Entscheidungsdatum
06.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W275 2287934-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein SUARA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2024, Zahl 1334206409/223668245, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , StA. Somalia, vertreten durch den Verein SUARA, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2024, Zahl 1334206409/223668245, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 17.11.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Am 18.11.2022 wurde der Beschwerdeführer vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab dabei im Wesentlichen an, dass sein Onkel Al Shabaab-Mitglied sei und gewollte habe, dass sich auch der Beschwerdeführer Al Shabaab anschließe. Der Onkel habe ihn mit dem Tod bedroht, wenn er sich nicht anschließen würde.
Am 23.05.2023 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. In dieser führte er zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen aus, dass sein Onkel väterlicherseits ihn eines Tages zuhause erwartet und gewollt habe, dass er (der Beschwerdeführer) sich Al Shabaab anschließe; der Onkel habe auch mit dem Vater des Beschwerdeführers darüber gesprochen. Am Abend habe er (der Beschwerdeführer) die Moschee besucht und sei nach dem Verlassen der Moschee von zwei Männern entführt und in ein Al Shabaab-Lager gebracht worden. Nach drei Tagen habe er einer Zusammenarbeit zugestimmt, danach sei ihm jedoch die Flucht gelungen, weshalb sein Onkel ihm gesagt habe, dass er zum Tode verurteilt werde. Er sei in weiterer Folge nach Mogadischu gereist und habe zwei Wochen später das Land verlassen.
Mit oben genanntem Bescheid vom 30.01.2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).Mit oben genanntem Bescheid vom 30.01.2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) sowie gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 46, FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Am 31.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer insbesondere zu seinen persönlichen Lebensumständen sowie zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehöriger von Somalia, ledig und hat keine Kinder. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer gehört dem Clan der Hawiye, Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Clan XXXX , Sub-Sub-Sub-Clan XXXX , an und bekennt sich zur Religionsgemeinschaft des Islam. Seine Erstsprache ist Somali, er beherrscht diese in Wort und Schrift.Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 . Er ist Staatsangehöriger von Somalia, ledig und hat keine Kinder. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer gehört dem Clan der Hawiye, Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Clan römisch 40 , Sub-Sub-Sub-Clan römisch 40 , an und bekennt sich zur Religionsgemeinschaft des Islam. Seine Erstsprache ist Somali, er beherrscht diese in Wort und Schrift.
Der Beschwerdeführer ist in XXXX , Region Lower Shabelle (Somalia), geboren und aufgewachsen. In Somalia hat er zehn Jahre die Schule besucht. Bis zu seiner Ausreise im September 2022 lebte der Beschwerdeführer mit seinen Eltern, seinen fünf Brüdern und seiner Schwester in einem Miethaus in Somalia. Die Familie lebt nach wie vor in dieser Unterkunft in XXXX ; der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitet mit einem in seinem Eigentum stehenden Bus als Busfahrer zwischen XXXX und Mogadischu und kommt damit für den Lebensunterhalt der Familie auf; der Beschwerdeführer half seinem Vater bei dessen Arbeitstätigkeit. Der Beschwerdeführer konnte bei seiner Ausreise auf finanzielle Unterstützung durch seinen in Kenia aufhältigen Onkel zurückgreifen. Er blieb zwei Wochen vor seiner Ausreise bei Bekannten in Mogadischu.Der Beschwerdeführer ist in römisch 40 , Region Lower Shabelle (Somalia), geboren und aufgewachsen. In Somalia hat er zehn Jahre die Schule besucht. Bis zu seiner Ausreise im September 2022 lebte der Beschwerdeführer mit seinen Eltern, seinen fünf Brüdern und seiner Schwester in einem Miethaus in Somalia. Die Familie lebt nach wie vor in dieser Unterkunft in römisch 40 ; der Beschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Familienangehörigen. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitet mit einem in seinem Eigentum stehenden Bus als Busfahrer zwischen römisch 40 und Mogadischu und kommt damit für den Lebensunterhalt der Familie auf; der Beschwerdeführer half seinem Vater bei dessen Arbeitstätigkeit. Der Beschwerdeführer konnte bei seiner Ausreise auf finanzielle Unterstützung durch seinen in Kenia aufhältigen Onkel zurückgreifen. Er blieb zwei Wochen vor seiner Ausreise bei Bekannten in Mogadischu.
Der Beschwerdeführer stellte am 17.11.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
In Österreich besucht der Beschwerdeführer Deutschkurse und absolvierte die Pflichtschulabschluss-Prüfung. Er engagierte sich ebenfalls ehrenamtlich bei der Aktion „Essen auf Rädern“ und nimmt an einem „Diversity Cafe“ teil. In seiner Freizeit geht er in ein Fitnessstudio.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer war bzw. ist in Somalia keiner individuellen Bedrohung bzw. Verfolgung durch Al Shabaab ausgesetzt. Dem Beschwerdeführer droht daher bei einer Rückkehr nach Somalia aus diesen Gründen nicht konkret und individuell die Gefahr physischer und/oder psychischer Gewalt.
