Entscheidungsdatum
10.09.2024Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W123 2283189-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2023, Zl. 1324578308/222899198, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Somalia, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2023, Zl. 1324578308/222899198, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 15.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am 16.09.2022 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund Folgendes an:
„Ich habe Somalia aus Angst vor Al-Shabaab verlassen. Mein Onkel mütterlicherseits hat ein Fotostudio und ich habe ihm bei der Arbeit geholfen. Ich habe die Fotos bearbeitet und zugeschnitten. Eines Tages haben wir eine SMS-Nachricht mit dem Inhalt bekommen, dass wir mit den $30,- Guthaben ein Leichentuch kaufen sollen. Mein Onkel ist nach Südafrika geflüchtet und ist dort nach 2 Monaten von Räubern getötet worden. Ich bin zur gleichen Zeit nach Europa geflüchtet. Al-Shabaab ist eine Terrorgruppe, die gegen das Fotografieren von Menschen ist.“
Bei seiner Rückkehr in seine Heimat habe er Angst, von der Terrorgruppe getötet zu werden.
3. Eine am 08.03.2023 durchgeführte, standardisierte ‚multifaktorielle‘ Befunderhebung erbrachte für den Beschwerdeführer ein absolutes Mindestalter von 18,52 Jahren bzw. als assoziiertes, spätmöglichstes ‚fiktives‘ Geburtsdatum den XXXX . Das vom Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung angegebene Lebensalter ist mit dem festgestellten, absoluten Mindestalter nicht vereinbar. Die Differenz beträgt -0,84 Jahre (vgl. AS 125). Mit Verfahrensanordnung vom 24.03.2023 wurde der XXXX als spätmöglichstes Geburtsdatum festgestellt.3. Eine am 08.03.2023 durchgeführte, standardisierte ‚multifaktorielle‘ Befunderhebung erbrachte für den Beschwerdeführer ein absolutes Mindestalter von 18,52 Jahren bzw. als assoziiertes, spätmöglichstes ‚fiktives‘ Geburtsdatum den römisch 40 . Das vom Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung angegebene Lebensalter ist mit dem festgestellten, absoluten Mindestalter nicht vereinbar. Die Differenz beträgt -0,84 Jahre vergleiche AS 125). Mit Verfahrensanordnung vom 24.03.2023 wurde der römisch 40 als spätmöglichstes Geburtsdatum festgestellt.
4. Mit E-Mail vom 20.06.2023 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) ein Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 16.06.2023, zur Zahl XXXX , übermittelt, aus dem ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Vergehens der Inanspruchnahme von sozialen Leistungen nach § 119 zweiter Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt wurde, wobei die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.4. Mit E-Mail vom 20.06.2023 wurde dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: belangte Behörde) ein Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung vom 16.06.2023, zur Zahl römisch 40 , übermittelt, aus dem ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Vergehens der Inanspruchnahme von sozialen Leistungen nach Paragraph 119, zweiter Fall FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt wurde, wobei die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
5. Am 13.11.2023 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der: belangten Behörde statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:
„[…]
„[…]
Zu Ihrem Fluchtgrund:
F.: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.
[…]
A.: Ich habe bei meinem Onkel XXXX im Fotostudio mitgearbeitet. Wir hatten zivile Kundschaft. Meistens kamen auch Personen die zum Militär mussten.A.: Ich habe bei meinem Onkel römisch 40 im Fotostudio mitgearbeitet. Wir hatten zivile Kundschaft. Meistens kamen auch Personen die zum Militär mussten.
Anmerkung: Frau XXXX verlässt die EV.Anmerkung: Frau römisch 40 verlässt die EV.
Mein Onkel und ich, wir bekamen dann im Juni 2020 beide SMS auf unser Mobiltelefon. Die al-Shabaab hat uns drin vorgeworfen, dass wir Fotos von Soldaten anfertigen würden. Das wäre strafbar. Es wäre bewiesen. Dann haben Sie uns Geld überwiesen, US$30 haben wir je bekommen. Das war für ein Kafan (Leichentuch).
