TE Bvwg Erkenntnis 2024/8/21 W156 2289844-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.08.2024
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Entscheidungsdatum

21.08.2024

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W156 2289844-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, gesetzlich vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 01.03.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.06.2024 zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des mj. römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Syrien, gesetzlich vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, diese vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 01.03.2024, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.06.2024 zu Recht:

A) Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. wird als unbegründet abgewiesen.A) Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 10.11.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen und gab an, er habe Syrien verlassen, weil dort Bürgerkrieg herrsche. Er habe Waffen für verschiedenen Gruppen tragen müssen und wolle dies nicht. Sein Vater habe ihm empfohlen, das Land zu verlassen. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er, in den Krieg gezogen zu werden.

2. Am 20.09.2023 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass es in seiner Heimatstadt mehrere Razzien der Kurden gegeben habe, um junge Burschen zwingen zu können, an den Kriegshandlungen teilzunehmen. Das Alter sei nicht wichtig, sondern nur, wie groß man sei und dass man eine Waffe tragen könne. Es habe keine Sicherheit mehr gegeben und man habe vorsichtig sein müssen, nicht bei solchen Razzien inhaftiert zu werden. Den letzten Monat vor seiner Ausreise habe er nicht mehr gearbeitet und sich die meiste Zeit zu Hause versteckt. Sein Vater habe Sorge um den Beschwerdeführer gehabt, da Freunde im Alter des Beschwerdeführers von den Kurden entführt worden und nun verschollen seien. Sein Vater werde auch für den Reservedienst gesucht. Der Beschwerdeführer sei nach Österreich gekommen, um in Frieden leben zu können und wolle er auch eine bessere Zukunft haben.

Der Beschwerdeführer legte seinen syrischen Personalausweis, Zivilregisterauszüge und das Familienbuch im Original vor.

3. Mit Bescheid vom 01.03.2024, Zl. XXXX , zugestellt am 07.03.2024, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 10.11.2022 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten (gemeint wohl in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien) zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit Bescheid vom 01.03.2024, Zl. römisch 40 , zugestellt am 07.03.2024, wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz vom 10.11.2022 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten (gemeint wohl in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien) zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

4. Gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, welche am 03.04.2024 bei der belangten Behörde einlangte.4. Gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, welche am 03.04.2024 bei der belangten Behörde einlangte.

5. Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 04.04.2024 zur Entscheidung vor.

6. Am 20.06.2024 übermittelte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht einen Kartenausschnitt, aus welchem sein Heimatort ersichtlich ist.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte über die eingebrachte Beschwerde am 27.06.2024 eine öffentliche, mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seines Rechtsvertreters und einer Dolmetscherin der Sprache Arabisch durch. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.

Beigeschafft wurden folgende Berichte zur Situation in Syrien:

-        COI-CMS Country of Origin Information – Content Managament System, Version 11 vom 27.03.2024,

-        EUAA Country Guidance 17.04.2024,

-        EUAA COI Report, Syria Security Situation Oktober 2023,

-        EUAA, Syria Targeting of Individuals September 2022,

-        EASO Syria Military service Country of Origin Information Report April 2021,

-        UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 6. aktualisierte Fassung vom März 2021,

-        UNHCR Latest Country Information on Syria with Focus on Returnees, Juni 2024,

-        ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien – Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion vom 08.09.2022,

-        Anfragebeantwortung zu Syrien– syrische Wehrdienstgesetze vom 16.09.2022,

-        Anfragebeantwortung zu Syrien – Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion vom 16.09.2022,

-        Anfragebeantwortung zu Syrien – Wehrpflicht in Gebieten außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung vom 14.10.2022,

-        Anfragebeantwortung zu Syrien – Rückkehrer nach Syrien vom 14.10.2022,

-        DIS, Syria Treatment upon return Mai 2022,

-        DIS, Syria Military recruitment in Hasakah Governorate, Dezember 2022,

-        DIS, Syria Military service; recruitment procedure, conscripts’ duties and military service für naturalised Ajanibs, Juli 2023,

