Entscheidungsdatum
20.08.2024Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W168 2291362-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2024, Zl. 1364593002/231579052, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024 zu Recht: Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2024, Zl. 1364593002/231579052, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.07.2024 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass Spruchpunkt VI. wie folgt zu lauten hat:römisch eins. Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass Spruchpunkt römisch VI. wie folgt zu lauten hat:
„Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wird gegen Sie ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen.“„Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 3, Ziffer 5, FPG wird gegen Sie ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren erlassen.“
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. römisch II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Aus einem Anlassbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 09.08.2023 geht hervor, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) dringend verdächtig sei, das Mitglied einer kriminellen Organisation zu sein, welche seit dem Zeitraum von 25.04.2024 bis 09.08.2023 eine der Grenzmenge überschreitende Menge Suchtmittel in Form von Cannabiskraut, via Postsendungen aus Kanada in das österreichische Bundesgebiet einführe und in weiterer Folge aus dem Bundesgebiet in andere EU Länder überstelle. Der BF werde beschuldigt, am 07.08.2023 drei Koffer mit 25 Packungen im Intercity Wien entgegen genommen zu haben. Des Weiteren werde der BF beschuldigt, einer namentlich genannten Person am 08.08.2023 drei Koffer und eine Reisetasche übergeben zu haben.
In einer Beschuldigtenvernehmung vom 09.08.2023 wurde vom BF ausgeführt, dass er mit einem polnischen Visum nach Spanien gekommen sei und dort nach Ablauf des Visums illegal verblieben sei. Er habe eine schwangere chinesische Lebensgefährtin, die in Spanien lebe. Da er während der Pandemie sein Geschäft schließen habe müssen und in weiterer Folge als Taxifahrer arbeiten habe müssen, sei er am 02. oder 03.08.2023 in Österreich eingereist.
Am 09.08.2023 wurde der BF festgenommen.
Am 11.08.2023 erfolgte eine Verständigung der Behörde, dass der BF am 10.08.2023 wegen § 28 Abs. 4 SMG in Untersuchungshaft genommen worden sei. Am 11.08.2023 erfolgte eine Verständigung der Behörde, dass der BF am 10.08.2023 wegen Paragraph 28, Absatz 4, SMG in Untersuchungshaft genommen worden sei.
2. In einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.08.2023 wurde dem BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Im Folgenden: BFA) unter Anschluss eines Fragenkataloges mitgeteilt, dass aufgrund seines illegalen Aufenthaltes sowie seines Fehlverhaltens beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen und ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht zu erteilen und wurde ihm gleichzeitig eine Frist von 14 Tagen ab Zustellung eingeräumt, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
In einer Stellungnahme vom 24.08.2024 wurde vom BF ausgeführt, dass seine Eltern in Spanien wohnhaft seien und es diesen nicht gut gehe, weshalb sie seine Betreuung benötigen würden und er Spanien deshalb nicht verlassen wolle. Überdies lebe auch seine Ehefrau, die ein Kind erwarte, in Spanien und er könne deswegen auch nicht nach China zurückkehren. Der BF habe in Spanien einen Aufenthaltstitel gehabt, der jedoch gerade ausgetauscht werde. In China habe er zwar keine strafbaren Handlungen begangen, er wolle jedoch nicht nach China zurückkehren.
Mit Urteil eines Landesgerichtes (LG) vom 06.12.2023 wurde der BF wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 2, Abs. 3 SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 dritter Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 4 Z 3 SMG, §§ 12 (zweiter Fall), 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 4 Z 2 und Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten verurteilt.Mit Urteil eines Landesgerichtes (LG) vom 06.12.2023 wurde der BF wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandels nach Paragraph 28 a, Absatz eins, zweiter Fall, Absatz 2,, Absatz 3, SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach Paragraph 28 a, Absatz eins, dritter Fall, Absatz 2, Ziffer 2,, Absatz 4, Ziffer 3, SMG, Paragraphen 12, (zweiter Fall), 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach Paragraph 28 a, Absatz eins, fünfter Fall, Absatz 2, Ziffer 2,, Absatz 4, Ziffer 2 und Ziffer 3, SMG zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten verurteilt.
3. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).3. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 10, Absatz 2, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den BF gemäß Paragraph 52, Absatz eins, Ziffer eins, FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt römisch II.) und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 55, Absatz 4, FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt römisch IV.) und gemäß Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer eins, BFA-VG wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 3, Ziffer 5, FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt römisch VI.).
Begründend wurde ausgeführt, dass der BF gezielt zwecks Suchtgifthandels ins Bundesgebiet gereist sei, um sein Einkommen mit Suchtgiftdelikten aufzubessern. Lediglich seine Festnahme habe weitere Verbrechen im Bundesgebiet verhindern können. Er sei in einer führenden Rolle Mitglied einer international agierenden kriminellen Vereinigung gewesen. Es sei daher dem vorliegenden Gerichtsurteil zufolge unabdingbar erforderlich, dass er die Freiheitsstrafe auch tatsächlich in Haft verbüße, um ihm das Unrecht seiner Taten vor Augen zu führen, aber auch vor allem um generalpräventiven Erwägungen gerecht zu werden. Die Behörde könne nach Betrachtung und Abwägung seines bisherigen Gesamtverhaltens im Bundesgebiet für den BF daher keinesfalls eine positive Zukunftsprognose treffen. In Gesamtbetrachtung ergebe sein bisheriges Verhalten ein sehr negatives Persönlichkeitsbild und gehe die erkennende Behörde davon aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot dringend geboten sei. Es sei jedenfalls davon auszugehen, dass das vom BF zu verantwortende Verhalten eine akute Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre, darstelle.
4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter Beschwerde erhoben. Hierin wurde zusammenfassend insbesondere ausgeführt, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, den BF zu seinen genauen Lebensumständen zu befragen und habe sich dadurch kein abschließendes Bild über die Person des BF und sein Leben in Spanien machen können. Die belangte Behörde hätte den aktuellen Sachverhalt genauer ermitteln müssen und habe dies entgegen der umfassenden Ermittlungspflicht unterlassen. Die belangte Behörde habe das Verfahren nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren zusätzlich mit mangelhaften Feststellungen und einer mangelhaften Beweiswürdigung belastet. Auch die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid sei mangelhaft. Die belangte Behörde habe das Verfahren nach mangelhaftem Ermittlungsverfahren zusätzlich mit einer mangelhaften Beweiswürdigung und Begründung belastet. Der BF habe in Spanien ein schützenswertes Privat-und Familienleben und dürfte bei Umsetzung des Bescheides nie mehr in den Schengenraum einreisen und sein bisheriges Familienleben nicht weiterführen bzw. sein Kind in Spanien nie besuchen. In der rechtlichen Beurteilung finde keine ausreichend konkretisierte Auseinandersetzung mit den angelasteten Straftaten und deren Begleitumständen, sowie allgemein mit der Persönlichkeit des BF statt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
5. Mit Beschluss des BVwG vom 19.06.2024 wurde der vorliegenden Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.5. Mit Beschluss des BVwG vom 19.06.2024 wurde der vorliegenden Beschwerde gemäß Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
6. Am 18.07.2024 fand beim BVwG unter Beiziehung eines Dolmetschers für die chinesische Sprache eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF und seines Vertreters statt, während ein Vertreter der Behörde entschuldigter Weise dazu nicht erschienen ist. Hierbei wurden insbesondere das Bestehen und die Intensität von persönlichen Bindungen des BF zu Personen im Bundesgenbiet bzw. im Gebiet der Mitgliedsstaaten der EU, das Bestehen von verfahrenswesentlichen Abhängigkeiten, Sorgepflichten, bzw. umfassend die Gründe die gegen eine Verhängung eines unbefristeten Rückkehrverbotes in das Gebiet der Mitgliedsstaaten sprechen könnten mit dem BF erörtert und die diesbezüglichen aktuellen Verhältnisse des BF konkret abgeklärt. Dem BF und dessen Vertretung