TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/10 W298 2283410-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2024
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Entscheidungsdatum

10.09.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. BFA-VG § 21 heute
  2. BFA-VG § 21 gültig von 01.06.2018 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. BFA-VG § 21 gültig ab 01.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  5. BFA-VG § 21 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  6. BFA-VG § 21 gültig von 20.07.2015 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. BFA-VG § 21 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W298 2283410-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Mathias VEIGL, über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX Zl. XXXX zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Mathias VEIGL, über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 Zl. römisch 40 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang: römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und gab in der niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ der öffentlichen Sicherheit an, dass er illegal eingereist sei, einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wolle, aus Syrien stamme und, dass er seine Heimat wegen des Krieges verlassen habe. 1. Der Beschwerdeführer stellte am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz und gab in der niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ der öffentlichen Sicherheit an, dass er illegal eingereist sei, einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wolle, aus Syrien stamme und, dass er seine Heimat wegen des Krieges verlassen habe.

2. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangten Behörde) am XXXX gab er im Wesentlichen an, damals aufgrund des Einmarsches von „Daesh“ Kobane verlassen zu haben. Danach sei Daesh von Kobane vertrieben worden und Kobane befreit, aber er habe wegen dem Krieg zwischen den Türken und den Kurden nicht nach Kobane zurückkehren können. Zweitens sei er von der Regierung gesucht, weil er im wehrfähigen Alter sei und illegal das Land verlassen habe. Drittens könne er das von der FSA kontrollierte Gebiet nicht betreten, weil er Kurde sei. Er könne auch nicht in den kurdischen Gebieten leben, weil er dann zwangsrekrutiert werde und kämpfen müsse. Ergab an seine Hände nicht mit Blut beflecken oder kämpfen zu wollen. 2. In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangten Behörde) am römisch 40 gab er im Wesentlichen an, damals aufgrund des Einmarsches von „Daesh“ Kobane verlassen zu haben. Danach sei Daesh von Kobane vertrieben worden und Kobane befreit, aber er habe wegen dem Krieg zwischen den Türken und den Kurden nicht nach Kobane zurückkehren können. Zweitens sei er von der Regierung gesucht, weil er im wehrfähigen Alter sei und illegal das Land verlassen habe. Drittens könne er das von der FSA kontrollierte Gebiet nicht betreten, weil er Kurde sei. Er könne auch nicht in den kurdischen Gebieten leben, weil er dann zwangsrekrutiert werde und kämpfen müsse. Ergab an seine Hände nicht mit Blut beflecken oder kämpfen zu wollen.

3. Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab. In Spruchpunkt II. wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.). 3. Mit dem nunmehr angefochtenem Bescheid vom römisch 40 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) ab. In Spruchpunkt römisch II. wurde ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

4. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht, eingelangt beim BFA am XXXX , Beschwerde. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, der Beschwerdeführer sei in XXXX geboren und XXXX illegal aus Syrien in die Türkei geflüchtet. Dem Beschwerdeführer drohe im Fall einer Rückkehr die Gefahr einer Zwangsrekrutierung sowohl seitens des syrischen Regimes als auch seitens der kurdischen Armee. Ergänzend brachte er vor, im Jahr XXXX an einer Demonstration in Aleppo gegen das Regime teilgenommen zu haben, wobei er direkt vom syrischen Geheimdienst verfolgt worden sei, aber davonlaufen habe können. Im Jahr XXXX habe er laufend an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Kobane teilgenommen. Daher gelte er als Oppositioneller und werde gesucht und verfolgt. Auch drohe ihm als Angehöriger von Personen, welche in Syrien regierungsfeindlich wahrgenommen werden, asylrelevante Verfolgung als ihr Familienangehöriger. Ferner könne er seine Herkunftsregion nicht erreichen, ohne zwingendermaßen in Kontakt mit dem syrischen Regime zu gelangen. Somit wäre dem Beschwerdeführer internationaler Schutz gemäß § 3 AsylG zu gewähren gewesen.4. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht, eingelangt beim BFA am römisch 40 , Beschwerde. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, der Beschwerdeführer sei in römisch 40 geboren und römisch 40 illegal aus Syrien in die Türkei geflüchtet. Dem Beschwerdeführer drohe im Fall einer Rückkehr die Gefahr einer Zwangsrekrutierung sowohl seitens des syrischen Regimes als auch seitens der kurdischen Armee. Ergänzend brachte er vor, im Jahr römisch 40 an einer Demonstration in Aleppo gegen das Regime teilgenommen zu haben, wobei er direkt vom syrischen Geheimdienst verfolgt worden sei, aber davonlaufen habe können. Im Jahr römisch 40 habe er laufend an Demonstrationen gegen das syrische Regime in Kobane teilgenommen. Daher gelte er als Oppositioneller und werde gesucht und verfolgt. Auch drohe ihm als Angehöriger von Personen, welche in Syrien regierungsfeindlich wahrgenommen werden, asylrelevante Verfolgung als ihr Familienangehöriger. Ferner könne er seine Herkunftsregion nicht erreichen, ohne zwingendermaßen in Kontakt mit dem syrischen Regime zu gelangen. Somit wäre dem Beschwerdeführer internationaler Schutz gemäß Paragraph 3, AsylG zu gewähren gewesen.

