültig. Traditionelle Eheschließungen (z.B. nur vor einem Scheich) werden nicht anerkannt.
1.1.3. Der Beschwerdeführer hat mit XXXX vier minderjährige Töchter, XXXX sowie XXXX , die gemeinsam mit dem Beschwerdeführer (spätestens am 13.10.2023) in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind. 1.1.3. Der Beschwerdeführer hat mit römisch 40 vier minderjährige Töchter, römisch 40 sowie römisch 40 , die gemeinsam mit dem Beschwerdeführer (spätestens am 13.10.2023) in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind.
1.1.4. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX in der Provinz XXXX in Syrien geboren und hat sich überwiegend dort – bis zum Sommer 2015 – aufgehalten. Das Heimatdorf seiner (traditionell angetrauten) Ehefrau, XXXX , liegt nur wenige Kilometer vom Heimatdorf des Beschwerdeführers entfernt. Anschließend hat er gemeinsam mit XXXX fünf Jahre in XXXX gelebt, bevor er schließlich in die Türkei ausreiste. 1.1.4. Der Beschwerdeführer wurde im Dorf römisch 40 in der Provinz römisch 40 in Syrien geboren und hat sich überwiegend dort – bis zum Sommer 2015 – aufgehalten. Das Heimatdorf seiner (traditionell angetrauten) Ehefrau, römisch 40 , liegt nur wenige Kilometer vom Heimatdorf des Beschwerdeführers entfernt. Anschließend hat er gemeinsam mit römisch 40 fünf Jahre in römisch 40 gelebt, bevor er schließlich in die Türkei ausreiste.
1.1.5. XXXX und den vier minderjährigen Töchtern wurde – wie dem Beschwerdeführer – mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2024 der Status subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt. Die von XXXX gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 05.05.2024 erhobene Bescheidbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W292 2293890-1, als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurden die Bescheidbeschwerden der vier minderjährigen Töchter mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W292 2293885-1, W292 2293888-1, W292 2293881-1 und W292 2293883-1). 1.1.5. römisch 40 und den vier minderjährigen Töchtern wurde – wie dem Beschwerdeführer – mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2024 der Status subsidiär Schutzberechtigter zuerkannt. Die von römisch 40 gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides vom 05.05.2024 erhobene Bescheidbeschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag, W292 2293890-1, als unbegründet abgewiesen. Ebenso wurden die Bescheidbeschwerden der vier minderjährigen Töchter mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen (W292 2293885-1, W292 2293888-1, W292 2293881-1 und W292 2293883-1).
1.1.6. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt im Norden Syriens, darüber hinaus befindet sich eine Schwester seiner traditionell angetrauten Ehefrau in XXXX . 1.1.6. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt im Norden Syriens, darüber hinaus befindet sich eine Schwester seiner traditionell angetrauten Ehefrau in römisch 40 .
1.1.7. Der Beschwerdeführer hat in Syrien für sieben Jahre die Grundschule besucht und anschließend als Tischler gearbeitet. Zudem war er in seinem Heimatland in der Landwirtschaft sowie als Tagelöhner, etwa als Fenster- und Vorhängemonteur, tätig.
1.1.8. Der Beschwerdeführer hat sein Heimatland im Jahr 2020 verlassen und ist seither nicht mehr dorthin zurückgekehrt.
1.1.9. Der Beschwerdeführer ist gesund, nimmt keine Medikamente ein und steht nicht in ärztlicher Behandlung.
1.1.10. Der Beschwerdeführer ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.
1.1.11. Derzeit arbeitet der Beschwerdeführer im Ausmaß von vierzehn Stunden pro Woche in einem arabischen Supermarkt. Darüber hinaus bezieht er staatliche Leistungen.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.2.1. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht zum Entscheidungszeitpunkt unter syrischer Kontrolle.
1.2.2. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Der Beschwerdeführer ist XXXX Jahre alt. 1.2.2. In Syrien besteht ein verpflichtender Wehrdienst für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Der Beschwerdeführer ist römisch 40 Jahre alt.
