Entscheidungsdatum
10.09.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W119 2284510-1/8E
W119 2284521-1/8E
W119 2284515-1/8E
W119 2284517-1/4E
W119 2284525-1/4E
W119 2284512-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) der XXXX , geb. XXXX , 2.) des XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , 3.) der XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , 4.) der XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , 5.) der XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX und 6.) des XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX , alle StA. Syrien, alle vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ad 1.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367353010/231723889, ad 2.) vom 01.12.2023 Zahl: 1367355603/231724087, ad 3.) vom 01.12.2023 Zahl: 1367354508/231723986, ad 4.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367337202/231722530, ad 5.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367338101/231722645 und ad 6.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367339708/231722734, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerden 1.) der römisch 40 , geb. römisch 40 , 2.) des römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch römisch 40 , 3.) der römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch römisch 40 , 4.) der römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch römisch 40 , 5.) der römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch römisch 40 und 6.) des römisch 40 , geb. römisch 40 , gesetzlich vertreten durch römisch 40 , alle StA. Syrien, alle vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ad 1.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367353010/231723889, ad 2.) vom 01.12.2023 Zahl: 1367355603/231724087, ad 3.) vom 01.12.2023 Zahl: 1367354508/231723986, ad 4.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367337202/231722530, ad 5.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367338101/231722645 und ad 6.) vom 28.11.2023, Zahl: 1367339708/231722734, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerden werden gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer (in der Folge: BF) sind syrische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin (in der Folge: BF1) ist die Mutter der minderjährigen Zweit- bis SechstbeschwerdeführerInnen (in der Folge: BF2, BF3, BF4, BF5 und BF6).
Die BF reisten illegal in das Bundesgebiet ein und stellten jeweils am 01.09.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die BF1 im Wesentlichen an, der Volksgruppe der Araber sowie der islamisch-sunnitischen Religion anzugehören, in Idlib geboren und verheiratet zu sein. Ihre Muttersprache sei Arabisch, sie habe zwei Jahre die Schule besucht und sei Hausfrau gewesen. Ihre beiden minderjährigen Söhne (BF2 und BF6) und die drei minderjährigen Töchter (BF3, BF4 und BF5) sowie ihre Schwester seien mit ihr nach Österreich gereist, der Gatte, die Eltern und ein Bruder befänden sich in der Türkei, ein weiterer Bruder sei in Österreich aufenthaltsberechtigt.
Die Heimat hätten die BF ca. am 01.09.2018 illegal Richtung Türkei verlassen.
Zum Fluchtgrund brachte die BF1 vor: „In Syrien herrscht Krieg, ich bin auf der Suche nach Frieden und nach Sicherheit für meine Kinder. Sonst habe ich keine weiteren Fluchtgründe.“ Zu den Befürchtungen im Falle einer Rückkehr in ihre Heimat gab sie an, Angst um die Zukunft ihrer Familie zu haben.
Bezüglich BF4, BF5 und BF6 erklärte sie, diese hätten keine eigenen Fluchtgründe.
Der BF2 und die BF3 brachten jeweils vor, sie seien wegen des Krieges ausgereist.
