Entscheidungsdatum
23.08.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W132 2279934-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.03.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , alias römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch römisch 40 , gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.03.2024, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzvorschriften in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.07.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am 12.07.2022 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen Folgendes an: „Wegen dem Krieg. Meine Stadt Edlib wird jeden Tag bombardiert.“. Befragt zur Rückkehr gab er an: „Ich habe Angst um mein Leben.“.
2. Am 06.02.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge ‚belangte Behörde‘ bzw. BFA genannt). Der Beschwerdeführer brachte zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen zusammengefasst vor, die Einberufung zum Wehrdienst, welchen er ablehne, zu befürchten. Zudem sei seine Herkunftsregion durch das syrische Regime und die Al Nusra gefährdet. Er wünsche sich eine bessere Zukunft.
3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung insbesondere deshalb nicht habe glaubhaft machen können, weil das syrische Regime in seiner Herkunftsregion keine Kontrolle ausübe. Zudem würden die SNA und HTS Zivilisten nicht zwangsrekrutieren. Jedoch lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes vor.
4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer im Wege der bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde. Zu den Fluchtgründen wurde mit Verweis auf höchstgerichtliche Judikatur im Wesentlichen ausgeführt, als Heimatregion sei XXXX , sohin ein Gebiet unter Regimekontrolle, anzunehmen. Daher drohe dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Weigerung den staatlichen Wehrdienst zu leisten. Zudem habe der Beschwerdeführer zuletzt in einem Oppositionsgebiet gelebt. Bei Rückkehr in das Flüchtlingslager XXXX müsste er auch seine politische Überzeugung betreffend die HTS und SNA leugnen.4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer im Wege der bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde. Zu den Fluchtgründen wurde mit Verweis auf höchstgerichtliche Judikatur im Wesentlichen ausgeführt, als Heimatregion sei römisch 40 , sohin ein Gebiet unter Regimekontrolle, anzunehmen. Daher drohe dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Weigerung den staatlichen Wehrdienst zu leisten. Zudem habe der Beschwerdeführer zuletzt in einem Oppositionsgebiet gelebt. Bei Rückkehr in das Flüchtlingslager römisch 40 müsste er auch seine politische Überzeugung betreffend die HTS und SNA leugnen.
5. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2024 wurden die Verfahrensparteien zur Beschwerdeverhandlung am 28.03.2024 geladen und die nachstehend angeführten Unterlagen in das Verfahren eingebracht:
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Version 09 (17.07.2023)
- Country of Origin Information (COI), Brief Report, Syria, Treatment upon Return, May 2022
- EASO (nunmehr EUAA) Leitfaden Syrien, November 2021
- EUAA Country Guidance Syria Februar 2023
- EASO (nunmehr EUAA) Syria Military service Country of Origin Information Report April 2021
- EUAA Syria: Targeting of individuals, September 2022
- EUAA Country of Origin Information Syria Security Situation von Oktober 2023
- EUAA Country of Origin Information Syria Country Focus von Oktober 2023
- UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung, März 2021
- InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, Februar 2020
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Fragen des BVwG zu Rückkehrern nach Syrien vom 14.10.2022
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Rückkehrer aus der EU vom 01.09.2022
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Syrien: Wehrdienst vom 27.01.2022
- ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Wehrdienstverweigerung und Desertion (a-11951) vom 08.09.2022
- ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Fragen des BVwG zur Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der Syrischen Regierung (ergänzende AFB) vom 14.10.2022.
- Information der Staatendokumentation Syrien: Wehrdienstverweigerer an syrischen Grenzübergängen, inklusive Hinweise auf bereits erstellte Informationen vom 17.08.2023
- ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritiker·innen ermöglichen [a-12197] vom 24. August 2023
- Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierung Wehrpflichtiger durch die syrische Regierung in Manbidsch (Provinz Aleppo) [a-12201-1] vom 07.09.2023
- ecoi.net, Syrien, Arabische Republik -Themendossier: Wehrdienst vom 16.01.2024
- DIS, Syria Military Service, January 2024
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation SYRIEN Webseite des syrischen Verteidigungsministeriums – Einberufung vom 18.05.2021
- ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Einberufung von Reservisten der syrischen Armee: Bedarf, Bedingungen, Alter, Dauer, Einsatzbereich, Möglichkeit des Freikaufens [a-12132-1] vom 14. Juni 2023
- ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Detailfragen zum Vorgehen der syrischen Grenzbehörden bei der Einreise eines registrierten Reservisten nach mehrjährigem Auslandsaufenthalt [a-12132-2] vom 14. Juni 2023
- Themenbericht der Staatendokumentation Syrien – Grenzübergänge vom 25.10.2023
- Anfragebeantwortung der Staatendokumentation TÜRKEI / SYRIEN Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, vom 05.04.2023
6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 28.03.2024 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seiner bevollmächtigten Vertretung und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch eingehend zu seiner Person, den Lebensumständen in Syrien und den Fluchtgründen sowie zum Privat- und Familienleben in Österreich befragt.
Der Beschwerdeführer hat zu seinem bisherigen Vorbringen Stellung genommen und erstmals vorgebracht, seine Familie werde vom Regime gesucht, weil sie in Syrien an Demonstrationen teilgenommen hätten. Sein Vater sei einige Tage inhaftiert gewesen.
Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.
