Entscheidungsdatum
01.10.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I413 2167075-7/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Prof. Mag. Dr. Vera M. WELD gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 04.07.2024, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.08.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 (alias römisch 40 ), geb. römisch 40 , StA. Nigeria, vertreten durch RA Prof. Mag. Dr. Vera M. WELD gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost vom 04.07.2024, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.08.2024 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte in Österreich erstmals am 09.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Folgenden als belangte Behörde oder BFA beziechnet, mit Bescheid vom 18.07.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) als unbegründet abwies. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.) sowie, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.10.2017, I409 2167075-1/7E, als unbegründet ab. 1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte in Österreich erstmals am 09.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Folgenden als belangte Behörde oder BFA beziechnet, mit Bescheid vom 18.07.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt römisch II.) als unbegründet abwies. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch III.) sowie, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt römisch IV.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch fünf.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.10.2017, I409 2167075-1/7E, als unbegründet ab.
2. Am 06.12.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 05.11.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Zugleich erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 03.12.2018, I414 2167075-2/3E, als unbegründet ab. 2. Am 06.12.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 05.11.2018 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt römisch II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Zugleich erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt römisch III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch VI.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 03.12.2018, I414 2167075-2/3E, als unbegründet ab.
3. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 16.01.2019 einen weiteren Folgeantrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 29.08.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.10.2019, I407 2167075-3/3E, als unbegründet ab. 3. Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 16.01.2019 einen weiteren Folgeantrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 29.08.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt römisch II.) wegen entschiedener Sache zurück. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt römisch III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Es wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch VI.). Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.10.2019, I407 2167075-3/3E, als unbegründet ab.
4. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am 07.11.2019 seinen vierten Antrag auf internationalen Schutz, den das BFA mit Bescheid vom 25.09.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück- und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria abwies (Spruchpunkt II.). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VI.) und ferner gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Mit Erkenntnis vom 04.11.2020, I413 2167075-5/5E, gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen den Bescheid vom 25.09.2020 erhobenen Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass es in Spruchpunkt II. zu lauten hat: "Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen." Im Übrigen wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt."4. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am 07.11.2019 seinen vierten Antrag auf internationalen Schutz, den das BFA mit Bescheid vom 25.09.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) wegen entschiedener Sache gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG zurück- und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria abwies (Spruchpunkt römisch II.). Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt römisch III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt römisch VI.) und ferner gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt römisch VII.). Mit Erkenntnis vom 04.11.2020, I413 2167075-5/5E, gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen den Bescheid vom 25.09.2020 erhobenen Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass es in Spruchpunkt römisch II. zu lauten hat: "Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen." Im Übrigen wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt römisch III. zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß Paragraph 57, AsylG wird Ihnen nicht erteilt."
5. Am 17.07.2023 stellte der Beschwerdeführer sodann einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 1 AsylG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 29.12.2023 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und sein Mängelheilungsantrag abgewiesen (Spruchpunkt II.). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.07.2024, GZ I411 2167075-6/2E, als unbegründet ab.
6. Am 02.08.2023 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen fünften Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass seine alten Fluchtgründe weiterhin aufrecht bleiben würden. Ergänzen wolle er, dass er mittlerweile in Nigeria niemanden mehr habe. Er habe Angst, als Homosexueller in Nigeria umgebracht zu werden.5. Am 17.07.2023 stellte der Beschwerdeführer sodann einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 29.12.2023 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) und sein Mängelheilungsantrag abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.07.2024, GZ I411 2167075-6/2E, als unbegründet ab.
6. Am 02.08.2023 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen fünften Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er damit, dass seine alten Fluchtgründe weiterhin aufrecht bleiben würden. Ergänzen wolle er, dass er mittlerweile in Nigeria niemanden mehr habe. Er habe Angst, als Homosexueller in Nigeria umgebracht zu werden.
7. Eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA fand am 23.10.2023 statt. In dieser führte er zusammengefasst aus, dass man in seiner Gemeinschaft herausgefunden habe, dass er homosexuell sei. Er habe dann um sein Leben rennen und fliehen müssen. Seit dem Vorfall habe er keinen Kontakt mehr, auch nicht mit seinen Geschwistern. Sein neuer Fluchtgrund sei die Homosexualität.