Am 22.11.2023 wurde die BF1 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, in Idlib, im Dorf XXXX , geboren und aufgewachsen, sechs Jahre zur Schule gegangen und danach Hausfrau gewesen zu sein. Sie sei Sunnitin, Araberin und syrische Staatsangehörige sowie traditionell und standesamtlich verheiratet. Gelebt hätten sie im Elternhaus ihres Mannes, derzeit wohnten dort dessen Eltern und Geschwister. Nachgefragt, ob sie bei einer Rückkehr wieder dort leben könnten, erwiderte die BF1: „Nein, die Lage für mich und meine Töchter ist unsicher, Frauen werden schikaniert und belästigt.“ Ihr Gatte habe einen Bruder und drei Schwestern, eine Schwester und ein Bruder seien in Schweden. Am 22.11.2023 wurde die BF1 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, in Idlib, im Dorf römisch 40 , geboren und aufgewachsen, sechs Jahre zur Schule gegangen und danach Hausfrau gewesen zu sein. Sie sei Sunnitin, Araberin und syrische Staatsangehörige sowie traditionell und standesamtlich verheiratet. Gelebt hätten sie im Elternhaus ihres Mannes, derzeit wohnten dort dessen Eltern und Geschwister. Nachgefragt, ob sie bei einer Rückkehr wieder dort leben könnten, erwiderte die BF1: „Nein, die Lage für mich und meine Töchter ist unsicher, Frauen werden schikaniert und belästigt.“ Ihr Gatte habe einen Bruder und drei Schwestern, eine Schwester und ein Bruder seien in Schweden.
Die BF1 sei mit ihren fünf Kindern ausgereist, ihr Ehemann lebe in der Türkei, ebenso ihre Eltern und ein Bruder, ein weiterer Bruder und ihre mitgereiste Schwester befänden sich in Österreich.
Die BF1 habe sechs Onkel väterlicherseits und vier Onkel mütterlicherseits, alle seien in Idlib aufhältig.
Die Heimat habe die BF1 Ende September 2018 verlassen, unmittelbar vor der Ausreise habe sie in ihrem Heimatdorf gelebt, dieses sei aber bombardiert worden.
In ihrem Heimatland sei sie weder politisch tätig gewesen, noch habe sie sich am bewaffneten Kampf in Syrien beteiligt.
Zu ihrem Fluchtgrund brachte die BF1 vor: „Ich habe Syrien wegen des Krieges verlassen, es gibt Bombardierungen und Tötungen, Mädchen werden entführt und vergewaltigt.“ Ausgereist sei die Familie: „Damit meine Kinder und ich in Sicherheit leben können. Sie sollen den Krieg nicht mehr mitkriegen müssen.“
Weder sie noch ihre Familie seien jemals persönlich bedroht worden, Probleme mit den Behörden oder staatsähnlichen Institutionen habe es auch nicht gegeben. Die FSA übe die Kontrolle in ihrem Heimatgebiet aus, aber die Situation sei sehr unübersichtlich.
Die Kinder der BF1 hätten keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen.
Im Fall der Rückkehr habe die BF1 Angst um sich und ihre Töchter. „Ich habe Angst, dass wir angegriffen werden, als Frau ist es sehr schwierig. Man kann jederzeit entführt werden, ich hatte Angst, dass sie rausgehen.“ Die FSA könnte sie entführen, weil sie junge Mädchen seien, die Lage in Idlib wäre schlimm.
Mit den gegenständlich bekämpften Bescheiden wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberichtigten gemäß § 3 Abs.1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG jeweils abgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 1 AsylG jeweils der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wurde den BF jeweils die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). Mit den gegenständlich bekämpften Bescheiden wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberichtigten gemäß Paragraph 3, Absatz , in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG jeweils abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) und ihnen gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG jeweils der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG wurde den BF jeweils die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Jeweils gegen Spruchpunkt I. wurde rechtzeitig die gegenständliche gemeinsame Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Fluchtgründe der BF bestünden einerseits in der Furcht, im syrischen Bürgerkrieg zwischen die Fronten zu geraten, andererseits in einer Verfolgung aus politischen/religiösen Gründen bzw. wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe wegen ihrer Herkunft. Die Familie der BF1 wäre massiven Verfolgungshandlungen seitens des syrischen Regimes ausgesetzt gewesen und zwar wegen einer behaupteten oppositionellen Haltung aufgrund ihrer Herkunft, auch drohe geschlechtsspezifische Verfolgung als Frau und würde die BF1 bei einer Rückkehr als Verräterin angesehen. Zudem sei der BF2 von Zwangsrekrutierung bedroht und würde insbesondere wegen seiner Nichtbeteiligung am Bürgerkrieg auf Seiten des Regimes auf eine oppositionelle Haltung der gesamten Familie geschlossen werden.Jeweils gegen Spruchpunkt römisch eins. wurde rechtzeitig die gegenständliche gemeinsame Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Fluchtgründe der BF bestünden einerseits in der Furcht, im syrischen Bürgerkrieg zwischen die Fronten zu geraten, andererseits in einer Verfolgung aus politischen/religiösen Gründen bzw. wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe wegen ihrer Herkunft. Die Familie der BF1 wäre massiven Verfolgungshandlungen seitens des syrischen Regimes ausgesetzt gewesen und zwar wegen einer behaupteten oppositionellen Haltung aufgrund ihrer Herkunft, auch drohe geschlechtsspezifische Verfolgung als Frau und würde die BF1 bei einer Rückkehr als Verräterin angesehen. Zudem sei der BF2 von Zwangsrekrutierung bedroht und würde insbesondere wegen seiner Nichtbeteiligung am Bürgerkrieg auf Seiten des Regimes auf eine oppositionelle Haltung der gesamten Familie geschlossen werden.