Die Richterin brachte Übersichten aus der Karte https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html. zur Darstellung der Machtverhältnisse in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers sowie ergänzende Berichte zur Lage in Syrien ein:
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Version 10 (14.03.2024) und die Änderung in Version 11 vom 27.03.2024
Ein Ausdruck der Änderung in Version 11 vom 27.03.2024 wurde der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers übergeben.
- ecoi.net, Syrien, Arabische Republik Themendossier: Wehrdienst vom 16.01.2024
- DIS, Syria Military Service, January 2024
Der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers wurde eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme wurde nicht erstattet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu Person und individuellen Umständen im Hinblick auf den Herkunftsstaat
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Syrien, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensgemeinschaft des Islam.
Der Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt 20 Jahre alt. Als Geburtsdatum wird der XXXX angenommen.Der Beschwerdeführer ist zum Entscheidungszeitpunkt 20 Jahre alt. Als Geburtsdatum wird der römisch 40 angenommen.
Er verfügt über kein Reisedokument.
Der Beschwerdeführer wurde XXXX , geboren und hat dort die ersten zwei Jahre seines Lebens verbracht. Sein Vater stammt aus XXXX .Der Beschwerdeführer wurde römisch 40 , geboren und hat dort die ersten zwei Jahre seines Lebens verbracht. Sein Vater stammt aus römisch 40 .
Etwa 2006, im Alter von ungefähr zwei Jahren ist der Beschwerdeführer mit seiner Familie nach XXXX verzogen.Etwa 2006, im Alter von ungefähr zwei Jahren ist der Beschwerdeführer mit seiner Familie nach römisch 40 verzogen.
Im Jahr 2012 ist der Beschwerdeführer im Alter von acht Jahren mit seiner Familie nach XXXX zurückgezogen um den Kampfhandlungen in XXXX zu entkommen. Zwischendurch hat die Familie auch in XXXX gelebt.Im Jahr 2012 ist der Beschwerdeführer im Alter von acht Jahren mit seiner Familie nach römisch 40 zurückgezogen um den Kampfhandlungen in römisch 40 zu entkommen. Zwischendurch hat die Familie auch in römisch 40 gelebt.
Hernach, etwa im Jahr 2019 ist die Familie des Beschwerdeführers in das Flüchtlingslager XXXX übersiedelt, wo seine Eltern und Geschwister auch aktuell noch wohnen. Die Familie ist auf Unterstützungsleistungen von Hilfsorganisationen angewiesen.Hernach, etwa im Jahr 2019 ist die Familie des Beschwerdeführers in das Flüchtlingslager römisch 40 übersiedelt, wo seine Eltern und Geschwister auch aktuell noch wohnen. Die Familie ist auf Unterstützungsleistungen von Hilfsorganisationen angewiesen.
Die Familie hat keinen Besitz mehr in XXXX und es leben dort auch keine nahen Verwandten.Die Familie hat keinen Besitz mehr in römisch 40 und es leben dort auch keine nahen Verwandten.
In XXXX besitzt die Familie ein Grundstück mit Olivenbäumen. Der Vater des Beschwerdeführers fährt gelegentlich dorthin.In römisch 40 besitzt die Familie ein Grundstück mit Olivenbäumen. Der Vater des Beschwerdeführers fährt gelegentlich dorthin.
Der Beschwerdeführer hat in XXXX sieben Jahre die Schule besucht. Seine Muttersprache Arabisch beherrscht er in Wort und Schrift.Der Beschwerdeführer hat in römisch 40 sieben Jahre die Schule besucht. Seine Muttersprache Arabisch beherrscht er in Wort und Schrift.
Der Beschwerdeführer ist gesund. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer gelangte unter Umgehung der Einreisevorschriften nach Österreich und stellte am 10.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In Österreich leben Verwandte des Beschwerdeführers mütterlicherseits. Er führt in Österreich jedoch kein Familienleben.
Er ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Das BFA ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer aktuell unter Berücksichtigung der individuellen Situation sowie der Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien, weder in seine Heimatprovinz zurückkehren, noch auf die Übersiedlung in andere Landesteile Syriens verwiesen werden kann.
Der Beschwerdeführer unbescholten ist in Österreich zum Zeitpunkt dieser Entscheidung strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen
Im Falle der Rückkehr nach Syrien droht dem Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung wegen eines Konventionsgrundes in asylrelevantem Ausmaß.
1.2.1. Als Herkunftsregion des Beschwerdeführers wird XXXX angenommen.1.2.1. Als Herkunftsregion des Beschwerdeführers wird römisch 40 angenommen.
Die Herkunftsregion steht aktuell nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet des syrischen Regimes, sondern unter der Kontrolle oppositioneller Gruppierungen, wie der dschihadistischen Gruppierung Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS; vormals: Al Nusra-Front).
Die syrische Regierung hat in jenen Teilen der Provinz XXXX , welche sich unter der Kontrolle der Gruppierung Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) befinden, keinen Zugriff auf dort lebende Personen und kann dort keine staatliche Macht (z. B. Vollstreckung von Einberufungs- oder Haftbefehlen) ausüben.Die syrische Regierung hat in jenen Teilen der Provinz römisch 40 , welche sich unter der Kontrolle der Gruppierung Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) befinden, keinen Zugriff auf dort lebende Personen und kann dort keine staatliche Macht (z. B. Vollstreckung von Einberufungs- oder Haftbefehlen) ausüben.