-        ACCORD; Anfragebeantwortung zu Syrien: Zwangsrekrutierung von Erwachsenen durch die Syrische Nationale Armee (SNA) oder andere oppositionelle militärische Gruppierungen in Dscharabulus; Personengruppen mit höherer Wahrscheinlichkeit von derartigen Rekrutierungen; Sanktionen gegen Personen, die eine Rekrutierung verweigern; Unterstellung oppositioneller Gesinnung im Falle einer Verweigerung; Zugriffsmöglichkeiten der syrischen Armee auf wehrdienstpflichtige Personen in Dscharabulus, 20. März 2023,

-        Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front vom 6. September 2023,

-        BFA Staatendokumentation, Themenbericht Syrien – Grenzübergänge vom 25.10.2023,

-        ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien: Gefälschte Dokumente bzw. echte Dokumente mit wahrheitswidrigem Inhalt (insb. Militär- u. Personalausweise, Strafregister-, Personenstands- und Familienbuchauszüge); Häufigkeit, Erlangung, Vorgehensweise, Preis, Bezahlung, Aushändigung durch Schlepper) [a-12196] vom 3. August 2023,

-        BFA Staatendokumentation - Syrische Dokumente mit falschem Inhalt und QR-Codes vom 14.06.2024

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der minderjährige Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und wurde am XXXX geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist gesund, ledig und hat keine Kinder.Der minderjährige Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und wurde am römisch 40 geboren. Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist gesund, ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer wurde in der Stadt ar-Raqqa im gleichnamigen Gouvernement geboren und wuchs dort auch auf. Er besuchte sieben Jahre die Schule und arbeitete anschließend als Schneider und Verkäufer von Kopftüchern und anderen Textilien.

Die Eltern des Beschwerdeführers, seine Schwester und die beiden jüngeren Brüder leben weiterhin in ar-Raqqa in einem Mietshaus. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitet als Buchhalter in einem Restaurant. In Syrien leben auch noch die Großeltern des Beschwerdeführers sowie Tanten und Onkeln.

Das Gouvernement ar-Raqqa ist in drei Kontrollbereiche unterteilt. Ein Teil nördlich des Euphrats, darunter die Stadt ar-Raqqa, wird von den kurdisch dominierten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF), ein Teil im Norden rund um das Gebiet von Tal Abyad wird von türkischen Truppen kontrolliert. Die Regierungsgruppen und ihre Verbündeten kontrollieren die südlichen Teile des Gouvernements ar-Raqqa und sind auch in den SDF-kontrollierten Teilen des Gouvernements präsent (an den Hauptstraßen und Frontlinien zwischen den von SDF und den Türken kontrollierten Gebieten).

Der Beschwerdeführer reiste im September 2022 aus Syrien aus. Er beantragte nach seiner Einreise nach Österreich am 10.11.2022 die Zuerkennung von internationalen Schutz. Mit Bescheid des BFA vom 01.03.2024 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zuerkannt.

Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers

1.2.1. Im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung gilt die Wehrpflicht für Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Der XXXX -jährige Beschwerdeführer unterliegt aufgrund seines Alters im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht der für Männer in der kurdischen Selbstverwaltung bestehenden Wehrpflicht.1.2.1. Im Gebiet der kurdischen Selbstverwaltung gilt die Wehrpflicht für Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Der römisch 40 -jährige Beschwerdeführer unterliegt aufgrund seines Alters im Falle einer Rückkehr nach Syrien nicht der für Männer in der kurdischen Selbstverwaltung bestehenden Wehrpflicht.