Am 15.04.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt entschuldigt nicht teilnahm und neben der BF1 auch ihre mitgereiste Schwester sowie der ältere Sohn (BF2) und die älteste Tochter (BF3) einvernommen wurden.
Dabei und brachte die BF1 im Wesentlichen vor, in XXXX im Gouvernement Idlib geboren zu sein, wozu auf der Syria Live map ein Screenshot erstellt wurde. Derzeit kontrolliere die Al Nusra Front diesen Ort. Syrien habe sie Ende August 2018 verlassen, zuvor ihr Leben in XXXX verbracht und ein oder zwei Jahre die Schule besucht, danach sei sie zuhause von ihren Eltern unterrichtet worden. Den Abbruch der Schule begründete die BF1 folgendermaßen: „Ich habe die zweite Schulklasse nicht vollendet. Die Kinder in der Schule haben mich als hässlich beschrieben, daher wollte ich die Schule nicht mehr besuchen.“ Vorgehalten, bei der Behörde habe sie angegeben, sechs Jahre in die Schule gegangen zu sein, antwortete die BF1, sie hätte gesagt, dass sie die erste und zweite Schulklasse in der Elementarschule besucht habe. Dabei und brachte die BF1 im Wesentlichen vor, in römisch 40 im Gouvernement Idlib geboren zu sein, wozu auf der Syria Live map ein Screenshot erstellt wurde. Derzeit kontrolliere die Al Nusra Front diesen Ort. Syrien habe sie Ende August 2018 verlassen, zuvor ihr Leben in römisch 40 verbracht und ein oder zwei Jahre die Schule besucht, danach sei sie zuhause von ihren Eltern unterrichtet worden. Den Abbruch der Schule begründete die BF1 folgendermaßen: „Ich habe die zweite Schulklasse nicht vollendet. Die Kinder in der Schule haben mich als hässlich beschrieben, daher wollte ich die Schule nicht mehr besuchen.“ Vorgehalten, bei der Behörde habe sie angegeben, sechs Jahre in die Schule gegangen zu sein, antwortete die BF1, sie hätte gesagt, dass sie die erste und zweite Schulklasse in der Elementarschule besucht habe.
