Entscheidungsdatum
30.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L504 2292729-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2024, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Türkei, vertreten durch BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgangrömisch eins. Verfahrensgang
Die beschwerdeführende Partei [kurz: bP] stellte am 08.11.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Es handelt sich dabei um einen Mann, der seinen Angaben nach türkischer Staatsangehöriger ist.
In der von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab die bP zu ihrer Ausreisemotivation aus dem Herkunftsstaat Folgendes an (Auszug aus der Niederschrift):
„(…)
Warum haben Sie ihr Land verlassen (Fluchtgrund): (Die Befragung ist durch den Antragsteller in eigenen Worten abschließend zu beantworten, ohne zu hinterfragen [Wer, Wann, Was, Wo, Wie, Wieso])
Ich habe die Türkei verlassen, weil ich Kurde bin. In der Türkei werden wir Kurden unterdrückt. Mein Vater ist Parteimitglied, deswegen wurden wir bedroht.
(…)“
Im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat habe sie Angst vor dem Gefängnis in der Türkei.
Gefragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihr bei der Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würde und ob sie bei einer Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätte, gab sie an „nein“.
In der nachfolgenden Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte die bP zu ihrer ausreisekausalen Problemlage im Herkunftsstaat und allfälligen Problemen, die sie im Falle der Rückkehr erwarte, im Wesentlichen Folgendes vor (Auszug aus der Niederschrift):
„(…)
F: Wann genau haben Sie sich entschlossen, dass Sie Ihr Heimatland verlassen?
A: Im Frühling 2015.
F: Wann konkret haben Sie schließlich Ihr Heimatland verlassen?
A: Am 08. Oktober 2022 wurde ich in Österreich festgenommen. Ein paar Tage davor habe ich die Türkei verlassen. Das war vielleicht dann am 05. Oktober 2022.
F: Sie wurden in Österreich am 08. November festgenommen, nicht Oktober. Was sagen Sie dazu?
A: Ich war zwei Monate in Haft in Deutschland. … Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Es kann gut sein, dass es im November war. Ich bin auf jeden Fall ein paar Tage vor meiner Ankunft in Österreich aus der Türkei ausgereist.
F: Aus welchem Grund war eine so lange Zeitspanne zwischen Entschluss und Ausreise?
A: Es gab familiäre Probleme. Ich wollte die Eltern nicht alleine damit lassen.
F: Reisten Sie legal oder illegal aus Ihrem Heimatland aus?
A: Legal. Ich flog von Istanbul nach Bosnien.
F: Gab es bei der Ausreise Probleme?
A: Nein. Ich habe bei der Kontrolle meinen Reisepass vorgezeigt. Er wurde kontrolliert und ich konnte problemlos ausreisen.
(…)
F: Reisten Sie freiwillig von Deutschland wieder nach Österreich oder wurden Sie von Deutschland nach Österreich abgeschoben?
A: Ich wurde abgeschoben. Ich wurde festgenommen und zwei Monate in Haft.
F: Haben Sie in einem anderen Land, außer Österreich, um Asyl angesucht?
A: Nein.
(…)
F: Welche Familienangehörige leben noch in Ihrem Herkunftsstaat (Name, Geburtsdatum, Wohnort, was arbeiten diese, Staatsangehörigkeit)?
A: Mein Vater, meine Mutter, eine Schwester und drei Brüder (29 Jahre, 23 Jahre und
20 Jahre alt). Meine Brüder leben mit den Eltern zusammen. Meine Schwester (25
Jahre) lebt bei ihrem Ehemann. Sie leben alle in XXXX . Meine Eltern und meine Jahre) lebt bei ihrem Ehemann. Sie leben alle in römisch 40 . Meine Eltern und meine
Brüder leben in unserem eigenen Haus, es gehört meinem älteren Bruder. Meine Schwester lebt mit ihrem Ehemann auch in ihrem eigenen Haus. Mein jüngster Bruder absolviert gerade den Militärdienst. Mein Vater und die anderen beiden Brüder gehen arbeiten. Meine Mutter und meine Schwester sind Hausfrauen. Die finanzielle Situation unserer Familie ist mittel. Wir sind nicht reich, nicht arm, die finanzielle Situation ist in Ordnung.
