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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art148aLeitsatz
Keine Zuständigkeit der Volksanwaltschaft zur Überprüfung der vom Bund an Private übertragenen Ausübung des Tabakmonopols sowie des Glücksspielmonopols; Prüfung der Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten nur hinsichtlich der vom Bund als selbständigen Rechtsträger mit Mitteln des Privatrechtes erfüllten AufgabenSpruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Volksanwaltschaft stellte zum AZ KV 1/91 mit Berufung auf Art148 f B-VG und §36 g iVm §36 a VerfGG 1953 den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge eine zwischen ihr und der Bundesregierung entstandene Meinungsverschiedenheit entscheiden und befinden, daß die Überprüfung der Ausübung des dem Bund zustehenden Tabakmonopols sowie des Glücksspielmonopols auch insoweit, als sie Privaten übertragen wurde, in die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft fällt.
1.2. Diesem Antrag lag folgender Sachverhalt zugrunde:
1.2.1. Die Volksanwaltschaft nahm in den Jahren 1990 und 1991 die Zuständigkeit zur Kontrolle der Geschäftsführung der Austria Tabakwerke AG (im Fall der Ablehnung der "Verleihung" einer Tabaktrafik) und der Österreichischen Lotto Toto GesmbH (im Fall der einem Trafikanten verweigerten Führung einer Lotto-Toto-Annahmestelle) in Anspruch. Der Bundesminister für Finanzen vertrat dazu der Sache nach die Auffassung, daß ihr eine solche Prüfungsbefugnis aus rechtlichen Gründen nicht zukomme.
1.2.2.1. Mit Schreiben vom 10. Juli 1990 gab die Volksanwaltschaft dem Bundesminister für Finanzen ua. bekannt:
"Der Intention des Verfassungsgesetzgebers entsprechend ist die Volksanwaltschaft zur umfassenden Prüfung behaupteter und vermuteter Mißstände in der Verwaltung berufen. Dabei ist die gesamte Verwaltungstätigkeit des Bundes erfaßt, gleichgültig, ob sie sich als unmittelbare oder als mittelbare, als hoheitliche oder als nicht-hoheitliche Besorgung von Aufgaben darstellt.
Der von Ihnen bezogene Standpunkt würde im Ergebnis letztlich dazu führen, daß eine Prüfungstätigkeit der Volksanwaltschaft im Bereich der Monopolverwaltung des Bundes nicht möglich wäre.
. . . (Die Volksanwaltschaft) erwäg(t) daher, einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art148 f Bundes-Verfassungsgesetz zu stellen, und ersuch(t) Sie zu diesem Zweck um Präzisierung Ihres Rechtsstandpunktes hinsichtlich der Ihrer Auffassung nach nicht mehr Ihrem Vollzugsbereich zuzuordnenden - und damit nicht mehr durch die Volksanwaltschaft überprüfbaren - Monopolverwaltungsangelegenheiten, die an Kapitalgesellschaften des privaten Rechtes übertragen wurden."
1.2.2.2. Daraufhin antwortete der Bundesminister für Finanzen mit Zuschrift vom 12. Oktober 1990 wie folgt:
"Die im Art148 a B-VG bzw. im §1 des Bundesgesetzes über die Volksanwaltschaft vorgesehenen Beschwerden an die Volksanwaltschaft wegen vermuteter Mißstände sowie die der Volksanwaltschaft eingeräumte Berechtigung, von ihr vermutete Mißstände von Amts wegen zu prüfen, beziehen sich nur auf Mißstände in der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten.
Bei der Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft, an welcher der Bund beteiligt ist, handelt es sich weder um eine Verwaltung des Bundes noch um eine Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten, es sei denn, es wird durch Gesetz etwas anderes bestimmt.