Dem Beschwerdeführer ist die Einreise in dieses Gebiet ohne Kontakt zum syrischen Regime möglich. Dafür kommt beispielsweise der nicht von der syrischen Regierung kontrollierte Grenzübergang Bab al-Hawa in Frage.
Er kann auch innerhalb der Provinz XXXX seine Herkunftsregion ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichen.Er kann auch innerhalb der Provinz römisch 40 seine Herkunftsregion ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichen.
1.2.2. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien an seinen Herkunftsort nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit seine Einberufung zum Wehrdienst oder eine Bestrafung durch den syrischen Staat wegen bislang unterbliebener Wehrdienstleistung.
Der Beschwerdeführer ist zwar gesund, hat seinen Wehrdienst noch nicht geleistet und befindet sich aktuell mit 20 Jahren auch im wehrpflichtigen Alter.
Jedoch stammt der Beschwerdeführer aus einem Gebiet, wo das syrische Regime aktuell keine Kontrolle ausübt und ist dieses Gebiet auch ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar.
Es ist dem Beschwerdeführer gelungen sich bis zur Ausreise im Jahr 2022 dem Wehrdienst zu entziehen, weil er ab dem achten Lebensjahr wieder in seiner Heimatregion, einem Gebiet ohne Regimekontrolle, gelebt hat.
1.2.3. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien keine Reflexverfolgung aufgrund Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie, auch nicht, wegen derer vermeintlichen Teilnahme an regimekritischen Demonstrationen.
Doch selbst unter der Annahme, dass seine Familie in das Blickfeld der zuständigen Behörden in Syrien geraten wäre, bestünde aktuell nicht maßgeblich wahrscheinlich die Gefahr staatlicher Verfolgung, weil der Beschwerdeführer aus einem Gebiet stammt, in dem das syrische Regime aktuell keine Kontrolle ausübt und dieses Gebiet auch ohne Kontakt zum syrischen Regime erreichbar ist.
1.2.4. Dem Beschwerdeführer droht nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner Ausreise bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der aus einem oppositionellen Gebiet stammt, unrechtmäßig ausgereist ist und im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Die bloße Herkunft des Beschwerdeführers aus der Provinz XXXX , die Ausreise, und die Asylantragstellung und die Entziehung vom Militärdienst führen nicht dazu, dass er vom syrischen Regime als oppositionell wahrgenommen wird und deshalb Sanktionen ausgesetzt ist.Der Beschwerdeführer war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Die bloße Herkunft des Beschwerdeführers aus der Provinz römisch 40 , die Ausreise, und die Asylantragstellung und die Entziehung vom Militärdienst führen nicht dazu, dass er vom syrischen Regime als oppositionell wahrgenommen wird und deshalb Sanktionen ausgesetzt ist.
1.2.5. Dem Beschwerdeführer droht in seiner Herkunftsregion weder wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber noch als Sunnit konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt in Syrien.
1.2.6. Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien in seine Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus einem in der GFK genannten Grund durch oppositionelle Gruppierungen seiner Herkunftsregion, wie der dschihadistischen Gruppierung Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS; vormals: Al Nusra-Front).
1.2.7. Auch aus der allgemeinen Lage in Syrien resultiert für den Beschwerdeführer keine Verfolgung aus Gründen, welche in der GFK aufgelistet sind.
1.2.8. Es haben sich im Verfahren keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte für eine wohlbegründete Furcht des Beschwerdeführers, dass ihm in Syrien individuell und aktuell Verfolgung in asylrelevanter Intensität droht, ergeben.
Der Beschwerdeführer ist im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat herangezogen:
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Version 11 – auszugsweise:
4 Sicherheitslage
[…]
4.2 Nordwest-Syrien
Letzte Änderung 2024-03-08 11:28
Während das Assad-Regime etwa 60 Prozent des Landes kontrolliert, was einer Bevölkerung von rund neun Millionen Menschen entspricht, gibt es derzeit [im Nordwesten Syriens] zwei Gebiete, die sich noch außerhalb der Kontrolle des Regimes befinden: Nord-Aleppo und andere Gebiete an der Grenze zur Türkei, die von der von Ankara unterstützten Syrischen Nationalarmee (Syrian National Army, SNA) kontrolliert werden, und das Gebiet von Idlib, das von der militanten islamistischen Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrolliert wird. Zusammen kontrollieren sie 10 Prozent des Landes mit einer Bevölkerung von etwa 4,4 Millionen Menschen, wobei die Daten zur Bevölkerungsanzahl je nach zitierter Institution etwas variieren (ISPI 27.6.2023).
Das Gebiet unter Kontrolle von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS)
In der nordwestlichen Provinz Idlib und den angrenzenden Teilen der Provinzen Nord-Hama und West-Aleppo befindet sich die letzte Hochburg der Opposition in Syrien (BBC 2.5.2023). Das Gebiet wird von dem ehemaligen al-Qaida-Ableger Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) [Anm.: übersetzt soviel wie: Komitee zur Befreiung der Levante] beherrscht, der nach Ansicht von Analysten einen Wandel durchläuft, um seine Herrschaft in der Provinz zu festigen (Alaraby 5.6.2023). Das Gebiet beherbergt aber auch andere etablierte Rebellengruppen, die von der Türkei unterstützt werden (BBC 2.5.2023). HTS hat die stillschweigende Unterstützung der Türkei, die die Gruppe als Quelle der Stabilität in der Provinz und als mäßigenden Einfluss auf die radikaleren, transnationalen dschihadistischen Gruppen in der Region betrachtet. Durch eine Kombination aus militärischen Konfrontationen, Razzien und Festnahmen hat die HTS alle ihre früheren Rivalen wie Hurras ad-Din und Ahrar ash-Sham effektiv neutralisiert. Durch diese Machtkonsolidierung unterscheidet sich das heutige Idlib deutlich von der Situation vor fünf Jahren, als dort eine große Anzahl an dschihadistischen Gruppen um die Macht konkurrierte. HTS hat derzeit keine nennenswerten Rivalen. Die Gruppe hat Institutionen aufgebaut und andere Gruppen davon abgehalten, Angriffe im Nordwesten zu verüben. Diese Tendenz hat sich nach Ansicht von Experten seit dem verheerenden Erdbeben vom 6.2.2023, das Syrien und die Türkei erschütterte, noch beschleunigt (Alaraby 5.6.2023).