Im Falle einer hypothetischen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Erreichen des 18. Lebensjahrs befände er sich im wehrpflichtigen Alter. Sollte der Beschwerdeführer in diesem Fall zum verpflichtenden Wehrdienst bei den kurdischen Selbstverteidigungseinheiten eingezogen werden und diesen verweigern, wäre er nicht der Gefahr ausgesetzt, von den kurdischen Autonomiebehörden als der Opposition zugehörig wahrgenommen zu werden. Der Beschwerdeführer war weder in Syrien noch außerhalb politisch tätig und ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung oder Partei. Das Wehrpflichtgesetz der kurdischen Selbstverwaltung wird zwar auch mit Gewalt durchgesetzt. Wer versucht, dem Wehrdienst zu entgehen, wird mit einer Verlängerung der Wehrpflicht um ein Monat bestraft. Fallweise kann es zu einer Inhaftierung von bis zu zwei Wochen kommen, XXXX . Im Fall von Verweigerung aus Gewissensgründen oder im Fall einer Verhaftung wegen Wehrdienstverweigerung erhöht sich der Wehrdienst auf 15 Monate.Im Falle einer hypothetischen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Erreichen des 18. Lebensjahrs befände er sich im wehrpflichtigen Alter. Sollte der Beschwerdeführer in diesem Fall zum verpflichtenden Wehrdienst bei den kurdischen Selbstverteidigungseinheiten eingezogen werden und diesen verweigern, wäre er nicht der Gefahr ausgesetzt, von den kurdischen Autonomiebehörden als der Opposition zugehörig wahrgenommen zu werden. Der Beschwerdeführer war weder in Syrien noch außerhalb politisch tätig und ist nicht Mitglied einer oppositionellen Gruppierung oder Partei. Das Wehrpflichtgesetz der kurdischen Selbstverwaltung wird zwar auch mit Gewalt durchgesetzt. Wer versucht, dem Wehrdienst zu entgehen, wird mit einer Verlängerung der Wehrpflicht um ein Monat bestraft. Fallweise kann es zu einer Inhaftierung von bis zu zwei Wochen kommen, römisch 40 . Im Fall von Verweigerung aus Gewissensgründen oder im Fall einer Verhaftung wegen Wehrdienstverweigerung erhöht sich der Wehrdienst auf 15 Monate.

1.2.2. Im Juni 2019 wurde von den SDF und dem Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte ein Aktionsplan zur Beendigung und Verhinderung der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindern unter 18 Jahren unterzeichnet. 2020 beschloss der Exekutivrat der Selbstverwaltung die Einrichtung von Kinderschutzbüros und es gibt anhaltende Bemühungen der SDF, der Praxis der Rekrutierung von Kindern ein Ende zu setzen. Nach Schließung der Büros zum Schutz Minderjähriger in bewaffneten Konflikten im Mai 2022 wurden diese im April 2023 wieder geöffnet.

Die Kernfamilie des Beschwerdeführers lebt weiterhin in ar-Raqqa und wird durch die Arbeit des Vaters versorgt. Einige weitere Verwandte, wie Onkeln und sein Großvater, leben ebenso in Syrien. Wenn auch im AANES-Gebiet weiterhin Rekrutierungen von Minderjährigen stattfinden, so ist aufgrund der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers nicht von der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die SDF, die RYU (Revolutionäre Jugend Union; al-Shabiba al-Thawriya) bzw. die YPG in seiner – von diesen Gruppierungen kontrollierten – Herkunftsregion auszugehen.

1.2.3. Der verpflichtende Wehrdienst der syrischen Streitkräfte gilt für männliche Staatsangehörige ab dem Alter von 18 Jahren, wobei ab 17 Jahren bereits gewisse staatlichen Vorbereitungsmaßnahmen, nämlich die Abholung des Militärbuchs und eine medizinische Untersuchung, getroffen werden. Der Beschwerdeführer ist derzeit XXXX Jahre alt und unterliegt noch nicht der Wehrpflicht der syrischen Streitkräfte und ist er auch noch nicht aufgerufen, sich den Vorbereitungsmaßnahmen zu unterziehen. Er hat sich bislang nicht politisch betätigt oder sonst mit dem Wehrdienst für die syrische Armee auseinandergesetzt.1.2.3. Der verpflichtende Wehrdienst der syrischen Streitkräfte gilt für männliche Staatsangehörige ab dem Alter von 18 Jahren, wobei ab 17 Jahren bereits gewisse staatlichen Vorbereitungsmaßnahmen, nämlich die Abholung des Militärbuchs und eine medizinische Untersuchung, getroffen werden. Der Beschwerdeführer ist derzeit römisch 40 Jahre alt und unterliegt noch nicht der Wehrpflicht der syrischen Streitkräfte und ist er auch noch nicht aufgerufen, sich den Vorbereitungsmaßnahmen zu unterziehen. Er hat sich bislang nicht politisch betätigt oder sonst mit dem Wehrdienst für die syrische Armee auseinandergesetzt.