8. Einlangend mit 03.11.2023 brachte der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme ein und legte Urkunden vor.
9. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 04.07.2024 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.08.2023 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurück. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). 9. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 04.07.2024 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 02.08.2023 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt römisch II.) wegen entschiedener Sache zurück. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
10. Dagegen richtet sich die am 19.07.2023 per Fax beim BFA eingelangte Beschwerde. In dieser wurde zusammengefasst vorgebracht, dass eine entschiedene Sache nicht vorliege, zumindest müsse dem Beschwerdeführer eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ erteilt werden. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt Verwaltungsakt mit Einlangen 30.07.2024 vorgelegt.
11. Am 13.08.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertreterin und eines Dolmetschers für die englische Sprache einvernommen wurde. Ein:e Vertreter:in der belangten Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Zudem wurde die Lebensgefährtin bzw. Verlobte des Beschwerdeführers als Zeugin befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den bisherigen Verfahren
Der im September 1983 geborene, ledige und kinderlose Beschwerdeführer ist ein nigerianischer Staatsangehöriger. Er ist der Volksgruppe der Edo zugehörig und bekennt sich zum christlichen Glauben. Seine Identität steht fest.
Seit 09.08.2015 ist der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufhältig. In Nigeria besuchte er zwölf Jahre lang die Schule und vier Jahre lang eine Technische Universität, wo er den Abschluss eines Elektrikers erwarb.
Er ist gesund und ist seine Erwerbsfähigkeit gegeben. Der Beschwerdeführer geht aktuell keiner Beschäftigung nach, ist weder Mitglied eines Vereins noch einer sonstigen Organisation. Seine Deutschkenntnisse bewegen sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Der Beschwerdeführer hat Mühe, einfache Sätze verstehen und verwenden; eine einfache Konversation in der deutschen Sprache kann mit dem Beschwerdeführer nicht geführt werden.
Er ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer ist seit Längerem in einer Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen und auch mit ihr verlobt.
Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 09.08.2015 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18.07.2017 abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen. Sein damaliges Fluchtvorbringen, dass sein Vater und seine Mutter von den Dorfbewohnern umgebracht worden seien, weil der Vater Götter angebetet habe bzw. dass der Beschwerdeführer mit einem Mann geschlafen habe, wurde für nicht glaubhaft befunden. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.10.2017, GZ I409 2167075-1/7E, ab; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Den ersten Asylfolgeantrag vom 06.12.2017, den der Beschwerdeführer wiederum mit seiner Homosexualität begründete, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 05.11.2018 wegen entschiedener Sache zurück und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 03.12.2018, GZ I414 2167075-2/3E, ab; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Den zweiten Asylfolgeantrag vom 16.01.2019, mit dem der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe aufrecht hielt und wiederum auf seine Homosexualität verwies, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 29.08.2019 wegen entschiedener Sache zurück und erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019, GZ I407 2167075-3/3E, abgewiesen; die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Der dritte Asylfolgeantrag des Beschwerdeführers vom 07.11.2019, den er wiederum sowohl vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch vor der belangten Behörde mit seiner Homosexualität begründete, wies das BFA mit Bescheid vom 25.09.2020 wegen entschiedener Sache hinsichtlich des Status des Asylberechtigten zurück und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Sie erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbot. Mit Erkenntnis vom 04.11.2020, I413 2167075-5/5E, gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen den Bescheid vom 25.09.2020 erhobenen Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass es in Spruchpunkt II. zu lauten hat: "Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen." Im Übrigen wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt."Der dritte Asylfolgeantrag des Beschwerdeführers vom 07.11.2019, den er wiederum sowohl vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes als auch vor der belangten Behörde mit seiner Homosexualität begründete, wies das BFA mit Bescheid vom 25.09.2020 wegen entschiedener Sache hinsichtlich des Status des Asylberechtigten zurück und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Sie erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbot. Mit Erkenntnis vom 04.11.2020, I413 2167075-5/5E, gab das Bundesverwaltungsgericht der gegen den Bescheid vom 25.09.2020 erhobenen Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass es in Spruchpunkt römisch II. zu lauten hat: "Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 07.11.2019 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen." Im Übrigen wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt römisch III. zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß Paragraph 57, AsylG wird Ihnen nicht erteilt."