Geheiratet habe die BF1 2005 in XXXX , ihr Gatte sei ua als Installateur tätig gewesen. Zuerst hätten sie bei seinen Eltern gewohnt und danach ein Haus gemietet. Vorgehalten, beim Bundesamt habe sie lediglich angegeben, im Elternhaus ihres Ehemannes gelebt zu haben, erwiderte die BF1: „Sie stellen detaillierte Fragen an mich, als beim BFA.“ Vorgehalten, beim Bundesamt habe man sie gefragt, ob sie ein eigenes Haus besäßen und sie habe daraufhin geantwortet, dass sie und ihr Ehemann in seinem Elternhaus gelebt hätten, gab die BF1 an, sie sei nicht gefragt worden, ob sie ein Haus gemietet hätten. Grund für die Miete seien Probleme mit der Schwiegermutter gewesen: „Sie war eifersüchtig auf mich und sie hat ihren Sohn gegen mich angestiftet. Sie wollte, dass mein Mann sich scheiden lässt.“ Sie hätten nur ein Jahr bei den Schwiegereltern gewohnt. Das Haus der Schwiegereltern sei zwei bis drei Jahre nach Ausbruch des Krieges beschädigt worden, sie wohnten aber immer noch dort. Geheiratet habe die BF1 2005 in römisch 40 , ihr Gatte sei ua als Installateur tätig gewesen. Zuerst hätten sie bei seinen Eltern gewohnt und danach ein Haus gemietet. Vorgehalten, beim Bundesamt habe sie lediglich angegeben, im Elternhaus ihres Ehemannes gelebt zu haben, erwiderte die BF1: „Sie stellen detaillierte Fragen an mich, als beim BFA.“ Vorgehalten, beim Bundesamt habe man sie gefragt, ob sie ein eigenes Haus besäßen und sie habe daraufhin geantwortet, dass sie und ihr Ehemann in seinem Elternhaus gelebt hätten, gab die BF1 an, sie sei nicht gefragt worden, ob sie ein Haus gemietet hätten. Grund für die Miete seien Probleme mit der Schwiegermutter gewesen: „Sie war eifersüchtig auf mich und sie hat ihren Sohn gegen mich angestiftet. Sie wollte, dass mein Mann sich scheiden lässt.“ Sie hätten nur ein Jahr bei den Schwiegereltern gewohnt. Das Haus der Schwiegereltern sei zwei bis drei Jahre nach Ausbruch des Krieges beschädigt worden, sie wohnten aber immer noch dort.
Ihr Ehemann, die Eltern und ein Bruder hielten sich nach der gemeinsamen Ausreise in der Türkei auf, die Onkel und Tanten ms in XXXX . Zu den Onkeln habe sie wenig Kontakt, weil es keine Internetverbindung und keinen Strom gebe. Das Verhältnis ginge so, sie hätten nicht diesen liebevollen Umgang. Sechs Onkel vs lebten auch in XXXX , diese Beziehung sei viel besser als die Beziehung zu den Onkeln ms, sie „gehen liebevoller mit uns um“. Kontakt hätten sie einmal alle 20 Tage oder einmal im Monat, weil die Internetverbindung nicht vorhanden sei. Die wirtschaftliche Situation der Onkel vs sei durchschnittlich gut, sie hätten Söhne und Töchter, die Söhne seien XXXX Jahre alt. Ihr Ehemann, die Eltern und ein Bruder hielten sich nach der gemeinsamen Ausreise in der Türkei auf, die Onkel und Tanten ms in römisch 40 . Zu den Onkeln habe sie wenig Kontakt, weil es keine Internetverbindung und keinen Strom gebe. Das Verhältnis ginge so, sie hätten nicht diesen liebevollen Umgang. Sechs Onkel vs lebten auch in römisch 40 , diese Beziehung sei viel besser als die Beziehung zu den Onkeln ms, sie „gehen liebevoller mit uns um“. Kontakt hätten sie einmal alle 20 Tage oder einmal im Monat, weil die Internetverbindung nicht vorhanden sei. Die wirtschaftliche Situation der Onkel vs sei durchschnittlich gut, sie hätten Söhne und Töchter, die Söhne seien römisch 40 Jahre alt.