Gemäß §4 Abs1 des Tabakmonopolgesetzes 1968, BGBl. 38, obliegt die Verwaltung des Tabakmonopols, soweit in diesem oder einem anderen Gesetz nicht anderes bestimmt ist, der Austria Tabakwerke AG. Der Handel mit Monopolgegenständen fällt nach dieser Bestimmung ausdrücklich unter den Begriff 'Verwaltung'. Gemäß §4 Abs3 hat die Austria Tabakwerke AG für den Handel mit Tabakerzeugnissen, der nicht von ihr selbst oder ihren Konzernunternehmen besorgt wird, Tabakverschleißer vertraglich zu bestellen.
Bei der Ausübung der wirtschaftlichen Verwaltung des Tabakmonopols, die der Gesetzgeber einer Aktiengesellschaft allein und unmittelbar übertragen hat, wird nicht der Bund, sondern eine von ihm verschiedene juristische Person tätig. Der Bund hat der Gesellschaft gegenüber nur die nach dem Aktiengesetz bestehenden Rechte des Aktionärs.
Das Tabakmonopolgesetz 1968 enthält keine Bestimmungen, nach denen der Bundesminister für Finanzen berechtigt wäre, auf die Ausübung der wirtschaftlichen Verwaltung des Tabakmonopols durch die Austria Tabakwerke AG einzuwirken. Auch §43 räumt dem Bundesminister für Finanzen kein derartiges Recht ein, denn die Vollzugsklausel eines Bundesgesetzes legt lediglich die Zuständigkeit zur Erlassung von Durchführungsverordnungen fest.
Die Austria Tabakwerke AG wurde in der Vergangenheit mehrfach wegen vermeintlicher Rechtsverletzungen bei der Vollziehung des Tabakmonopolgesetzes gerichtlich belangt. Durch die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte ist demnach ein ausreichender Rechtsschutz auch in Trafikbesetzungsfällen gewährleistet.
Der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, daß das Tabakmonopolgesetz 1968 auch hoheitliche Aufgaben regelt (zB die Erteilung einer monopolbehördlichen Einfuhrbewilligung gemäß §2 Abs4 oder die Nachschau durch Finanzämter gemäß §10). Diese Agenden sind der Prüfungstätigkeit der Volksanwaltschaft nicht entzogen.
Im Bereich des Glücksspielwesens sind das Bundesministerium für Finanzen und die Österreichische Glücksspielmonopolverwaltung Monopolaufsichtsbehörden über physische und juristische Personen, denen das Recht zur Durchführung von Glücksspielen übertragen wurde. Die Aufsicht erstreckt sich auf die Einhaltung ordnungs- und fiskalpolitischer Zielsetzungen, die vor allem den Spielerschutz und die Erzielung des bestmöglichen Abgabenertrages betreffen, sowie auf die Kontrolle der zu entrichtenden Abgaben und Gebühren. Bei Glücksspielen, die altruistischen Zwecken dienen, kommt der Kontrolle des Spielerschutzes und der widmungsgemäßen Verwendung des Reinertrages der Ausspielung vorrangige Bedeutung zu.
Nach meiner Rechtsansicht ist daher eine Überprüfungszuständigkeit der Volksanwaltschaft im Bereich des Glücksspielwesens nur für den Bereich der aufsichtsbehördlichen Agenden der Finanzverwaltung nach den Bestimmungen des im Jahr 1989 neugefaßten Glücksspielgesetzes gegeben.
Auf Agenden der Geschäftsführung betreffend Glücksspiele, die an Kapitalgesellschaften des privaten Rechtes übertragen wurden, kommt weder der Volksanwaltschaft noch dem Bundesminister für Finanzen eine Ingerenz zu, weil diese Agenden in die alleinige, privatwirtschaftliche Kompetenz der Geschäftsführung dieser Gesellschaften fallen."