wurde im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG umfassend die Möglichkeit geboten persönlich vor dem erkennenden Gericht sämtliches für die Beurteilung der Beschwerde verfahrenswesentliches Vorbringen zu erstatten und dieses konkret darzulegen. Hierbei führte insbesondere die Vertretung des BF im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wie folgt aus: Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt ist für die Erlassung eines Einreiseverbotes auch das in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, geführte Familienleben des BF in den Blick zu nehmen. Zur Berechnung der Dauer eines Einreiseverbotes ist nicht nur auf das bisherige Verhalten abzustellen, sondern sind auch private und familiäre Interessen zu berücksichtigen und ob - ein (insbesondere unbefristetes) Einreiseverbot allenfalls zu einer dauerhaften Trennung führen würde. Der VwGH führt in seiner Entscheidung vom 10.11.2022, RA 2022/21/0181 aus: „Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei ist nicht nur auf das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. etwa VwGH 6.4.2021, Ra 2020/21/0453, Rn. 18, und daran anschließend VwGH 22.2.2022, Ra 2021/21/0302, Rn. 16, jeweils mwN). Dem zuletzt genannten Gesichtspunkt hat das BVwG nicht ausreichend Rechnung getragen. Es hat nämlich aus den familiären Interessen des Revisionswerbers, insbesondere in Bezug auf seine 2015 und 2016 geborenen Kinder, keine ersichtlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Dauer des über ihn verhängten Einreiseverbotes gezogen. Demnach ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, warum ungeachtet dieser Bindungen des Revisionswerbers zu Österreich ein - grundsätzlich – auf Lebenszeit angelegtes Fernbleiben vom Bundesgebiet selbst nach langjährigem Wohlverhalten und daraus zu erschließender Abnahme des aufgrund der dargestellten einzigen gerichtlichen Verurteilung von ihm ausgehenden Gefährdungspotenzials gerechtfertigt sein soll (vgl. in diesem Sinn etwa auch VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009, Rn. 36/37, und VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0349, Rn. 15, jeweils mwN). In diesem Sinn wird in der Revision zu Recht geltend gemacht, bei einem Aufrechtbleiben des unbefristeten Einreiseverbotes würde es zu einer ungerechtfertigten dauerhaften Trennung des Revisionswerbers von seinen Familienangehörigen kommen, sodass nur ein befristetes Aufenthaltsverbot zu verhängen sei.“ Das unbefristete Einreiseverbot würde somit unverhältnismäßig in die privaten und familiären Interessen des BF eingreifen. Die Eltern, die Lebensgefährtin sowie der minderjährige Sohn des BF würden in Spanien, wo auch der BF zuletzt 14 Jahre lang gelebt und gearbeitet hat leben. Bei einem Aufrechtbleiben des unbefristeten Einreiseverbots würde es zu einer dauerhaften Trennung des Beschwerdeführers von seinen Familienangehörigen kommen und würde sich dieses ebenfalls auf das Verhältnis des BF zu seinem minderjährigen Sohn auswirken. Im Übrigen würde auf den Inhalt der Beschwerde verwiesen, alle Anträge würden aufrecht bleiben. 6. Am 18.07.2024 fand beim BVwG unter Beiziehung eines Dolmetschers für die chinesische Sprache eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF und seines Vertreters statt, während ein Vertreter der Behörde entschuldigter Weise dazu nicht erschienen ist. Hierbei wurden insbesondere das Bestehen und die Intensität von persönlichen Bindungen des BF zu Personen im Bundesgenbiet bzw. im Gebiet der Mitgliedsstaaten der EU, das Bestehen von verfahrenswesentlichen Abhängigkeiten, Sorgepflichten, bzw. umfassend die Gründe die gegen eine Verhängung eines unbefristeten Rückkehrverbotes in das Gebiet der Mitgliedsstaaten sprechen könnten mit dem BF erörtert und die diesbezüglichen aktuellen Verhältnisse des BF konkret abgeklärt. Dem BF und dessen Vertretung wurde im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG umfassend die Möglichkeit geboten persönlich vor dem erkennenden Gericht sämtliches für die Beurteilung der Beschwerde verfahrenswesentliches Vorbringen zu erstatten und dieses konkret darzulegen. Hierbei führte insbesondere die Vertretung des BF im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG wie folgt