Die BF1 könne sich nicht vorstellen, im Falle einer hypothetischen Rückkehr bei ihren Onkeln vs zu leben: „Die Frauen meiner Onkel würden Probleme machen, falls wir uns bei ihnen aufhalten.“ In Syrien machten die Frauen Probleme wegen des Haushalts. „Falls meine Cousine z. B. das Geschirr abwäscht, würde die Frau meines Onkels mir sagen, warum ich meiner Cousine dabei nicht helfe und dass ich mich in diesem Haus aufhalte um nur zu schlafen und nicht bei der Hausarbeit helfe.“
Nachgefragt, ob es bei den Onkeln in der Heimat irgendwelche Probleme gebe, antwortete die BF1: „Sie versuchen die Al Nusra Front zu meiden. Anhänger der Al Nusra Front machen einem Probleme, falls man etwas ohne ihre Erlaubnis tut.“ Die Söhne der Onkel hätten den Militärdienst nicht abgeleistet. Nachgefragt, ob diese dazu aufgefordert worden seien, erwiderte die BF1: „Unser Gebiet wurde befreit. Dort haben die Al Nusra Front und der IS die Kontrolle. Rekruten können nur in Regimegebieten aufgefordert werden, den Militärdienst abzuleisten.“
Bezüglich ihrer Rückkehrbefürchtung brachte die BF1 vor: „Falls ich zurückkehre, würde ich gezwungen werden mich vollständig zu verschleiern. Sie würden meine Tochter zwingen, Anhänger der Al Nusra Front zu heiraten. Als wir dort gewohnt haben, haben Anhänger der Al Nusra Front mich belästigt. Ich habe meinem Ehemann davon nicht erzählt. Ich hatte Angst, dass es zu Problemen zwischen meinem Mann und diesen Anhängern kommt.“ Dies sei damals gewesen, als die Al Nusra Front das Dorf erobert habe. Die BF1 sei auf den Gemüsemarkt gegangen, um Gemüse zu kaufen. Sie hätten sie sexuell belästigt und an der Schulter und an der Brust berührt. Vielleicht weil sie helle Haut habe. Die Frauen dürften sich dort nicht so bekleiden wie sie. Sie müssten sich vollständig verschleiern und sie dürften nur die Augen zeigen. Ein Jahr nach Ausbruch des Krieges sei der IS gekommen und dieser habe das Dorf für ein- eineinhalb Jahre kontrolliert. Dann habe die Al Nusra Front das Dorf übernommen, 2014 oder 2015. Nachgefragt, warum sie beim Bundesamt gesagt habe, dass sie und ihre Familie niemals persönlich bedroht worden seien, antwortete die BF1: „Ich konnte den Dolmetscher nicht gut verstehen. Er hat mir die Fragen nicht richtig erklärt.“ Die Kinder ihrer Onkel hätten ähnliche Probleme, aber sie trauten sich nicht darüber zu reden. Sie selbst habe ihren Mann darüber nicht informiert, damit es zu keinen Problemen komme. Nachgefragt, ob es richtig wäre, dass es zwischen 2014/2015 und 2018 ist es zu keinen weiteren Problemen gekommen sei, brachte die BF1 vor: „Ich wurde jedes Mal, als ich einkaufen gegangen bin, von Anhängern der Al Nusra Front belästigt. Ich habe mich nicht getraut, meinem Mann davon zu erzählen. Ich habe mir Sorgen gemacht, jedes Mal, als ich einkaufen gegangen bin.“
Das syrische Regime sei schlimmer als die Al Nusra Front. Es habe der Al Nusra Front und dem IS erlaubt, diese Gebiete einzunehmen, um die Frauen dort zu belästigen: „Ich hatte Angst um meine Tochter. Anhänger, die 40 und 50 Jahre alt sind, nehmen junge Mädchen mit, falls das Mädchen ihnen gefällt. Ich hatte Angst um meine Töchter mitgenommen zu werden und ich möchte mich nicht völlig verschleiern.“
Ausdrücklich verneinte die BF1, dass ihr Ehemann oder ihre Eltern in Syrien jemals politisch aktiv gewesen seien. Der fluchtauslösende Grund wäre: „Ich konnte die Situation dort nicht mehr aushalten. Es kam zu Luftangriffen, meine Kinder hatten ständig Angst vor Geräuschen der Kampfflugzeuge. Es kam zu Tötungen, es gab keine Schulen, kein Internet, kein Wasser. Das Leben dort war wie eine Hölle.“
Der minderjährige BF2 gab an, er habe in Syrien vier Jahre die Schule besucht und erinnere sich an „Meine Freunde in der Straße. Wir haben zusammen Fußball gespielt.“ Bei der Ausreise sei er XXXX Jahre alt gewesen. Der minderjährige BF2 gab an, er habe in Syrien vier Jahre die Schule besucht und erinnere sich an „Meine Freunde in der Straße. Wir haben zusammen Fußball gespielt.“ Bei der Ausreise sei er römisch 40 Jahre alt gewesen.