Am 17.07.2023 stellte der Beschwerdeführer sodann einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 Abs 1 AsylG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 29.12.2023 als unzulässig zurückgewiesen und ein Mängelheilungsantrag abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.07.2024, GZ I411 2167075-6/2E, als unbegründet ab.Am 17.07.2023 stellte der Beschwerdeführer sodann einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 29.12.2023 als unzulässig zurückgewiesen und ein Mängelheilungsantrag abgewiesen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.07.2024, GZ I411 2167075-6/2E, als unbegründet ab.
Im verfahrensgegenständlichen vierten Asylfolgeantrag vom 02.08.2023 stellte der Beschwerdeführer sowohl in seiner Erstbefragung, als auch vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung erneut auf seine Homosexualität als Verfolgungsgrund ab.
Seiner Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt nach.
Der Beschwerdeführer ist nicht homosexuell.
Zwischen der Rechtskraft des ersten Asylverfahrens mit 23.10.2017 und der Zurückweisung des gegenständlichen fünften Antrages auf internationalen Schutz wurden keine neuen Fluchtgründe vorgebracht. Sein Vorbringen im Zuge der Folgeantragstellung, aufgrund seiner Homosexualität in Nigeria einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, wurde bereits im ersten Asylverfahren beurteilt und für nicht glaubhaft befunden.
Auch hat sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer in Hinblick auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht in einem Umfang verändert, dass von einer entscheidungswesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen wäre. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Art 2, Art 3 oder auch der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Weder wird ihm seine Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für ihn in Nigeria die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.Auch hat sich die individuelle Situation für den Beschwerdeführer in Hinblick auf seinen Herkunftsstaat Nigeria nicht in einem Umfang verändert, dass von einer entscheidungswesentlichen Änderung des Sachverhaltes auszugehen wäre. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine Verletzung von Artikel 2,, Artikel 3, oder auch der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Weder wird ihm seine Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für ihn in Nigeria die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria
Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat (Version 11, Datum der Veröffentlichung 16.08.2024) des Beschwerdeführers stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
1.2.1. Sicherheitslage
Nigeria sieht sich mit einer beispiellosen Welle unterschiedlicher, sich überschneidender Sicherheitskrisen konfrontiert. Fast jeder Teil des Landes ist aktuell von Gewalt und Kriminalität betroffen (ÖB Abuja 10.2023; vgl. EUAA 6.2024). Dies umfasst Banditentum (EUAA 6.2024), (Kindes)Entführungen (ÖB Abuja 10.2023; vgl. EUAA 6.2024, FH 2024), Raub, Klein- und Cyberkriminalität (ÖB Abuja 10.2023; vgl. EUAA 6.2024), Verbrechen, Terrorismus/Aufstände, Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen, Landstreitigkeiten (ÖB Abuja 10.2023; vgl. EUAA 6.2024, FH 2024), Ausbruch von Krankheiten, Proteste und Demonstrationen. In jüngster Zeit konnte eine Eskalation von einigen Konflikten beobachtet werden: So löste Nigeria mit April 2022 den Irak mit den meisten vom sog. Islamischen Staat (IS) beanspruchten Attentaten ab. Allein in den ersten 45 Tagen unter dem neugewählten Präsidenten