5. Mit Schriftsatz vom XXXX , eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck am XXXX , legte das BFA den Akt samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor. 5. Mit Schriftsatz vom römisch 40 , eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck am römisch 40 , legte das BFA den Akt samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

6. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertreterin und des Dolmetschers für die Sprache Kurmanchi eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Eine Vertretung der belangten Behörde ist entschuldigt nicht erschienen. 6. Am römisch 40 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertreterin und des Dolmetschers für die Sprache Kurmanchi eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt. Eine Vertretung der belangten Behörde ist entschuldigt nicht erschienen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine mündliche Verhandlung durch und wies in der Folge mit Erkenntnis vom XXXX die Beschwerde ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am römisch 40 eine mündliche Verhandlung durch und wies in der Folge mit Erkenntnis vom römisch 40 die Beschwerde ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

8. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu XXXX sowie eine Beschwerde an den VfGH zu XXXX . 8. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu römisch 40 sowie eine Beschwerde an den VfGH zu römisch 40 .

9. Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab zur neuerlichen Antragstellung im Rahmen seiner Erstbefragungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag an, dass er seine alten Fluchtgründe aufrechthalte. Er verdiene Asyl, könne seine Familie nicht nachholen und bekomme ein Aufenthaltsrecht immer nur für ein Jahr. 9. Am römisch 40 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz und gab zur neuerlichen Antragstellung im Rahmen seiner Erstbefragungen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag an, dass er seine alten Fluchtgründe aufrechthalte. Er verdiene Asyl, könne seine Familie nicht nachholen und bekomme ein Aufenthaltsrecht immer nur für ein Jahr.

10. Am XXXX wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er in Syrien etwas bestellt habe und nun belegen könne, dass er auch in Aleppo gewesen sei, was ihm das Gericht nicht geglaubt habe. Es handle sich dabei um einen Grundbuchsauszug. Er werde vom Militär gesucht, eine Bestätigung habe er (noch) nicht, aber er sei sich sicher, dass er gesucht werde. 10. Am römisch 40 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen und gab an, dass er in Syrien etwas bestellt habe und nun belegen könne, dass er auch in Aleppo gewesen sei, was ihm das Gericht nicht geglaubt habe. Es handle sich dabei um einen Grundbuchsauszug. Er werde vom Militär gesucht, eine Bestätigung habe er (noch) nicht, aber er sei sich sicher, dass er gesucht werde.

11. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.).11. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt römisch eins.).

12. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am XXXX rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde und beantragte, dass der Bescheid behoben werde sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Es handle sich nach der höchstgerichtlichen Judikatur um einen zulässigen Folgeantrag weswegen entschiedene Rechtssache der neuerlichen inhaltlichen Prüfung des Antrags nicht entgegenstünde. 12. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am römisch 40 rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde und beantragte, dass der Bescheid behoben werde sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Es handle sich nach der höchstgerichtlichen Judikatur um einen zulässigen Folgeantrag weswegen entschiedene Rechtssache der neuerlichen inhaltlichen Prüfung des Antrags nicht entgegenstünde.

13. Mit Schreiben vom XXXX legte die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor. 13. Mit Schreiben vom römisch 40 legte die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:1.1 Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Muttersprache ist kurdisch. Er wurde am XXXX der Stadt XXXX im Bezirk Ain al Arab, im Gouvernement Aleppo geboren. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Seine Muttersprache ist kurdisch. Er wurde am römisch 40 der Stadt römisch 40 im Bezirk Ain al Arab, im Gouvernement Aleppo geboren. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

1.3. Zu den Verfahren des Beschwerdeführers in Österreich:

Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom XXXX wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt III.) erteilt. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom römisch 40 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom römisch 40 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz eins, leg.cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres (Spruchpunkt römisch III.) erteilt.