aus: Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt ist für die Erlassung eines Einreiseverbotes auch das in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, geführte Familienleben des BF in den Blick zu nehmen. Zur Berechnung der Dauer eines Einreiseverbotes ist nicht nur auf das bisherige Verhalten abzustellen, sondern sind auch private und familiäre Interessen zu berücksichtigen und ob - ein (insbesondere unbefristetes) Einreiseverbot allenfalls zu einer dauerhaften Trennung führen würde. Der VwGH führt in seiner Entscheidung vom 10.11.2022, RA 2022/21/0181 aus: „Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei ist nicht nur auf das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen vergleiche etwa VwGH 6.4.2021, Ra 2020/21/0453, Rn. 18, und daran anschließend VwGH 22.2.2022, Ra 2021/21/0302, Rn. 16, jeweils mwN). Dem zuletzt genannten Gesichtspunkt hat das BVwG nicht ausreichend Rechnung getragen. Es hat nämlich aus den familiären Interessen des Revisionswerbers, insbesondere in Bezug auf seine 2015 und 2016 geborenen Kinder, keine ersichtlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Dauer des über ihn verhängten Einreiseverbotes gezogen. Demnach ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, warum ungeachtet dieser Bindungen des Revisionswerbers zu Österreich ein - grundsätzlich – auf Lebenszeit angelegtes Fernbleiben vom Bundesgebiet selbst nach langjährigem Wohlverhalten und daraus zu erschließender Abnahme des aufgrund der dargestellten einzigen gerichtlichen Verurteilung von ihm ausgehenden Gefährdungspotenzials gerechtfertigt sein soll vergleiche in diesem Sinn etwa auch VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009, Rn. 36/37, und VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0349, Rn. 15, jeweils mwN). In diesem Sinn wird in der Revision zu Recht geltend gemacht, bei einem Aufrechtbleiben des unbefristeten Einreiseverbotes würde es zu einer ungerechtfertigten dauerhaften Trennung des Revisionswerbers von seinen Familienangehörigen kommen, sodass nur ein befristetes Aufenthaltsverbot zu verhängen sei.“ Das unbefristete Einreiseverbot würde somit unverhältnismäßig in die privaten und familiären Interessen des BF eingreifen. Die Eltern, die Lebensgefährtin sowie der minderjährige Sohn des BF würden in Spanien, wo auch der BF zuletzt 14 Jahre lang gelebt und gearbeitet hat leben. Bei einem Aufrechtbleiben des unbefristeten Einreiseverbots würde es zu einer dauerhaften Trennung des Beschwerdeführers von seinen Familienangehörigen kommen und würde sich dieses ebenfalls auf das Verhältnis des BF zu seinem minderjährigen Sohn auswirken. Im Übrigen würde auf den Inhalt der Beschwerde verwiesen, alle Anträge würden aufrecht bleiben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des BF:
Der nun 38-jährige BF ist Staatsangehöriger von China und seine Identität steht fest. Der BF reiste 2010 etwa im Alter von 24 Jahren mit einem polnischen Visum in das Gebiet der EU ein und hat sich bisher etwa 14 Jahre in Spanien aufgehalten.
Der spanische Aufenthaltstitel des BF ist am 31.01.2020 abgelaufen (AS 7). Der BF ist nicht mehr zum Aufenthalt in Spanien berechtigt (AS 185).
Der BF ging in Spanien verschiedenen Erwerbstätigkeiten nach (Koch und Kellner, Betreiben eines Supermarktes, Betreiben eines Lebensmittelgroßhandels, Handel mit Gesichtsmasken, privater Taxifahrer).
In Spanien leben die Eltern, Schwiegereltern sowie seine Lebensgefährtin und sein 10 Monate alter Sohn sowie Onkel und Tanten. Seine Eltern betreiben seit 2005 in Spanien einen Supermarkt mit Angestellten. Seine Ehefrau besitzt zwei kreditfinanzierte Eigentumswohnungen und erzielt Einkünfte von monatlich etwa 1800.- Euro netto. Der Schwiegervater ist ebenfalls erwerbstätig. Die Eltern, Schwiegereltern und Lebensgefährtin des BF sind alle chinesische Staatsbürger mit langfristigen Aufenthaltstiteln in Spanien. Der BF wohnte in Spanien gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin abwechselnd bei seinen Eltern oder Schwiegereltern. Der BF wurde bereits in China finanziell von seinen in Spanien lebenden Eltern unterstützt, da der BF in China keiner Arbeit nachging. Der BF spricht neben seiner Muttersprache Chinesisch auch Spanisch.