Bola Tinubu wurden 230 Todesopfer verschiedener Krisenherde gezählt. Es handelt sich hierbei um eine konservative Zählung (ÖB Abuja 10.2023). Den nigerianischen Sicherheitskräften wurden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, darunter wahllose Luftangriffe (EUAA 6.2024).Nigeria sieht sich mit einer beispiellosen Welle unterschiedlicher, sich überschneidender Sicherheitskrisen konfrontiert. Fast jeder Teil des Landes ist aktuell von Gewalt und Kriminalität betroffen (ÖB Abuja 10.2023; vergleiche EUAA 6.2024). Dies umfasst Banditentum (EUAA 6.2024), (Kindes)Entführungen (ÖB Abuja 10.2023; vergleiche EUAA 6.2024, FH 2024), Raub, Klein- und Cyberkriminalität (ÖB Abuja 10.2023; vergleiche EUAA 6.2024), Verbrechen, Terrorismus/Aufstände, Auseinandersetzungen zwischen den Volksgruppen, Landstreitigkeiten (ÖB Abuja 10.2023; vergleiche EUAA 6.2024, FH 2024), Ausbruch von Krankheiten, Proteste und Demonstrationen. In jüngster Zeit konnte eine Eskalation von einigen Konflikten beobachtet werden: So löste Nigeria mit April 2022 den Irak mit den meisten vom sog. Islamischen Staat (IS) beanspruchten Attentaten ab. Allein in den ersten 45 Tagen unter dem neugewählten Präsidenten Bola Tinubu wurden 230 Todesopfer verschiedener Krisenherde gezählt. Es handelt sich hierbei um eine konservative Zählung (ÖB Abuja 10.2023). Den nigerianischen Sicherheitskräften wurden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, darunter wahllose Luftangriffe (EUAA 6.2024).
Im Nordosten, im Nordwesten und im Zentrum Nigerias verschlechtert sich die Sicherheitslage (AA 21.12.2023). ISWAP (Islamischer Staat Westafrika Provinz), Boko Haram und Ansaru setzen ihre Angriffe auf nigerianische Regierungs- und Sicherheitskräfte und Zivilisten in den nördlichen und zentralen Regionen Nigerias fort. Bei den Angriffen der Boko Haram wird offenbar nicht zwischen Zivilisten und Regierungsbeamten unterschieden, während die ISWAP ihre Angriffe im Allgemeinen auf die Regierung und die Sicherheitskräfte konzentriert und ihre Bemühungen um die Einrichtung von Schattenregierungsstrukturen ausweitet. Im Jahr 2022 bekämpften sich Boko Haram und ISWAP weiterhin gegenseitig, wobei Boko Haram erheblich geschwächt wurde, während ISWAP seine geografische Präsenz ausgeweitet hat (USDOS 30.11.2023).
Im Jahr 2023 wurden im Nordwesten Banditenbanden für Entführungen, sexuelle Gewalt und Plünderungen verantwortlich gemacht, während im Nordosten ein Wiedererstarken des ISWAP zu verzeichnen war. Die Nord-Zentral-Region und der Nordwesten waren die beiden geopolitischen Zonen, die am stärksten vom Banditentum betroffen waren (EUAA 6.2024). Im Nordwesten des Landes ist organisierte Bandenkriminalität präsent, v. a. in den Bundesstaaten Zamfara, Katsina und Kaduna. Bei schweren Überfällen auf Dörfer werden dabei regelmäßig Zivilisten getötet, verschleppt und vertrieben (AA 21.12.2023). Der Nordwesten Nigerias (Bundesstaaten: Kaduna, Kano, Jigawa, Kebbi, Sokoto, Zamfara) erlebt einen komplexen, multidimensionalen Konflikt, den verschiedene Banden und ethnische Milizen gegen die Regierung führen. Die Zahl an Todesopfern durch Bandenkriminalität im Nordwesten gleichen mittlerweile jener im Nordosten durch Terrorismus (ÖB Abuja 10.2023).
Im Nordosten erfolgen Angriffe vorwiegend durch Boko Haram sowie ISWAP, die ihre Basis in den Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa haben. Seit 2021 gibt es auch Angriffe von Terrorgruppen in den Bundesstaaten Niger, Kaduna, Kogi, Bauchi, Ondo, Zamfara, Taraba, Jigawa, Sokoto, Edo und Kano, wie auch im Federal Capital Territory (FCT) (FCDO 26.7.2024).