1.2.3. Der Beschwerdeführer hat seinen verpflichtenden Wehrdienst bei der syrischen Armee noch nicht abgeleistet.
1.2.4. Die syrischen Regierungsbehörden unterstellen nicht sämtlichen Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, eine oppositionelle politische Gesinnung und haben sich auch im Fall des Beschwerdeführers keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Insbesondere weist der Beschwerdeführer keine glaubhaft verinnerlichte politische Überzeugung gegen die syrische Zentralregierung oder gegen den Dienst an der Waffe an sich auf.
1.2.5. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von einer anderen Bürgerkriegspartei zur Teilnahme an Kampfhandlungen oder der Ableistung eines Militärdienstes aufgefordert oder sonst dazu verhalten worden wäre.
1.2.6. Der Beschwerdeführer war nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung und ist auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder anderer Konfliktparteien wegen einer (unterstellten) oppositionellen Haltung geraten. Der Beschwerdeführer hat sich vor seiner Ausreise aus Syrien nicht an Demonstrationen gegen das syrische Regime beteiligt und ist auch sonst nicht erkennbar mit einer gegen das syrische Regime gerichteten politischen Überzeugung in Erscheinung getreten. Weder hatte er vor seiner Ausreise aus Syrien eine eigene, gegen das syrische Regime gerichtete politische Überzeugung noch hat sich eine solche seit dem Zeitpunkt seiner Ausreise aus Syrien bei ihm entwickelt. Er lehnt die Ableistung des Militärdienstes in der syrischen Armee aufgrund des Krieges und der damit einhergehenden Gefahren und Handlungen ab.
1.2.7. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und der im Ausland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird von der syrischen Regierung eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
1.2.8. Seitens österreichischer Behörden sind zur Asylantragstellung des Beschwerdeführers an dessen Herkunftsstaat keinerlei Informationen übermittelt worden.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen (z.T. bereinigt um grammatikalische und orthographische Fehler):
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation SYRIEN vom 27.03.2024 (Version 11)
- EUAA: Country Guidance Syria, Version 2024
- ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188]
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, SYRIEN, Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung (ergänzende AFB), 14.10.2022
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, TÜRKEI / SYRIEN, Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29.03.2023
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.9.2022: SYRIEN - Fragen des BVwG zu syrischen Wehrdienstgesetzen
- Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge aus dem COI-CMS Country of Origin Information – Content Management System, Version 1, 25.10.2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Behörden zur Registrierung von Ehen: Fristen, Anwesenheitserfordernisse, Vertreterinnen, Vollmacht, Heilung von Mängeln [a-10868] 4. Februar 2019
1.3.1. Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung 2024-03-08 11:12
2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) gekommen sein, deren Mitglieder die Partei der Demokratischen Union (Partiya Yekîtiya Demokrat, PYD) gründeten. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine 'zweite Front' in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba'ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrîn, 'Ain al-'Arab (Kobanê) und die Jazira/Cizîrê von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017).
Im November 2013 - etwa zeitgleich mit der Bildung der syrischen Interimsregierung (SIG) durch die syrische Opposition - rief die PYD die sogenannte Demokratische Selbstverwaltung (DSA) in den Kantonen Afrîn, Kobanê und Cizîrê aus und fasste das so entstandene, territorial nicht zusammenhängende Gebiet unter dem kurdischen Wort für "Westen" (Rojava) zusammen. Im Dezember 2015 gründete die PYD mit ihren Verbündeten den Demokratischen Rat Syriens (SDC) als politischen Arm der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) (SWP 7.2018). Die von den USA unterstützten SDF (TWI 18.7.2022) sind eine Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheitengruppen (USDOS 20.3.2023), in dem der militärische Arm der PYD, die YPG, die dominierende Kraft ist (KAS 4.12.2018). Im März 2016 riefen Vertreter der drei Kantone (Kobanê war inzwischen um Tall Abyad erweitert worden) den Konstituierenden Rat des "Demokratischen Föderalen Systems Rojava/Nord-Syrien" (Democratic Federation of Northern Syria, DFNS) ins Leben (SWP 7.2018). Im März 2018 (KAS 4.12.2018) übernahm die Türkei völkerrechtswidrig die Kontrolle über den kurdischen Selbstverwaltungskanton Afrîn mithilfe der Syrischen Nationalen Armee (SNA), einer von ihr gestützten Rebellengruppe (taz 15.10.2022). Im September 2018 beschloss der SDC die Gründung des Selbstverwaltungsgebiets Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES) auf dem Gebiet der drei Kantone (abzüglich des von der Türkei besetzten Afrîn). Darüber hinaus wurden auch Gebiete in Deir-ez Zor und Raqqa (K24 6.9.2018) sowie Manbij, Takba und Hassakah, welche die SDF vom Islamischen Staat (IS) befreit hatten, Teil der AANES (SO 27.6.2022).
Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Fluchtwelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Die erhoffte Kriegsdividende, für den Kampf gegen den IS mit einem autonomen Gebiet 'belohnt' zu werden, ist bisher ausgeblieben (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung erkennt weder die kurdische Enklave noch die Wahlen in diesem Gebiet an (USDOS 20.3.2023). Türkische Vorstöße auf syrisches Gebiet im Jahr 2019 führten dazu, dass die SDF zur Abschreckung der Türkei syrische Regierungstruppen einlud, in den AANES Stellung zu beziehen (ICG 18.11.2021). Die Gespräche zwischen der kurdischen Selbstverwaltung und der Regierung in Damaskus im Hinblick auf die Einräumung einer Autonomie und die Sicherung einer unabhängigen Stellung der SDF innerhalb der syrischen Streitkräfte sind festgefahren (ÖB Damaskus 1.10.2021). Mit Stand Mai 2023 besteht kein entsprechender Vertrag zwischen den AANES und der syrischen Regierung (Alaraby 31.5.2023). Unter anderem wird über die Verteilung von Öl und Weizen verhandelt, wobei ein großer Teil der syrischen Öl- und Weizenvorkommen auf dem Gebiet der AANES liegen (K24 22.1.2023). Normalisierungsversuche der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und der syrischen Regierung wurden in den AANES im Juni 2023 mit Sorge betrachtet (AAA 24.6.2023). Anders als die EU und USA betrachtet die Türkei sowohl die Streitkräfte der YPG als auch die Partei PYD als identisch mit der von der EU als Terrororganisation gelisteten PKK und daher als Terroristen und Gefahr für die nationale Sicherheit der Türkei (AA 2.2.2024).
Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).Die Führungsstrukturen der AANES unterscheiden sich von denen anderer Akteure und Gebiete in Syrien. Die "autonome Verwaltung" basiert auf der egalitären, von unten nach oben gerichteten Philosophie Abdullah Öcalans, der in der Türkei im Gefängnis sitzt [Anm.: Gründungsmitglied und Vorsitzender der PKK]. Frauen spielen eine viel stärkere Rolle als anderswo im Nahen Osten, auch in den kurdischen Sicherheitskräften. Lokale Nachbarschaftsräte bilden die Grundlage der Regierungsführung, die durch Kooptation zu größeren geografischen Einheiten zusammengeführt werden (MEI 26.4.2022). Es gibt eine provisorische Verfassung, die Lokalwahlen vorsieht (FH 9.3.2023). Dies ermöglicht mehr freie Meinungsäußerung als anderswo in Syrien und theoretisch auch mehr Opposition. In der Praxis ist die PYD nach wie vor vorherrschend, insbesondere in kurdisch besiedelten Gebieten (MEI 26.4.2022), und der AANES werden autoritäre Tendenzen bei der Regierungsführung und Wirtschaftsverwaltung des Gebiets vorgeworfen (Brookings 27.1.2023; vergleiche SD 22.7.2021). Die mit der PYD verbundenen Kräfte nehmen regelmäßig politische Opponenten fest. Während die politische Vertretung von Arabern formal gewährleistet ist, werden der PYD Übergriffe gegen nicht-kurdische Einwohner vorgeworfen (FH 9.3.2023). Teile der SDF haben Berichten zufolge Übergriffe verübt, darunter Angriffe auf Wohngebiete, körperliche Misshandlungen, rechtswidrige Festnahmen, Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten, Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie willkürliche Zerstörung und Abriss von Häusern. Die SDF haben die meisten Vorwürfe gegen ihre Streitkräfte untersucht. Einige Mitglieder der SDF wurden wegen Missbrauchs strafrechtlich verfolgt, jedoch lagen dazu keine genauen Zahlen vor (USDOS 20.3.2023).