Als wir die Droh SMS erhalten haben, haben wir Angst bekommen und haben das Fotostudio geschlossen. Dann bekamen wir ebenfalls im Juni 2020 einen Anruf, wonach wir zu einem Ort namens XXXX kommen sollten. Wir sind dann gemeinsam dorthin gegangen. Uns wurde dort gesagt, dass unser Verhalten nicht richtig gewesen wäre. Man hat uns gesagt, wenn wir das nicht mit Absicht getan hätten, dürften wir in an einem festgelegten Ort ein Fotostudio eröffnen. Weiters wurde uns gesagt, dass wir für den Islam arbeiten sollten. Wenn wir dazu bereit wären, würden wir auch begnadigt werden. Wenn nicht, würden wir zum Tode verurteilt werden. Aus Angst haben wir das akzeptiert. Dann wurden wir befragt, ob wir einen Bürgen für uns hätten. Ich war noch klein, aber mein Onkel hat ein paar Anrufe getätigt. Dann durften wir den Ort verlassen.Als wir die Droh SMS erhalten haben, haben wir Angst bekommen und haben das Fotostudio geschlossen. Dann bekamen wir ebenfalls im Juni 2020 einen Anruf, wonach wir zu einem Ort namens römisch 40 kommen sollten. Wir sind dann gemeinsam dorthin gegangen. Uns wurde dort gesagt, dass unser Verhalten nicht richtig gewesen wäre. Man hat uns gesagt, wenn wir das nicht mit Absicht getan hätten, dürften wir in an einem festgelegten Ort ein Fotostudio eröffnen. Weiters wurde uns gesagt, dass wir für den Islam arbeiten sollten. Wenn wir dazu bereit wären, würden wir auch begnadigt werden. Wenn nicht, würden wir zum Tode verurteilt werden. Aus Angst haben wir das akzeptiert. Dann wurden wir befragt, ob wir einen Bürgen für uns hätten. Ich war noch klein, aber mein Onkel hat ein paar Anrufe getätigt. Dann durften wir den Ort verlassen.
Wir sind dann wieder nach Mogadischu gefahren. Eine Woche später bekam ich wieder einen Drohanruf. Mein Onkel bekam auch einen. Sie haben uns gesagt, dass es so weit sei. Die Stelle für das neue Geschäft sei gefunden. Falls wir kein Geld hätten, würde der Islam, die al-Shabaab, für uns sorgen. Mein Onkel hat das dann akzeptiert. Jedoch ist er dann 2 Tage später nach Südafrika geflüchtet. Ich wurde dann wieder angerufen, jedoch habe ich mein Handy ausgeschaltet. Ich blieb aber im Land. Die Tante hat mich dann bei einer Freundin im Bezirk XXXX in Mogadischu untergebracht.Wir sind dann wieder nach Mogadischu gefahren. Eine Woche später bekam ich wieder einen Drohanruf. Mein Onkel bekam auch einen. Sie haben uns gesagt, dass es so weit sei. Die Stelle für das neue Geschäft sei gefunden. Falls wir kein Geld hätten, würde der Islam, die al-Shabaab, für uns sorgen. Mein Onkel hat das dann akzeptiert. Jedoch ist er dann 2 Tage später nach Südafrika geflüchtet. Ich wurde dann wieder angerufen, jedoch habe ich mein Handy ausgeschaltet. Ich blieb aber im Land. Die Tante hat mich dann bei einer Freundin im Bezirk römisch 40 in Mogadischu untergebracht.
Mein anderer Onkel in Kenia hat man dann auch angerufen. Er hat gesagt, er hat jetzt kein Geld, aber er veranlasst den Verkauf eines Grundstücks, damit meine Ausreise dann möglich wäre. Nach 2 Wochen wurde das Grundstück dann zu einem schlechten Preis verkauft. Mein Onkel hat mich dann zu einem Schlepper vermittelt. Dieser besorgte mir einen Reisepass inkl. Visum.
F.: Gem. Ihren Angaben wurde das Grundstück ca. Ende Juli 2020 verkauft. Ihre Ausreise erfolgte jedoch erst am 20.10.2020. Wieso dauerte das so lange.
A.: Man hat mich zur Freundin meiner Tante gebracht. Aber der Schlepper hat dann ca. 2 Monate für die Vorbereitung gebraucht.