Das Vorliegen anderer Verfolgungsgründe aufgrund von Religion, Nationalität, politischer Einstellung, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder ethnischer Zugehörigkeit wurde nicht konkret vorgebracht; Hinweise für eine solche Verfolgung sind auch amtswegig nicht hervorgekommen.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:
Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Somalia – konkret in seine Heimatstadt XXXX – unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände sowie der in XXXX herrschenden ausreichend stabilen Sicherheits- und Versorgungslage nicht in eine existenzgefährdende Notlage geraten und es wäre ihm auch nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen. Die Eltern sowie die sechs Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Miethaus der Familie in XXXX , wo auch der Beschwerdeführer (weiterhin) unterkommen, sein Familienleben in Somalia fortsetzen und ein Erwerbsleben aufnehmen kann. Der Beschwerdeführer ist bereits in der Vergangenheit von XXXX nach Mogadischu gereist. Er ist in der Lage, die ihm vertraute Route bei einer Rückkehr erneut zu bestreiten. Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Somalia – konkret in seine Heimatstadt römisch 40 – unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände sowie der in römisch 40 herrschenden ausreichend stabilen Sicherheits- und Versorgungslage nicht in eine existenzgefährdende Notlage geraten und es wäre ihm auch nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen. Die Eltern sowie die sechs Geschwister des Beschwerdeführers leben nach wie vor im Miethaus der Familie in römisch 40 , wo auch der Beschwerdeführer (weiterhin) unterkommen, sein Familienleben in Somalia fortsetzen und ein Erwerbsleben aufnehmen kann. Der Beschwerdeführer ist bereits in der Vergangenheit von römisch 40 nach Mogadischu gereist. Er ist in der Lage, die ihm vertraute Route bei einer Rückkehr erneut zu bestreiten.
1.4. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
Auszug aus der Länderinformation der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu Somalia (Version 5, Stand 08.01.2024):
Politische Lage
Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird (AA 15.5.2023). Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (BS 2022a).
Süd-/Zentralsomalia, Puntland
Staatlichkeit: Somalia wird als der am meiste gescheiterte Staat der Welt beschrieben, das Land verfügt über keine einheitliche Regierung. Seit dem Zusammenbruch des autoritären Regimes von Mohamed Siad Barre im Jahr 1991 kämpft Somalia darum, eine Regierung zu bilden (Rollins/HIR 27.3.2023). Nach anderen Angaben ist Somalia zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind demnach sehr schwach, wesentliche Staatsfunktionen können von ihnen nicht ausgeübt werden. Es gibt jedenfalls keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 15.5.2023). Denn obwohl das Land nominell von Präsident Hassan Sheikh Mohamud regiert wird, steht ein Großteil des Landes nicht unter staatlicher Kontrolle. Al Shabaab kontrolliert fast 70 % von Süd-/Zentralsomalia (Rollins/HIR 27.3.2023).
Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, ihren Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag (nach westlicher Konzeption des Nationalstaates) in und um Mogadischu auch nur teilweise nachzukommen, geschweige denn ein landesweites Gewaltmonopol zu errichten. Sie bietet ihren Bürgern derzeit nur wenige wesentliche Dienstleistungen an. Die ständige Instabilität bleibt ein prägendes Merkmal des Lebens. Viele Menschen verlassen sich hinsichtlich grundlegender Dienstleistungen und Schutz weiterhin auf bestehende traditionelle, informelle Institutionen (Sahan/SWT 5.6.2023). Denn der Staat leidet an gescheiterten Institutionen, vom Gesundheitswesen bis zu den Sicherheitskräften. Persönlichkeitsorientierter Politik wird Vorrang gewährt. Informelle politische und Clanbeziehungen dominieren einen fragilen Staat. Und die immer noch offene institutionelle Lücke wird durch eine Reihe anderer Akteure – darunter al Shabaab – aufgefüllt (Sahan/Awad 28.8.2023).
Die Bundesregierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 2023a), da sie nur wenige Gebiete kontrolliert (BS 2022a). Gleichzeitig gilt Somalia als eines der korruptesten Länder der Welt und die Regierung ist zum Überleben stark auf internationale Hilfe angewiesen (Rollins/HIR 27.3.2023). Die Unfähigkeit, gegen die endemische Korruption vorzugehen, behindert den Staatsbildungsprozess und den Aufbau von Institutionen; der politische Machtkampf hat das Vertrauen der Bevölkerung in bestehende staatliche Institutionen weiter geschwächt, die politischen Konflikte haben die Kluft zwischen den Fraktionen vergrößert (BS 2022a).
Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten (USDOS 12.4.2022). Seit 2016 und 2017 die fünf Bundesstaaten gegründet wurden, stockt der Verfassungsprozess. Grundlegende Fragen des Staatsaufbaus sind nicht geklärt. Dies lähmt staatliches Handeln und fördert politische Spannungen zwischen Mogadischu und den föderalen Gliedstaaten, weil eben die Verfassungsgebung und Kompetenzverteilung noch immer nicht abgeschlossen sind (AA 15.5.2023).
Regierung: Unter der bestehenden Übergangsverfassung aus dem Jahr 2012 wird der Präsident für eine Amtszeit von vier Jahren von einer Zweidrittelmehrheit des Parlaments gewählt. Der Präsident teilt sich seine exekutive Macht mit dem Premierminister, der wiederum nur mit Unterstützung des Parlaments arbeiten kann (FH 2023a).
2017 wurde Farmaajo als Präs