Zudem befindet sich ar-Raqqa und die umliegende Region unter der Kontrolle der kurdischen SDF und hat das syrische Regime in dieser Region keinen Zugriff auf den Beschwerdeführer, da zwar Truppen des Regimes in den Gebieten der Selbstverwaltung (Nordost-Syrien) präsent sind, jedoch abgesehen von den Enklaven in den Städten al-Hassakah und Qamishli keine Rekrutierungen durchführen können. Auch im Falle der Volljährigkeit bzw. des Erreichens des Alters von 17 Jahren wäre der Beschwerdeführer in seinem Heimatdorf bzw. der umliegenden Region nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt, zum verpflichtenden Wehrdienst in der syrischen Armee einberufen zu werden.

Dem Beschwerdeführer ist die Einreise in seine Heimatregion ohne Kontakt zum syrischen Regime über einen nicht von der syrischen Regierung kontrollierten Grenzübergang möglich. So befinden sich die Grenzübergänge Öncüp?nar – Bab al-Salam und Çobanbey – Al-Ra'ee, welche zum Entscheidungszeitpunkt geöffnet sind. Beide Grenzübergänge führen von der Türkei in jene syrischen Gebiete, welche von der Türkei und Türkei-nahen Milizen kontrolliert werden. Die Einreise von diesen Gebieten in das AANES-Gebiet, in welchem ar-Raqqa liegt, ist dem Beschwerdeführer ebenso ohne Kontakt mit der syrischen Regierung möglich.

Zudem kann er über den irakisch-syrischen Grenzübergang Faysh Khabur – Semalka einreisen, der die Autonome Region Kurdistan mit dem AANES-Gebiet verbindet und auf beiden Seiten unter kurdischer Kontrolle steht. Der Beschwerdeführer kann seine Heimatregion ar-Raqqa von Semalka aus ohne Durchquerung des Regierungsgebiets und unter Umgehung allfälliger Checkpoints des Regimes erreichen.

1.2.4. Ebenso ist der Beschwerdeführer in Syrien keiner Bedrohung aufgrund dessen, dass sein Vater den Reservedienst für das syrische Militär nicht abgeleistet hat, ausgesetzt. Männer sind in Syrien nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes Reservisten und können bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden. Der Vater des Beschwerdeführers ist XXXX geboren und als nunmehr XXXX -jähriger somit nicht mehr reservedienstpflichtig.1.2.4. Ebenso ist der Beschwerdeführer in Syrien keiner Bedrohung aufgrund dessen, dass sein Vater den Reservedienst für das syrische Militär nicht abgeleistet hat, ausgesetzt. Männer sind in Syrien nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes Reservisten und können bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Dienst einberufen werden. Der Vater des Beschwerdeführers ist römisch 40 geboren und als nunmehr römisch 40 -jähriger somit nicht mehr reservedienstpflichtig.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers

Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:

-        Länderinformation der Staatendokumentation Syrien vom 27.03.2023, Version 11 (LIB)

1.3.1. Politische Lage

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt. In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (LIB S. 6 f.).Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte. Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba'athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten. Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt. In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (LIB Sitzung 6 f.).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB S. 3). Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba'ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt. Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weitverbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (LIB Sitzung 3).

Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (LIB S. 3 f.).Die Entscheidung Moskaus, 2015 in Syrien militärisch zu intervenieren, hat das Assad-Regime in Damaskus effektiv geschützt. Russische Luftstreitkräfte und nachrichtendienstliche Unterstützung sowie von Iran unterstützte Milizen vor Ort ermöglichten es dem Regime, die Opposition zu schlagen und seine Kontrolle über große Teile Syriens brutal wiederherzustellen. Seit März 2020 scheint der Konflikt in eine neue Patt-Phase einzutreten, in der drei unterschiedliche Gebiete mit statischen Frontlinien abgegrenzt wurden. Das Assad-Regime kontrolliert rund 70 Prozent des syrischen Territoriums. Seit dem Höhepunkt des Konflikts, als das Regime - unterstützt von Russland und Iran - unterschiedslose, groß angelegte Offensiven startete, um Gebiete zurückzuerobern, hat die Gewalt deutlich abgenommen. Auch wenn die Gewalt zurückgegangen ist, kommt es entlang der Konfliktlinien im Nordwesten und Nordosten Syriens weiterhin zu kleineren Scharmützeln. Im Großen und Ganzen hat sich der syrische Bürgerkrieg zu einem internationalisierten Konflikt entwickelt, in dem fünf ausländische Streitkräfte - Russland, Iran, die Türkei, Israel und die Vereinigten Staaten - im syrischen Kampfgebiet tätig sind und Überreste des Islamischen Staates (IS) regelmäßig Angriffe durchführen. Solange das militärische Engagement von Iran, Russland, Türkei und USA auf bisherigem Niveau weiterläuft, sind keine größeren Veränderungen bei der Gebietskontrolle zu erwarten (LIB Sitzung 3 f.).

Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqa, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB S. 4).Der Machtanspruch des syrischen Regimes wird in einigen Gebieten unter seiner Kontrolle angefochten. Dem Regime gelingt es dort nur bedingt, das staatliche Gewaltmonopol durchzusetzen. Im Gouvernement Suweida kommt es beispielsweise seit dem 20.8.2023 zu täglichen regimekritischen Protesten, darunter Straßenblockaden und die zeitweise Besetzung von Liegenschaften der Regime-Institutionen. In den vom Regime kontrollierten Gebieten unterdrücken die Sicherheits- und Geheimdienstkräfte des Regimes, die Milizen und die Verbündeten aus der Wirtschaft aktiv die Autonomie der Wähler und Politiker. Ausländische Akteure wie das russische und das iranische Regime sowie die libanesische Schiitenmiliz Hizbollah üben ebenfalls großen Einfluss auf die Politik in den von der Regierung kontrollierten Gebieten aus. In den übrigen Landesteilen üben unverändert de facto Behörden Gebietsherrschaft aus. Im Nordwesten kontrolliert die von der islamistischen Terrororganisation Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) gestellte Syrische Errettungsregierung (SSG) weiterhin Gebiete in den Gouvernements Idlib, Lattakia, Hama und Aleppo. In Teilen des Gouvernements Aleppo sowie in den von der Türkei besetzten Gebieten im Norden beansprucht weiterhin die von der syrischen Oppositionskoalition (SOC/Etilaf) bestellte Syrische Interimsregierung (SIG) den Regelungsanspruch. Die von kurdisch kontrollierten Kräften abgesicherten sogenannten Selbstverwaltungsbehörden im Nordosten (AANES) üben unverändert Kontrolle über Gebiete östlich des Euphrats in den Gouvernements ar-Raqqa, Deir ez-Zor und al-Hassakah sowie in einzelnen Ortschaften im Gouvernement Aleppo aus. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen bleibt Syrien, bis hin zur subregionalen Ebene, territorial fragmentiert. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen. Im syrischen Bürgerkrieg hat sich die Grenze zwischen Staat und Nicht-Staat zunehmend verwischt. Im Laufe der Zeit haben sowohl staatliche Akteure als auch nicht-staatliche bewaffnete Gruppen parallele, miteinander vernetzte und voneinander abhängige politische Ökonomien geschaffen, in denen die Grenzen zwischen formell und informell, legal und illegal, Regulierung und Zwang weitgehend verschwunden sind. Die Grenzgebiete in Syrien bilden heute ein einziges wirtschaftliches Ökosystem, das durch dichte Netzwerke von Händlern, Schmugglern, Regimevertretern, Maklern und bewaffneten Gruppen miteinander verbunden ist (LIB Sitzung 4).

Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB S. 4 f.).Die politische Gesamtlage in Syrien zeigt sich [im Berichtszeitraum März 2023 – Oktober 2023] nicht wesentlich verändert. Der Konflikt in Syrien befindet sich in einer Patt-Situation mit wenig Aussicht auf eine baldige politische Lösung. Eine realistische Perspektive für eine Veränderung des politischen Status Quo in den Regimegebieten, etwa zugunsten oppositioneller Kräfte, ob auf politischem oder militärischem Wege, besteht aktuell nicht. Auch der politische Prozess für eine von den Konfliktparteien verhandelte, inklusive Lösung des Konflikts gemäß Sicherheitsratsresolution 2254 der Vereinten Nationen (VN) (vorgesehen danach u. a. Ausarbeitung einer neuen Verfassung, freie und faire Wahlen unter Aufsicht der VN und unter Beteiligung der syrischen Diaspora) unter Ägide der VN stagniert. Ausschlaggebend dafür bleibt die anhaltende Blockadehaltung des Regimes, das keinerlei Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts zeigt und vor diesem Hintergrund jegliche Zugeständnisse verweigert. Alternative politische Formate unter Führung verschiedener Mächte haben bislang keine Fortschritte gebracht. Letztlich ist es das Ziel der Assad-Regierung, die Kontrolle über das gesamte syrische Territorium wiederzuerlangen. Russland, die Türkei, die Vereinigten Staaten und Iran unterstützen die Kriegsparteien weiterhin militärisch und finanziell (LIB Sitzung 4 f.).

Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon -, Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft. Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren. Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB S. 5).Im Äußeren gelang es dem syrischen Regime, sich dem Eindruck internationaler Isolation entgegenzusetzen. Das propagierte „Normalisierungsnarrativ“ verfängt insbesondere bei einer Reihe arabischer Staaten. Im Mai 2023 wurde Syrien wieder in die Arabische Liga aufgenommen, von der es im November 2011 aufgrund der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste ausgeschlossen worden war. Als Gründe für die diplomatische Annäherung wurden unter anderem folgende Interessen der Regionalmächte genannt: Rückkehr von syrischen Flüchtlingen in ihr Heimatland, die Unterbindung des Drogenschmuggels in die Nachbarländer - insbesondere von Captagon -, Ängste vor einer Machtübernahme islamistischer Extremisten im Fall eines Sturzes des Assad-Regimes sowie die Eindämmung des Einflusses bewaffneter, von Iran unterstützter Gruppierungen, insbesondere im Süden Syriens. Das syrische Regime zeigt laut Einschätzung eines Experten für den Nahen Osten dagegen bislang kein Interesse, eine große Anzahl an Rückkehrern wiederaufzunehmen und Versuche, den Drogenhandel zu unterbinden, erscheinen in Anbetracht der Summen, welche dieser ins Land bringt, bislang im besten Fall zweifelhaft. Am 3.7.2023 reiste erneut der jordanische Außenminister Ayman Safadi nach Damaskus, um Bemühungen zur Schaffung von Bedingungen für die Rückkehr von syrischen Geflüchteten aus Jordanien zu intensivieren. Die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Gesamtheit und die USA stellen sich den Normalisierungsbestrebungen politisch unverändert entgegen (LIB Sitzung 5).

Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (LIB S. 5).Regional positionierte sich das Regime seit Ausbruch der kriegerischen Kampfhandlungen zwischen Israel und der Hamas in und um Gaza seit dem 7.10.2023 öffentlich an der Seite der Palästinenser und kritisierte Israel, mit dem sich Syrien formell weiterhin im Kriegszustand befindet, scharf (LIB Sitzung 5).

1.3.2. Sicherheitslage

Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt. Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (LIB S. 15).Die Gesamtzahl der Kriegstoten wird auf fast eine halbe Million geschätzt. Die Zahl der zivilen Kriegstoten zwischen 1.3.2011 und 31.3.2021 beläuft sich laut UNO auf 306.887 Personen - dazu kommen noch viele zivile Tote durch den Verlust des Zugangs zu Gesundheitsversorgung, Lebensmittel, sauberem Wasser und anderem Grundbedarf (LIB Sitzung 15).

Überlappende bewaffnete Konflikte und komplexe Machtverhältnisse

Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen. Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB S. 15).Der Konflikt in Syrien seit 2011 besteht aus einem Konvolut überlappender Krisen. Die Suche nach einer politischen Beilegung verlief im Sand. Im Wesentlichen gibt es drei Militärkampagnen: Bestrebungen durch eine Koalition den Islamischen Staat zu besiegen, Kampfhandlungen zwischen der Syrischen Regierung und Kräften der Opposition und türkische Militäroperationen gegen syrische Kurden. Dazu kommt das bestehende Informationsdefizit. Obwohl der Syrien-Konflikt mit einer seit Jahren anhaltenden, extensiven Medienberichterstattung einen der am besten dokumentierten Konflikte aller Zeiten darstellt, bleiben dennoch eine Reihe grundlegender Fragen offen. Angesichts der Vielschichtigkeit des Konflikts ist es auch Personen, die in Syrien selbst vor Ort sind, oft nicht möglich, sich ein Gesamtbild über alle Aspekte zu verschaffen. Das Phänomen des Propagandakrieges besteht auf allen Seiten und wird von allen kriegsführenden Parteien und ihren Unterstützern gezielt und bewusst eingesetzt, sodass sich das Internet, soziale und sonstige Medien angesichts der Verzerrungen der Darstellungen nur bedingt zur Informationsbeschaffung eignen. Darüber hinaus sind offiziell verfügbare Quellen (Berichte, Analysen etc.) aufgrund der Entwicklungen vor Ort oft schnell überholt. In vielen Fällen wird die tatsächliche Kontrolle auf lokaler Ebene von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt. Selbst in formal ausschließlich vom Regime kontrollierten Gebieten wie dem Südwesten des Landes (Gouvernements Dara’a, Suweida) sind die Machtverhältnisse mitunter komplex und können sich insofern von Ort zu Ort, von Stadtviertel zu Stadtviertel unterscheiden. Auch Überschneidungen sind möglich (v.a. Nordwesten und Nordosten). Die tatsächliche Kontrolle liegt lokal häufig ganz oder in Teilen bei bewaffneten Akteuren bzw. traditionellen Herrschaftsstrukturen (LIB Sitzung 15).

Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB S. 15).Die militärische Landkarte Syriens hat sich nicht substantiell verändert. Das Regime kontrolliert weiterhin rund 60 Prozent des syrischen Staatsgebiets, mit Ausnahme von Teilen des Nordwestens, des Nordens und des Nordostens (LIB Sitzung 15).

Die militärischen Akteure und Syriens militärische Kapazitäten

Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu. Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden. Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestanden auch teils erhebliche Unterschiede zwischen Regionen mit einer hohen Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen und vergleichsweise ruhigeren Landesteilen. Für keinen Landesteil Syriens kann insofern von einer nachhaltigen Beruhigung der militärischen Lage ausgegangen werden (LIB S. 17 f.).Die Kämpfe und Gewalt nahmen 2021 sowohl im Nordwesten als auch im Nordosten und Süden des Landes zu. Der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (VN) für Syrien Geir O. Pedersen wies am 29.11.2022 vor dem Sicherheitsrat insbesondere auf eine langsame Zunahme der Kämpfe zwischen den Demokratischen Kräften Syriens auf der einen Seite und der Türkei und bewaffneten Oppositionsgruppen auf der anderen Seite im Norden Syriens hin. Er betonte weiter, dass mehr Gewalt noch mehr Leid für die syrische Zivilbevölkerung bedeutet und die Stabilität in der Region gefährden würde - wobei gelistete terroristische Gruppen die neue Instabilität ausnutzen würden. Im Hinblick auf das Niveau der militärischen Gewalt ist eine Verstetigung festzustellen. Auch das Erdbeben am 6.2.2023 hat zu keiner nachhaltigen Verringerung der Kampfhandlungen geführt. In praktisch allen Landesteilen kam es im Berichtszeitraum zu militärischen Auseinandersetzungen unterschiedlicher Art und Ausprägung. Dabei bestande

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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