Seit vielen Jahren gibt es in Nigeria gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen nomadischen Viehhirten (muslimische Hausa und Fulani) und sesshaften Bauern (überwiegend christlich). Der Konflikt breitet sich im ganzen Land aus, aber vor allem der „Middle Belt“ in Zentralnigeria ist besonders betroffen (ÖB Abuja 10.2023; vgl. FH 2024). Im Middle Belt und in der Nord-Zentral-Region setzte sich der Konflikt zwischen Bauern und Hirten fort, bei dem es zu Todesfällen kommt (EUAA 6.2024). Beide Seiten machen sich Hassreden und Gewaltverbrechen schuldig (AA 21.12.2023). Standen zu Beginn vor allem die Bundesstaaten Kaduna und Plateau im Zentrum der Auseinandersetzungen, haben sich diese südlich nach Nasarawa, Benue, Taraba und Adamawa ausgeweitet (AA 21.12.2023). Bei Zusammenstößen um begrenzte Ressourcen wurden bereits Tausende Menschen getötet sowie Sachbeschädigungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen begangen (ÖB Abuja 10.2023). Es handelt sich hierbei inzwischen um den Konflikt mit den meisten Todesopfern im Land (AA 21.12.2023).Seit vielen Jahren gibt es in Nigeria gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen nomadischen Viehhirten (muslimische Hausa und Fulani) und sesshaften Bauern (überwiegend christlich). Der Konflikt breitet sich im ganzen Land aus, aber vor allem der „Middle Belt“ in Zentralnigeria ist besonders betroffen (ÖB Abuja 10.2023; vergleiche FH 2024). Im Middle Belt und in der Nord-Zentral-Region setzte sich der Konflikt zwischen Bauern und Hirten fort, bei dem es zu Todesfällen kommt (EUAA 6.2024). Beide Seiten machen sich Hassreden und Gewaltverbrechen schuldig (AA 21.12.2023). Standen zu Beginn vor allem die Bundesstaaten Kaduna und Plateau im Zentrum der Auseinandersetzungen, haben sich diese südlich nach Nasarawa, Benue, Taraba und Adamawa ausgeweitet (AA 21.12.2023). Bei Zusammenstößen um begrenzte Ressourcen wurden bereits Tausende Menschen getötet sowie Sachbeschädigungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen begangen (ÖB Abuja 10.2023). Es handelt sich hierbei inzwischen um den Konflikt mit den meisten Todesopfern im Land (AA 21.12.2023).
Die Lage im Südosten des Landes („Biafra“) bleibt latent konfliktanfällig. In Nigeria selbst haben die Auseinandersetzungen zwischen Regierung und der seit 2017 als „terroristische Vereinigung“ verbotenen IPOB (Indigenous People of Biafra) zugenommen (AA 21.12.2023). Es besteht eine hohe Gefahr für Entführungen und anderen bewaffneten Angriffen auf Öl- und Gasanlagen im Nigerdelta. Dies gilt auch für Anlagen auf See (FCDO 26.7.2024). Im Niger-Delta (Zentrum der Erdöl- und Erdgasindustrie) klagt die dortige Bevölkerung über massive, auch durch internationale Ölförderkonzerne verursachte, Umweltdegradation, jahrzehntelange Benachteiligung, kaum vorhandene Infrastruktur oder Bildungseinrichtungen und Korruption (AA 21.12.2023).
Die Kriminalitätsrate in Nigeria ist sehr hoch, die allgemeine Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren laufend verschlechtert. In allen Regionen können unvorhersehbare lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser, gesellschaftlicher oder ethnischer Art. Insbesondere die Bundesstaaten Zamfara, das westliche Taraba und das östliche Nasarawa, das nördliche Sokoto und die Bundesstaaten Plateau, Kaduna, Benue, Niger und Kebbi sind derzeit von bewaffneten Auseinandersetzungen bzw. inner-ethnischen Konflikten zwischen nomadisierenden Viehzüchtern und sesshaften Farmern sowie organisierten kriminellen Banden betroffen. In den südöstlichen und südlichen Bundesstaaten Imo, Rivers, Anambra, Enugu, Ebonyi und Akwa-Ibom kommt es derzeit gehäuft zu bewaffneten Angriffen auf Institutionen staatlicher Sicherheitskräfte. Die nigerianische Polizei hat nach einem erheblichen Anstieg von Sicherheitsvorfällen am 19.5.2021 die "Operation Restore Peace" in diesen Bundesstaaten begonnen. Dies kann lokal zu einer höheren polizeilichen Präsenz führen. In den nordöstlichen Landesteilen werden fortlaufend terroristische Gewaltakte, wie Angriffe und Sprengstoffanschläge von militanten Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Schulen, Kirchen und Moscheen verübt. Auch Angriffe auf dort tätige humanitäre Hilfsorganisationen waren zu verzeichnen. In den nördlichen bzw. nordwestlichen Bundesstaaten, insbesondere im Grenzgebiet zu Niger, kommt es verstärkt zu Entführungen und schweren Gewaltakten, deren Urheberschaft nicht eindeutig ist, die aber unter Umständen ebenfalls terroristischen Gruppen zuzuschreiben sind (AA 5.6.2024).
Im Jahr 2023 berichtete Nigeria Watch, dass die Hauptursachen für Gewalt und Todesfälle im Land kriminelle Aktivitäten waren, gefolgt von politischen und religiösen Problemen und Verkehrsunfällen. Im Jahr 2023 sank die Zahl der Todesopfer durch Banditentum auf dem Land und Gegenmaßnahmen der Regierung auf 892 gegenüber 5.725 Todesopfern im Jahr 2022. Im Jahr 2023 war der Bundesstaat Borno mit 29,03 Todesopfern pro 100.000 Einwohner der gefährlichste Bundesstaat Nigerias, was vor allem auf den Boko-Haram-Konflikt zurückzuführen ist. Dicht darauf folgten die Bundesstaaten Plateau (14,29) und Benue (12,68). In krassem Gegensatz dazu erwies sich Ekiti mit nur 0,73 Todesopfern pro 100 000 Einwohner als der friedlichste Bundesstaat. Weitere Staaten mit niedrigen Todesraten waren Kano (1,12), Akwa Ibom (1,25) und Oyo (1,3) (NiWa o.D.).
Die nigerianische Armee ist in allen 36 Bundesstaaten des Landes im Einsatz; im Nordosten führt sie Operationen zur Aufstandsbekämpfung und Terrorismusbekämpfung gegen die Terrorgruppen Boko Haram und ISWAP durch, wo sie zeitweise bis zu 70.000 Soldaten eingesetzt hat und seit 2009 schätzungsweise 35-40.000 Menschen, zumeist Zivilisten, durch dschihadistische Gewalt getötet wurden; im Nordwesten sieht sie sich einer wachsenden Bedrohung durch kriminelle Banden - im Volksmund Banditen genannt - und Gewalt im Zusammenhang mit langjährigen Konflikten zwischen Bauern und Hirten sowie durch Boko Haram- und ISWAP-Terroristen ausgesetzt. Die Zahl der Banditen im Nordwesten Nigerias wird auf etwa 10.000 geschätzt, und die Gewalt dort hat seit Mitte der 2010er-Jahre mehr als 10.000 Menschen getötet. Das Militär schützt auch weiterhin die Ölindustrie in der Region des Nigerdeltas vor militanten und kriminellen Aktivitäten; seit 2021 wurden zusätzliche Truppen und Sicherheitskräfte in den Osten Nigerias entsandt, um die erneute Agitation für einen Staat Biafra zu unterdrücken (CIA 28.5.2024).