Zwischen den rivalisierenden Gruppierungen unter den Kurden gibt es einerseits Annäherungsbemühungen, andererseits kommt es im Nordosten aus politischen Gründen und wegen der schlechten Versorgungslage zunehmend auch zu innerkurdischen Spannungen zwischen dem sogenannten Kurdish National Council, der Masoud Barzanis KDP [Anm.: Kurdistan Democratic Party - Irak] nahesteht und dem ein Naheverhältnis zur Türkei nachgesagt wird, und der PYD, welche die treibende Kraft hinter der kurdischen Selbstverwaltung ist, und die aus Sicht des Kurdish National Council der PKK zu nahe steht (ÖB 1.10.2021).
Seitdem der Islamische Staat (IS) 2019 die Kontrolle über sein letztes Bevölkerungszentrum verloren hat, greift er mit Guerilla- und Terrortaktiken Sicherheitskräfte und lokale zivile Führungskräfte an (FH 9.3.2023). Hauptziele sind Einrichtungen und Kader der SDF sowie der syrischen Armee (ÖB 1.10.2021).
Personenstandsrecht, Ehe, Scheidung, Familienrecht, Vormundschaft und Obsorge (regimekontrollierte Gebiete)
Letzte Änderung 2024-03-08 19:54
Personenstandsgesetz von 1953 (mit Novellierungen)
Im muslimisch dominierten multireligiösen und multiethnischen Syrien haben die unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften seit Langem das Recht, bestimmte Angelegenheiten des Familienrechts entsprechend ihren jeweiligen religiösen Vorschriften zu regeln (SLJ 3.10.2019). Im Allgemeinen wird das Familienrecht durch das Personenstandsgesetz (qanun al-ahwal al-shakhsiyya) von 1953 geregelt, eine Kodifizierung islamischen Rechts. Das Gesetz gilt für alle Syrer, aber bestimmte Ausnahmen gelten für Drusen, Christen und Juden, die ihre eigenen religiösen Gesetze in Bezug auf Heirat, Scheidung, Kindesunterhalt, Mitgift, Testamente und Erbschaft anwenden können (MPG 2018). Andere Bereiche wie Vormundschaft und Vaterschaft gelten jedoch für alle Syrer, unabhängig von ihrer Religion - nach einer zeitweisen Ausnahme für Katholiken (Landinfo 22.8.2018). Das Personenstandsrecht und die Scharia-Gerichte, die dieses Recht anwenden, haben Vorrang gegenüber den nicht-muslimischen Gerichten (Eijk 2013).
Nicht nur die verschiedenen Religionsgruppen, auch die unterschiedlichen Konfessionen haben eine jeweils eigene Gesetzgebung in bestimmten rechtlichen Angelegenheiten den Personenstand betreffend (Eijk 2013). So existiert ein kodifiziertes Familienrecht für Katholiken, Protestanten sowie für die Armenisch-, Griechisch- sowie Syrisch-Orthodoxen Kirchen u. a. in verschiedenen Personenstandsgesetzen (MPG 2018). Das Gesetz unterscheidet hingegen nicht zwischen den verschiedenen islamischen Konfessionen und gilt für Sunniten, Alawiten und andere schiitische Gruppen gleichermaßen (ausgenommen sind hiervon Drusen, wenn man diese als muslimische Gruppe ansieht) (Eijk 2016).
Am 25.3.2021 ist mit der Unterschrift des Präsidenten das Gesetz Nr. 13/2021 zum Erlass eines neuen Personenstandsgesetzes (PSG) verabschiedet worden. Das neue Gesetz ersetzt das Personenstandsgesetz von 2007. Gegenstand der enthaltenen Neuerungen sind insbesondere die Automatisierung und Informatisierung von Registerprozessen und ihre Vereinfachung; u. a. soll es Erleichterungen bei der Beantragung von Urkunden geben (VfSt 30.3.2021). Bezüglich Heirat, Scheidung, Kinderobsorge und Erbschaft sind Frauen weiterhin im Personenstandsgesetz diskriminiert (HRW 11.1.2024).
