Entscheidungsdatum
02.10.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L525 2270669-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Zöchling als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA: Bangladesch, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2023, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2024 zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Zöchling als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Bangladesch, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.03.2023, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.07.2024 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dass der Spruchpunkt VII zu lauten hat:A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dass der Spruchpunkt römisch VII zu lauten hat:
“Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung.““Gemäß Paragraph 55, Absatz 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Entscheidung.“
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer – ein Staatsangehöriger von Bangladesch – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 23.09.2021 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag darauf brachte er vor, dass er Bangladesch im Jahr 2019 der Arbeit wegen Richtung Oman verlassen habe. Er sei nach Österreich gekommen, weil er hier arbeiten möchte. Befragt über seinen Fluchtgrund gab er an, dass die wirtschaftliche Lage in seinem Herkunftsstaat sehr schlecht sei. Er möchte hier Arbeiten und habe zudem Grundstücksprobleme. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, dass er umgebracht werde, wenn er seine Schulden nicht zahlen könne.
Am 10.10.2021 verließ der Beschwerdeführer die Betreuungsstelle und wies anschließend im Bundesgebiet keine Meldung mehr auf.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.10.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt und gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Der Bescheid erwuchs am 27.11.2021 in Rechtskraft.Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.10.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen, kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG erteilt und gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Der Bescheid erwuchs am 27.11.2021 in Rechtskraft.
Am 06.07.2022 wurde der Beschwerdeführer von Frankreich nach Österreich rücküberstellt.
Noch am 06.07.2022 stellte er in Österreich erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung brachte er diesmal vor, dass seine alten Fluchtgründe nicht mehr aufrecht seien. Seine jetzigen Fluchtgründe seien Grundstücksprobleme und Probleme mit seinem Cousin väterlicherseits. Dies alles habe mit seinen politischen Problemen zu tun. Zudem habe er Schwierigkeiten mit einem radikalen Mullah. Er sei derzeit psychisch sehr niedergeschlagen und könne sich daher nichts merken. Bei einer Rückkehr in die Heimat befürchte er viele Probleme bis zum Tod. Entweder drohe ihm die Todesstrafe oder seine Feinde würden ihn töten.
Am 10.11.2022 wurde der Beschwerdeführer durch das BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er erstmals an, dass er in Bangladesch eine Ehefrau und einen Sohn habe. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe führte er Probleme mit der Familie, Religionsprobleme sowie Schwierigkeiten mit der “Amila League“ an. Darüber hinaus habe er mit “Jubaail Huyai“ und seiner Gruppe einen Streit in Kumilla gehabt, da seine Frau ihnen gesagt habe, dass sich der Beschwerdeführer nicht an die religiösen Pflichten halten würde und sie vergewaltigen wolle. Weiters würden im Herkunftsstaat zwei Verfahren gegen den Beschwerdeführer laufen. Dabei gehe es einerseits um eine Erbstreiterei und andererseits um die Religion. Bei einer Rückkehr fürchte er, umgebracht zu werden, da ihn die Hefazad überall finden würde.
Der Beschwerdeführer legte der Behörde ein ungeöffnetes Kuvert vor und gab an, dass es sich dabei um die Klagen seiner Ehefrau handeln würde. In weiterer Folge wurden diese Schriftstücke von der belangten Behörde einer Übersetzung zugeführt, wobei Teile der Dokumente – wie insbesondere die handgeschriebenen Zeichen – nicht leserlich waren und deshalb nicht übersetzt werden konnten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 10.03.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.).Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 10.03.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VI.). Gemäß Paragraph 55, Absatz 4, FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch VII.).
Das BFA begründete die Abweisung des Antrags damit, dass im Verfahren nur wirtschaftliche Gründe hervorgekommen seien und der Beschwerdeführer sein Herkunftsland deshalb verlassen habe, um im Ausland Geld zu verdienen. Das Bundesamt gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer auch bei einer Rückkehr wieder eine Arbeit aufnehmen könne. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er sich von einer religiösen Gruppe verfolgt fühle. Hinsichtlich der vorgelegten Schriftstücke führte das BFA aus, dass es mangels Vergleichbarkeit nicht klar sei, ob es sich überhaupt um ein echtes Verfahren handle. Selbst wenn die Dokumente echt sein sollten, so liege deshalb noch kein Asylgrund vor, sondern handle es sich dabei vielmehr um legale Forderungen durch die Ehefrau sowie um Delikte nach dem Strafgesetzbuch. Gesetzt den Fall, die Verfahren und Anklagen seien echt, würde zudem der Ausschlussgrund gemäß § 6 AsylG eintreten. Das BFA begründete die Abweisung des Antrags damit, dass im Verfahren nur wirtschaftliche Gründe hervorgekommen seien und der Beschwerdeführer sein Herkunftsland deshalb verlassen habe, um im Ausland Geld zu verdienen. Das Bundesamt gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer auch bei einer Rückkehr wieder eine Arbeit aufnehmen könne. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er sich von einer religiösen Gruppe verfolgt fühle. Hinsichtlich der vorgelegten Schriftstücke führte das BFA aus, dass es mangels Vergleichbarkeit nicht klar sei, ob es sich überhaupt um ein echtes Verfahren handle. Selbst wenn die Dokumente echt sein sollten, so liege deshalb noch kein Asylgrund vor, sondern handle es sich dabei vielmehr um legale Forderungen durch die Ehefrau sowie um Delikte nach dem Strafgesetzbuch. Gesetzt den Fall, die Verfahren und Anklagen seien echt, würde zudem der Ausschlussgrund gemäß Paragraph 6, AsylG eintreten.