Aufgrund des militärischen Vorrückens der Regime-Kräfte und nach Deportationen von Rebellen aus zuvor vom Regime zurückeroberten Gebieten, ist Idlib in Nordwestsyrien seit Jahren Rückzugsgebiet vieler moderater, aber auch radikaler, teils terroristischer Gruppen der bewaffneten Opposition geworden (AA 29.11.2021). Zehntausende radikal-militanter Kämpfer, insb. der HTS, sind in Idlib präsent. Unter diesen befinden sich auch zahlreiche Foreign Fighters (Uiguren, Tschetschenen, Usbeken) (ÖB Damaskus 12.2022). Unter dem Kommando der HTS stehen zwischen 7.000 und 12.000 Kämpfer, darunter ca. 1.000 sogenannte Foreign Terrorist Fighters (UNSC 25.7.2023). Viele IS-Kämpfer übersiedelten nach dem Fall von Raqqa 2017 nach Idlib großteils Ausländer, die für den Dschihad nach Syrien gekommen waren und sich nun anderen islamistischen Gruppen wie der Nusra-Front [Jabhat al-Nusra], heute als HTS bekannt, angeschlossen haben. Meistens geschah das über persönliche Kontakte, aber ihre Lage ist nicht abgesichert. Ausreichend Geld und die richtigen Kontaktleute ermöglichen derartige Transfers über die Frontlinie (Zenith 11.2.2022). Der IS sieht den Nordwesten als potenzielles Einfallstor in die Türkei und als sicheren Rückzugsort, wo seine Anhänger sich unter die Bevölkerung mischen (UNSC 25.7.2023). Laut einem Bericht des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom Februar 2023 sind neben HTS und Hurras ad-Din unter anderem auch die zentralasiatischen Gruppierungen Khatiba at-Tawhid wal-Jihad (KTJ) - im März 2022 in Liwa Abu Ubayda umbenannt - und das Eastern Turkistan Islamic Movement (ETIM) - auch bekannt als Turkistan Islamic Party (TIP) - in Nordwestsyrien präsent (UNSC 13.2.2023).
Im Jahr 2012 stufte Washington Jabhat an-Nusra [Anm.: nach Umorganisationen und Umbenennungen nun HTS] als Terrororganisation ein (Alaraby 8.5.2023). Auch die Vereinten Nationen führen HTS als terroristische Vereinigung (AA 2.2.2024). Die Organisation versuchte, dieser Einstufung zu entgehen, indem sie 2016 ihre Loslösung von al-Qaida ankündigte und ihren Namen mehrmals änderte, aber ihre Bemühungen waren nicht erfolgreich und die US-Regierung führt sie weiterhin als „terroristische Vereinigung“ (Alaraby 8.5.2023; vgl. CTC Sentinel 2.2023). HTS geht gegen den IS und al-Qaida vor (COAR 28.2.2022; vgl. CTC Sentinel 2.2023) und reguliert nun die Anwesenheit ausländischer Dschihadisten mittels Ausgabe von Identitätsausweisen für die Einwohner von Idlib, ohne welche z.B. das Passieren von HTS-Checkpoints verunmöglicht wird. Die HTS versucht so, dem Verdacht entgegenzutreten, dass sie das Verstecken von IS-Führern in ihren Gebieten unterstützt, und signalisiert so ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft bei der Terrorismusbekämpfung (COAR 28.2.2022). Im Mai 2023 startete die HTS in den Provinzen Idlib und Aleppo beispielsweise eine Verhaftungskampagne gegen Hizb ut-Tahrir (HuT) als Teil der langfristigen Strategie, andere islamistische Gruppen in den von ihr kontrollierten Gebieten zu unterwerfen und die Streichung der HTS von internationalen Terroristenlisten zu erwirken (ACLED 8.6.2023; vgl. Alaraby 8.5.2023). Das Vorgehen gegen radikalere, konkurrierende Gruppierungen und die Versuche der Führung, der HTS ein gemäßigteres Image zu verpassen, führten allerdings zu Spaltungstendenzen innerhalb der verschiedenen HTS-Fraktionen (AM 22.12.2021). Im Dezember 2023 wurden diese Spaltungstendenzen evident. Nach einer Verhaftungswelle, die sich über ein Jahr hinzog, floh eine Führungspersönlichkeit in die Türkei, um eine eigene rivalisierende Gruppierung zu gründen. Die HTS reagierte mit einer Militäroperation in Afrin (Etana 12.2023). HTS verfolgt eine Expansionsstrategie und führt eine Offensive gegen regierungsnahe Milizen im Raum Aleppo durch (UNSC 25.7.2023).Im Jahr 2012 stufte Washington Jabhat an-Nusra [Anm.: nach Umorganisationen und Umbenennungen nun HTS] als Terrororganisation ein (Alaraby 8.5.2023). Auch die Vereinten Nationen führen HTS als terroristische Vereinigung (AA 2.2.2024). Die Organisation versuchte, dieser Einstufung zu entgehen, indem sie 2016 ihre Loslösung von al-Qaida ankündigte und ihren Namen mehrmals änderte, aber ihre Bemühungen waren nicht erfolgreich und die US-Regierung führt sie weiterhin als „terroristische Vereinigung“ (Alaraby 8.5.2023; vergleiche CTC Sentinel 2.2023). HTS geht gegen den IS und al-Qaida vor (COAR 28.2.2022; vergleiche CTC Sentinel 2.2023) und reguliert nun die Anwesenheit ausländischer Dschihadisten mittels Ausgabe von Identitätsausweisen für die Einwohner von Idlib, ohne welche z.B. das Passieren von HTS-Checkpoints verunmöglicht wird. Die HTS versucht so, dem Verdacht entgegenzutreten, dass sie das Verstecken von IS-Führern in ihren Gebieten unterstützt, und