Ich habe insgesamt sechs Onkel und elf Tanten in der Türkei. Sie leben in XXXX , XXXX , XXXX und XXXX . Die finanzielle Situation meiner Verwandten ist ganz normal, jeder geht arbeiten. Ich habe insgesamt sechs Onkel und elf Tanten in der Türkei. Sie leben in römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 und römisch 40 . Die finanzielle Situation meiner Verwandten ist ganz normal, jeder geht arbeiten.
F: Wie besteht der Kontakt zu den im Herkunftsstaat befindlichen Familienangehörigen?
A: Ich habe mit meinen Eltern Kontakt. Wir haben über WhatsApp Kontakt. Wir haben eigentlich jeden Tag Kontakt.
F: Beantworten Sie die nachstehenden Fragen mit „Ja“ oder „Nein“. Sie haben später noch die Gelegenheit, sich ausführlich zu diesen Fragen zu äußern:
F: Sind Sie vorbestraft, waren Sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat?
A: Ich bin nicht vorbestraft. Ich war inhaftiert, aber das war keine Haftstrafe. Ich hatte Probleme mit den Behörden.
F: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc?
A: Nein.
F: Sind oder waren Sie politisch tätig?
A: Ja.
F: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?
A: Nein.
F: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme?
A: Wegen meiner Religion nicht, aber wegen meiner Volksgruppenzugehörigkeit schon.
F: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)?
A: Nein.
F: Nahmen Sie in Ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil?
A: Nein.
F: Hatten Sie Kontakt zu Islamisten oder anderen extremistischen Gruppierungen?
A: Nein.
F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, von sich aus vollständig, detailliert und wahrheitsgemäß.
Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.
Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren. Sie haben jetzt auch Gelegenheit, sich zu den Fragen, die von ihnen mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet wurden, zu äußern.
A: Wir lebten in XXXX . Wir haben uns dort nicht in unserer eigenen Sprache unterhalten können. Damit meine ich Kurdisch. Wir haben bei verschiedenen Parteiveranstaltungen mitgeholfen, wir haben auch an Versammlungen und Märschen teilgenommen. Ich habe mich nach der Grundschulzeit bei drei Schulen beworben und wurde abgelehnt. Es wurde vorgegeben, dass das Kontingent voll sei, es war aber, weil ich Kurde bin. Ich musste deshalb dann auf den Feldern arbeiten. Wir haben auch in XXXX in Syrien geholfen. Nachdem wir dort geholfen haben, wurde auf uns permanent Druck ausgeübt. Sie haben meinen Vater von der Arbeit gekündigt, wir hatten keine Möglichkeit mehr, dass wir eine Beschäftigung irgendwo bekommen. Wir sind deshalb nach XXXX übersiedelt. Sie wollten unbedingt, dass wir für sie als Spion arbeiten. Wir haben aber nur humanitäre Hilfe geleistet in XXXX . Ich habe aufgrund der ganzen Aufregung eine Gehirnblutung erlitten. Ich war in fünf Krankenhäusern in XXXX , aber ich habe nur Tabletten gegen Kopfschmerzen bekommen und ich wurde wieder nach Hause geschickt. Ich bin dann zu Hause zusammengebrochen, um 21.00 Uhr am Abend wurde ich dann von meinen Verwandten in ein Privatkrankenhaus gebracht. Ich bin dann eineinhalb Tage dort gewesen, dort wurde ich auch behandelt. Das möchte ich nicht mehr erleben und das ist auch der Grund, weshalb ich die Türkei verlassen habe. Ich wollte auch den Militärdienst nicht ableisten, aber ich wurde dazu gezwungen, ich musste ihn ableisten. Wenn man Kurde ist, muss man das machen, was der Staat vorgibt, aber das was wir machen wollen, interessiert