In der Begründung hielt das Bundesverwaltungsgericht abschließend fest, dass die Gefahr der Einziehung des Beschwerdeführers zum Militärdienst in seiner Heimatregion nicht mit der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der GFK bedroht sei, weil infolge der einschlägigen Länderinformationen festzustellen sei, dass ihm keine oppositionelle Gesinnung zur syrischen Regierung oder zur kurdischen Verwaltung unterstellt werden würde. Auch ergebe sich keine mit seinem Vorbringen im Fall der Rückkehr in seine Herkunftsregion bestehende persönliche Verfolgungsgefahr aufgrund seiner Eigenschaft als Rückkehrer, der Herkunft aus einem oppositionellen Gebiet und der illegalen Ausreise.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte betreffend die Herkunftsregion zum ersten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz fest:

„Er ist in XXXX im Bezirk Ain al Arab, im Gouvernement Aleppo, XXXX südöstlich von der Stadt Kobane (Ain al-Arab) geboren. Im Kindesalter zog er mit seiner Familie in die Stadt Aleppo, ins Stadtviertel XXXX . Dort besuchte er etwa zwei Jahre die Schule und arbeitete in einer Schneiderfabrik. Im Jahr 2011/12 kehrte er mit seiner Familie in das Heimatdorf XXXX zu seinen Großeltern zurück, wo er bis zur Ausreise verblieb.“„Er ist in römisch 40 im Bezirk Ain al Arab, im Gouvernement Aleppo, römisch 40 südöstlich von der Stadt Kobane (Ain al-Arab) geboren. Im Kindesalter zog er mit seiner Familie in die Stadt Aleppo, ins Stadtviertel römisch 40 . Dort besuchte er etwa zwei Jahre die Schule und arbeitete in einer Schneiderfabrik. Im Jahr 2011/12 kehrte er mit seiner Familie in das Heimatdorf römisch 40 zu seinen Großeltern zurück, wo er bis zur Ausreise verblieb.“

1.4. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.1.4. Der Beschwerdeführer stellte am römisch 40 den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Allerdings hat sich seit der letzten inhaltlichen Entscheidung vom XXXX weder die Situation in Syrien maßgeblich geändert, noch liegt eine wesentliche Änderung der Umstände die Person des Beschwerdeführers betreffend vor.Allerdings hat sich seit der letzten inhaltlichen Entscheidung vom römisch 40 weder die Situation in Syrien maßgeblich geändert, noch liegt eine wesentliche Änderung der Umstände die Person des Beschwerdeführers betreffend vor.

Der Beschwerdeführer stützte seinen verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz auf die gleichen Fluchtgründe, die er bereits in seinem ersten Asylverfahren geltend gemacht hat. Er hat keine neuen Fluchtgründe vorgebracht. Ebenso wenig liegt eine entscheidungswesentliche Änderung in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers und der Rechtslage vor.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

?        Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, vom 27.03.2024

Sicherheitslage

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt (USIP 14.3.2023). Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (UNHCHR 28.6.2022).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen (ICG o.D.). Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand (USIP 14.3.2023). Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden (CFR 24.1.2024). Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt (ÖB Damaskus 1.10.2021). In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (AA 29.3.2023).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu (UNHRC 14.9.2021). Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden (UNSC 29.11.2022). Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen (AA 29.3.2023). Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (AA 2.2.2024).

Die Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) der VN stellte im Februar 2022 fest, dass fünf internationale Streitkräfte - darunter Iran, Israel, Russland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Amerika, sowie nicht-staatliche bewaffnete Gruppen und von den VN benannte terroristische Gruppen weiterhin in Syrien aktiv sind (EUAA 9.2022). Im Mai 2023 begannen zusätzlich dazu die jordanischen Streitkräfte Luftangriffe gegen die Drogenschmuggler zu fliegen (SOHR 8.5.2023). Die USA sind mit mindestens 900 Militärpersonen in Syrien, um Anti-Terror-Operationen durchzuführen (CFR 24.1.2024). Seit Ausbruch des Krieges zwischen der Hamas und Israel begannen die USA mehrere Luftangriffe gegen iranische Milizen in Syrien und dem Irak zu fliegen. Anfang Februar 2024 eskalierten die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, nachdem iranische Milizen in Jordanien eine militärische Stellung der USA mit einer Drohne angriffen und dabei mehrere US-amerikanische Soldaten töteten und verletzten. Die USA reagierten mit erhöhten und verstärkten Luftangriffen auf Stellungen der iranischen Milizen in Syrien und dem Irak. In Syrien trafen sie Ziele in den Räumen Deir ez-Zor, Al-Bukamal sowie Al-Mayadeen. Die syrische Armee gab an, dass bei den Luftangriffen auch Zivilisten sowie reguläre Soldaten getötet wurden (CNN 3.2.2024).

Seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 intensivierte Israel die Luftangriffe gegen iranische und syrische Militärstellungen CFR 24.1.2024). Infolge der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023, wurde israelisch kontrolliertes Gebiet auch von Syrien aus mindestens dreimal mit Raketen beschossen. Israel habe daraufhin Artilleriefeuer auf die Abschussstellungen gerichtet. Beobachter machten iranisch kontrollierte Milizen für den Raketenbeschuss verantwortlich. Israel soll im selben Zeitraum, am 12.10.2023 und 14.10.2023 jeweils zweimal den Flughafen Aleppo sowie am 12.10.2023 den Flughafen Damaskus mit Luftschlägen angegriffen haben; aufgrund von Schäden an den Start- und Landebahnen mussten beide Flughäfen daraufhin den Betrieb einstellen (AA 2.2.2024).

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention Irans in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018). Die syrische Regierung hat derzeit die Kontrolle über ca. zwei Drittel des Landes, inklusive größerer Städte, wie Aleppo und Homs. Unter ihrer Kontrolle sind derzeit die Provinzen Suweida, Daraa, Quneitra, Homs sowie ein Großteil der Provinzen Hama, Tartus, Lattakia und Damaskus. Auch in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor übt die syrische Regierung über weite Teile die Kontrolle aus (Barron 6.10.2023). Aktuell sind die syrischen Streitkräfte mit Ausnahme von wenigen Eliteeinheiten technisch sowie personell schlecht ausgerüstet und können gerade abseits der großen Konfliktschauplätze nur begrenzt militärische Kontrolle ausüben (AA 2.2.2024). Die Opposition konnte eingeschränkt die Kontrolle über Idlib und entlang der irakisch-syrischen Grenze behalten. Das Erdbeben 2023 in der Türkei und Nordsyrien machte die tatsächliche Regierung fast unmöglich, weil die Opposition Schwierigkeiten hatte, die Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfüllen (CFR 24.1.2024).

Das Regime, Pro-Regime-Milizen wie die Nationalen Verteidigungskräfte (National Defense Forces - NDF), bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Türkei unterstützt werden, die Syrian Democratic Forces (SDF), extremistische Gruppen wie Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) und IS (Islamischer Staat), ausländische Terrorgruppen wie Hizbollah sowie Russland, Türkei und Iran sind in den bewaffneten Konflikt involviert (USDOS 20.3.2023) [Anm.: zu israelischen und amerikanischen Militäraktionen siehe u.a. Unterkapitel Gouvernement Deir ez-Zor / Syrisch-Irakisches Grenzgebiet und Unterkapitel Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien]. Es kann laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amts im gesamten Land jederzeit zu militärischer Gewalt kommen. Gefahr kann dabei einerseits von Kräften des Regimes gemeinsam mit seinen Verbündeten Russland und Iran ausgehen, welches unverändert das gesamte Staatsgebiet militärisch zurückerobern will und als Feinde betrachtete „terroristische“ Kräfte bekämpft. Das Regime ist trotz begrenzter Kapazitäten grundsätzlich zu Luftangriffen im gesamten Land fähig, mit Ausnahme von Gebieten unter türkischer oder kurdischer Kontrolle sowie in der von den USA kontrollierten Zone rund um das Vertriebenenlager Rukban an der syrisch-jordanischen Grenze. Nichtsdestotrotz basiert seine militärische Durchsetzungsfähigkeit fast ausschließlich auf der massiven militärischen Unterstützung durch die russische Luftwaffe und Einheiten Irans, bzw. durch seitens Iran unterstützte Milizen, einschließlich Hizbollah (AA 2.2.2024). Wenngleich offene Quellen seit August 2022 den Abzug militärischer Infrastruktur (insb. Luftabwehrsystem S-300) vermelden, lassen sich Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die russische Einsatzfähigkeit in Syrien bislang nicht substantiieren. Die Menschenrechtsorganisation Syrians for Truth and Justice (STJ) behauptet, dass Russland syrische Söldner u.a. aus den Streitkräften für den Kampfeinsatz in der Ukraine abwirbt. Unter Bezug auf syrische Militärangehörige sowie Familien der Söldner spricht STJ von 300 syrischen Kämpfern, die im Zeitraum Juni bis September 2022 nach Russland oder Ukraine verlegt worden seien. Mehrere von ihnen seien laut einer unbestätigten Mitteilung der rekrutierenden al-Sayyad Company for Guarding and Protection Services, welche der russischen Wagner-Gruppe zugeschrieben wird, gefallen (AA 29.3.2023). Russland hatte noch z.B. im Oktober 2022 seine Luftangriffe in der Provinz Idlib verstärkt (ICG 10.2022).

Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vgl. CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Im Jahr 2022 hielten die Kämpfe im nördlichen Syrien mit Beteiligten wie den Regimetruppen, den SDF, HTS sowie türkischen Streitkräften und ihren Verbündeten an (FH 9.3.2023). Türkische Militäroperationen gegen die Arbeiterpartei Kurdistan (Partiya Karkerên Kurdistan - PKK) umfassen gelegentliche Gefechte an der syrisch-türkischen Grenze (ICG 2.2022). Am Vorabend des 20.11.2022 begann die türkische Luftwaffe eine Offensive in Nordsyrien unter dem Namen 'Operation Claw-Sword', die nach türkischen Angaben auf Stellungen der SDF und der syrischen Streitkräfte abzielte, aber auch ein Behandlungszentrum für Covid-19, eine Schule, Getreidesilos, Kraftwerke, Tankstellen, Ölfelder und eine häufig von Zivilisten und Hilfsorganisationen genutzte Straße traf (HRW 7.12.2022). Die Türkei führte seit 2016 bereits eine Reihe von Offensiven im benachbarten Syrien durch (France 24 20.11.2022; vergleiche CFR 24.1.2024). Bei früheren Einmärschen kam es zu Menschenrechtsverletzungen (HRW 7.12.2022). Die türkischen Militäroperationen trieben Tausende Menschen in die Flucht und stellten 'eine ernste Bedrohung für ZivilistInnen' in den betroffenen Gebieten dar. Kämpfe zwischen den pro-türkischen Gruppen ermöglichten Vorstöße der HTS (FH 9.3.2023). Im Nordwesten Syriens führte im Oktober 2022 das Vordringen der HTS in Gebiete, die unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten Gruppen standen, zu tödlichen Zusammenstößen (ICG 10.2022). Die Türkei bombardierte auch im Oktober 2023 kurdische Ziele in Syrien als Reaktion auf einen Bombenangriff in Ankara durch die PKK (Reuters 7.10.2023; vergleiche AA 2.2.2024).

Im Gouvernement Dara'a kam es 2022 weiterhin zu Gewalt zwischen Regimekräften und lokalen Aufständischen trotz eines nominellen Siegs der Regierung im Jahr 2018 und eines von Russland vermittelten 'Versöhnungsabkommens'. Eine allgemeine Verschlechterung von Recht und Ordnung trägt in der Provinz auch zu gewalttätiger Kriminalität bei (FH 9.3.2023). In Suweida kam es 2020 und 2022 ebenfalls zu Aufständen, immer wieder auch zu Sicherheitsvorfällen mit Milizen, kriminellen Banden und Drogenhändlern. Dies führte immer wieder zu Militäroperationen und schließlich im August 2023 zu größeren Protesten (CC 13.12.2023). Die Proteste weiteten sich nach Daraa aus. Die Demonstranten in beiden Provinzen forderten bessere Lebensbedingungen und den Sturz Assads (Enab 20.8.2023).

Das syrische Regime, und damit die militärische Führung, unterscheiden nicht zwischen Zivilbevölkerung und „rein militärischen Zielen“ (BMLV 12.10.2022). Human Rights Watch kategorisiert einige Angriffe des syrisch-russischen Bündnisses als Kriegsverbrechen, die auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit hinauslaufen könnten. In Idlib mit seinen über drei Millionen Zivilbevölkerung kommt es trotz eines wackeligen Waffenstillstandes demnach weiterhin zu verbotenen Angriffen durch das Bündnis. Auch die von den USA angeführte Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verletzte internationales Recht durch unterschiedslose Luftschläge in Nordostsyrien, welche zivile Todesopfer und Zerstörung verursachten (HRW 13.1.2022).