Eheschließung
Religionsverschiedenheit ist ein Hindernis für die Eheschließung in Syrien. So ist die Ehe einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nichtig. Eine Ehe zwischen einem muslimischen Mann und einer nicht-muslimischen Frau, sofern diese dem Christentum oder Judentum angehört, ist gültig (MPG 2018, vgl. USDOS 2.6.2022). Inwieweit eine Ehe mit einer Jesidin rechtmäßig ist, ist unklar (MPG 2018). Im Jahr 2019 erfolgten Änderungen. Das Heiratsalter wurde für Männer wie Frauen von 17 auf 18 Jahre erhöht. Der Ehemann und die Ehefrau können nun ihre jeweiligen Bedingungen im Ehevertrag festschreiben, wenn diese weder islamisches noch syrisches Recht verletzen. Sollte islamisches oder syrisches Recht hingegen verletzt sein, werden diese Bedingungen nichtig, aber der Ehevertrag behält seine Gültigkeit (LoC 8.4.2019). Religionsverschiedenheit ist ein Hindernis für die Eheschließung in Syrien. So ist die Ehe einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nichtig. Eine Ehe zwischen einem muslimischen Mann und einer nicht-muslimischen Frau, sofern diese dem Christentum oder Judentum angehört, ist gültig (MPG 2018, vergleiche USDOS 2.6.2022). Inwieweit eine Ehe mit einer Jesidin rechtmäßig ist, ist unklar (MPG 2018). Im Jahr 2019 erfolgten Änderungen. Das Heiratsalter wurde für Männer wie Frauen von 17 auf 18 Jahre erhöht. Der Ehemann und die Ehefrau können nun ihre jeweiligen Bedingungen im Ehevertrag festschreiben, wenn diese weder islamisches noch syrisches Recht verletzen. Sollte islamisches oder syrisches Recht hingegen verletzt sein, werden diese Bedingungen nichtig, aber der Ehevertrag behält seine Gültigkeit (LoC 8.4.2019).
Der Zuständige des Gerichts kann die Ehe im Gericht oder zuhause schließen. Das Brautpaar muss nicht anwesend sein. Die Frau kann auch durch ihren Vormund vertreten werden. Eine Vertretung wird entsprechend in der Eheschließungsurkunde/Heiratsurkunde vermerkt (NMFA 5.2022) [Anm.: zur Praxis von diesbezüglichen Vermerken bei der Bestätigung informeller Heiraten siehe weiter unten.]. Theoretisch braucht eine erwachsene Frau nicht die ausdrückliche Zustimmung ihres Vaters oder Vormunds, um eine traditionelle Ehe eingehen zu können. Auf die Anwesenheit des Vormunds der Frau wird jedoch großer Wert gelegt, weil von ihm erwartet wird, dass er die Interessen der Familie und der Braut schützt (NMFA 6.2021). In den unterschiedlichen Strömungen des islamischen Rechts ist es umstritten, ob eine erwachsene, voll geschäftsfähige Frau ihre Ehe ohne ihren Ehevormund schließen kann. Ein erwachsener Mann kann seine Ehe ohne einen Ehevormund schließen (MPG o.D.a). Stellvertretung bei der Ehe (tawkîl) ist gemäß Art. 8 PSG zulässig und durchaus üblich (ÖB Damaskus 1.10.2021). Der Zuständige des Gerichts kann die Ehe im Gericht oder zuhause schließen. Das Brautpaar muss nicht anwesend sein. Die Frau kann auch durch ihren Vormund vertreten werden. Eine Vertretung wird entsprechend in der Eheschließungsurkunde/Heiratsurkunde vermerkt (NMFA 5.2022) [Anm.: zur Praxis von diesbezüglichen Vermerken bei der Bestätigung informeller Heiraten siehe weiter unten.]