niemanden. A: Wir lebten in römisch 40 . Wir haben uns dort nicht in unserer eigenen Sprache unterhalten können. Damit meine ich Kurdisch. Wir haben bei verschiedenen Parteiveranstaltungen mitgeholfen, wir haben auch an Versammlungen und Märschen teilgenommen. Ich habe mich nach der Grundschulzeit bei drei Schulen beworben und wurde abgelehnt. Es wurde vorgegeben, dass das Kontingent voll sei, es war aber, weil ich Kurde bin. Ich musste deshalb dann auf den Feldern arbeiten. Wir haben auch in römisch 40 in Syrien geholfen. Nachdem wir dort geholfen haben, wurde auf uns permanent Druck ausgeübt. Sie haben meinen Vater von der Arbeit gekündigt, wir hatten keine Möglichkeit mehr, dass wir eine Beschäftigung irgendwo bekommen. Wir sind deshalb nach römisch 40 übersiedelt. Sie wollten unbedingt, dass wir für sie als Spion arbeiten. Wir haben aber nur humanitäre Hilfe geleistet in römisch 40 . Ich habe aufgrund der ganzen Aufregung eine Gehirnblutung erlitten. Ich war in fünf Krankenhäusern in römisch 40 , aber ich habe nur Tabletten gegen Kopfschmerzen bekommen und ich wurde wieder nach Hause geschickt. Ich bin dann zu Hause zusammengebrochen, um 21.00 Uhr am Abend wurde ich dann von meinen Verwandten in ein Privatkrankenhaus gebracht. Ich bin dann eineinhalb Tage dort gewesen, dort wurde ich auch behandelt. Das möchte ich nicht mehr erleben und das ist auch der Grund, weshalb ich die Türkei verlassen habe. Ich wollte auch den Militärdienst nicht ableisten, aber ich wurde dazu gezwungen, ich musste ihn ableisten. Wenn man Kurde ist, muss man das machen, was der Staat vorgibt, aber das was wir machen wollen, interessiert niemanden.
F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?
A: Ja. Ich habe alles erzählt. Ich denke, mein Leben in der Türkei ist nicht in Sicherheit und deshalb möchte ich in Österreich leben. Ich möchte auch eine Familie gründen und die wäre in der Türkei nicht in Sicherheit.
F: Möchten Sie noch etwas zu Ihren Fluchtgründen hinzufügen?
A: Nein.
(…)
F: Hatten Sie dann jemals konkrete Probleme wegen Ihrer Fahrten nach XXXX ? A: Wir hatten keine Ruhe, sie haben uns immer unter Druck gesetzt. Mein Vater hat auf der Gemeinde gearbeitet, er wurde deshalb dann auch entlassen. Wir sind dann deshalb weggezogen. Meinem Vater wurde auch ein manipuliertes Foto zur Last gelegt. Es laufen deshalb gegen meinen Vater Gerichtsverhandlungen. Meine Mutter meinte, ich solle ausreisen, damit mir nichts passiert. F: Hatten Sie dann jemals konkrete Probleme wegen Ihrer Fahrten nach römisch 40 ? A: Wir hatten keine Ruhe, sie haben uns immer unter Druck gesetzt. Mein Vater hat auf der Gemeinde gearbeitet, er wurde deshalb dann auch entlassen. Wir sind dann deshalb weggezogen. Meinem Vater wurde auch ein manipuliertes Foto zur Last gelegt. Es laufen deshalb gegen meinen Vater Gerichtsverhandlungen. Meine Mutter meinte, ich solle ausreisen, damit mir nichts passiert.
F: Welche Probleme hatten Sie persönlich konkret wegen Ihrer Fahrten nach XXXX und weil Sie dort nicht als Spion gearbeitet haben?F: Welche Probleme hatten Sie persönlich konkret wegen Ihrer Fahrten nach römisch 40 und weil Sie dort nicht als Spion gearbeitet haben?
A: Wir hatten keine Probleme. Wir haben das vermieden, indem wir es heimlich gemacht haben. Unter Druck gesetzt wurden wir nur davor, indem wir aufgefordert wurden, dort als Spion zu arbeiten. Aber nachdem wir gesagt haben, dass wir nicht hinfahren, war das Thema dann erledigt und es gab auch keine Probleme.