Zu seiner Rückkehrbefürchtung erklärte er, der IS rekrutiere dort 15jährige Kinder. Sie gäben ihnen Waffen und schickten sie an die Front, um weitere Gebiete zu befreien. Für syrische Politik interessiere er sich nicht. Das Regime sei sehr schlecht. In einem Regimegebiet würde das syrische Regime ihn zwingen, gegen die Al Nusra Front zu kämpfen.
Die minderjährige BF3 erklärte, sie habe in Syrien vier Jahre die Schule besucht und wegen des Krieges nur schlechte Erinnerungen: „Es kam zu Luftangriffen, Bombardierungen. Wir waren kleine Kinder, wir hatten Angst vor den Kriegsgeräuschen. Wir haben Leichen auf den Straßen gesehen.“
Bezüglich einer hypothetischen Rückkehr nach Syrien brachte sie vor: „Wie meine Mutter erzählt hat, in meinem Heimatdorf hat Al Nusra das Sagen. Wenn eine Frau auf die Straße geht und sie einem Mann aus der Al Nusra Front gut gefällt, würde er sie dazu zwingen, ihn zu heiraten. Egal, ob sie und ihre Eltern einverstanden sind oder nicht.“
Seitens der mitgereisten Schwester der BF1 wurde angemerkt, sie habe auf ihrem Smartphone Reisepasskopien von BF2 und BF3. Seitens der BF3 wurde dazu angegeben, die Dokumente an sich seien in Syrien, ihr Vater habe die Kopien auf seinem Handy gehabt.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden die Länderfeststellungen der Staatendokumentation zur Situation in Syrien vom 27.3.2024, UNHCR: 1. Erwägungen zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (Aktualisierung V. und VI.), November 2017 und März 2021; InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, vom Februar 2020; Schreiben vom Februar 2020: Vorläufige UNHCR-Empfehlungen zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Fortgesetzte Anwendbarkeit der UNHCR-Position aus 2017, EUAA Country Guidance: Syria vom Februar 2023, Asylländerbericht Syrien der ÖB Damaskus (Stand: Ende September 2021), Bericht DIS (Danish immigration Service), Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, ACCORD - Anfragebeantwortung zu Syrien: Sicherheitslage in Nordostsyrien, insbesondere in der Grenzregion um Semalka; Informationen zur Bewegungsfreiheit in den Gebieten unter kurdischer Selbstverwaltung [a-11859-2], 23.05.2022, ACCORD –Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritikerinnen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023, Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29. März 2023, COUNTRY OF ORIGIN INFORMATION (COI) Report, Syria Military Service, Jänner 2024, Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188] 6. September 2023 Syrien Grenzübergänge COI CMS Version 1, 25.10.2023, EUAA Syria, major human rights, security, socio-economic developments EUAA Country of Origin Information – Syria-Security Information vom Oktober 2023 in das Verfahren eingeführt und eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden die Länderfeststellungen der Staatendokumentation zur Situation in Syrien vom 27.3.2024, UNHCR: 1. Erwägungen zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (Aktualisierung römisch fünf. und römisch VI.), November 2017 und März 2021; InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, vom Februar 2020; Schreiben vom Februar 2020: Vorläufige UNHCR-Empfehlungen zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Fortgesetzte