. Theoretisch braucht eine erwachsene Frau nicht die ausdrückliche Zustimmung ihres Vaters oder Vormunds, um eine traditionelle Ehe eingehen zu können. Auf die Anwesenheit des Vormunds der Frau wird jedoch großer Wert gelegt, weil von ihm erwartet wird, dass er die Interessen der Familie und der Braut schützt (NMFA 6.2021). In den unterschiedlichen Strömungen des islamischen Rechts ist es umstritten, ob eine erwachsene, voll geschäftsfähige Frau ihre Ehe ohne ihren Ehevormund schließen kann. Ein erwachsener Mann kann seine Ehe ohne einen Ehevormund schließen (MPG o.D.a). Stellvertretung bei der Ehe (tawkîl) ist gemäß Artikel 8, PSG zulässig und durchaus üblich (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Die Mitwirkung des Staates ist für die Wirksamkeit der Eheschließung nicht erforderlich. Vielmehr stellen die Eheschließung an sich und die Mitteilung bzw. Registrierung der Eheschließung bei Gericht oder einer anderen Behörde getrennte Vorgänge dar. Die Registrierung ist verpflichtend und kann entweder vor oder nach der Eheschließung erfolgen (MPG o.D.a). Das Scharia-Gericht (oder religiöse Behörde) meldet die geschlossenen gesetzlichen Heiraten dem Zivilregister (NMFA 5.2022).
Paare, bei denen ein Partner ausländischer Staatsbürger ist, benötigen eine Genehmigung des Innenministeriums, denn dies gilt als Frage der nationalen Sicherheit (SLJ 3.10.2019).
Eine informelle Heirat mit Bezeichnungen wie sheikh, ‘urfi und katb al-kitab (NMFA 5.2022) - auch unter der Bezeichnung „traditionelle Ehe“ (SLJ 3.10.2019) - ist eine islamische Heirat, die ohne die Involvierung einer kompetenten Autorität geschlossen wird (NMFA 5.2022). Gründe für eine traditionelle Ehe können sein, dass das Paar unterschiedlichen islamischen Konfessionen angehört, dass es gegen die Wünsche der Familie heiratet, oder es sich um eine polygame Ehe handelt (mit oder ohne Wissen der ersten Ehefrau), die grundsätzlich im syrischen Personenstandsrecht erlaubt, jedoch strukturell beschränkt ist. Ein Mann kann einer solchen Ehe auch zustimmen, um dem unehelichen Kind seiner Frau einen Vater und somit einen Familiennamen zu geben (Eijk 2013). Ein Richter kann weiterhin eine informelle Heirat ratifizieren, wenn die Bedingungen im ersten Absatz (des Gesetzes) nicht gegeben sind. Das kann auch als Möglichkeit für die Heirat von Minderjährigen genutzt werden, ohne das eine Dispens durch den Richter nötig ist (NMFA 5.2022).
Ein weiterer Grund für informelle Heiraten ist, dass Männer, die in der Armee [Anm.: je nach Zeitpunkt vor oder nach der Gesetzesänderung 2019 nur Berufssoldaten oder auch andere - siehe auch weiter unten] dienen, eine Genehmigung der Armee für eine Eheschließung benötigen (Eijk 2013). Männer müssen nämlich sonst Dokumente vorlegen, welche belegen, dass ihre militärdienstlichen Verpflichtungen erfüllt sind (STJ 3.10.2019). Im Jahr 2019 benötigte z. B. jeder in der Altersgruppe zwischen 18 und 42 Jahren die Erlaubnis seiner Militäreinheit für eine Heirat. Viele Männer, egal ob Wehrdienstpflichtige oder Deserteure schlossen daher informelle Ehen, welche sie dann bei einem Scharia-Gericht ratifizieren ließen. Letzteres soll ohne Erlaubnis des Militärs möglich gewesen sein, wenn die Frau schwanger war oder schon ein Kind geboren hatte. Mit mehreren Änderungen im Personenstandsgesetz im Jahr 2019, Artikel 40, Absatz 1, benötigen nur Berufssoldaten eine Erlaubnis zur Heirat. Ob ein Deserteur seine informelle Heirat durch ein Scharia-Gericht bestätigen lassen kann, das beim Zivilregister registriert ist, hängt hauptsächlich davon ab, ob diese informelle Heirat bestätigt wird (NMFA 5.2022).