Mit Verfahrensanordnung vom 14.03.2023 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig für das Beschwerdeverfahren beigegeben.Mit Verfahrensanordnung vom 14.03.2023 wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig für das Beschwerdeverfahren beigegeben.
Gegen den am 18.03.2023 zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13.04.2023 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass der Grund für die Probleme mit seiner Ehefrau und den vorgebrachten Religionsproblemen die Homosexualität des Beschwerdeführers sei. Wegen seinen Erfahrungen in Bangladesch und aufgrund seiner Angst vor weiterer Verfolgung habe er sich bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor dem BFA nicht klar ausdrücken können. In Bangladesch habe er bereits in einer homosexuellen Beziehung gelebt und wurde die zeugenschaftliche Einvernahme seines damaligen Partners beantragt. Aufgrund mangelhafter Befragung sei auch unerwähnt geblieben, dass der Beschwerdeführer seit Jahren die oppositionelle Bangladesh Nationalist Party (BNP) unterstütze und aus diesem Grund in Bangladesch diskriminiert und verfolgt worden sei. Auch heute tausche er sich noch über eine App und Facebook über politische Themen aus. Außerdem gehöre der Beschwerdeführer eigentlich der Glaubensgemeinschaft der Hindus an, weshalb gleich mehrere Gründe für eine Verfolgung durch islamistische Gruppierungen vorliegen.
Der Beschwerde wurden mehrere Screenshots von einem Facebook-Gesprächsverlauf und der App “BIGO LIVE“ vorgelegt.
Am 24.04.2023 wurde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt.
Mit Verbesserungsauftrag vom 25.04.2023 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, eine ladungsfähige Adresse des beantragten Zeugen bekannt zu geben. Die entsprechende Stellungnahme des Beschwerdeführers erfolgte am 02.05.2023.
Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 25.04.2023, Zl L525 2270669-1/4Z, wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben, Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben und der Beschwerde somit die aufschiebende Wirkung zuerkannt.Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 25.04.2023, Zl L525 2270669-1/4Z, wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben, Spruchpunkt römisch VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben und der Beschwerde somit die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das BVwG veranlasste eine weitere Übersetzung der vorgelegten Unterlagen mit der Vorgabe, alles – somit auch die handschriftlichen Texte – zu übersetzen und jene Passagen erkenntlich zu machen, die nicht übersetzt werden können. Die Übersetzung langte am 02.05.2024 ein.
Am 30.07.2024 führte das erkennende Gericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters eine mündliche Verhandlung durch. Ein Behördenvertreter ist entschuldigt nicht erschienen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bangladesch und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Seine Muttersprache ist Bengali. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er stammt aus Dayapur im Distrikt Kumilla. Der Beschwerdeführer hat in Bangladesch die Schule besucht und ging anschließend Gelegenheitsarbeiten nach. Er ist gesund und arbeitsfähig.
In Bangladesch leben Familienangehörige. Vor seiner Ausreise lebte der Beschwerdeführer mit seinen Adoptiveltern in einem Haus.
Der Beschwerdeführer reiste 2019 von Bangladesch Richtung Oman und anschließend illegal und schlepperunterstützt bis nach Österreich weiter, wo er am 23.09.2021 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz stellte und sich bis 10.10.2021 aufhielt. Anschließend tauchte der Beschwerdeführer unter, bis er am 06.07.2022 von Frankreich nach Österreich rücküberstellt wurde und erneut einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich weder über Familienangehörige noch über sonstige maßgebliche private Anknüpfungspunkte. Von 25.09.2021 bis 10.10.2021 und von 06.07.2022 bis 05.03.2023 stand der Beschwerdeführer im Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung. Aktuell arbeitet er 10 Wochenstunden in einem Restaurant als Reinigungskraft und bringt damit ca. 400 Euro ins Verdienen. Er verfügt über keine maßgeblichen Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer ist im Bundesgebiet unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Bangladesch einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.
Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde.
1.4. Länderfeststellungen:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung 2024-08-16 15:30
Hinweis:
Im Zuge der Flucht der Premierministerin und des Regierungsumsturzes wurde das Kapitel "Politische Lage" aktualisiert. Der damit verbundene vollständige politische Systemwechsel ist in der Heranziehung der übrigen Kapitel zu berücksichtigen. Auswirkungen - u.a. auf Sicherheitslage, Menschenrechte, Opposition und Wirtschaft - sind derzeit nicht abschätzbar. Besonders zu berücksichtigen ist dabei die Lage der religiösen Minderheiten und der Mitglieder der bisherigen Regierungspartei Awami League (AL).
Aufgrund der geänderten Lage können entsprechende Anfragen an die Staatendokumentation gestellt werden, welche i.d.R. mit Anfragebeantwortungen erledigt werden.
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-08-16 15:33
Allgemein
Nach einem neunmonatigen Befreiungskrieg erklärte die Volksrepublik Bangladesch am 26.03.1971, unterstützt durch Indien, ihre Unabhängigkeit von Pakistan. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anm.] Nationalismus als Ziele fest (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. BS 19.3.2024). Offiziell ist das Staatsoberhaupt der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Er übt allerdings großteils zeremonielle Funktionen aus (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 2024). Die Macht liegt in den Händen des Premierministers, welcher von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 30.8.2023; BS 19.3.2024). Zudem untersteht das Militär, welches zwar für die äußere Sicherheit zuständig ist, aber auch für interne Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden kann, dem Premierminister, der [bisher] gleichzeitig Verteidigungsminister ist (AA 30.8.2023).Nach einem neunmonatigen Befreiungskrieg erklärte die Volksrepublik Bangladesch am 26.03.1971, unterstützt durch Indien, ihre Unabhängigkeit von Pakistan. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und [bengalischen, Anm.] Nationalismus als Ziele fest (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche BS 19.3.2024). Offiziell ist das Staatsoberhaupt der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Er übt allerdings großteils zeremonielle Funktionen aus (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche FH 2024). Die Macht liegt in den Händen des Premierministers, welcher von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt wird (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche AA 30.8.2023; BS 19.3.2024). Zudem untersteht das Militär, welches zwar für die äußere Sicherheit zuständig ist, aber auch für interne Sicherheitsanforderungen eingesetzt werden kann, dem Premierminister, der [bisher] gleichzeitig Verteidigungsminister ist (AA 30.8.2023).
Das nationale Parlament (Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer, die sich aus 350 Mitgliedern zusammensetzt, von denen 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählt werden. Die verbleibenden 50 Sitze sind für Frauen reserviert, die von den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Direkte Wahlen zum Einkammerparlament, an denen alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr teilnehmen können, finden in der Regel alle fünf Jahre statt (AA 30.8.2023).Das nationale Parlament (Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer, die sich aus 350 Mitgliedern zusammensetzt, von denen 300 in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählt werden. Die verbleibenden 50 Sitze sind für Frauen reserviert, die von den vorgenannten Abgeordneten gewählt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche DFAT 30.11.2022). Direkte Wahlen zum Einkammerparlament, an denen alle Bürger ab dem 18. Lebensjahr teilnehmen können, finden in der Regel alle fünf Jahre statt (AA 30.8.2023).
Bangladesch hat ein Mehrparteiensystem (FH 2024). Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hat allerdings die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, der "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) und der "Awami League" (AL), begünstigt (AA 30.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Offiziell war Bangladesch damit 1991 nach Militärherrschaften zu einem parlamentarischen System zurückgekehrt, doch persönliches Charisma und verfassungsrechtliche Bestimmungen führten zur Konzentration der Macht in den Händen der jeweiligen Premierministerinnen, Khaleda Zia (BNP, 1991-1996, 2001) oder Sheikh Hasina (AL, 1996-2001, 2008 bis 2024) (BS 19.3.2024; vgl. ÖB New Delhi 11.2022, FH 2024). Persönliche Animositäten zwischen diesen beiden Machthaberinnen, Machtkämpfe um jeden Preis und ein Vertrauensdefizit zwischen den Parteien mündeten in einer schädlichen politischen Kultur (BS 19.3.2024; vgl. DFAT 30.11.2022; FH 2024), während die demokratischen Institutionen entweder nicht vorhanden oder stark geschwächt blieben (BS 19.3.2024).Bangladesch hat ein Mehrparteiensystem (FH 2024). Die Anwendung des reinen Mehrheitswahlrechts hat allerdings die Herausbildung zweier dominierender und konkurrierender Parteien, der "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) und der "Awami League" (AL), begünstigt (AA 30.8.2023; vergleiche ÖB New Delhi 11.2022). Offiziell war Bangladesch damit 1991 nach Militärherrschaften zu einem parlamentarischen System zurückgekehrt, doch persönliches Charisma und verfassungsrechtliche Bestimmungen führten zur Konzentration der Macht in den Händen der jeweiligen Premierministerinnen, Khaleda Zia (BNP, 1991-1996, 2001) oder Sheikh Hasina (AL, 1996-2001, 2008 bis 2024) (BS 19.3.2024; vergleiche ÖB New Delhi 11.2022, FH 2024). Persönliche Animositäten zwischen diesen beiden Machthaberinnen, Machtkämpfe um jeden Preis und ein Vertrauensdefizit zwischen den Parteien mündeten in einer schädlichen politischen Kultur (BS 19.3.2024; vergleiche DFAT 30.11.2022; FH 2024), während die demokratischen Institutionen entweder nicht vorhanden oder stark geschwächt blieben (BS 19.3.2024).