Anwendbarkeit der UNHCR-Position aus 2017, EUAA Country Guidance: Syria vom Februar 2023, Asylländerbericht Syrien der ÖB Damaskus (Stand: Ende September 2021), Bericht DIS (Danish immigration Service), Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, ACCORD - Anfragebeantwortung zu Syrien: Sicherheitslage in Nordostsyrien, insbesondere in der Grenzregion um Semalka; Informationen zur Bewegungsfreiheit in den Gebieten unter kurdischer Selbstverwaltung [a-11859-2], 23.05.2022, ACCORD –Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritikerinnen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023, Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29. März 2023, COUNTRY OF ORIGIN INFORMATION (COI) Report, Syria Military Service, Jänner 2024, Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188] 6. September 2023 Syrien Grenzübergänge COI CMS Version 1, 25.10.2023, EUAA Syria, major human rights, security, socio-economic developments EUAA Country of Origin Information – Syria-Security Information vom Oktober 2023 in das Verfahren eingeführt und eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF1 ist die Mutter der minderjährigen BF2, BF3, BF4, BF5 und BF6.
Die BF sind syrische Staatsangehörige und gehören der arabischen Volksgruppe sowie der islamisch-sunnitischen Religion an. Ihre Muttersprache ist Arabisch.
Sie wurden in XXXX im Gouvernement Idlib geboren, wo sie im Familienverband aufwuchsen und lebten, ehe sie im August/September 2018 gemeinsam wegen der Bürgerkriegshandlungen ihren Heimatort Richtung Türkei verließen. Von dort aus reisten sie mit der Schwester der BF1 (GZ W119 2284498) über mehrere Länder illegal nach Österreich, wo sie am 01.09.2023 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.Sie wurden in römisch 40 im Gouvernement Idlib geboren, wo sie im Familienverband aufwuchsen und lebten, ehe sie im August/September 2018 gemeinsam wegen der Bürgerkriegshandlungen ihren Heimatort Richtung Türkei verließen. Von dort aus reisten sie mit der Schwester der BF1 (GZ W119 2284498) über mehrere Länder illegal nach Österreich, wo sie am 01.09.2023 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.
Im Bundesgebiet befindet sich noch ein asylberechtigter Bruder der BF1. Deren Eltern und ein weiterer Bruder sind, ebenso wie der Ehemann der BF1 und Vater von BF2 bis BF6, in der Türkei.
Im Herkunftsort der Familie XXXX leben noch die Schwiegereltern, sechs Onkel vs, weitere Onkel ms sowie Cousins und Cousinen (auch im Erwachsenenalter) der BF1. Zu den Angehörigen in XXXX besteht Kontakt und konnte die BF1 nicht glaubhaft machen, dass sie dort keinen Schutz erhielten. Zudem steht der XXXX -jährige BF2 kurz vor dem wehrfähigen Alter, sodass bei einer hypothetischen Rückkehr der Familie ein weiterer männlicher Verwandter vor Ort wäre.Im Herkunftsort der Familie römisch 40 leben noch die Schwiegereltern, sechs Onkel vs, weitere Onkel ms sowie Cousins und Cousinen (auch im Erwachsenenalter) der BF1. Zu den Angehörigen in römisch 40 besteht Kontakt und konnte die BF1 nicht glaubhaft machen, dass sie dort keinen Schutz erhielten. Zudem steht der römisch 40 -jährige BF2 kurz vor dem wehrfähigen Alter, sodass bei einer hypothetischen Rückkehr der Familie ein weiterer männlicher Verwandter vor Ort wäre.
