Entscheidungsdatum
05.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W231 2284827-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2023, Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Birgit HAVRANEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Iran, vertreten durch die BBU GmbH – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2023, Zl. römisch 40 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer („BF“) stellte nach legaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er seine Religion gewechselt habe und nun Christ sei. Deshalb habe er Angst um sein Leben und fürchte, bei einer Rückkehr getötet zu werden.römisch eins.1. Der Beschwerdeführer („BF“) stellte nach legaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er seine Religion gewechselt habe und nun Christ sei. Deshalb habe er Angst um sein Leben und fürchte, bei einer Rückkehr getötet zu werden.
I.2. Am 22.02.2023 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“). Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass der BF bei seiner Arbeit eine Person kennengelernt habe, die ihm das Christentum nähergebracht habe und er konvertiert sie. Er habe dann nicht mehr am gemeinsamen Gebet in seiner Arbeit teilgenommen, wodurch der Sicherheitsdienst auf ihn aufmerksam geworden sei und den BF gesucht hätte. römisch eins.2. Am 22.02.2023 erfolgte eine Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“). Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass der BF bei seiner Arbeit eine Person kennengelernt habe, die ihm das Christentum nähergebracht habe und er konvertiert sie. Er habe dann nicht mehr am gemeinsamen Gebet in seiner Arbeit teilgenommen, wodurch der Sicherheitsdienst auf ihn aufmerksam geworden sei und den BF gesucht hätte.
I.3. Am 28.04.2023 erfolgte eine ergänzende Einvernahme des BF vor dem BFA, in welcher der BF erneut zu seiner Einreise, seinem Leben in Österreich und seinem Fluchtvorbringen befragt wurde. römisch eins.3. Am 28.04.2023 erfolgte eine ergänzende Einvernahme des BF vor dem BFA, in welcher der BF erneut zu seiner Einreise, seinem Leben in Österreich und seinem Fluchtvorbringen befragt wurde.
I.4. Mit gegenständlichem Bescheid des BFA vom 20.10.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 24.05.2022 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Iran zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).römisch eins.4. Mit gegenständlichem Bescheid des BFA vom 20.10.2023 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 24.05.2022 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.), als auch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß Paragraph 46, FPG nach Iran zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.) und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass der BF bereits bei der Antragstellung bewusst falsche Angaben gemacht und beabsichtigt habe, die Behörde zu täuschen. Die Angaben des BF zu seiner Konversion hätten sich als nicht plausibel und nicht glaubhaft herausgestellt. Die Frage, weshalb sich der BF gerade mit dem Christentum als Religion beschäftigt habe, hätte der BF nicht überzeugend beantworten können und stellte sich sein Wissen über das Christentum als marginal dar. Der BF habe weder glaubhaft machen können, dass er sich ernsthaft und aus persönlichem Interesse hinreichend mit dem Christentum beschäftigt habe, noch gehe aus seinen Ausführungen und dem Wissenstand hervor, dass er aus innerer Überzeugung und hinreichender Hinwendung zum Christentum vom Islam abgefallen und konvertiert sei. Den Ausführungen des BF könne auch keinesfalls entnommen werden, dass er aufgrund von Missionierung in oder außerhalb vom Iran ins Visier der Behörden geraten wäre. Auch die Angaben zu dem ausreisekausalen Ereignis seien nicht glaubhaft und habe sich der BF in Widersprüche verstrickt.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF innerhalb offener Frist Beschwerde in vollem Umfang und führte darin aus, dass dem BF im Herkunftsland religiöse Verfolgung aufgrund seines Abfalls vom Islam und der Konversion zum Christentum drohe. Die drohende Verfolgung würde auch in den Länderberichten Deckung finden. römisch eins.5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF innerhalb offener Frist Beschwerde in vollem Umfang und führte darin aus, dass dem BF im Herkunftsland religiöse Verfolgung aufgrund seines Abfalls vom Islam und der Konversion zum Christentum drohe. Die drohende Verfolgung würde auch in den Länderberichten Deckung finden.