F: Hatten Sie nach Ihrem Umzug noch einmal Probleme wegen Ihrer Fahrten nach XXXX bzw. weil Sie den Aufforderungen, dort zu spionieren, missachtet haben? F: Hatten Sie nach Ihrem Umzug noch einmal Probleme wegen Ihrer Fahrten nach römisch 40 bzw. weil Sie den Aufforderungen, dort zu spionieren, missachtet haben?
A: Wir wussten, dass wir unter Beobachtung stehen und dass wir uns fernhalten müssen von jeglichen politischen Aktivitäten. Es kamen auch drei Monate nach unserem Umzug vier Polizisten in Zivil zu uns. Sie haben dann gemeint, dass ein Bruder von mir verschiedene Postings in Facebook getätigt hätte und deshalb haben sie das ganze Haus durchsucht. Sie haben aber nichts gefunden. Meinen anderen Bruder haben sie mitgenommen und haben ihn über mich ausgefragt.
F: Wann waren diese Vorfälle?
A: Das war drei Monate nach unserem Umzug nach XXXX . A: Das war drei Monate nach unserem Umzug nach römisch 40 .
F: Gab es danach noch weitere Vorfälle?
A: Es gab 2018 eine Verhandlung gegen mich. Ich wurde aber freigesprochen.
F: Worum ging es bei dieser Verhandlung?
A: Ich weiß es nicht. Ich habe die Unterlagen nicht mehr.
F: Sie wissen nicht, weshalb gegen Sie ein Strafverfahren geführt wurde?
A: Nein, nicht mehr wirklich. Es war, weil ich ohne Genehmigung beim Newroz Fest teilgenommen habe oder so. Ich weiß es nicht mehr genau. Ich wurde aber freigesprochen, weil nur Fotos als Beweis vorgelegt wurden und das war zu wenig.
F: Gab es sonst noch irgendwelche Vorfälle, die Sie betroffen haben?
A: Nein. Gegen meinen Vater schon, aber gegen mich nicht. Meine Mutter sagt, Gott sei Dank bin ich weggegangen.
F: Welche Probleme hatten Sie konkret aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit? A: Ich darf mich nicht in Kurdisch unterhalten. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich in der Türkei bleiben sollte, wir haben dort bei den Behörden kein Gehör.
F: Frage wird wiederholt.
A: Ich konnte mich nicht in Kurdisch unterhalten, sonst hatte ich eigentlich keine Probleme.
F: Sie gaben vorhin an, sich politisch betätigt zu haben. Wann war das?
A: Das war bei den Wahlen 2012, 2015 und 2018.
F: Welche Aufgaben hatten Sie dabei konkret, wie haben Sie sich konkret politisch betätigt?
A: Ich habe für die Partei gearbeitet. Wir haben versucht, die Parteiinhalte der Bevölkerung näherzubringen. Das war das, was wir gemacht haben.
F: Welche Partei haben Sie unterstützt?
A: HDP.
F: Was haben Sie dabei konkret gemacht? Sie sprechen immer in der Wir-Form, aber für mich ist relevant, was Sie konkret gemacht haben.
A: Ich ging zu den Leuten und habe ihnen die Parteiinhalte vorgestellt. Ich habe versucht, die Beschlüsse der Partei der Bevölkerung näherzubringen. Wir haben die älteren Leute, die keine Schulbildung hatten, mit Fotos usw. darüber informiert. Wir haben außerdem Einladungen verteilt, wir haben gemeinsam Veranstaltungen über Frauenrechte organisiert. Lauter solche Arbeiten haben wir gemacht. Unser Ziel war einfach Menschlichkeit. Für mich war nicht wichtig, dass wir Kurdistan gründen, sondern für mich zählte einfach nur die Menschlichkeit.
F: Hatten Sie deshalb jemals konkrete Probleme?
A: Wir wurden bei unseren Tätigkeiten mehrmals geschlagen. Ich wurde immer auf die Füße geschlagen, aber darüber gibt es keine Aufzeichnungen. Wenn ich zum Beispiel auf der Straße ein Schild mit „Rechte für die Frauen“ hochgehalten habe, dann wurde wir mit Wasserwerfern und Gas angegriffen. Wir haben manchmal Frauen Blumen gebracht von der Partei, auch das wurde als Vergehen gewertet. Auf Nachfrage gebe ich an, das waren zivile Polizisten.