Demonstrationen und Proteste sind insbesondere in Abuja und Lagos, aber auch in anderen großen Städten möglich und können zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen (AA 5.6.2024). Politische Kundgebungen, Proteste und gewalttätige Demonstrationen können im ganzen Land unangekündigt stattfinden (FCDO 26.7.2024).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2024): Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788#content_5, Zugriff 29.7.2024
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.12.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Nigeria (Stand: November 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2102769/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Nigeria,_21.12.2023.pdf, Zugriff 27.5.2024 [Login erforderlich]
? CIA - Central Intelligence Agency [USA] (28.5.2024): The World Factbook: Nigeria, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/nigeria/#military-and-security, Zugriff 6.6.2024
? EUAA - European Union Agency for Asylum (6.2024): Nigeria - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/2112320/2024_07_EUAA_COI_Report_Nigeria_Country_Focus.pdf, Zugriff 29.7.2024
? FCDO - Foreign, Commonwealth & Development Office [United Kingdom] (26.7.2024): Safety and security - Nigeria travel advice, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/nigeria/safety-and-security, Zugriff 29.7.2024
? FH - Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105060.html, Zugriff 3.6.2024
? NiWa - Nigeria Watch (o.D.): Thirteenth report on violence in Nigeria, https://www.nigeriawatch.org/media/html/Reports/NGA-Watch-Report23VF.pdf, Zugriff 29.7.2024
? ÖB Abuja - Österreichische Botschaft Abuja [Österreich] (10.2023): Asylländerbericht Nigeria Oktober 2023 [Login erforderlich]
? USDOS - United States Department of State [USA] (30.11.2023): Country Report on Terrorism 2022 - Chapter 1 - Nigeria, https://www.ecoi.net/de/dokument/2101586.html, Zugriff 29.7.2024
1.2.2. Sicherheitsbehörden
Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 370.000 (ÖB Abuja 10.2023; vgl. CIA 28.5.2024) bzw. 360.000 Mann starken (Bundes-)Polizei [Anm.: National Police Force - NPF], die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht (AA 21.12.2023). Das Verhältnis von Polizei zu Bevölkerung, etwa ein Polizist pro 600 Nigerianer, ist im UN-Vergleich sehr niedrig (ÖB Abuja 10.2023).Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der rund 370.000 (ÖB Abuja 10.2023; vergleiche CIA 28.5.2024) bzw. 360.000 Mann starken (Bundes-)Polizei [Anm.: National Police Force - NPF], die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht (AA 21.12.2023). Das Verhältnis von Polizei zu Bevölkerung, etwa ein Polizist pro 600 Nigerianer, ist im UN-Vergleich sehr niedrig (ÖB Abuja 10.2023).
Die nigerianischen Streitkräfte [Anm.: die dem Verteidigungsministerium unterstehen], haben wesentliche Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte umfassen 2023 schätzungsweise 135.000 Mann, davon 100.000 in der Armee, 20.000 bei Marine und Küstenwache, sowie 15.000 in der Luftwaffe. Paramilitärische Gruppen werden auf eine Gesamtstärke von 80.000 geschätzt (CIA 28.5.2024).
Einige Landesregierungen schufen quasi-unabhängige Sicherheitskräfte. Diese Kräfte stammen in der Regel aus demselben geografischen Gebiet oder derselben ethnischen Gruppe. Die Bundesregierung steht solchen Kräften in Abstufungen von stillschweigender Akzeptanz bis hin zu offener Feindseligkeit gegenüber (USDOS 23.4.2024). Anhaltende Kapazitätsprobleme in Verbindung mit der Politisierung der Sicherheitsvorkehrungen haben zur Entstehung einer Reihe von informellen Bürgerwehr-Gruppen mit unterschiedlichen ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten und Verbindungen zu lokalen Gemeinschaften und offiziellen staatlichen Stellen geführt (ÖB Abuja 10.2023).
Etwa 100.000 Polizisten sollen bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen als Sicherheitskräfte tätig sein. Alle Sicherheitsorgane (Militär, Staatsschutz sowie paramilitärische Einheiten, die sogenannten Rapid Response Squads) werden neben der Polizei auch im Innern eingesetzt (AA 21.12.2023).
Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA wird im Vergleich zu anderen Behörden mit polizeilichen Befugnissen eine gewisse Professionalität attestiert. In den Zuständigkeitsbereich dieser Behörde fällt Dekret 33, welches ein zusätzliches Verfahren für im Ausland bereits wegen Drogendelikten verurteilte, nigerianische Staatsbürger vorsieht. Dagegen zeichnen sich die NPF und die Mobile Police (MOPOL) durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, häufige Willkür und geringen Diensteifer aus (ÖB Abuja 10.2023). Die Polizei ist durch niedrige Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet (AA 21.12.2023).
Die Straflosigkeit ist nach wie vor ein großes Problem bei den Sich