I.6. Am 22.05.2024 fand vor dem BVwG eine Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der BF zu seinen aktuellen Fluchtgründen befragt wurde. Ferner wurden zwei Zeugen zum Vorbringen der Konversion des BF befragt. Die belangte Behörde ist nicht erschienen. römisch eins.6. Am 22.05.2024 fand vor dem BVwG eine Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der BF zu seinen aktuellen Fluchtgründen befragt wurde. Ferner wurden zwei Zeugen zum Vorbringen der Konversion des BF befragt. Die belangte Behörde ist nicht erschienen.
I.7. Am 05.06.2024 brachte der BF eine Stellungnahme ein, in welcher der BF seine Glaubensaktivitäten in Österreich zusammenfasste und diesbezügliche Beweismittel vorlegte.römisch eins.7. Am 05.06.2024 brachte der BF eine Stellungnahme ein, in welcher der BF seine Glaubensaktivitäten in Österreich zusammenfasste und diesbezügliche Beweismittel vorlegte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:römisch II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Identität und sozialem Hintergrund des BF:römisch II.1.1. Zur Identität und sozialem Hintergrund des BF:
Der BF ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Lor-Bakhtiari und seine Muttersprache ist Farsi.
Der BF ist verheiratet und hat drei Kinder. Seine Familie lebt nach wie vor im Iran. Auch seine Eltern und seine Geschwister sowie Tanten und Onkel sind im Iran aufhältig. Der BF steht mit seiner Familie in regelmäßigem Kontakt.
Der BF wurde in Ahwaz, Iran, geboren. Vor seiner Ausreise lebte der BF zuletzt mit seiner Gattin und den Kindern in einer Eigentumswohnung in Isfahan. In dieser Wohnung sind die Ehefrau des BF und seine Kinder weiterhin aufhältig.
Im Herkunftsland studierte der BF zwei Jahre lang Mathematik an der Universität und absolvierte Fortbildungen, unter anderem für Marketing. Der BF ging zuletzt einer Beschäftigung im Marketing und Verkauf nach. Die Ehefrau des BF arbeite als Photographin und verfügt über eine Ausbildung zur Pädagogin.
In Österreich verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte. Eine Schwägerin lebt mit ihrer Familie in Großbritannien.
Der BF weist im Bundesgebiet keine strafgerichtlichen Verurteilungen auf.
Er leidet Bluthochdruck und nimmt täglich Tabletten ein. Der BF wurde bereits im Iran behandelt. Dort erhielt er das Medikament AMPOLIDIN 80, in Österreich wurde ihm AWERSTATIN verschrieben. Er ist arbeitsfähig.
Der BF reiste im Jahr 2022 vom Iran im Besitz eines Visums C, ausgestellt von Spanien, gültig von 30.04.2022 bis 23.05.2022, ausgestellt am 13.04.2022, in die Türkei und gelangte von dort aus über unbekannte Länder nach Österreich.
Der BF geht seit 01.01.2024 einer Beschäftigung im Autowasch-Service nach und erhält monatlich EUR 1.350,-. Er bezieht aktuell keine Leistungen aus der Grundversorgung. Er verfügt über eine Gewerbeberechtigung für die Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen. Seine aktuelle Tätigkeit übt der BF in Salzburg aus und hält sich daher überwiegend dort auf.
Der BF hat Deutschkurse besucht, eine Deutschprüfung hat er aber noch nicht abgelegt.
Seit Juni 2022 ist der BF Mitglied in unterschiedlichen christlichen Gemeinden in Österreich und nahm an Gottesdiensten und Glaubensgrundkursen teil.
II.1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:römisch II.1.2. Zu den Fluchtgründen des BF:
Der BF hat seinen Herkunftsstaat nicht aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen und hätte nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch keine asylrelevanten Übergriffe in diesem Zusammenhang zu befürchten. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF im Falle der Rückkehr in den Iran Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch den iranischen Staat oder Privatpersonen droht.