F: Hatten Sie deshalb noch weitere Probleme?
A: Nein.
F: Wann haben Sie Ihre politischen Tätigkeiten beendet?
A: Nach meiner Gehirnblutung.
F: Wann war das?
A: Das war 2019. Nachdem ich vom Militärdienst zurückgekommen bin. Ungefähr seit September oder Oktober 2019.
F: Hatten Sie seitdem noch einmal Probleme mit den Behörden oder der Polizei?
A: Nein. Ich bin dann auch ausgereist.
F: Wann konkret war generell – egal aufgrund welcher Ursache - der letzte Vorfall mit der Polizei oder den Behörden, von dem Sie persönlich betroffen waren?
A: Das war in XXXX beim Newroz Fest. Das war im Jahr 2017. Ich habe dann den Militärdienst geleistet. Ich wurde fünf oder sechsmal aufgefordert, den Militärdienst zu leisten. Ich habe dem nicht Folge geleistet, dann wurde ich zwangsweise vorgeführt zum Militärdienst. A: Das war in römisch 40 beim Newroz Fest. Das war im Jahr 2017. Ich habe dann den Militärdienst geleistet. Ich wurde fünf oder sechsmal aufgefordert, den Militärdienst zu leisten. Ich habe dem nicht Folge geleistet, dann wurde ich zwangsweise vorgeführt zum Militärdienst.
F: Welches Problem gab es konkret beim Newroz Fest im Jahr 2017?
A: Wir wurden aufgefordert, dass wir die Fahnen weggeben. Es wurde auch wieder mit Wasserwerfern gearbeitet und mit Gas. Aber damals war ich nicht davon betroffen.
F: Ich habe Sie nach dem letzten Vorfall befragt, von dem Sie persönlich betroffen waren. Weshalb erzählen Sie mir da einen Vorfall, von dem Sie nicht betroffen waren?
A: Ich war dabei bei diesem Fest, aber ich hatte dabei keine Probleme.
F: Ich frage Sie nun noch einmal: Wann konkret war generell – egal aufgrund welcher Ursache - der letzte Vorfall mit der Polizei oder den Behörden, von dem Sie persönlich betroffen waren? Gab es solche Vorfälle?
A: Ich glaube, das letzte Mal war der eine Vorfall, bei dem unser Haus durchsucht wurde, drei Monate nach unserem Umzug im Jahr 2017.
F: Inwiefern waren Sie von diesem Vorfall persönlich betroffen?
A: Ich weiß es nicht mehr genau.
F: Gab es jemals konkrete Vorfälle, die gegen Sie persönlich gerichtet waren? Zum Beispiel eine Festnahme, Befragungen, …?
A: Einmal wurde ich vom Newroz Fest mitgenommen und da wurde ich befragt. Ich wurde auch mehrmals geschlagen von der Polizei. Ich wurde beim Newroz Fest geschlagen und auch während unserer politischen Tätigkeiten. Das war alles in der Zeit, als ich in XXXX gelebt habe.A: Einmal wurde ich vom Newroz Fest mitgenommen und da wurde ich befragt. Ich wurde auch mehrmals geschlagen von der Polizei. Ich wurde beim Newroz Fest geschlagen und auch während unserer politischen Tätigkeiten. Das war alles in der Zeit, als ich in römisch 40 gelebt habe.
F: Verstehe ich das richtig, dass es nach Ihrem Umzug nach XXXX für Sie persönlich keine Probleme mehr gegeben hat?F: Verstehe ich das richtig, dass es nach Ihrem Umzug nach römisch 40 für Sie persönlich keine Probleme mehr gegeben hat?
A: Ja, richtig. Das einzige Mal war noch, als eben unser Haus durchsucht wurde und als mein Bruder über mich befragt wurde. Ansonsten gab es keine weiteren Probleme.
F: Welche Konsequenzen ergaben sich für Sie, nachdem Ihr Bruder über Sie befragt wurde?
A: Keine. Ich hatte deshalb keine Probleme.
F: Sie gaben vorhin an, Probleme mit den Behörden gehabt zu haben. Was meinten Sie damit konkret?