Während die BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der „Bangladesh Jamaat-e-Islami“ hat, bekam die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei (LDP) und der national-sozialen Partei „Jatiyo Samajtantrik Dal“ (JSD) (ÖB New Delhi 11.2022). Allgemein wird die BNP eher der konservativ-religiösen Seite zugeschrieben, hingegen die AL eher als links und säkular (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Stark hierarchische Führungsstrukturen, in denen familiäre Bindungen, persönliche Loyalitäten und geschäftliche Verbindungen von großer Bedeutung sind, prägen alle Parteien (AA 30.8.2023; vgl. FH 2024). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, indem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. DFAT 30.11.2022).Während die BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der „Bangladesh Jamaat-e-Islami“ hat, bekam die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei (LDP) und der national-sozialen Partei „Jatiyo Samajtantrik Dal“ (JSD) (ÖB New Delhi 11.2022). Allgemein wird die BNP eher der konservativ-religiösen Seite zugeschrieben, hingegen die AL eher als links und säkular (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche DFAT 30.11.2022). Stark hierarchische Führungsstrukturen, in denen familiäre Bindungen, persönliche Loyalitäten und geschäftliche Verbindungen von großer Bedeutung sind, prägen alle Parteien (AA 30.8.2023; vergleiche FH 2024). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, indem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB New Delhi 11.2022; vergleiche DFAT 30.11.2022).
Auch lokale Regierungen können ob ihrer Kompetenzen in kommunaler Entwicklung, Sozialfürsorge sowie Recht und Ordnung das tägliche Leben der Bürger erheblich beeinflussen. Da die bangladeschische Politik in hohem Maße auf Klientelismus beruht, ist Loyalität, vor allem gegenüber der Regierung, sehr wichtig. Oft sind persönliche Ergebenheiten zu lokalen Politikern entscheidend, um Zugang zu grundlegenden Gütern und Dienstleistungen (z.B. in Bezug auf Grund und Boden, Sozialhilfe, Arbeitsplätze) zu erhalten (DFAT 30.11.2022). Ebenso sind Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung parteipolitisch durchdrungen (AA 30.8.2023).
Das Militär und Großunternehmen nutzen ihren erheblichen politischen Einfluss, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen (BS 19.3.2024). Durch Gewährung von weitreichenden wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten und Beförderungen konnte Sheikh Hasina das Militär für sich gewinnen. Zunehmend machte die Regierung auch erhebliche Zugeständnisse an den weiter erstarkenden konservativen Islam, auch, weil sich das entstandene Vakuum auf Oppositionsseite als Nährboden für islamistischen Terrorismus erweist (AA 30.8.2023; vgl. BS 19.3.2024).Das Militär und Großunternehmen nutzen ihren erheblichen politischen Einfluss, um ihre jeweiligen Interessen zu schützen (BS 19.3.2024). Durch Gewährung von weitreichenden wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten und Beförderungen konnte Sheikh Hasina das Militär für sich gewinnen. Zunehmend machte die Regierung auch erhebliche Zugeständnisse an den weiter erstarkenden konservativen Islam, auch, weil sich das entstandene Vakuum auf Oppositionsseite als Nährboden für islamistischen Terrorismus erweist (AA 30.8.2023; vergleiche BS 19.3.2024).
Aus der Auseinandersetzung mit der BNP ist die AL als klarer Sieger hervorgegangen. Sie führte seit 2009 - mit Wiederwahlen 2014 und 2018 - die im Übrigen aus sehr kleinen Parteien bestehende Regierungskoalition an (AA 30.8.2023; vgl. ÖB New Delhi 11.2022). Die Parlamentswahlen vom 30.12.2018 brachten einen über