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41/01 SicherheitsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter betreffend die Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde gegen die Anordnung einer – die Pflichten von Häftlingen übersteigenden – demütigenden Arbeit; Verweigerung der Sachentscheidung wegen Verkennung des Vorliegens eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt auf Grund des objektiven Befolgungsanspruchs der AnordnungRechtssatz
Im vorliegenden Fall lagen genügend (objektive) Anhaltspunkte für den Eindruck eines Befolgungsanspruches vor: Die Beschwerdeführerin (eine Teilnehmerin einer Versammlung der Gruppe "Letzte Generation"), die sich durch ihre Anhaltung bereits in einer Situation eingeschränkter Willensfreiheit befand, musste sich unmittelbar vor der an sie gerichteten Anordnung durch eine Organwalterin der Landespolizeidirektion Wien, die Zellenwand zu putzen, entkleiden und durch eine Beamtin abtasten lassen. Noch unter dem Eindruck dieser – vom VGW gleichzeitig mit dem angefochtenen Beschluss für rechtswidrig erkannten – Personendurchsuchung wurde sie zu einer die Pflichten von Häftlingen (s etwa die Hygienebestimmung in §12 AnhO) übersteigenden und – betrachtet man die konkreten Umstände – anscheinend gezielt demütigenden Arbeit, nämlich die Zellenwand einer Gemeinschaftszelle zu putzen, aufgefordert; die Aufforderung verdeutlichend wurde ihr ein Putzkübel in die Zelle gestellt.
Durch all diese Umstände musste der Eindruck entstehen, dass die Anordnung der Beamtin im Falle der Nichtbefolgung auch zwangsweise durchgesetzt werden würde bzw durchgesetzt werden könnte. Dass die Beamtin in der Verhandlung vor dem VGW angegeben hat, dass sie die Häftlinge ohnehin nicht zum Putzen zwingen könne, ist bei dieser gebotenen Betrachtung und der daraus folgenden Beurteilung unmaßgeblich.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Sicherheitspolizei, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Landesverwaltungsgericht, Polizei, EntscheidungsbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2024:E615.2024Zuletzt aktualisiert am
09.10.2024