signalisiert so ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft bei der Terrorismusbekämpfung (COAR 28.2.2022). Im Mai 2023 startete die HTS in den Provinzen Idlib und Aleppo beispielsweise eine Verhaftungskampagne gegen Hizb ut-Tahrir (HuT) als Teil der langfristigen Strategie, andere islamistische Gruppen in den von ihr kontrollierten Gebieten zu unterwerfen und die Streichung der HTS von internationalen Terroristenlisten zu erwirken (ACLED 8.6.2023; vergleiche Alaraby 8.5.2023). Das Vorgehen gegen radikalere, konkurrierende Gruppierungen und die Versuche der Führung, der HTS ein gemäßigteres Image zu verpassen, führten allerdings zu Spaltungstendenzen innerhalb der verschiedenen HTS-Fraktionen (AM 22.12.2021). Im Dezember 2023 wurden diese Spaltungstendenzen evident. Nach einer Verhaftungswelle, die sich über ein Jahr hinzog, floh eine Führungspersönlichkeit in die Türkei, um eine eigene rivalisierende Gruppierung zu gründen. Die HTS reagierte mit einer Militäroperation in Afrin (Etana 12.2023). HTS verfolgt eine Expansionsstrategie und führt eine Offensive gegen regierungsnahe Milizen im Raum Aleppo durch (UNSC 25.7.2023).
Konfliktverlauf im Gebiet
Im Jahr 2015 verlor die syrische Regierung die Kontrolle über Idlib und diverse rivalisierende oppositionelle Gruppierungen übernahmen die Macht (BBC 18.2.2020), wobei die Freie Syrische Armee (FSA) manche Teile der Provinz schon 2012 erobert hatte (KAS 4.2020). Während die syrische Regierung die gesamte Provinz zurückerobern will, versucht Ankara zu verhindern, dass Idlib an Damaskus fällt, und daraufhin noch mehr Syrer in die Türkei flüchten (ORF 14.3.2021; vgl. Alaraby 25.1.2023). Die Türkei hat HTS als terroristische Organisation eingestuft, doch hat sie die Rebellengruppe in den letzten Jahren nicht aktiv daran gehindert, die Verwaltungsmacht in Idlib zu übernehmen (USCIRF 11.2022). Im Mai 2017 einigten sich Russland, Iran und die Türkei im Rahmen der Astana-Verhandlungen auf die Errichtung vier sogenannter Deeskalationszonen (DEZ) in Syrien (KAS 6.2020), wobei Idlib Teil einer DEZ wurde, die sich von den nordöstlichen Bergen Lattakias bis zu den nordwestlichen Vororten von Aleppo erstreckt und sowohl durch Hama als auch durch Idlib verläuft (SOHR 2.12.2022). Gemeint waren damit kampffreie Räume, in denen Zivilisten vor Angriffen geschützt sein sollten (KAS 6.2020; vgl. SD 18.8.2019). Gemäß der Übereinkunft von Astana rückte die türkische Armee im Oktober 2017 in die DEZ Idlib ein und errichtete Beobachtungsposten zur Überwachung der Waffenruhe. Ankara hatte sich in Astana verpflichtet, die Rebellen zu entwaffnen und den freien Verkehr auf den Fernstraßen M4 und M5 zu gewährleisten. Im Gegenzug hatten Moskau und Damaskus zugesichert, die Provinz nicht anzugreifen. Zusagen, die letztlich keine Seite einhielt. Die syrische Regierung führte im Zeitraum 2018-2020 Offensiven in Idlib durch, die zur Flucht von rund einer Million Menschen führten (KAS 6.2020).Im Jahr 2015 verlor die syrische Regierung die Kontrolle über Idlib und diverse rivalisierende oppositionelle Gruppierungen übernahmen die Macht (BBC 18.2.2020), wobei die Freie Syrische Armee (FSA) manche Teile der Provinz schon 2012 erobert hatte (KAS 4.2020). Während die syrische Regierung die gesamte Provinz zurückerobern will, versucht Ankara zu verhindern, dass Idlib an Damaskus fällt, und daraufhin noch mehr Syrer in die Türkei flüchten (ORF 14.3.2021; vergleiche Alaraby 25.1.2023). Die Türkei hat HTS als terroristische Organisation eingestuft, doch hat sie die Rebellengruppe in den letzten Jahren nicht aktiv daran gehindert, die Verwaltungsmacht in Idlib zu übernehmen (USCIRF 11.2022). Im Mai 2017 einigten sich Russland, Iran und die Türkei im Rahmen der Astana-Verhandlungen auf die Errichtung vier sogenannter Deeskalationszonen (DEZ) in Syrien (KAS 6.2020), wobei Idlib Teil einer DEZ wurde, die sich von den nordöstlichen Bergen Lattakias bis zu den nordwestlichen Vororten von Aleppo erstreckt und sowohl durch Hama als auch durch Idlib verläuft (SOHR 2.12.2022). Gemeint waren damit kampffreie Räume, in denen Zivilisten vor Angriffen geschützt sein sollten (KAS 6.2020; vergleiche SD 18.8.2019). Gemäß der Übereinkunft von Astana rückte die türkische Armee im Oktober 2017 in die DEZ Idlib ein und errichtete Beobachtungsposten zur Überwachung der Waffenruhe. Ankara hatte sich in Astana verpflichtet, die Rebellen zu entwaffnen und den freien Verkehr auf den Fernstraßen M4 und M5 zu gewährleisten. Im Gegenzug hatten Moskau und Damaskus zugesichert, die Provinz nicht anzugreifen. Zusagen, die letztlich keine Seite einhielt. Die syrische Regierung führte im Zeitraum 2018-2020 Offensiven in Idlib durch, die zur Flucht von rund einer Million Menschen führten (KAS 6.2020).