Es handelt sich bei der BF1 somit nicht nicht um eine alleinstehende Frau und Mutter. Festgestellt wird daher, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion XXXX /Idlib über ein familiäres Netzwerk mit männlichen Angehörigen verfügen, das ihnen Schutz bieten kann. Die BF sind auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gefährdet, Opfer von sexueller oder sonstiger physischer oder psychischer Gewalt zu werden.Es handelt sich bei der BF1 somit nicht nicht um eine alleinstehende Frau und Mutter. Festgestellt wird daher, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihre Herkunftsregion römisch 40 /Idlib über ein familiäres Netzwerk mit männlichen Angehörigen verfügen, das ihnen Schutz bieten kann. Die BF sind auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gefährdet, Opfer von sexueller oder sonstiger physischer oder psychischer Gewalt zu werden.
Eine grundlegende und verfestigte Änderung der Lebensführung der BF, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden ist, und die bei Rückkehr nach Idlib nicht gelebt werden könnte, liegt nicht vor.
Die BF waren in Syrien keiner persönlichen Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt. Weder sie noch ihre Angehörigen waren politisch tätig, Mitglieder einer oppositionellen Gruppierung und sind auch sonst nicht in das Blickfeld der syrischen Regierung oder der örtlichen Machthaber geraten. Es besteht zurzeit keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, wonach die BF bei einer Rückkehr in ihre Heimatregion einer Verfolgung zum Opfer fallen würden, weil ihnen eine oppositionelle Gesinnung zur syrischen Regierung oder den örtlichen Machthabern unterstellt werden würde.
Ebenso wenig droht den BF allein aufgrund der Herkunft aus oppositionellem Gebiet, der Ausreise oder der Asylantragstellung die Gefahr der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt.
Die Herkunftsregion der BF steht unter Kontrolle der HTS/FSA.
Der BF2 ist nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von Zwangsrekrutierung durch HTS/FSA bedroht.
Das syrische Regime hat keinen Zugriff auf die Herkunftsregion der BF und ist dort nicht in der Lage, die Wehrpflicht durchzusetzen oder Oppositionelle zu verhaften. Der BF2 wäre daher im Falle der Rückkehr in den Herkunftsort jedenfalls nicht der Gefahr ausgesetzt, zum Militärdienst in der syrischen Armee einberufen bzw. wegen Wehrdienstentziehung verfolgt zu werden. Somit droht auch den übrigen BF keine Reflexverfolgung deswegen.
Den BF ist die Einreise in dieses Gebiet ohne Kontakt zum syrischen Regime über den nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergang Bab al-Hawa möglich. Sie müssten bei einer Rückkehr in die Heimatregion keine Gebiete durchqueren, die vom syrischen Regime kontrolliert werden.
Festgestellt wird, dass den BF bei einer Rückkehr keine persönliche Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung droht.
Zur Situation im Herkunftsstaat:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand: 27.03.2024; Auszug).
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2024-03-08 11:17
Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).
Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse
Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).
Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (AA 2.2.2024). United Nations Geospatial veröffentlichte eine Karte mit Stand Juni 2023, in welcher die wichtigsten militärischen Akteure und ihre Einflussgebiete verzeichnet sind (UNGeo 1.7.2023):
UNGeo 1.7.2023 (Stand: 6.2023)
Die folgende Karte zeigt Kontroll- und Einflussgebiete unterschiedlicher Akteure in Syrien, wobei auch Konvoi- und Patrouille-Routen eingezeichnet sind, die von syrischen, russischen und amerikanischen Kräften befahren werden. Im Nordosten kommt es dabei zu gemeinsam genutzten Straßen [Anm.: zu den Gebieten mit IS-Präsenz siehe Unterkapitel zu den Regionen]:
CC 13.12.2023 (Stand: 30.9.2023)
Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten
Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).
Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).
Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).
Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).
Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).
Die folgende Karte zeigt die verschiedenen internationalen Akteure und deren militärische Interessenschwerpunkte in Syrien:
Jusoor 30.7.2023
Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).
Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständisch