Entscheidungsdatum
26.08.2024Norm
AsylG 2005 §3Spruch
W119 2262101-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. 5. 2023, Zahl: 1319246607/222494961, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. 5. 2023, Zahl: 1319246607/222494961, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 10. 8. 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen seiner am 12. 8. 2022 durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG gab der Beschwerdeführer zunächst an, in Manbij geboren und ledig zu sein, der arabischen Volksgruppe anzugehören und 7 Jahre die Schule besucht zu haben. Weiters gab er an, dass seine Eltern, zwei Brüder und sechs Schwestern in Syrien leben würden. Zu seinem Fluchtgrund befragt, führte er lediglich aus, den Militärdienst nicht ableisten zu wollen.
Am 21. 3. 2023 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) zu seinen Fluchtgründen befragt. Dazu legte er eingangs seine syrische ID-Card im Original vor und gab an, in Manbij geboren zu sein, sich von 2014 bis 2015 im Libanon aufgehalten zu haben, um zu arbeiten und danach wieder in Manbij aufhältig gewesen sei. Er habe sieben Jahre in Syrien die Schule besucht, diese aber wegen des Krieges nicht fortsetzen können. Seine beiden Brüder seien circa XXXX Jahre alt. Seine Familienangehörigen würden in Manbij leben. Sein Vater sei Landwirt, dieser besitze Felder und Vieh. Im Juni 2022 habe er in Begleitung eines Cousins Syrien in Richtung Türkei verlassen. Am 21. 3. 2023 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) zu seinen Fluchtgründen befragt. Dazu legte er eingangs seine syrische ID-Card im Original vor und gab an, in Manbij geboren zu sein, sich von 2014 bis 2015 im Libanon aufgehalten zu haben, um zu arbeiten und danach wieder in Manbij aufhältig gewesen sei. Er habe sieben Jahre in Syrien die Schule besucht, diese aber wegen des Krieges nicht fortsetzen können. Seine beiden Brüder seien circa römisch 40 Jahre alt. Seine Familienangehörigen würden in Manbij leben. Sein Vater sei Landwirt, dieser besitze Felder und Vieh. Im Juni 2022 habe er in Begleitung eines Cousins Syrien in Richtung Türkei verlassen.
Er habe weder einen Reisepass noch ein Militärbuch besessen. Er habe auch keinen Einberufungsbefehl erhalten. Befragt, ob er in einer anderen Form zum Militärdienst einberufen worden sei, gab er an, dass Manbij nicht unter der Kontrolle des Regimes gestanden sei. Als aber das Regime Manbij erobert habe, hätten die Kurden gemeinsam mit dem Regime Checkpoints errichtet und begonnen, Leute zu rekrutieren. Er könne den genauen Zeitpunkt nicht nennen. Zu diesem Zeitpunkt habe er Syrien verlassen.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab er an, dass er Angst habe, von den Kurden oder dem syrischen Regime rekrutiert zu werden. Er wolle nicht gezwungen werden, kämpfen zu müssen. Er sei niemals rekrutiert worden, er habe niemals einen Einberufungsbefehl erhalten. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. In Manbij seien die Kurden an der Macht, inoffiziell jedoch mit Unterstützung des syrischen Regimes. Befragt, ob sein Bruder XXXX die gleichen Probleme gehabt habe, gab er an, dass dieser einen Unfall erlitten habe und seitdem Epileptiker geworden sei. Befragt, ob seit seiner Ausreise das syrische Regime oder die Kurden bei seiner Familie nach ihm gesucht hätten, verneinte er dies. Befragt, warum er den Militärdienst verweigern würde, gab er an, dass er nicht gegen die Brüder kämpfen wolle. Er sei niemals persönlich bedroht worden. Er habe auch niemals an Demonstrationen teilgenommen. Im Fall seiner Rückkehr nach Syrien befürchte er, vom syrischen Regime oder den Kurden verfolgt zu werden. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab er an, dass er Angst habe, von den Kurden oder dem syrischen Regime rekrutiert zu werden. Er wolle nicht gezwungen werden, kämpfen zu müssen. Er sei niemals rekrutiert worden, er habe niemals einen Einberufungsbefehl erhalten. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. In Manbij seien die Kurden an der Macht, inoffiziell jedoch mit Unterstützung des syrischen Regimes. Befragt, ob sein Bruder römisch 40 die gleichen Probleme gehabt habe, gab er an, dass dieser einen Unfall erlitten habe und seitdem Epileptiker geworden sei. Befragt, ob seit seiner Ausreise das syrische Regime oder die Kurden bei seiner Familie nach ihm gesucht hätten, verneinte er dies. Befragt, warum er den Militärdienst verweigern würde, gab er an, dass er nicht gegen die Brüder kämpfen wolle. Er sei niemals persönlich bedroht worden. Er habe auch niemals an Demonstrationen teilgenommen. Im Fall seiner Rückkehr nach Syrien befürchte er, vom syrischen Regime oder den Kurden verfolgt zu werden.
Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit geboten, zu den Länderfeststellungen Stellung zu beziehen, was er jedoch ablehnte.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 8. 5. 2023, Zahl: 1319246607/222494961, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).Mit Bescheid des Bundesamtes vom 8. 5. 2023, Zahl: 1319246607/222494961, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) abgewiesen. In Spruchpunkt römisch II. wurde ihm gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).
Mit Informationsschreiben vom 10. 5. 2023 wurde dem Beschwerdeführer die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH-BBU, als Rechtsberaterin zur Seite gestellt.
Mit Schriftsatz vom 20. 6. 2023 erhob der Rechtsberater des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Dorf XXXX (Nähe Manbij) aufgewachsen sei, wo er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2022 gelebt habe. Von 2014 bis 2015 sei der Beschwerdeführer im Libanon aufhältig gewesen. Die Kontrolle über das Gouvernement Aleppo habe hauptsächlich das syrische Regime. Auch oppositionelle Kräfte seien dort anwesend. Die Stadt Manbij werde von den Kurden kontrolliert, das Regime sei jedoch ebenfalls dort anwesend. Das Dorf des Beschwerdeführers werde aktuell von den kurdischen Kräften kontrolliert. Der Beschwerdeführer habe den verpflichtenden Militärdienst beim syrischen Regime sowie für die SDF nicht abgeleistet. Mit Schriftsatz vom 20. 6. 2023 erhob der Rechtsberater des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Dorf römisch 40 (Nähe Manbij) aufgewachsen sei, wo er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2022 gelebt habe. Von 2014 bis 2015 sei der Beschwerdeführer im Libanon aufhältig gewesen. Die Kontrolle über das Gouvernement Aleppo habe hauptsächlich das syrische Regime. Auch oppositionelle Kräfte seien dort anwesend. Die Stadt Manbij werde von den Kurden kontrolliert, das Regime sei jedoch ebenfalls dort anwesend. Das Dorf des Beschwerdeführers werde aktuell von den kurdischen Kräften kontrolliert. Der Beschwerdeführer habe den verpflichtenden Militärdienst beim syrischen Regime sowie für die SDF nicht abgeleistet.
Der Beschwerdeführer habe Syrien einerseits wegen der katastrophalen Sicherheits- und humanitären Lage und andererseits auch aus Angst, den Militärdienst ableisten zu müssen, verlassen.
Da die Heimatregion des Beschwerdeführers, Manbij, unter der gemeinsamen Kontrolle des syrischen Regimes und der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens stehe, würde die syrische Regierung sogar in Teilen der Gebiete der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien rekrutieren. Auch die Selbstverwaltung Nord – und Ostsyrien versuche in ihren Gebieten Personen dazu zu bringen, den Wehrdienst abzuleisten. Das Dekret Nr 3 vom 4. 9. 2021 sei nach wie vor in Kraft und verpflichte Männer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren (geboren 1998 oder später) zur Leistung eines Wehrdienstes mit der Dauer von einem Jahr.
Es wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Am 4. 6. 2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei nicht teilnahm. Eingangs gab der Beschwerdeführer an, im Dorf XXXX im Distrikt Manbij im Gouvernement Aleppo geboren zu sein. Laut Einblick in die tagesaktuelle Karte https://syria.liveuamap.com, befindet sich das Heimatdorf des Beschwerdeführers unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien. Er habe sechs Jahr lang die Schule besucht, aber keinen Beruf erlernt. Er habe bis zum Jahr 2014 in Syrien gelebt und sei danach mit seinem Vater in den Libanon gereist, wo er im Jahr 2015 nach XXXX zurückgekehrt sei. Er sei deshalb in den Libanon gereist, weil er dort einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er habe dort seinem Vater bei Malarbeiten geholfen, in Syrien habe er in der Landwirtschaft gearbeitet. Sein Vater sei bereits im Alter von 15 bis 20 Jahren in den Libanon gefahren, um dort tätig zu sein. Vor sieben oder acht Jahren sei er ganz nach Syrien zurückgekehrt und bearbeite nun seine Grundstücke. Befragt, wer XXXX kontrolliere, beantwortete er mit der Herrschaft der Kurden, der SDF. Befragt, welche Angehörigen in Syrien leben würden, gab er an, dass es sich um seine Eltern, seine Brüder XXXX und XXXX und seine sechs Schwestern handeln würde. Sein Bruder XXXX sei ein Jahr jünger als er selbst, sein Bruder XXXX sei XXXX Jahre alt. XXXX sei krank, dieser arbeite nicht. Er habe XXXX im Juni 2022 verlassen. Am 4. 6. 2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei nicht teilnahm. Eingangs gab der Beschwerdeführer an, im Dorf römisch 40 im Distrikt Manbij im Gouvernement Aleppo geboren zu sein. Laut Einblick in die tagesaktuelle Karte https://syria.liveuamap.com, befindet sich das Heimatdorf des Beschwerdeführers unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien. Er habe sechs Jahr lang die Schule besucht, aber keinen Beruf erlernt. Er habe bis zum Jahr 2014 in Syrien gelebt und sei danach mit seinem Vater in den Libanon gereist, wo er im Jahr 2015 nach römisch 40 zurückgekehrt sei. Er sei deshalb in den Libanon gereist, weil er dort einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Er habe dort seinem Vater bei Malarbeiten geholfen, in Syrien habe er in der Landwirtschaft gearbeitet. Sein Vater sei bereits im Alter von 15 bis 20 Jahren in den Libanon gefahren, um dort tätig zu sein. Vor sieben oder acht Jahren sei er ganz nach Syrien zurückgekehrt und bearbeite nun seine Grundstücke. Befragt, wer römisch 40 kontrolliere, beantwortete er mit der Herrschaft der Kurden, der SDF. Befragt, welche Angehörigen in Syrien leben würden, gab er an, dass es sich um seine Eltern, seine Brüder römisch 40 und römisch 40 und seine sechs Schwestern handeln würde. Sein Bruder römisch 40 sei ein Jahr jünger als er selbst, sein Bruder römisch 40 sei römisch 40 Jahre alt. römisch 40 sei krank, dieser arbeite nicht. Er habe römisch 40 im Juni 2022 verlassen.