Da eine Ehe auch formlos zustande kommen kann, gibt es oft keine vorherige Anzeige der Eheabsicht bei Gericht. Zudem können die Brautleute in vielen Fällen die erforderlichen Dokumente nicht beibringen. Der Bedarf, die informell geschlossene Ehe zu registrieren, entsteht immer dann, wenn für ein Kind aus dieser Ehe Dokumente (z. B. eine Geburtsurkunde oder die Staatsbürgerschaftsurkunde) ausgestellt werden sollen. Das Gesetz bestimmt, dass eine Registrierung der bereits geschlossenen Ehe im Nachhinein erfolgen darf, wenn festgelegte Anforderungen erfüllt sind. Im Fall einer Schwangerschaft der Ehefrau oder des Vorhandenseins von Kindern aus dieser Ehe ist diese leichter nachweisbar. Können bestimmte Unterlagen zur Gültigkeit der außergerichtlichen Eheschließung nicht vorgelegt werden, besteht die Möglichkeit, eine einvernehmliche Feststellungsklage über das Bestehen der Ehe zu erheben. Bei der Feststellungsklage werden lediglich Tatsachen festgehalten, die von den Parteien selbst vorgebracht werden. Das Gericht überprüft die vorgebrachten Behauptungen nicht (MPG o.D.a).
Scharia-Gerichte können diese informellen Ehen ratifizieren, wobei die Bestätigung in schriftlicher Form erfolgt, aber die Dokumente werden inhaltlich wie formal je nach Gericht unterschiedlich nach Gutdünken der Richter ausgestellt. Zum Beispiel ist die Anwesenheit des Brautpaars oder seiner Repräsentanten nicht zwingend im Dokument erwähnt. Es wird auch nicht immer explizit erwähnt, ob ein Gatte oder eine Gattin durch eine andere Person vertreten wurde (NMFA 5.2022).
Das Datum der Eheschließung wird bei einer nachträglichen Registrierung vom Gericht bestimmt. Wenn das Gericht die traditionelle Eheschließung als gültig anerkennt, ist das Datum der traditionellen Eheschließung das Datum der Eheschließung, nicht das Datum der Registrierung. Da es auch möglich ist, Kinder ex post facto zu registrieren (oftmals gleichzeitig mit der Registrierung der Ehe), und Kinder im Kontext einer Ehe geboren werden sollten, sollte das Hochzeitsdatum hierbei jedenfalls vor dem Geburtsdatum der Kinder liegen. Daher würde es laut der Einschätzung einer Expertin für syrisches Ehe- und Familienrecht Sinn machen, dass das Gericht das Datum der traditionellen Eheschließung als das „echte Hochzeitsdatum“ festlegt (Eijk 4.1.2018).
Ein Gerichtsbeschluss wird besonders in Fällen gewählt, in denen ein Gatte verstorben, verschwunden, die Adresse unbekannt ist, nicht im Gericht erscheinen kann oder sich weigert, seine informelle Heirat zu bestätigen oder zu registrieren. Der Weg kann auch gewählt werden, wenn beide Gatten nicht vor Gericht erscheinen können. Ein Anwalt initiiert als Vertreter einer der beiden Eheleute das Verfahren zur Ratifizierung der außergerichtlichen Heirat. Dieses Verfahren war weit verbreitet, als die Genehmigung des Registrierungsbüros für den Militärdienst von Nöten war, und der Gatte nicht im Gericht erscheinen konnte (NMFA 6.2021).
In Bezug auf christliche Ehen werden vom Staat Ehen, die in einer Kirche geschlossen werden, als gültige Ehen anerkannt. Nach der Zeremonie sendet die Kirche die Unterlagen an das Zivilregisterbüro (Ejk 2013).
Heiratsdokumente
Ein "bay?n zaw?j" ist ein Auszug aus einer Heiratsurkunde und e