Das syrische Regime hat den Wunsch geäußert, die Provinz zurückzuerobern, doch seit einer Offensive im März 2020, die mit einer für die syrische Regierung katastrophalen Niederlage gegen die Türkei endete, hat das Gebiet den Besitzer nicht mehr gewechselt (Alaraby 5.6.2023). Im März 2020 vermittelten Russland und die Türkei einen Waffenstillstand, um einen Vorstoß der Regierung zur Rückeroberung von Idlib zu stoppen (BBC 26.6.2023). Die vereinbarte Waffenruhe in der DEZ Idlib wurde weitestgehend eingehalten (AA 2.2.2024), sie führte zu einer längeren Pause in der Gewalt, aber sporadische Zusammenstöße, Luftangriffe und Beschuss gehen weiter (BBC 26.6.2023). Der Konflikt ist derzeit weitgehend eingefroren, auch wenn es immer wieder zu Kämpfen kommt (AJ 15.3.2023). Durch den türkisch-russischen Waffenstillstand kam es an der Frontlinie zwischen den Regime-Truppen und HTS zu einem kleinen Rückgang der Gewalt. 2022 änderte sich die Intensität und Art der Vorfälle allerdings. Einerseits erhöhte HTS die Anzahl ihrer direkten Angriffe auf die syrische Regierung und andererseits kam es zu einem Anstieg an direkten bewaffneten Zusammenstößen, wobei Beschuss noch immer die häufigste Kampfart blieb (ACLED 26.7.2023).
Insbesondere im Süden der DEZ kommt es unverändert regelmäßig zu Kampfhandlungen zwischen Einheiten des Regimes und seiner Verbündeten und regimefeindlichen bewaffneten Oppositionsgruppen (AA 2.2.2024; vgl. UNSC 20.4.2023), inklusive schwerer Artillerieangriffe durch das syrische Regime und Luftschläge der russischen Luftwaffe (AA 2.2.2024; vgl. USDOS 20.3.2023). In der Region ist es beispielsweise im November (SOHR 2.12.2022) und Dezember 2022 (CC 1.5.2023) sowie Juni 2023 (Reuters 25.6.2023) zu einer spürbaren Eskalation der Militäroperationen durch russische und regimetreue Kräfte und den ihnen nahestehenden Milizen gekommen (CC 1.5.2023, SOHR 2.12.2022, Reuters 25.6.2023), einschließlich des täglichen Bombardements mit Dutzenden von Raketen und Artilleriegranaten und russischen Luftangriffen, die alle zu erheblichen menschlichen Verlusten und Sachschäden geführt haben (SOHR 2.12.2022). Die syrischen Weißhelme meldeten Ende 2022, dass sie im Laufe des Jahres auf mehr als 800 Angriffe des Assad-Regimes, russischer Streitkräfte und verbündeter Milizen im Nordwesten Syriens reagiert haben. Dabei wurden 165 Personen, darunter 55 Kinder und 14 Frauen, bei Luftangriffen sowie Artillerie- und Raketenangriffen auf mehr als 200 öffentliche Einrichtungen, darunter Wohnhäuser, landwirtschaftliche Felder, öffentliche Gebäude, Märkte, Schulen und ein Krankenhaus, getötet (USDOS 20.3.2023). Die HTS-Kämpfer greifen die Regierungskräfte dagegen vor allem mit Flugabwehrgeschossen an und sind hauptsächlich mit Maschinengewehren und Panzerfäusten ausgerüstet. Die Miliz hat jedoch auch improvisierte Sprengsätze gegen Assads Streitkräfte gelegt (Wilson 13.7.2022) und Selbstmordattentäter eingesetzt (Wilson 13.7.2022; vgl. CC 1.5.2023).Insbesondere im Süden der DEZ kommt es unverändert regelmäßig zu Kampfhandlungen zwischen Einheiten des Regimes und seiner Verbündeten und regimefeindlichen bewaffneten Oppositionsgruppen (AA 2.2.2024; vergleiche UNSC 20.4.2023), inklusive schwerer Artillerieangriffe durch das syrische Regime und Luftschläge der russischen Luftwaffe (AA 2.2.2024; vergleiche USDOS 20.3.2023). In der Region ist es beispielsweise im November (SOHR 2.12.2022) und Dezember 2022 (CC 1.5.2023) sowie Juni 2023 (Reuters 25.6.2023) zu einer spürbaren Eskalation der Militäroperationen durch russische und regimetreue Kräfte und den ihnen nahestehenden Milizen gekommen (CC 1.5.2023, SOHR 2.12.2022, Reuters 25.6.2023), einschließlich des täglichen Bombardements mit Dutzenden von Raketen und Artilleriegranaten und russischen Luftangriffen, die alle zu erheblichen menschlichen Verlusten und Sachschäden geführt haben (SOHR 2.12.2022). Die syrischen Weißhelme meldeten Ende 2022, dass sie im Laufe des Jahres auf mehr als 800 