Der BF wuchs im Iran als schiitischer Moslem auf. Im Iran wandte sich der BF nicht ernsthaft dem Christentum zu und missionierte nicht. Dem BF wird dies auch nicht von iranischen Behörden oder Privatpersonen unterstellt. Das Christentum ist kein wesentlicher Bestandteil der Identität des BF geworden.
In Österreich besuchte der BF von Juni bis August 2022 Gottesdienste, den Taufkurs und Veranstaltungen einer evangelischen Pfarrgemeindein Kärnten. Nach seinem Umzug nach Wien nahm der BF seit August 2022 an Online-Angeboten der Pforzheimer Stadtmission teil und war zunächst Mitglied einer der evangelikalen Gemeinde in Wien, wo er auch an einem Glaubensgrundkurs teilnahm. Im Mai 2023 wechselte er zur Freikirche New City Wien, Evangelisch-Reformierte Kirche Westminster Bekenntnisses. Seit der BF beruflich in Salzburg angesiedelt ist, nimmt der XXXX teil. Er ist am Sonntagvormittag zur Übertragung der Messe online eingeloggt. Am 11.04.2023 meldete er seinen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Der BF wurde am 25.06.2023 nach Besuch des Taufunterrichts in der New City Wien getauft. In Österreich besuchte der BF von Juni bis August 2022 Gottesdienste, den Taufkurs und Veranstaltungen einer evangelischen Pfarrgemeindein Kärnten. Nach seinem Umzug nach Wien nahm der BF seit August 2022 an Online-Angeboten der Pforzheimer Stadtmission teil und war zunächst Mitglied einer der evangelikalen Gemeinde in Wien, wo er auch an einem Glaubensgrundkurs teilnahm. Im Mai 2023 wechselte er zur Freikirche New City Wien, Evangelisch-Reformierte Kirche Westminster Bekenntnisses. Seit der BF beruflich in Salzburg angesiedelt ist, nimmt der römisch 40 teil. Er ist am Sonntagvormittag zur Übertragung der Messe online eingeloggt. Am 11.04.2023 meldete er seinen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Der BF wurde am 25.06.2023 nach Besuch des Taufunterrichts in der New City Wien getauft.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF tatsächlich aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert ist. Das Christentum ist kein wesentlicher Bestandteil der Identität des BF geworden. Dem BF droht aus diesem Grund keine Verfolgung im Iran.
Andere Fluchtgründe wurden vom BF nicht vorgebracht und sind auch während des Verfahrens nicht hervorgekommen.
II.1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:römisch II.1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation des BFA zum Iran (Version 7, 26.01.2024):
Politische Lage
Letzte Änderung 2024-01-25 10:26
Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (FAZ 24.3.2023). Sie kombiniert republikanisch-demokratische Elemente mit einem theokratischen System (BS 23.2.2022; vgl. BPB 10.1.2020). Das Kernkonzept der Verfassung ist die "Rechtsgelehrtenherrschaft" (velayat-e faqih). Nach schiitischem Glauben gibt es einen verborgenen Zwölften Imam, den als Erlöser am Jüngsten Gericht von Gott gesandten Muhammad al-Mahdi (BPB 10.1.2020). Gemäß diesem Prinzip soll ein schiitischer Theologe praktisch in Stellvertretung des seit dem Jahr 874 in Verborgenheit weilenden Mahdi agieren und die Geschicke des Gemeinwesens lenken (BAMF 5.2022). Darauf aufbauend schuf Ajatollah Ruhollah Khomeini 1979 ein auf ihn zugeschnittenes Amt, das über allen gewählten Organen steht, und somit die republikanischen Verfassungselemente des Präsidenten und des Parlaments neutralisiert: das Amt des "Herrschenden Rechtsgelehrten" (vali-ye faqih), dessen Inhaber auch "Revolutionsführer" (rahbar) genannt wird. Der Revolutionsführer übt quasi stellvertretend für den Zwölften Imam bis zu dessen Rückkehr die Macht aus (BPB 10.1.2020).Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (FAZ 24.3.2023). Sie kombiniert republikanisch-demokratische Elemente mit einem theokratischen System (BS 23.2.2022; vergleiche BPB 10.1.2020). Das Kernkonzept der Verfassung ist die "Rechtsgelehrtenherrschaft" (velayat-e faqih). Nach schiitischem Glauben gibt es einen verborgenen Zwölften Imam, den als Erlöser am Jüngsten Gericht von Gott gesandten Muhammad al-Mahdi (BPB 10.1.2020). Gemäß diesem Prinzip soll ein schiitischer Theologe praktisch in Stellvertretung des seit dem Jahr 874 in Verborgenheit weilenden Mahdi agieren und die Geschicke des Gemeinwesens lenken (BAMF 5.2022). Darauf aufbauend schuf Ajatollah Ruhollah Khomeini 1979 ein auf ihn zugeschnittenes Amt, das über allen gewählten Organen steht, und somit die republikanischen Verfassungselemente des Präsidenten und des Parlaments neutralisiert: das Amt des "Herrschenden Rechtsgelehrten" (vali-ye faqih), dessen Inhaber auch "Revolutionsführer" (rahbar) genannt wird. Der Revolutionsführer übt quasi stellvertretend für den Zwölften Imam bis zu dessen Rückkehr die Macht aus (BPB 10.1.2020).
Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vgl. USDOS 20.3.2023). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021), ist höchste Autorität des Landes, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und ernennt den Leiter des Justizwesens sowie des staatlichen Rundfunks und die Mitglieder des Schlichtungsrats (FH 10.3.2023). Ihm unterstehen auch die Islamischen Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inkl. der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. In der Hand religiöser Stiftungen und der "Garden" liegen mächtige Wirtschaftsunternehmen, die von der infolge der US-Sanktionen wachsenden Schattenwirtschaft profitieren (ÖB Teheran 11.2021). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Die Revolutionsgarden, die direkt Revolutionsführer Khamenei unterstehen, bleiben ein militärischer, politischer und wirtschaftlicher Machtfaktor (AA 30.11.2022).Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche USDOS 20.3.2023). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021), ist höchste Autorität des Landes, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und ernennt den Leiter des Justizwesens sowie des staatlichen Rundfunks und die Mitglieder des Schlichtungsrats (FH 10.3.2023). Ihm unterstehen auch die Islamischen Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inkl. der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen. In der Hand religiöser Stiftungen und der "Garden" liegen mächtige Wirtschaftsunternehmen, die von der infolge der US-Sanktionen wachsenden Schattenwirtschaft profitieren (ÖB Teheran 11.2021). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Die Revolutionsgarden, die direkt Revolutionsführer Khamenei unterstehen, bleiben ein militärischer, politischer und wirtschaftlicher Machtfaktor (AA 30.11.2022).
Entscheidende Gremien sind der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern. Davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen (ÖB Teheran 11.2021). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der "Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 14.9.2021). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 11.2021; vgl. USDOS 20.3.2023), er sollte die Arbeit des Revolutionsführers kontrollieren. In der Praxis scheint er die Entscheidungen des Revolutionsführers jedoch nicht herauszufordern (FH 10.3.2023). Auch wenn der Expertenrat nominell direkt von der Bevölkerung gewählt wird, hat der Revolutionsführer indirekt Einfluss auf dessen Zusammensetzung, da der Wächterrat, der zur Hälfte vom Revolutionsführer und zur Hälfte vom (durch den Revolutionsführer eingesetzten) Leiter des Justizwesens besetzt wird, die Kandidatenauswahl dafür vornimmt und den Wahlvorgang kontrolliert (USDOS 20.3.2023). Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021). Da der Wächterrat die Kandidaten für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen (Majles oder Islamische Beratende Versammlung) überprüft und regelmäßig eine bedeutsame Anzahl an Kandidaten von der Wahl ausschließt und den Wahlvorgang kontrolliert, übt der Revolutionsführer somit indirekt Einfluss auf die legislativen und exekutiven Institutionen des Landes aus (USDOS 20.3.2023). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 2020).Entscheidende Gremien sind der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern. Davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen (ÖB Teheran 11.2021). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der "Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 14.9.2021). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche USDOS 20