Seit Beginn 2023 wurden mit Stand 1.5.2023 auch 258 ZivilistInnen durch andere Akteure (als dem Regime) getötet, somit 75 Prozent aller zivilen Toten in diesem Jahr. Viele von ihnen wurden beim Trüffelsuchen getötet, und dazu kommen auch Todesfälle durch Landminen. Außerdem bietet die Unsicherheit in vielen Gebieten ein passendes Umfeld für Schießereien durch nicht-identifzierte Akteure (SNHR 1.5.2023).

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Zivile Todesopfer landesweit

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London (SOHR), verzeichnete für das Jahr 2023 mit 4.361 getöteten Personen die höchste Todesopferzahl in drei Jahren. Darunter zählten sie 1.889 ZivilistInnen, darunter 307 Kinder und 241 Frauen (SOHR 31.12.2023).

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Nordwest-Syrien (Letzte Änderung 2024-03-08 11:28)

Während das Assad-Regime etwa 60 Prozent des Landes kontrolliert, was einer Bevölkerung von rund neun Millionen Menschen entspricht, gibt es derzeit [im Nordwesten Syriens] zwei Gebiete, die sich noch außerhalb der Kontrolle des Regimes befinden: Nord-Aleppo und andere Gebiete an der Grenze zur Türkei, die von der von Ankara unterstützten Syrischen Nationalarmee (Syrian National Army, SNA) kontrolliert werden, und das Gebiet von Idlib, das von der militanten islamistischen Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrolliert wird. Zusammen kontrollieren sie 10 Prozent des Landes mit einer Bevölkerung von etwa 4,4 Millionen Menschen, wobei die Daten zur Bevölkerungsanzahl je nach zitierter Institution etwas variieren (ISPI 27.6.2023).

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Die Gebiete unter Kontrolle der Türkei und Türkei-naher Milizen

Die Opposition im Nordwesten Syriens ist in zwei große Gruppen/Bündnisse gespalten: HTS im Gouvernement Idlib und die von der Türkei unterstützte SNA im Gouvernement Aleppo. Die SNA setzt sich in erster Linie aus ehemaligen Gruppen der FSA zusammen, hat sich jedoch zu einer gespaltenen Organisation mit zahlreichen Fraktionen entwickelt, die zu internen Kämpfen neigen (CC 1.5.2023). Die SNA ist auf dem Papier die Streitkraft der syrischen Übergangsregierung (SIG), die rund 2,3 Millionen Syrer regiert. In Wirklichkeit ist die SNA allerdings keine einheitliche Truppe, sondern setzt sich aus verschiedenen Fraktionen zusammen, die unterschiedliche Legionen bilden und nicht unbedingt der Führung des Verteidigungsministers der SIG folgen (Forbes 22.10.2022). Eine hochrangige syrische Oppositionsquelle in Afrîn sagte, dass innerhalb der SNA strukturelle Probleme bestehen, seit die von der Türkei unterstützten Kräfte das Gebiet 2018 von kurdischen Kräften erobert haben (MEE 15.10.2022) und es wird von internen Kämpfen der SNA-Fraktionen berichtet (MEE 25.10.2022). Trotz der internen Streitigkeiten operieren die SIG-Verwaltungen und die bewaffneten Gruppen innerhalb der SNA innerhalb der von Ankara vorgegebenen Grenzen (Forbes 22.10.2022; vgl. Brookings 27.1.2023). Die Anwesenheit der Türkei bringt ein gewisses Maß an Stabilität, aber ihre Abhängigkeit von undisziplinierten lokalen Vertretern, ihre Unfähigkeit, die Fraktionsbildung unter den Dutzenden von bewaffneten Gruppen, die mit der SNA verbunden sind, zu überwinden, und ihre Duldung des Missbrauchs und der Ausbeutung der Zivilbevölkerung haben dazu geführt, dass ihre Kontrollzone die am wenigsten sichere und am brutalsten regierte im Norden Syriens ist (Brookings 27.1.2023). Die Opposition im Nordwesten Syriens ist in zwei große Gruppen/Bündnisse gespalten: HTS im Gouvernement Idlib und die von der Türkei unterstützte SNA im Gouvernement Aleppo. Die SNA setzt sich in erster Linie aus ehemaligen Gruppen der FSA zusammen, hat sich jedoch zu einer gespaltenen Organisation mit zahlreichen Fraktionen entwickelt, die zu internen Kämpfen neigen (CC 1.5.2023). Die SNA ist auf dem Papier die Streitkraft der syrischen Übergangsregierung (SIG), die rund 2,3 Millionen Syrer regiert. In Wirklichkeit ist die SNA allerdings keine einheitliche Truppe, sondern setzt sich aus verschiedenen Fraktionen zusammen, die unterschiedliche Legionen bilden und nicht unbedingt der Führung des Verteidigungsministers der SIG folgen (Forbes 22.10.2022). Eine hochrangige syrische Oppositionsquelle in Afrîn sagte, dass innerhalb der SNA strukturelle Probleme bestehen, seit die von der Türkei unterstützten Kräfte das Gebiet 2018 von kurdischen Kräften erobert haben (MEE 15.10.2022) und es wird von internen Kämpfen der SNA-Fraktionen berichtet (MEE 25.10.2022). Trotz der internen Streitigkeiten operieren die SIG-Verwaltungen und die bewaffneten Gruppen innerhalb der SNA innerhalb der von Ankara vorgegebenen Grenzen (Forbes 22.10.2022; vergleiche Brookings 27.1.2023). Die Anwesenheit der Türkei bringt ein gewisses Maß an Stabilität, aber ihre Abhängigkeit von undisziplinierten lokalen Vertretern, ihre Unfähigkeit, die Fraktionsbildung unter den Dutzenden von bewaffneten Gruppen, die mit der SNA verbunden sind, zu überwinden, und ihre Duldung des Missbrauchs und der Ausbeutung der Zivilbevölkerung haben dazu geführt, dass ihre Kontrollzone die am wenigsten sichere und am brutalsten regierte im Norden Syriens ist (Brookings 27.1.2023).

Die Lage in den von der Türkei und Türkei-nahen Milizen, darunter der Syrischen Nationalarmee (SNA, vormals "Freie Syrische Armee"), kontrollierten Gebieten im Norden um die Städte Afrîn und Jarabulus im Norden des Gouvernements Aleppo bleibt instabil. Auch kam es dort immer wieder zu teils umfangreichen Kampfhandlungen, insbesondere zwischen Türkei-nahen Milizen und der HTS einerseits, sowie Türkei-nahen Milizen, der kurdischen YPG (Yekîneyên Parastina Gel) und in der Region eingesetzten Truppen des Regimes andererseits (AA 2.2.2024). Durch den Beschuss eines Marktplatzes in der türkisch kontrollierten Stadt al-Bab (Gouvernement Aleppo) durch Regimetruppen wurden etwa im August 2022 mindestens 20 Zivilpersonen getötet und rund 40 verletzt. Anfang Oktober 2022 rückte HTS aus dem Nordwesten auf die Stadt Afrîn und Umgebung vor, nachdem es innerhalb der SNA nach dem Mord an einem zivilgesellschaftlichen Aktivisten zu teils gewalttätigen internen Auseinandersetzungen kam (AA 29.3.2023). Die Auseinandersetzungen standen dabei im Zusammenhang mit dem lukrativen und weitverbreiteten Drogenhandel in Syrien sowie konkurrierenden Interessen verschiedener Brigaden innerhalb der SNA (TWI 19.10.2022). Dies war der erste größere Gebietsaustausch zwischen den Kriegsparteien seit zwei Jahren (Forbes 22.10.2022). Nach rund zwei Wochen zogen sich die Kämpfer der HTS wieder aus Afrîn zurück (MEE 25.10.2022).

Um die Zahl der Todesopfer unter der Zivilbevölkerung durch die Kämpfe der SNA zu verringern, haben viele lokale Versammlungen und die örtliche Polizei versucht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gruppen daran zu hindern, mit automatischen oder schweren Waffen in die Städte einzudringen. Dennoch werden zivile Gebiete bei Zusammenstößen zwischen den Gruppen immer noch schwer getroffen und die häufigen Zusammenstöße zwischen den SNA-Gruppen, die in Gebieten wie Afrin, Jarabulus und Tal Abyad operieren, haben auch zu Opfern unter der Zivilbevölkerung geführt (MEE 25.10.2022). Im Norden Aleppos kommt es weiterhin zu Angriffen auf Zivilisten. Die CoI des UN-Menschenrechtsrats dokumentierte im zweiten Halbjahr 2022 fünf Angriffe, die 60 Todesopfer forderten. Trotz eines offensichtlichen Rückgangs der Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen in diesem Zeitraum wurden Zivilisten bei Bodenangriffen getötet oder verletzt, auch in ihren Häusern in einem Vertriebenenlager oder auf öffentlichen Märkten. Dem Untersuchungsbericht für das zweite Halbjahr 2022 zufolge hat die CoI des UN-Menschenrechtsrats begründeten Anlass zu der Annahme, dass Mitglieder der SNA weiterhin willkürlich Personen der Freiheit beraubten und Gefangene ohne Kontakt zur Außenwelt und einige in einer Weise festhielten, die einem Verschwindenlassen gleichkam. SNA-Mitglieder haben auch weiterhin Folter, einschließlich Vergewaltigung, und grausame Behandlung, Mord, Geiselnahme sowie Plünderung begangen, die allesamt als separate Kriegsverbrechen gelten können (UNHRC 7.2.2023). Nach Angaben der NGO Syrians for Truth and Justice (STJ) begehen SNA-Fraktionen ungestraft und unbehelligt vom türkischen Militär, das sie unterstützt und eine effektive Kontrolle in der Region ausübt, wiederholt und systematisch Verstöße. Seit 2018 haben mehrere unabhängige lokale und internationale Organisationen sowie die zuständigen UN-Gremien massive Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, darunter Tötungen, willkürliche Verhaftungen, gewaltsames Verschwindenlassen, Misshandlungen, Folter, Plünderungen und Beschlagnahmungen von Eigentum sowie die Nötigung kurdischer Einwohner, ihre Häuser zu verlassen, und die Behinderung der Rückkehr von Einheimischen an ihre ursprünglichen Wohnorte nach Feindseligkeiten, demografischen Veränderungen und Versuche der Türkisierung (STJ 16.5.2023). Während des Jahres 2022 führten mit der Türkei verbundene Oppositionsgruppierungen angeblich außergerichtliche Tötungen durch (USDOS 20.3.2023).

Nordost-Syrien (Selbstverwaltungsgebiet Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria - AANES) und das Gebiet der SNA (Syrian National Army) (Letzte Änderung 2024-03-08 15:02):

Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistanê, PKK) zugeschriebenen, Terroranschlag mit mehreren Toten in Istanbul startete das türkische Militär am 19.11.2022 eine mit Artillerie unterstützte Luftoperation gegen kurdische Ziele u. a. in Nordsyrien. Bereits zuvor war es immer wieder zu vereinzelten, teils schweren Auseinandersetzungen zwischen türkischen und Türkei-nahen Einheiten und Einheiten der kurdisch dominierten SDF (Syrian Democratic Forces) sowie Truppen des Regimes gekommen, welche in Abstimmung mit den SDF nach Nordsyrien verlegt wurden. Als Folge dieser Auseinandersetzungen, insbesondere auch von seit Sommer 2022 zunehmenden türkischen Drohnenschlägen, wurden immer wieder auch zivile Todesopfer, darunter Kinder, vermeldet (AA 29.3.2023). Auch waren die SDF gezwungen, ihren Truppeneinsatz angesichts türkischer Luftschläge und einer potenziellen Bodenoffensive umzustrukturieren. Durch türkische Angriffe auf die zivile Infrastruktur sind auch Bemühungen um die humanitäre Lage gefährdet (Newlines 7.3.2023). Die Angriffe beschränkten sich bereits im 3. Quartal 2022 nicht mehr nur auf die Frontlinien, wo die überwiegende Mehrheit der Zusammenstöße und Beschussereignisse stattfanden; im Juli und August 2022 trafen türkische Drohnen Ziele in den wichtigsten von den SDF kontrollierten städtischen Zentren und töteten Gegner (und Zivilisten) in Manbij, Kobanê, Tell Abyad, Raqqa, Qamishli, Tell Tamer und Hassakah (CC 3.11.2022). Bereits im Mai 2022 hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdo?an eine vierte türkische Invasion seit 2016 angekündigt (HRW 12.1.2023). Anfang Oktober 2023 begannen die türkischen Streitkräfte wieder mit der Intensivierung ihrer Luftangriffe auf kurdische Ziele in Syrien, nachdem in Ankara ein Bombenanschlag durch zwei Angreifer aus Syrien verübt worden war (REU 4.10.2023). Die Luftangriffe, die in den Provinzen Hasakah, Raqqa und Aleppo durchgeführt wurden, trafen für die Versorgung von Millionen von Menschen wichtige Wasser- und Elektrizitätsinfrastruktur (HRW 26.10.2023; vgl. AA 2.2.2024).Besonders volatil stellt sich laut Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amt die Lage im Nordosten Syriens (v. a. Gebiete unmittelbar um und östlich des Euphrats) dar. Als Reaktion auf einen, von der Türkei der Arbeit

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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