Angriffe des Assad-Regimes, russischer Streitkräfte und verbündeter Milizen im Nordwesten Syriens reagiert haben. Dabei wurden 165 Personen, darunter 55 Kinder und 14 Frauen, bei Luftangriffen sowie Artillerie- und Raketenangriffen auf mehr als 200 öffentliche Einrichtungen, darunter Wohnhäuser, landwirtschaftliche Felder, öffentliche Gebäude, Märkte, Schulen und ein Krankenhaus, getötet (USDOS 20.3.2023). Die HTS-Kämpfer greifen die Regierungskräfte dagegen vor allem mit Flugabwehrgeschossen an und sind hauptsächlich mit Maschinengewehren und Panzerfäusten ausgerüstet. Die Miliz hat jedoch auch improvisierte Sprengsätze gegen Assads Streitkräfte gelegt (Wilson 13.7.2022) und Selbstmordattentäter eingesetzt (Wilson 13.7.2022; vergleiche CC 1.5.2023).
Zwar rechtfertigt insbesondere das syrische Regime sein militärisches Vorgehen als Einsatz gegen terroristische Akteure. Ziele der Angriffe des Regimes und seiner Verbündeten bleiben jedoch neben Stellungen der bewaffneten Opposition (AA 2.2.2024) nicht zuletzt die zivile Infrastruktur in den Zielgebieten, darunter auch für die humanitäre Versorgung kritische Einrichtungen (AA 2.2.2024; vgl. HRW 12.1.2023). Diese wurden teilweise mit Präzisionsraketen und zielgenauen Waffensystemen von Kampfflugzeugen unter Beschuss genommen. In ihrem Bericht vom September 2022 dokumentiert die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) eingerichtete internationale unabhängige Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Syrien (CoI = Commission of Inquiry) acht Angriffe, u.a. auf eine Wasserstation, mit insgesamt 39 getöteten oder verletzten Zivilpersonen (AA 2.2.2024). Im November 2022 dokumentierte die CoI den Einsatz von Streumunition durch die Regierungskräfte in einem dicht besiedelten Flüchtlingslager in Idlib, wodurch mindestens sieben Zivilisten getötet wurden (UNHRC 7.2.2023; vgl. AA 2.2.2024). Die CoI sieht zudem begründeten Anlass zu der Annahme, dass HTS-Mitglieder Menschen weiterhin willkürlich ihrer Freiheit beraubten und einige von ihnen in Isolationshaft und andere in einer Weise festhielten, die einem erzwungenen Verschwinden gleichkam. Darüber hinaus haben HTS-Mitglieder möglicherweise die Kriegsverbrechen der Folter und grausamen Behandlung sowie der Verhängung von Strafen ohne vorheriges Urteil eines regulär konstituierten Gerichts begangen (UNHRC 7.2.2023).Zwar rechtfertigt insbesondere das syrische Regime sein militärisches Vorgehen als Einsatz gegen terroristische Akteure. Ziele der Angriffe des Regimes und seiner Verbündeten bleiben jedoch neben Stellungen der bewaffneten Opposition (AA 2.2.2024) nicht zuletzt die zivile Infrastruktur in den Zielgebieten, darunter auch für die humanitäre Versorgung kritische Einrichtungen (AA 2.2.2024; vergleiche HRW 12.1.2023). Diese wurden teilweise mit Präzisionsraketen und zielgenauen Waffensystemen von Kampfflugzeugen unter Beschuss genommen. In ihrem Bericht vom September 2022 dokumentiert die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) eingerichtete internationale unabhängige Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Syrien (CoI = Commission of Inquiry) acht Angriffe, u.a. auf eine Wasserstation, mit insgesamt 39 getöteten oder verletzten Zivilpersonen (AA 2.2.2024). Im November 2022 dokumentierte die CoI den Einsatz von Streumunition durch die Regierungskräfte in einem dicht besiedelten Flüchtlingslager in Idlib, wodurch mindestens sieben Zivilisten getötet wurden (UNHRC 7.2.2023; vergleiche AA 2.2.2024). Die CoI sieht zudem begründeten Anlass zu der Annahme, dass HTS-Mitglieder Menschen weiterhin willkürlich ihrer Freiheit beraubten und einige von ihnen in Isolationshaft und andere in einer Weise festhielten, die einem erzwungenen Verschwinden gleichkam. Darüber hinaus haben HTS-Mitglieder möglicherweise die Kriegsverbrechen der Folter und grausamen Behandlung sowie der Verhängung von Strafen ohne vorheriges Urteil eines regulär konstituierten Gerichts begangen (UNHRC 7.2.2023).