A: Ich habe damit das gemeint, was ich schon geschildert habe.
F: Sie gaben vorhin an, inhaftiert gewesen zu sein. Was meinten Sie damit?
A: Ich meinte damit, dass ich einige Male für einige Stunden festgehalten wurde. Ich wurde auch einmal nach dem Newroz Fest fast festgenommen, da wurde ich schon zum Auto gebracht, aber der Polizist meinte dann, sie sollen mich laufen lassen.
F: Richteten sich diese Vorfälle ganz konkret gegen Sie persönlich oder hat das auch andere betroffen?
A: Davon waren sehr viele andere betroffen. Die Behörden hatten jetzt kein Problem konkret mit meiner Person, sondern das war, weil ich an den Veranstaltungen teilgenommen habe und für die HDP gearbeitet habe. Sie haben sich nicht mich gezielt herausgesucht, sondern ich war halt dabei und habe das gemacht und so hat es mich auch getroffen.
F: Was konkret befürchten Sie im Falle einer Rückkehr in Ihr Heimatland?
A: Ich habe Angst, dass mein Leben nicht in Sicherheit ist.
F: Warum fürchten Sie, dass Ihr Leben nicht in Sicherheit ist?
A: Ich bin mir sicher, dass alle Probleme, die ich erlebt habe, wieder weitergehen würde. Ich möchte diese Probleme nicht mehr erleben und habe deshalb auch das Land verlassen. Natürlich auch wegen meiner Zukunft.
F: Von welchem Probleme sprechen Sie konkret?
A: Der psychologische Druck. Ich möchte nicht noch einmal eine Gehirnblutung erleben.
F: Was meinen Sie konkret mit „psychologischer Druck“? Inwiefern waren Sie einem solchen seit Ihrem Umzug ausgesetzt?
A: Ich meine damit, dass man ständig hört, dass wir gegen den türkischen Staat nichts ausrichten können und dass der türkische Staat gegen die Sachen ist, die wir wollen. Ich möchte nicht einmal zu sterben zurückgehen in die Türkei.
Auf Nachfrage gebe ich an, ich spreche von der Situation der Kurden in der Türkei. Ich bin davon auch betroffen. Ich alleine kann nichts fordern, aber ich bin Teil von denen, die eine bessere Situation für die Kurden fordern.
(…)
F: Hatten Sie wegen dieser Tätigkeiten Probleme mit dem türkischen Staat, Polizei, etc.?
A: Nein. Das war nichts Illegales. Aber wir konnten trotzdem keine grundlegende Änderung für die Kurden bewirken. Unsere Kinder sprechen zu Hause immer Kurdisch und in der Schule müssen sie dann aber Türkisch sprechen. Es gibt keinen kurdischen Lehrer in der Türkei.
F: Hatten Sie jemals konkrete Probleme aufgrund des Gerichtsverfahrens Ihres Vaters?
A: Nein.
F: Was wird Ihrem Vater vorgeworfen?
A: Das ist wegen seiner Tätigkeit für die HDP. Er hat Plakate und Fahnen getragen und solche Sachen. Er hat 15 Jahre für die Partei gearbeitet und er wurde auch von der Gemeinde entlassen.
F: Hatten Sie wegen der politischen Tätigkeit Ihres Vaters jemals Probleme?
A: Nein.
F: Gab es beim Militärdienst irgendwelche Probleme?
A: Einmal gab es einen Vorfall. Irgendjemand hat meine Fotos im Internet von der HDP gesehen. Das war ein Unteroffizier, er hat mich dann als Terrorist bezeichnet und wollte mir kein Essen mehr geben. Es kam dann aber ein Offizier dazu, der hat gesagt, dass ich die Uniform für den türkischen Staat trage und dass der Unteroffizier nicht das Recht hat, mich schlecht zu behandeln oder mir irgendetwas zu verweigern. Ansonsten gab es keine Probleme.
(…)
F: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?
A: Ich möchte nichts mehr hinzufügen, ich habe alles gesagt. Dankeschön. Ich hoffe, dass ich irgendwann ein hilfreiches Mitgl