1.2.3.1. Am 8. November 1990 trat die Volksanwaltschaft an die Bundesregierung mit dem Ersuchen heran,
"den Standpunkt der Bundesregierung dazu mitzuteilen, ob die Volksanwaltschaft berufen ist, die Verwaltung des Tabakmonopols und die Glücksspielverwaltung uneingeschränkt zu prüfen sowie bejahendenfalls, in welcher Weise die Unterstützung bei Erfüllung dieser Aufgabe durch die Organe des Bundes (Art148 b Abs1 B-VG) zu erfolgen hat."
1.2.2.2. Hiezu gab die Bundesregierung die nachfolgende, am 19. März 1991 beschlossene und der Volksanwaltschaft am 22. März 1991 zugegangene Stellungnahme ab:
"Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Prüfungszuständigkeit der Volksanwaltschaft gemäß Art148 a B-VG zwar die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes unterliegt, daß aber die Überprüfung der Geschäftstätigkeit der Austria Tabakwerke AG als Ausübende des Tabakmonopols und der Ausübung der Konzessionen nach dem Glücksspielgesetz, BGBl. 620/1989, durch vom Bund verschiedene Rechtsträger nicht zum Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes gehören und deshalb auch nicht der Prüfungszuständigkeit der Volksanwaltschaft unterliegen. Die Ausübung des dem Bund zustehenden Tabakmonopols und auch des Glücksspielmonopols werden nach der bestehenden Rechtslage Privaten übertragen. Im Fall des Tabakmonopols obliegt dessen Ausübung den Austria Tabakwerken AG, dh. einer eigenständigen juristischen Person, an der der Bund zwar eine Kapitalbeteiligung hält, deren Geschäftsführung selbst aber nicht mehr Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes ist. Ähnlich verhält sich die Rechtslage im Fall des Glücksspielmonopols. Auch in diesem Fall wird das Recht zur Durchführung von Glücksspielen juristischen und physischen Personen als Konzessionären übertragen, wobei die Tätigkeit des Bundes auf eine Aufsicht über die Konzessionäre beschränkt ist.
Von einer Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes iSd Art148 a Abs1 B-VG kann dagegen nur dann die Rede sein, wenn der Bund selbst als Rechtsträger mit den Mitteln des Privatrechtes bestimmte Aufgaben erfüllt. Dies trifft für die geschilderten Fälle nicht zu.
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß die von der Volksanwaltschaft in Anspruch genommene Prüfungszuständigkeit nicht besteht."
2. Über den Antrag wurde erwogen:
2.1. Nach Art148 f B-VG hat der Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Volksanwaltschaft oder der Bundesregierung zu entscheiden, wenn zwischen der Volksanwaltschaft und der Bundesregierung oder einem Bundesminister Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen entstehen, welche die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft regeln, das ist hier des Art148 a Abs2 B-VG, der die Volksanwaltschaft berechtigt, "von ihr vermutete Mißstände in der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten von Amts wegen zu prüfen". Wie aus dem eingangs Gesagten hervorgeht, hängt die Volksanwaltschaft der Meinung an, daß der in dem zitierten Verfassungsartikel enthaltene Begriff "Verwaltung des Bundes" (auch) die Geschäftsführung jener Rechtsträger umfasse, denen die Ausübung eines staatlichen Monopols übertragen wurde.
Der Bundesminister für Finanzen vertritt die gegenteilige Rechtsmeinung; die Bundesregierung trat dieser Auffasung in ihrer endgültigen Stellungnahme bei.
Der von der Volksanwaltschaft fristgerecht gestellte Antrag nach Art148 f B-VG ist darum zulässig.
2.2.1. Die Volksanwaltschaft führte in ihrem Antrag zur Sache selbst wörtlich aus:
"Art148 a B-VG überträgt der Volksanwaltschaft in ganz allgemeiner und uneingeschränkter Form die Aufgabe und damit die Zuständigkeit zur Prüfung von 'Mißständen in der Verwaltung des Bundes'.