Befragt, warum er im zu diesem Zeitpunkt Syrien verlassen habe, gab er an, dass die Anhänger der Selbstverwaltung junge Männer zur Ableistung des Wehrdienstes unter Druck gesetzt hätten. Das Regime sei lediglich vier Kilometer von seinem Heimatdorf anwesend. Er sei auch persönlich aufgefordert worden, den Militärdienst abzuleisten. Die Rekrutierungsstelle sei lediglich 30 m von seinem Elternhaus entfernt. Befragt, wie der Rekrutierungsversuch vor sich gegangen sei, gab er an, dass am Rand des Dorfes Checkpoints errichtet worden seien. Von dort seien junge Männer unter Zwang mitgenommen worden. Er habe versucht diese Checkpoints zu meiden und sich teils auch bei Freunden und Verwandten in anderen Dörfern aufgehalten. Befragt, ob er jemals selbst von der Selbstverwaltung rekrutiert worden sei, gab er an, dass dies erfolgt sei, als er sich bereits in Österreich befunden habe, es sei vor sieben Monaten passiert. Dies habe ihm sein Vater erzählt. Ansonsten habe er keinen persönlichen Kontakt zur Selbstverwaltung gehabt. Befragt, ob er mit dem syrischen Regime jemals persönlichen Kontakt gehabt habe, gab er an, dass das Regime Stützpunkte im Sicherheitsquadrat der Stadt Manbij und am Rande der Stadt habe, aber es habe keine vollständige Kontrolle. Die Selbstverwaltung kontrolliere die Region. Das Regime betreibe mit der Selbstverwaltung Checkpoints am Rande der Stadt Manbij. Er sei vom Regime aufgefordert worden, seinen Personalausweis vorzuzeigen. Dies sei ihm öfters passiert. Befragt, ob es jemals einen Rekrutierungsversuch seitens des syrischen Regimes gegeben habe, verneinte er, weil das Regime damals und auch heute keine Macht in der Region Manbij habe. Auch die Selbstverwaltung habe ihn nicht rekrutiert. Befragt, warum er den Wehrdienst für die Kurden nicht ableisten wolle, gab er an, dass er an die Fronten geschickt werde, das wolle er nicht. Befragt, warum er den Wehrdienst für das syrische Regime nicht ableisten wolle, gab er an, dass das Regime verbrecherisch und ein Kindermörder sei. Er wolle nicht auf Seiten des Regimes stehen. Er wolle sich auch nicht vom Militärdienst freikaufen, er wolle es nicht unterstützen. Befragt, wie er zur kurdischen Selbstverwaltung stehe, gab er an, dass sie besser als das Regime sei. Befragt, wie er zum syrischen Regime stehe, gab er an, dass das Regime das Volk wirtschaftlich bekämpfe und es unter Druck setze. Befragt, ob er jemals einen Einberufungsbefehl erhalten habe, bejahte er die Frage. Dies sei vor vier oder fünf Jahren geschehen. Es sei alles über das Handy gelaufen. Der Ortsvorsteher sei telefonisch benachrichtigt worden und habe seinen Vater und ihn informiert. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt den Erhalt eines Einberufungsbefehles verneint habe, gab er an, dass er vielleicht die Frage nicht verstanden, sich geirrt oder es vergessen habe. Im Fall einer Rückkehr nach Syrien befürchte er eine Zwangsrekrutierung, den Krieg und eine Inhaftierung. Sein Bruder habe einen Motorradunfall gehabt, dieser sei vom Militärdienst befreit.
Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden die Länderfeststellungen der Staatendokumentation zur Situation in Syrien vom 27. 3. 2024, UNHCR: 1. Erwägungen zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (Aktualisierung V. und VI.), November 2017 und März 2021; InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, vom Februar 2020; Schreiben vom Februar 2020: Vorläufige UNHCR-Empfehlungen zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Fortgesetzte Anwendbarkeit der UNHCR-Position aus 2017, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien vom 27. 1. 2022: Wehrdienst, ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Wehrdienstverweigerung und Desertion vom 8. 9. 2022, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien vom 14. 11. 2022: Rekrutierungspraxis der syrischen Regierungskräfte, EUAA Country Guidance: Syria vom April 2024, Asylländerbericht Syrien der ÖB Damaskus (Stand: Ende September 2021), Bericht DIS (Danish immigration Service), Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung Syrien – Wehrdienst, 27.01.2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2068212/SYRI_SM_Wehrdienst_2022_01_27_KE.odt, Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, ACCORD - Anfragebeantwortung zu Syrien: Sicherheitslage in Nordostsyrien, insbesondere in der Grenzregion um Semalka; Informationen zur Bewegungsfreiheit in den Gebieten unter kurdischer Selbstverwaltung [a-11859-2], 23.05.2022, Staatendokumentation des BFA - Anfragebeantwortung Syrien:, Fragen des BvwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion, 16.09.2022, ACCORD –Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritikerinnen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023, ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor): Anfragebeantwortung zu Syrien: Informationen über kurzen zeitlichen Aufschub zum Antritt des Wehrdiensts für Rückkehrer [a-12200], 5. September 2023, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung Syrien – Wehrdienst, 27.01.2022, Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29. März 2023, COUNTRY OF ORIGIN INFORMATION (COI) Report, Syria Military Service, Jänner 2024, Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188] 6. September 2023, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: SYRIEN, Zugriff des syrischen Regimes auf Deserteure in der AANES, vom 17. 4. 2024, Syrien Grenzübergänge COI CMS Version 1, 25.10.2023, EUAA Syria, major human rights, security, socio-economic developments, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zu Syrien: Rekrutierungspraxis YPG; Rekrutierung von Arabern, 2. März 2023, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Provinz Aleppo 2012 bis 2017, Akteure in der Region zw. Manbidsch und Al Khafsah, 5. September 2019, Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierung Wehrpflichtiger durch die syrische Regierung in Manbidsch (Provinz Aleppo) vom 7. September 2023, EUAA Country of Origin Information – Syria-Security Information vom Oktober 2023 in das Verfahren eingeführt und dem Rechtsberater eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurden die Länderfeststellungen der Staatendokumentation zur Situation in Syrien vom 27. 3. 2024, UNHCR: 1. Erwägungen zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen (Aktualisierung römisch fünf. und römisch VI.), November 2017 und März 2021; InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, vom Februar 2020; Schreiben vom Februar 2020: Vorläufige UNHCR-Empfehlungen zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Fortgesetzte Anwendbarkeit der UNHCR-Position aus 2017, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien vom 27. 1. 2022: Wehrdienst, ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Wehrdienstverweigerung und Desertion vom 8. 9. 2022, eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien vom 14. 11. 2022: Rekrutierungspraxis der syrischen Regierungskräfte, EUAA Country Guidance: Syria vom April 2024, Asylländerbericht Syrien der ÖB Damaskus (Stand: Ende September 2021), Bericht DIS (Danish immigration Service), Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung Syrien – Wehrdienst, 27.01.2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2068212/SYRI_SM_Wehrdienst_2022_01_27_KE.odt, Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, ACCORD - Anfragebeantwortung zu Syrien: Sicherheitslage in Nordostsyrien, insbesondere in der Grenzregion um Semalka; Informationen zur Bewegungsfreiheit in den Gebieten unter kurdischer Selbstverwaltung [a-11859-2], 23.05.2022, Staatendokumentation des BFA - Anfragebeantwortung Syrien:, Fragen des BvwG zur Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion, 16.09.2022, ACCORD –Anfragebeantwortung zu Syrien: Möglichkeit der syrischen Behörden, in den kurdisch kontrollierten Gebieten, in denen die Regierung Präsenz hat (Manbij, Ain Al-Arab, Tal Rifaat, Landstreifen entlang der türkischen Grenze) Personen für den Reservedienst einzuziehen; Personenkontrollen in diesen Gebieten, die einen Aufgriff von Regierungskritikerinnen ermöglichen [a-12197], 24.08.2023, ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (Autor): Anfragebeantwortung zu Syrien: Informationen über kurzen zeitlichen Aufschub zum Antritt des Wehrdiensts für Rückkehrer [a-12200], 5. September 2023, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung Syrien – Wehrdienst, 27.01.2022, Staatendokumentation des BFA zu Syrien: für Personenverkehr zur Einreise aktuell offener Grenzübergänge, 22.11.2022, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Einreise türkisch-syrische Grenze, Weiterreise in AANES-Gebiete, besonders Tal Rifaat, 29. März 2023, COUNTRY OF ORIGIN INFORMATION (COI) Report, Syria Military Service, Jänner 2024, Anfragebeantwortung zu Syrien: Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften; Konsequenzen für Angehörige; Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern; Situation von Arabern; Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front [a-12188] 6. September 2023, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: SYRIEN, Zugriff des syrischen Regimes auf Deserteure in der AANES, vom 17. 4. 2024, Syrien Grenzübergänge COI CMS Version 1, 25.10.2023, EUAA Syria, major human rights, security, socio-economic developments, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation zu Syrien: Rekrutierungspraxis YPG; Rekrutierung von Arabern, 2. März 2023, Staatendokumentation des BFA: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Syrien: Provinz Aleppo 2012 bis 2017, Akteure in der Region zw. Manbidsch und Al Khafsah, 5. September 2019, Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierung Wehrpflichtiger durch die syrische Regierung in Manbidsch (Provinz Aleppo) vom 7. September 2023, EUAA Country of Origin Information – Syria-Security Information vom Oktober 2023 in das Verfahren eingeführt und dem Rechtsberater eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger. Er gehört der arabischen Volksgruppe an und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Am 10. 8. 2022 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf XXXX im Distrikt Manbij im Gouvernement Aleppo, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist, wo er auch registriert ist und wo er bis Juni 2022 lebte, ehe er in die Türkei reiste. Lediglich in den Jahren 2014 und 2015 hielt er sich mit seinem Vater im Libanon auf, um dort einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Dorf römisch 40 im Distrikt Manbij im Gouvernement Aleppo, wo er geboren wurde und aufgewachsen ist, wo er auch registriert ist und wo er bis Juni 2022 lebte, ehe er in die Türkei reiste. Lediglich in den Jahren 2014 und 2015 hielt er sich mit seinem Vater im Libanon auf, um dort einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Manbij liegt in dem aktuell von der kurdischen Selbstverwaltung kontrollierten Teil Syriens.
Die Eltern, zwei Brüder und sechs Schwestern des Beschwerdeführers leben in XXXX . Die Eltern, zwei Brüder und sechs Schwestern des Beschwerdeführers leben in römisch 40 .
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Er konnte nicht glaubhaft machen, einen Einberufungsbefehl erhalten zu haben.
Der Beschwerdeführer ist bei einer Rückkehr nach Syrien in seiner Herkunftsregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Einziehung oder Zwangsrekrutierung durch die syrische Armee ausgesetzt. Der Beschwerdeführer befindet sich zwar im wehrpflichtigen Alter und hat den gesetzlich verpflichtenden Grundwehrdienst in der syrischen Armee bislang auch noch nicht abgeleistet. Doch steht die Herkunftsregion des Beschwerdeführers nicht im Einfluss- oder Kontrollgebiet der syrischen Zentralregierung, sondern unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung. Darüber hinaus ist die Herkunftsregion des Beschwerdeführers auch ohne Kontakt zu den syrischen Behörden erreichbar.
Die AANES ratifizierte im Juni 2019 ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, welchen Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen. Der XXXX -jährige Beschwerdeführer hat den Militärdienst für die Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien nicht abgeleistet.Die AANES ratifizierte im Juni 2019 ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, welchen Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen. Der römisch 40 -jährige Beschwerdeführer hat den Militärdienst für die Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien nicht abgeleistet.
Im Falle einer Einziehung zum „Wehrdienst“ in den Selbstverteidigungseinheiten der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ würden dem Beschwerdeführer bei einer Weigerung, der „Wehrpflicht“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ nachzukommen, keine unverhältnismäßigen Sanktionen drohen und wäre der Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zur Beteiligung an Kampfhandlungen verpflichtet. Er wäre nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verlegung an die Front ausgesetzt und müsste sich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an der Begehung von Menschenrechtsverletzungen beteiligen.
Die kurdischen Autonomiebehörden würden dem Beschwerdeführer im Falle einer Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungseinheiten keine oppositionelle oder politische Gesinnung unterstellen. Darüber hinaus wäre eine Weigerung des Beschwerdeführers, den „Wehrdienst“ in der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien“ abzuleisten, auch nicht Ausdruck einer politischen oder oppositionellen Gesinnung.
Ebenso droht dem Beschwerdeführer auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Syrien, seinem Aufenthalt und seiner Asylantragstellung in Europa bzw. einer ihm hierdurch allfällig unterstellten oppositionellen Haltung. Nicht jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist, sich im Ausland aufgehalten hat und dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wird eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
Zur Situation im Herkunftsstaat:
Politische Lage
[…]
Syrische Arabische Republik
Letzte Änderung: 08.03.2024
Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 2.5.2023). Die beiden Assad-Regime hielten die Macht durch ein komplexes Gefüge aus ba‘athistischer Ideologie, Repression, Anreize für wirtschaftliche Eliten und der Kultivierung eines Gefühls des Schutzes für religiöse Minderheiten (USCIRF 4.2021). Das überwiegend von Alawiten geführte Regime präsentiert sich als Beschützer der Alawiten und anderer religiöser Minderheiten (FH 9.3.2023) und die alawitische Minderheit hat weiterhin einen im Verhältnis zu ihrer Zahl überproportional großen politischen Status, insbesondere in den Führungspositionen des Militärs, der Sicherheitskräfte und der Nachrichtendienste, obwohl das hochrangige Offizierskorps des Militärs weiterhin auch Angehörige anderer religiöser Minderheitengruppen in seine Reihen aufnimmt (USDOS 15.5.2023). In der Praxis hängt der politische Zugang jedoch nicht von der Religionszugehörigkeit ab, sondern von der Nähe und Loyalität zu Assad und seinen Verbündeten. Alawiten, Christen, Drusen und Angehörige anderer kleinerer Religionsgemeinschaften, die nicht zu Assads innerem Kreis gehören, sind politisch entrechtet. Zur politischen Elite gehören auch Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft, doch die sunnitische Mehrheit des Landes stellt den größten Teil der Rebellenbewegung und hat daher die Hauptlast der staatlichen Repressionen zu tragen (FH 9.3.2023).
Die Verfassung schreibt die Vormachtstellung der Vertreter der Ba‘ath-Partei in den staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft vor, und Assad und die Anführer der Ba‘ath-Partei beherrschen als autoritäres Regime alle drei Regierungszweige (USDOS 20.3.2023). Mit dem Dekret von 2011 und den Verfassungsreformen von 2012 wurden die Regeln für die Beteiligung anderer Parteien formell gelockert. In der Praxis unterhält die Regierung einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat, um Oppositionsbewegungen zu überwachen und zu bestrafen, die Assads Herrschaft ernsthaft infrage stellen könnten (FH 9.3.2023). Der Präsident stützt seine Herrschaft insbesondere auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Nachrichtendienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen. So hat sich in Syrien ein politisches System etabliert, in dem viele Institutionen und Personen miteinander um Macht konkurrieren und dabei kaum durch die Verfassung und den bestehenden Rechtsrahmen kontrolliert werden, sondern v. a. durch den Präsidenten und seinen engsten Kreis. Trotz gelegentlicher interner Machtkämpfe stehen Assad dabei keine ernst zu nehmenden Kontrahenten gegenüber. Die Geheimdienste haben ihre traditionell starke Rolle seither verteidigt oder sogar weiter ausgebaut und profitieren durch Schmuggel und Korruption wirtschaftlich erheblich (AA 29.3.2023).
Dem ehemaligen Berater des US-Außenministeriums Hazem al-Ghabra zufolge unterstützt Syrien beinahe vollständig die Herstellung und Logistik von Drogen, weil es eine Einnahmemöglichkeit für den Staat und für Vertreter des Regimes und dessen Profiteure darstellt (Enab 23.1.2023). Baschar al-Assad mag der unumschränkte Herrscher sein, aber die Loyalität mächtiger Warlords, Geschäftsleute oder auch seiner Verwandten hat ihren Preis. Beispielhaft wird von einer vormals kleinkriminellen Bande berichtet, die Präsident Assad in der Stadt Sednaya gewähren ließ, um die dort ansässigen Christen zu kooptieren, und die inzwischen auf eigene Rechnung in den Drogenhandel involviert ist. Der Machtapparat hat nur bedingt die Kontrolle über die eigenen Drogennetzwerke. Assads Cousins, die Hisbollah und Anführer der lokalen Organisierten Kriminalität haben kleine Imperien errichtet und geraten gelegentlich aneinander, wobei Maher al-Assad, der jüngere Bruder des Präsidenten und Befehlshaber der Vierten Division, eine zentrale Rolle bei der Logistik innehat. Die Vierte Division mutierte in den vergangenen Jahren ‚zu einer Art Mafia-Konglomerat mit militärischem Flügel‘. Sie bewacht die Transporte und Fabriken, kontrolliert die Häfen und nimmt Geld ein. Maher al-Assads Vertreter, General Ghassan Bilal, gilt als der operative Kopf und Verbindungsmann zur Hisbollah (Spiegel 17.6.2022).
Es gibt keine Rechtssicherheit oder Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter. Die Gefahr, Opfer staatlicher Repression und Willkür zu werden, bleibt für Einzelne unvorhersehbar (AA 2.2.2024).
Institutionen und Wahlen
Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba‘ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Art. 113 der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).Syrien ist nach der geltenden Verfassung von 2012 eine semipräsidentielle Volksrepublik. Das politische System Syriens wird de facto jedoch vom autoritär regierenden Präsidenten dominiert. Der Präsident verfügt als oberstes Exekutivorgan, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Generalsekretär der Ba‘ath-Partei über umfassende Vollmachten. Darüber hinaus darf der Präsident nach Artikel 113, der Verfassung auch legislativ tätig werden, wenn das Parlament nicht tagt, aufgelöst ist oder wenn „absolute Notwendigkeit“ dies erfordert. De facto ist die Legislativbefugnis des Parlaments derzeit außer Kraft gesetzt. Gesetze werden weitgehend als Präsidialdekrete verabschiedet (AA 29.3.2023).
Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Art. 85 vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vgl. Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‚weder frei noch fair‘ und als ‚betrügerisch‘, und die Opposition nannte sie eine ‚Farce‘ (Standard 28.5.2021).Der Präsident wird nach der Verfassung direkt vom Volk gewählt. Seine Amtszeit beträgt sieben Jahre. Seit der letzten Verfassungsänderung 2012 ist maximal eine einmalige Wiederwahl möglich. Da diese Verfassungsbestimmung jedoch erstmals bei den Präsidentschaftswahlen 2014 zur Anwendung kam, war es dem aktuellen Präsidenten Baschar al-Assad erlaubt, bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2021 erneut zu kandidieren. Kandidatinnen und Kandidaten für das Präsidentenamt werden nach Artikel 85, vom Obersten Verfassungsgericht überprüft und müssen Voraussetzungen erfüllen, die Angehörige der Opposition faktisch weitgehend ausschließen. So muss ein Kandidat u. a. im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein (diese werden bei Verurteilungen für politische Delikte in der Regel entzogen), darf nicht für ein „ehrenrühriges“ Vergehen vorbestraft sein und muss bis zum Zeitpunkt der Kandidatur ununterbrochen zehn Jahre in Syrien gelebt haben. Damit sind im Exil lebende Politikerinnen und Politiker von einer Kandidatur de facto ausgeschlossen (AA 29.3.2023). Bei den Präsidentschaftswahlen, die im Mai 2021 in den von der Regierung kontrollierten Gebieten sowie einigen syrischen Botschaften abgehalten wurden, erhielt Bashar al-Assad 95,1 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von rund 77 Prozent und wurde damit für eine weitere Amtsperiode von sieben Jahren wiedergewählt. Zwei kaum bekannte Personen waren als Gegenkandidaten angetreten und erhielten 1,5 Prozent und 3,3 Prozent der Stimmen (Standard 28.5.2021; vergleiche Reuters 28.5.2021). Politiker der Exilopposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Europäische Union erkennt die Wahl nicht an, westliche Regierungen bezeichnen sie als ‚weder frei noch fair‘ und als ‚betrügerisch‘, und die Opposition nannte sie eine ‚Farce‘ (Standard 28.5.2021).
Das Parlament hat nicht viel Macht. Dekrete werden meist von Ministern und Ministerinnen vorgelegt, um ohne Änderungen vom Parlament genehmigt zu werden. Sitze im Parlament oder im Kabinett dienen nicht dazu, einzelne Machtgruppen in die Entscheidungsfindung einzubinden, sondern dazu, sie durch die Vorteile, die ihnen ihre Positionen verschaffen, zu kooptieren (BS 23.2.2022). Im Juli 2020 fanden die Wahlen für das „Volksrat“ genannte syrische Parlament mit 250 Sitzen statt, allerdings nur in Gebieten, in denen das Regime präsent ist. Auch diese Wahlen wurden durch die weitverbreitete Vertreibung der Bevölkerung beeinträchtigt. Bei den Wahlen gab es keinen nennenswerten Wettbewerb, da die im Exil lebenden Oppositionsgruppen nicht teilnahmen und die Behörden keine unabhängigen politischen Aktivitäten in dem von ihnen kontrollierten Gebiet dulden. Die regierende Ba‘ath-Partei und ihre Koalition der Nationalen Progressiven Front erhielten 183 Sitze. Die restlichen 67 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten, die jedoch alle als regierungstreu galten (FH 9.3.2023). Die Wahlbeteiligung lag bei 33,7 Prozent (BS 23.2.2022). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, welche das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (WP 22.7.2020).
Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall innerhalb der vom Regime kontrollierten Gebiete wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in den Wahllokalen und somit keinen Mechanismus zur Überprüfung, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Aufgrund der Vorschriften bei Reihungen auf Wahllisten sind alternative Kandidaten standardmäßig nur ein Zusatz zu den Kandidaten der Ba‘ath-Partei (MEI 24.7.2020). Die vom Regime und den Nachrichtendiensten vorgenommene Reihung auf der Liste ist damit wichtiger als die Unterstützung durch die Bevölkerung oder Stimmen. Wahlen in Syrien dienen nicht dem Finden von Entscheidungsträgern, sondern der Aufrechterhaltung der Fassade von demokratischen Prozessen durch den Staat nach Außen. Sie fungieren als Möglichkeit, relevante Personen in Syrien quasi zu managen und Loyalisten dazu zu zwingen, ihre Hingabe zum Regime zu demonstrieren (BS 23.2.2022). Zudem gilt der Verkauf öffentlicher Ämter an reiche Personen, im Verbund mit entsprechend gefälschten Wahlergebnissen, als zunehmend wichtige Devisenquelle für das syrische Regime (AA 29.3.2023). Entscheidungen werden von den Sicherheitsdiensten oder dem Präsidenten auf Basis ihrer Notwendigkeiten getroffen - nicht durch gewählte Personen (BS 23.2.2022).
Im September 2022 fanden in allen [unter Kontrolle des syrischen Regimes stehenden] Provinzen Wahlen für die Lokalräte statt. Nichtregierungsorganisationen bezeichneten sie ebenfalls als weder frei noch fair (USDOS 20.3.2023).