Im Oktober 2023 kam es zu einer erneuten Eskalation, die vom Vorsitzenden der CoI als größte Eskalation von Kampfhandlungen in Syrien in vier Jahren bezeichnet (UNHRC 24.10.2023).
Angefangen hat die Gewaltperiode am 5.10.2023 durch einen Drohnenangriff auf die Ausmusterungsveranstaltung der Militärakademie in Homs, bei dem 89 Personen getötet und 270 verletzt wurden. Die Hay’at Tahrir ash-Sham wird verdächtigt, hinter dem Anschlag zu stehen. Noch am selben Tag reagierten die syrische Regierung gemeinsam mit russischen Streitkräften vor Ort mit intensivem Beschuss der Provinzen Idlib und Aleppo. Weitere Drohnenangriffe folgten zwischen 7.10.2023 auf einen russisch geführten Militärflughafen in der Provinz Lattakia und 18.10. in der Stadt Aleppo. Die russischen Streitkräfte intensivierten ihre Luftangriffe und die Syrische Armee den Beschuss. Die HTS und ihre Verbündeten reagierten wiederum mit Artilleriebeschuss, Scharfschützen, Lenkflugkörpern und mutmaßlich auch weiteren Drohnenangriffen. Die Situation in Nordwestsyrien beruhigte sich im November wieder und die Kampfhandlungen gingen auf das Niveau vor der Eskalation im Oktober 2023 zurück, waren aber auch im Dezember 2023 noch unverändert evident (ICG 10.2023).
Im Februar 2023 wurde die Region von verheerenden Erdbeben heimgesucht, bei denen Tausende von Menschen ums Leben kamen [Anm.: s. Karte des betroffenen Gebiets samt Gebietskontrolle unten] (AJ 15.3.2023). Daraufhin wurde in Nordsyrien ein signifikanter, wenn auch zeitlich begrenzter, Rückgang der Kampfhandlungen verzeichnet (CC 12.6.2023; vgl. UNSC 20.4.2023). Der gegenseitige Beschuss und begrenzte Zusammenstöße zwischen nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, der syrischen Regierung und regierungsnahen Kräften über die Front hinweg im Nordwesten der Arabischen Republik Syrien hielten jedoch an, wobei es in einigen Fällen zu Opfern unter der Zivilbevölkerung kam (UNSC 20.4.2023). Auch im Juni 2023 wurde ein Wiederaufflammen der Kampfhandlungen zwischen Regierungskräften und Rebellengruppen in den Provinzen Aleppo und Idlib vermeldet (NPA 2.7.2023; vgl. AN 28.6.2023).Im Februar 2023 wurde die Region von verheerenden Erdbeben heimgesucht, bei denen Tausende von Menschen ums Leben kamen [Anm.: s. Karte des betroffenen Gebiets samt Gebietskontrolle unten] (AJ 15.3.2023). Daraufhin wurde in Nordsyrien ein signifikanter, wenn auch zeitlich begrenzter, Rückgang der Kampfhandlungen verzeichnet (CC 12.6.2023; vergleiche UNSC 20.4.2023). Der gegenseitige Beschuss und begrenzte Zusammenstöße zwischen nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, der syrischen Regierung und regierungsnahen Kräften über die Front hinweg im Nordwesten der Arabischen Republik Syrien hielten jedoch an, wobei es in einigen Fällen zu Opfern unter der Zivilbevölkerung kam (UNSC 20.4.2023). Auch im Juni 2023 wurde ein Wiederaufflammen der Kampfhandlungen zwischen Regierungskräften und Rebellengruppen in den Provinzen Aleppo und Idlib vermeldet (NPA 2.7.2023; vergleiche AN 28.6.2023).
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9 Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen
Letzte Änderung 2023-07-14 13:52
9.1 Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst
Letzte Änderung 2024-03-11 06:50
Rechtliche Bestimmungen
Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Art. 4 lit b gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022).Für männliche syrische Staatsbürger ist im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes verpflichtend (ÖB Damaskus 12.2022). Laut Gesetzesdekret Nr. 30 von 2007 Artikel 4, Litera b, gilt dies vom 1. Januar des Jahres, in dem das Alter von 18 Jahren erreicht wird, bis zum Überschreiten des Alters von 42 Jahren (PAR 12.5.2007). Die Dauer des Wehrdienstes beträgt 18 Monate bzw. 21 Monate für jene, die die fünfte Klasse der Grundschule nicht abgeschlossen haben (PAR 1.6.2011). Polizeidienst wird im Rahmen des Militärdienstes organisiert. Eingezogene Männer werden entweder dem Militär oder der Polizei zugeteilt (AA 2.2.2024). In der Vergangenheit wurde es auch akzeptiert, sich, statt den Militärdienst in der syrischen Armee zu leisten, einer der bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppierung anzuschließen. Diese werden inzwischen teilweise in die Armee eingegliedert, jedoch ohne weitere organisatorische Integrationsmaßnahmen zu setzen oder die Kämpfer auszubilden (ÖB Damaskus 12.2022).
Wehrpflichtige und Reservisten können im Zuge ihres Wehrdienstes bei der Syrischen Arabische