Da hiebei die Tätigkeit als Träger von Privatrechten ausdrücklich inkludiert wird, kann es dahingestellt bleiben, ob die Verwaltung der Monopole zur Privatwirtschaftsverwaltung zu zählen ist. . . Entscheidend ist lediglich, ob 'Verwaltung', also Vollziehung des Bundes nach der Überschrift 'A' im Dritten Hauptstück des B-VG außerhalb der Gerichtsbarkeit vorliegt.
Wie sich aus der Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes 1986, Teil 2 litE ergibt, fallen 'Angelegenheiten staatlicher Monopole' in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen, womit der Kompetenzbestimmung des Art10 Abs1 Z4 B-VG Rechnung getragen wird. Schon allein daraus ergibt sich die Zugehörigkeit der betreffenden Gesetzesvollziehung zur Verwaltung des Bundes.
Für die verfahrensgegenständlichen Zweige der Monopolverwaltung ergeben sich folgende weitere Überlegungen:
a) Tabakmonopol
§4 Abs1 Tabakmonopolgesetz 1968 überträgt 'die Verwaltung des Tabakmonopols' der Austria Tabakwerke Aktiengesellschaft.
Es hat sohin der Gesetzgeber selbst durch die Wahl des Wortes 'Verwaltung' die zur Erörterung stehende Frage beantwortet.
Die anzuwendenden Vorschriften beinhalten ua. Verbote (zB §§5 ff., §20), die Festlegung von allgemeinen Vertragsbedingungen (§16) und Bestellungsvorschriften (§§22 ff.).
b) Glücksspielmonopol
§3 Glücksspielgesetz behält das Recht zur Durchführung von Glücksspielen dem Bund vor.
Die Durchführung von Glücksspielen kann allerdings übertragen werden, und zwar von 'Ausspielungen' an Konzessionäre (§14, konkret der Österreichischen Lotto Toto GesmbH).
Nach §16 Abs10, 11 und 12 vergibt der Konzessionär das Recht auf den Vertrieb des Zahlenlottos durch Verträge, wobei auf bestimmte Umstände Bedacht zu nehmen ist.
Beiden Bereichen ist sohin gemeinsam, daß handelsrechtlich organisierte Gesellschaften im Ergebnis darüber zu befinden haben, ob eine Person das Recht erhält, einem bestimmten Erwerb - nämlich dem Vertrieb von Tabakwaren und Losen - nachzugehen.
Diese Entscheidungen unterliegen nach Auffassung der Volksanwaltschaft weder einer hinlänglichen rechtlichen noch politischen Kontrolle. Daran ändert auch die nach §19 Glücksspielgesetz bestehende Aufsicht nichts, zumal der Finanzminister selbst bekundet, in die genannten Entscheidungen nicht eingreifen zu können.
Die Tragweite dieses Umstandes wird insbesondere erkennbar, wenn man den Normenkomplex des Gewerberechtes zum Vergleich heranzieht. Das IV. Hauptstück der Gewerbeordnung 1973 normiert das Verfahren, in welchem ein Staatsbürger sein Recht, ein Gewerbe auszuüben, gegebenfalls durchzusetzen vermag. Durch diese und analoge Bestimmungen wird der Gesetzesvorbehalt des Art6 Abs1 StGG ausgeführt. Wie der Verfassungsgerichtshof schon längst festgestellt hat, verfügt jeder Betroffene beim Erfordernis einer Konzession - und als solche muß man die Verleihungsvorgänge der Monpolgesetze wohl de facto betrachten - im Fall der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen über einen Rechtsanspruch auf deren Verleihung (VfSlg. 5240/1966).
Der Betrieb der Monopole ist jedoch nach §2 Abs1 Z24 Gewerbeordnung von deren Geltung ausgenommen, ohne daß dem Bewerber um eine diesbezügliche Berechtigung ein adäquates Instrumentarium der Rechtsdurchsetzung zur Verfügung gestellt wird. . ."
2.2.2. Dem widersprach die zur Äußerung eingeladene Bundesregierung ua. mit folgenden Argumenten:
"Nach Art148 a Abs1 B-VG erstreckt sich die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft auf die Prüfung von Beschwerden wegen behaupteter Mißstände in der Verwaltung des Bundes, und zwar sowohl was die Hoheitsverwaltung anlangt, als auch was die Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten (Privatwirtschaftsverwaltung) anlangt. Von einer Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten (Privatwirtschaftsverwaltung) kann allerdings nur dann gesprochen werden, wenn der Bund selbst (als selbständiger Rechtsträger) mit Mitteln des Privatrechtes bestimmte Aufgaben erfüllt.
Der Bund übt jedoch weder das Tabakmonopol noch das Glücksspielmonopol selbst aus. Auf Grund des §4 Tabakmonopolgesetz 1968, BGBl. 38, obliegt die Verwaltung des Tabakmonopols der Austria Tabakwerke AG. Die Rechtslage hinsichtlich des Glücksspielmonopols des Bundes ist gleichartig gelagert.
Sowohl die von der Volksanwaltschaft angesprochene Austria Tabakwerke AG als auch die Österreichische Lotto Toto GesmbH sind - unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen - vom Bund verschiedene, selbständige Rechtsträger und deshalb nicht Teil der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes. Die Rechtslage ist ähnlich jener der verstaatlichten Banken, bei denen zwar der Bund eine Mehrheitsbeteiligung hält, die aber ansonsten als eigene Rechtsträger tätig werden und deren Geschäftsführung ebenfalls nicht in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes fällt.
Die Rechtsauffassung der Volksanwaltschaft, die aus dem Bundesministeriengesetz 1986, das die Angelegenheiten der staatlichen Monopole dem Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen zuordnet, schließen will, daß es sich um eine Angelegenheit der 'Verwaltung' handelt, übersieht diese Unterscheidung. Die Verwaltung der staatlichen Monopole ist von der Geschäftsführung jener Rechtsträger abzugrenzen, denen die Ausübung des Monopols (Tabak- bzw. Glücksspielmonopols) übertragen ist.
Hinsichtlich der Monopolverwaltung des Bundes, die sich nur auf die Übertragung der Ausübung des Monopols auf Konzessionäre und deren Aufsicht erstreckt, besteht auch eine Kontrolle durch die Volksanwaltschaft. Keine Kontrolle der Volksanwaltschaft besteht aber hinsichtlich der Geschäftsführung der Austria Tabakwerke AG und der Konzessionäre nach dem Glücksspielmonopolgesetz, weil es sich dabei um die Ausübung von Rechten durch selbständige Rechtsträger handelt, nicht aber um eine privatwirtschaftliche Tätigkeit des Bundes. Selbst wenn der Bund an der Kapitalgesellschaft Austria Tabakwerke AG oder an der im Antrag der Volksanwaltschaft erwähnten Österreichischen Lotto Toto GesmbH beteiligt ist, erstreckt sich die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes lediglich auf die Verwaltung der entsprechenden Kapitalbeteiligung, nicht aber auf die Geschäftstätigkeit der Austria Tabakwerke AG oder der Österreichischen Lotto Toto GesmbH selbst.
Deshalb trifft es nicht zu, daß - wie die Volksanwaltschaft meint - durch den §4 Abs1 Tabakmonopolgesetz 1968, der von der 'Verwaltung' des Tabakmonopols durch die Austria Tabakwerke AG spricht, der Gesetzgeber die Frage iS der Volksanwaltschaft durch die Verwendung des Wortes 'Verwaltung' bereits beantwortet habe. Verwaltung iS dieser Gesetzesbestimmung ist weder die Hoheitsverwaltung noch die Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes, sondern die 'Führung der Geschäfte' der Austria Tabakwerke AG, die ihrerseits von der Bundesverwaltung zu unterscheiden ist.
Die Volksanwaltschaft ist der Auffassung . . ., es könnten Vergabevorgänge ihrer Kontrolltätigkeit nicht entzogen werden, weil es darum gehe, 'daß handelsrechtlich organisierte Gesellschaften im Ergebnis darüber zu befinden haben, ob eine Person das Recht erhält, einem bestimmten Erwerb - nämlich dem Vertrieb von Tabakwaren und Losen - nachzugehen'. Diese Entscheidung unterliege keiner hinlänglichen rechtlichen oder politischen Kontrolle. . .
Diese Argumentation ist eine rechtspolitische, sie vermag jedoch nicht nachzuweisen, daß die Tätigkeit der Austria Tabakwerke AG oder der Konzessionäre nach dem Glücksspielgesetz 'Verwaltung' iSd Art148 a Abs1 B-VG sei, die der Kontrolle der Volksanwaltschaft unterliegt."
2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof stimmt der Auffassung der Bundesregierung im wesentlichen zu. Die Volksanwaltschaft ist nach der Verfassungsrechtslage zur Prüfung von vermuteten Mißständen "in der Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten" berechtigt (Art148 a Abs1 und 2 B-VG; bis zur B-VG-Novelle BGBl. 350/1981 die insoweit wortgleichen Verfassungsbestimmungen des §1 Abs1 und 2 des Bundesgesetzes über die Volksanwaltschaft, BGBl. 121/1977). Damit erstreckt sich ihre Zuständigkeit, worauf eine Wortinterpretation hinweist, auf die gesamte Verwaltungstätigkeit des Bundes, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich dabei um unmittelbare oder mittelbare, um hoheitliche oder nichthoheitliche Besorgung von Aufgaben handelt. Fraglich kann vom Wortlaut her jedoch sein, ob zu den der Prüfung durch die Volksanwaltschaft unterworfenen Akten des Bundes als Träger von Privatrechten auch jene zählen, die nicht der Bund selbst, sondern ein von ihm bestimmter anderer (sog. ausgegliederter) Rechtsträger setzt. Vom Wortlaut her ist sowohl eine auf einen organisatorischen Bundesbegriff abstellende als auch eine funktionelle Deutung möglich.
2.3.2. Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß die gewichtigeren Gründe für die organisatorische Deutung sprechen. Denn in den - zur Ermittlung des Willens des Verfassungsgesetzgebers heranzuziehenden - Materialien zur Regierungsvorlage eines Bundesverfassungsgesetzes über die Einrichtung der Volksanwaltschaft und eines Bundesgesetzes über die Organisation und das Verfahren der Volksanwaltschaft (94, 95 BlgNR 14. GP), und zwar im Bericht des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Volksanwaltschaft, zu dem der Verfassungsunterausschuß diese beiden Regierungsvorlagen zusammengefaßt hatte (421 BlgNR 14. GP, S 2), heißt es ausdrücklich, daß unter den Begriff der "Verwaltung des Bundes einschließlich seiner Tätigkeit als Träger von Privatrechten" (diese Wendung wird synonym für die Wortfolge "Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten" in §1 Abs2 des Gesetzesentwurfes gebraucht) nicht ua. "die (privatwirtschaftliche) Tätigkeit vom Bund verschiedener Rechtsträger" fällt (so etwa "der verstaatlichten Industrie oder der verstaatlichten Banken"), die somit auch nicht der Kontrolle der Volksanwaltschaft unterliegen. Diese im Ausschußbericht vertretene Rechtsansicht fand die Zustimmung der überwiegenden Lehre. Verwiesen sei hier auf Adamovich, Die Volksanwaltschaft im Verfassungsgefüge - Fremdkörper oder organische Fortentwicklung? in: Verfassung - Verwaltung - Gerichtsbarkeit. Vorträge, gehalten bei der Richterwoche 1977, S 113 (S 116); Öhlinger, Die Volksanwaltschaft, ÖVA 1977, S 101 (S 107 f.); Schönherr, Volksanwaltschaft (1977) S 12 f.; Funk, Allgemeine verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Probleme, in: Funk (Hrsg.), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte (1981) S 1 (S 9); Adamovich - Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3 (1985) S 356; dies., Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1987) S 435; Funk, Kontrolle und Aufsicht über wirtschaftlich tätige Vereine, in:
Korinek - Krejci (Hrsg.), Der Verein als Unternehmer (1988) S 373 (S 396) und Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts7 (1992) Rn. 1267. Hingegen vertritt Korinek, Kontrollprobleme, in: Funk (Hrsg.), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte (1981) S 101 (S 127 ff.) die Auffassung, daß (ausgegliederte) Rechtsträger auch dann der allgemeinen Mißstandskontrolle durch die Volksanwaltschaft unterliegen, wenn sie mit den Instrumenten des Privatrechtes tätig werden (ebenso Klecatsky - Pickl, Die Volksanwaltschaft (1989) S 54). Entgegen seiner Meinung sind es aber organisatorische Kriterien, an die das B-VG anknüpft, wenn es von der Kontrolle von "dessen" (= des Bundes) Tätigkeit als Träger von Privatrechten spricht; der Bund selbst muß als Rechtsperson auf dem Gebiet des Privatrechtes einschreiten. Das mag rechtspolitisch wenig wünschenswert sein (vgl. Adamovich - Funk, Verwaltungsrecht3, S 435 f., Korinek, aaO, S 128), doch ist die dargelegte, mit dem Wortlaut des Art148 a Abs1 und 2 B-VG in Einklang zu bringende Deutung angesichts der völlig unmißverständlichen Intentionen des Verfassungsgesetzgebers, wie sie im zitierten Bericht des Verfassungsausschusses ihren Niederschlag fanden, unvermeidbar.
Wie hier beizufügen bleibt, ist die Bundesregierung durchaus im Recht, wenn sie dem Sinn nach ausführt, daß der von der Volksanwaltschaft zur Untermauerung ihrer Rechtsansicht ins Treffen geführte Begriff "Verwaltung" in §4 Abs1 Tabakmonopolgesetz 1968 die Führung der Geschäfte der Austria Tabakwerke AG umschreibt und in seinem gesetzestextlichen Zusammenhang keinesfalls als "Bundesverwaltung" aufgefaßt und verstanden werden kann.
Im übrigen weist die Bundesregierung im gegebenen Zusammenhang zutreffend darauf hin, daß von einer Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten nur dann gesprochen werden kann, wenn der Bund als selbständiger Rechtsträger bestimmte Aufgaben mit Mitteln des Privatrechtes erfüllt. Daß aber der Bund weder das Tabakmonopol noch das Glücksspielmonopol ausübt, räumt auch die antragstellende Volksanwaltschaft ein, indem sie von handelsrechtlich organisierten Gesellschaften spricht, deren Geschäfte sie prüfen will.
Daß diese Geschäfte "Verwaltung des Bundes einschließlich dessen Tätigkeit als Träger von Privatrechten" iSd Art148 a Abs1 und 2 B-VG seien, kann entgegen der Meinung der Antragstellerin letztlich auch nicht mit dem Hinweis auf die Anlage zu §2 Bundesministeriengesetz 1986 belegt werden, wonach Angelegenheiten staatlicher Monopole in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Finanzen fallen. Denn die Verwaltung der bezogenen staatlichen Monopole erschöpft sich im wesentlichen in der Übertragung der Monopolausübung auf Konzessionäre und in der Ausübung eines bloßen Aufsichtsrechtes; die Geschäftsführung jener Rechtsträger, denen die Ausübung des Monopols übertragen wurde, läßt sich dem Art148 a Abs1 und 2 B-VG jedoch nicht mehr unterstellen.
2.3.3. Da somit keine Zuständigkeit der Volksanwaltschaft vorliegt, war der Antrag abzuweisen.
Schlagworte
Volksanwaltschaft, Tabakmonopol, Glücksspielmonopol, Privatwirtschaftsverwaltung, MonopolwesenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:KV1.1991Dokumentnummer
JFT_10078782_91KV0001_00