F.: Wo genau war der Ort XXXX ?F.: Wo genau war der Ort römisch 40 ?
A.: Wir sind mit einem Tuk tuk ca. 3 Stunden gebraucht.
F.: Seit wann haben Sie für Ihren Onkel XXXX gearbeitet?F.: Seit wann haben Sie für Ihren Onkel römisch 40 gearbeitet?
A.: Seit 2018
F.: Seit wann hatte Ihr Onkel XXXX dieses Geschäft?F.: Seit wann hatte Ihr Onkel römisch 40 dieses Geschäft?
A.: Das Geschäft hatte er schon immer.
F.: Wieso ist die al-Shabaab gegen Fotografieren?
A.: Sie sind nicht genau gegen das Fotografieren. Aber wenn das mit der Regierung zu tun hat, sind sie dagegen. Die Rekruten vom Militär haben sich ja bei uns abbilden lassen.
F.: Was wäre passiert, wenn Sie alleine das neue Fotostudio eröffnet hätten?
A.: Ich konnte nicht in ihren Gebieten leben, weil ich dann nicht frei wäre.
F.: Wie geht es jetzt Ihrer Familie in der Heimat? Ist sie von Sanktionen durch die al- Shabaab wegen Ihrer Flucht betroffen?
A.: Meine Tante wurde auch bedroht, aber da war nichts Weiteres.
F.: Für Ihre Ausreise haben Sie US$1500.- bezahlt. Dieser Betrag hätte für eine Kompensationszahlung an die al-Shabaab gereicht. Was sagen Sie dazu?
A.: Es wurde kein Geld gefordert, die nehmen kein Schmiergeld.
F.: Haben Sie die Drohung gegen Ihre Person bei den Behörden (Polizei) in Ihrer Heimat angezeigt?
A.: Bei der Polizei kann man keine Anzeige erstatten. Man kann der Polizei nicht vertrauen.
F.: Haben Sie sonst eine etwaige Hilfe in Ihrer Heimat in Anspruch genommen (Clan-, Dorfälteste, NGO usw.)?
A.: Mit meinem Onkel haben wir versucht, bei den Clanältesten Hilfe zu bekommen. Wir wollten eine Lösung finden. Aber die Ältesten haben uns gesagt, dass man uns nicht helfen kann.
F.: In Ihrer Heimat gibt es viele Bereiche, in denen die al-Shabaab keine Kontrolle hat (Teile Mogadischu, Kismaayo, Merka, Puntland, Somaliland, usw.) Haben Sie nie in Erwägung gezogen, einfach in einen dieser Bereiche Ihrer Heimat zu ziehen?
A.: Das habe ich nicht versucht. Meine Familie Ist dort nicht ansässig. Ich sehe Mogadischu als meine Heimat.
F.: Welchem Clan gehören Sie an
A.: Hawiye
F.: Welchem Subclan gehören Sie an?
A.: Murusaade
F.: Welchem Sub Subclan gehören Sie an?
A.: Sabti
F.: Welchem Sub Sub Subclan gehören Sie an?
A.: Abakar
F.: Ist Ihr Clan in der Heimat weit verbreitet?
A.: Mittelmäßig
F.: Ist Ihr Clan in Ihrer Heimatstadt weit verbreitet?
A.: Wir sind hauptsächlich in Daynile/Mogadischu
F.: Der Clan der Hawiye gehört zu einem der 5 größten Clans in Somali. Wieso glauben Sie, dass Ihnen dies keinen Schutz hätte bieten können?
A.: Ich gehöre einem kleineren Subclan an. Wir haben die Clanältesten um Hilfe gebeten, aber man hat uns nicht helfen können.
F.: Möchten Sie eine Pause?
A.: Nein
F.: Gibt es, abgesehen von Ihrem soeben geschilderten Fluchtgrund noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben??
A.: Nein
F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert?
A.: Ja
F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?
A.: Ich möchte nicht in meine Heimat zurück, ich fürchte um mein Leben.
[…]
V: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot zu erlassen.V: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen.
F: Wollen Sie dazu etwas angeben?
A.: Ich werde alles akzeptieren, wie ich es bekommen werde.