Quellen:
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.2.2024): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: Ende Oktober 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nodes/29884854, Zugriff 15.2.2024
? AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.3.2023): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien (Stand: März 2023), https://www.ecoi.net/en/document/2089904.html, Zugriff 23.6.2023
? BBC - BBC News (2.5.2023): Why is there a war in Syria?, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-35806229, Zugriff 23.6.2023
? BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Syria, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_SYR.pdf Zugriff 23.6.2023
? Enab - Enab Baladi (23.1.2023): Following ‚Captagon Act‘, Will Washington put al-Assad on Noriega’s track, https://english.enabbaladi.net/archives/2023/01/following-captagon-act-will-washington-put-al-assad-on-noriegas-track/, Zugriff 23.6.2023
? FH - Freedom House (9.3.2023): Freedom in the World 2022 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2088564.html, Zugriff 23.6.2023
? MEI - Middle East Institute (24.7.2020): Syria’s 2020 parliamentary elections: The worst joke yet, https://www.mei.edu/publications/syrias-2020-parliamentary-elections-worst-joke-yet, Zugriff 23.6.2023
? Reuters (28.5.2021): Syria’s Assad wins 4th term with 95% of vote, in election the West calls fraudulent, https://www.reuters.com/world/middle-east/syrias-president-bashar-al-assad-wins-fourth-term-office-with-951-votes-live-2021-05-27/, Zugriff 23.6.2023
? SHRC - Syrian Human Rights Committee (24.1.2019): The 17th Annual Report on Human Rights in Syria 2018, http://www.shrc.org/en/wp-content/uploads/2019/01/English_Web.pdf, Zugriff 23.6.2023
? Spiegel, Der (17.6.2022): „Sie selbst sind das Kartell“, https://www.spiegel.de/ausland/syrien-drogenhandel-des-regimes-von-baschar-al-assad-sie-selbst-sind-das-kartell-a-869b875b-5edd-46c5-b2c7-f3074ca91791, Zugriff 23.6.2023
? Standard - Standard, der (28.5.2021): Syriens Machthaber Assad erhält bei ‚Präsidentenwahl‘ 95 Prozent, https://www.derstandard.at/story/2000126983065/syriens-machthaber-assad-erhaelt-bei-praesidentenwahl-95-prozent, Zugriff 23.6.2023
? USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF - Recommended for Countries of Particular Concern (CPC): Syria, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052987/Syria+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 23.6.2023
? USDOS – United States Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2091896.html, Zugriff 23.6.2023
? USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): Country Report on Human Rights Practices 2022, https://www.ecoi.net/en/document/2089061.html, Zugriff 23.6.2023
? WP - Washington Post, The (22.7.2020): Syria’s elections have always been fixed. This time, even candidates are complaining., https://www.washingtonpost.com/world/middle_east/syrias-elections-have-always-been-fixed-this-time-even-candidates-are-complaining/2020/07/22/76e0bb12-cb5f-11ea-99b0-8426e26d203b_story.html, Zugriff 23.6.2023
„Versöhnungsabkommen“ (auch „Beilegungsabkommen“)
Letzte Änderung 08.03.2024
Die syrischen Behörden nutzen sogenannte „reconciliation agreements“ [in anderen Quellen auch als „settlement agreements“ - Beilegungsabkommen - bezeichnet] seit Beginn des Konfliktes (NMFA 5.2022). Die Evakuierung der von Rebellen gehaltenen Gemeinde Daraya im August 2016 markierte dabei einen Wendepunkt in der Nutzung von Versöhnungsabkommen durch die syrische Regierung als Strategie zur Rückeroberung der von Rebellen gehaltenen Gebiete. Bis zur Vereinbarung in Daraya waren in verschiedenen Gemeinden in ganz Syrien örtlich begrenzte Waffenstillstände eingesetzt worden. Sowohl die lokalen Waffenstillstände als auch die Versöhnungsvereinbarungen sind eine militärische Strategie, mit der Rebellengebiete entweder sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt zum Einlenken gezwungen werden sollen, um Menschen und Gebiete in den Staat wiedereinzugliedern (MEE 28.3.2018). Das Verfahren ist grundsätzlich für Personen gedacht, die im Sicherheitsapparat aktenkundig sind oder die von den Behörden im Zusammenhang mit einer offenen Angelegenheit gesucht werden. Sowohl Kombattanten als auch Zivilisten können Versöhnungsvereinbarungen unterzeichnen. Es gibt lokale und individuelle Versöhnungsabkommen (NMFA 5.2022).
Lokale Versöhnungsabkommen in ehemaligen Oppositionsgebieten
Die „Versöhnungsprozesse“ scheinen ad hoc durchgeführt zu werden, was bedeutet, dass sie variieren und keine eindeutige Beschreibung des Prozesses gegeben werden kann. Für die praktische Umsetzung der Vereinbarungen ist ein „Versöhnungsausschuss“ zuständig. Dieses Gremium ist kein Gericht. Es gibt kein materiell-rechtliches Verfahr