Der BF reiste Anfang August 2023 illegal und unberechtigt ins österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 09.08.2023 festgenommen sowie am 10.08.2023 wegen § 28 Abs. 4 SMG in Untersuchungshaft genommen wurde.Der BF reiste Anfang August 2023 illegal und unberechtigt ins österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 09.08.2023 festgenommen sowie am 10.08.2023 wegen Paragraph 28, Absatz 4, SMG in Untersuchungshaft genommen wurde.
Im österreichischen Bundesgebiet hat der BF weder Verwandte noch nahe Angehörige. Der BF verfügte im österreichischen Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt über einen Aufenthaltstitel und verfügt aktuell auch sonst nirgendwo in der EU über einen solchen.
Im Zentralen Melderegister für das Bundesgebiet scheint er weder mit einer (Haupt-), noch mit einer (Neben-)wohnsitzmeldung, mit Ausnahme der Justizanstalt auf.
Der BF leidet an keinen akut lebensbedrohlichen oder behandlungsbedürftigen Krankheiten. Er ist gesund und arbeitsfähig.
Mit Urteil eines Landesgerichtes (LG) vom 06.12.2023, 314 HV 154/23x, wurde der BF wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 2, Abs. 3 SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 dritter Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 4 Z 3 SMG, §§ 12 (zweiter Fall), 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 2 Z 2, Abs. 4 Z 2 und Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten verurteilt. Der BF ist konkret zum Zwecke der Begehung eines Deliktes im Zusammenhang mit dem SMG, aus Bereicherungsabsicht und als ein Mitglied einer auf die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz ausgerichteten international agierenden kriminellen Vereinigung in das Bundesgebiet eingereist. Erschwerend ist fallgegenständlich der Umstand zu werten, dass dem BF innerhalb der kriminellen Vereinigung eine führende Beteiligung/Rolle zukam, als auch, dass es sich bei der Suchtgiftmenge um eine diesbezüglich qualifizierte Menge gehandelt hat. Mildernd können das reumütige Geständnis, die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, der bisherige ordentliche Lebenswandel des BF sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet werden. Auf Grund der Gefährlichkeit des begangenen Deliktes im Allgemeinen und der enormen Suchtgiftmengen wurde eine Strafe geringeren Ausmaßes als nicht geeignet erachtet, die Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und sei eine auch nur teilbedingte Nachsicht der Strafe sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen ausgeschieden.Mit Urteil eines Landesgerichtes (LG) vom 06.12.2023, 314 HV 154/23x, wurde der BF wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandels nach Paragraph 28 a, Absatz eins, zweiter Fall, Absatz 2,, Absatz 3, SMG, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach Paragraph 28 a, Absatz eins, dritter Fall, Absatz 2, Ziffer 2,, Absatz 4, Ziffer 3, SMG, Paragraphen 12, (zweiter Fall), 15 StGB, des Verbrechens des Suchtgifthandels nach Paragraph 28 a, Absatz eins, fünfter Fall, Absatz 2, Ziffer 2,, Absatz 4, Ziffer 2 und Ziffer 3, SMG zu einer Freiheitsstrafe von 39 Monaten verurteilt. Der BF ist konkret zum Zwecke der Begehung eines Deliktes im Zusammenhang mit dem SMG, aus Bereicherungsabsicht und als ein Mitglied einer auf die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz ausgerichteten international agierenden kriminellen Vereinigung in das Bundesgebiet eingereist. Erschwerend ist fallgegenständlich der Umstand zu werten, dass dem BF innerhalb der kriminellen Vereinigung eine führende Beteiligung/Rolle zukam, als auch, dass es sich bei der Suchtgiftmenge um eine diesbezüglich qualifizierte Menge gehandelt hat. Mildernd können das reumütige Geständnis, die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, der bisherige ordentliche Lebenswandel des BF sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, gewertet werden. Auf Grund der Gefährlichkeit des begangenen Deliktes im Allgemeinen und der enormen Suchtgiftmengen wurde eine Strafe geringeren Ausmaßes als nicht geeignet erachtet, die Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und sei eine auch nur teilbedingte Nachsicht der Strafe sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen ausgeschieden.
Der BF befindet sich seit 09.08.2023 in Haft und verbüßt gegenwärtig diese 39-monatige Haftstrafe.
Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet stellt gegenwärtig als auch zukünftig angesichts seiner Straftaten eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der gesunde und arbeitsfähige BF mit Schulausbildung und verschiedener Berufserfahrung bei einer Rückkehr nach China aufgrund der dortigen Sicherheits – oder Versorgungslage in eine unzumutbare Notsituation geraten würde oder dieser nicht in der Lage wäre, bzw. es ihm nicht zumutbar möglich ist, die notwendigen Mittel zur Bestreitung seiner Lebenserhaltungskosten durch die Aufnahme einer ihm möglichen Erwerbstätigkeit dort zu erwirtschaften. Der BF ist in China aufgewachsen, hat seine Schulbildung dort erhalten, kennt die örtlichen und kulturellen Gegebenheiten und spricht die Landessprache auf muttersprachlichem Niveau. Er kann in China wie vor seiner Ausreise zumindest anfänglich auch wieder von seinen Eltern aus Spanien aus finanziell unterstützt werden.
Der BF führt in Österreich keine partnerschaftliche oder familienähnliche Beziehung und hat im Bundesgebiet auch keine Kinder.
Die Lebensgefährtin, das neugeborene Kind des BF, als auch die Eltern des BF sind in Spanien wohnhaft und aufenthaltsberechtigt. Die Eltern des BF sind weder in Bezug auf gesundheitliche Belange noch finanziell vom BF abhängig und sind in der Lage, den BF auch weiterhin finanziell zu unterstützen. Auch die Lebensgefährtin des BF ist weder finanziell noch sonst wie vom BF abhängig. Seine Lebensgefährtin und der gemeinsame Sohn sowie die sonst in Spanien lebenden Verwandten (Eltern, Schwiegereltern) haben als chinesische Staatsbürger die Möglichkeit der Fortsetzung eines gemeinsamen Familienlebens in China, bzw. können den Kontakt über soziale Medien aufrechterhalten und gegenseitige Besuche auch außerhalb der EU in Betracht ziehen.
Der BF weist in Österreich keine Integrationsmerkmale auf und wurde bereits unmittelbar nach seiner Einreise ins Bundesgebiet verhaftet. Überdies wäre eine allfällige gesellschaftliche und soziale Integration des BF durch seine erhebliche Straffälligkeit relativiert. Der BF spricht nicht Deutsch. Eine Integration am österreichischen Arbeitsmarkt liegt nicht vor.
Die Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet als auch die Verhängung eines befristeten Einreiseverbotes stellt in konkreter Abwägung der privaten Interessen des BF am Verbleib mit dem hohen öffentlichen Interesse des Staates an einem geordneten Fremden- und Asylsystem, als auch dem überaus hohen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit fallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des gegenständlichen Verfahrens keinen unzulässigen oder unverhältnismäßigen Eingriff in besonders durch Art. 3 oder 8 EMRK geschützte Rechte dar. Die Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet als auch die Verhängung eines befristeten Einreiseverbotes stellt in konkreter Abwägung der privaten Interessen des BF am Verbleib mit dem hohen öffentlichen Interesse des Staates an einem geordneten Fremden- und Asylsystem, als auch dem überaus hohen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit fallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des gegenständlichen Verfahrens keinen unzulässigen oder unverhältnismäßigen Eingriff in besonders durch Artikel 3, oder 8 EMRK geschützte Rechte dar.
Die unter Spruchpunkt II. und III. des im Spruch genannten Bescheides ausgesprochene Rückkehrentscheidung samt Ausweisung nach China ist bereits in Rechtskraft erwachsen. Die unter Spruchpunkt römisch II. und römisch III. des im Spruch genannten Bescheides ausgesprochene Rückkehrentscheidung samt Ausweisung nach China ist bereits in Rechtskraft erwachsen.
Der BF erfüllt nach dem ebenfalls rechtskräftigen Spruchpunkt I. nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung gem. § 57 AsylG. Der BF erfüllt nach dem ebenfalls rechtskräftigen Spruchpunkt römisch eins. nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung gem. Paragraph 57, AsylG.
In Verbindung mit der Rückkehrentscheidung ist eine Verhängung eines Einreiseverbotes fallbezogen, dies insbesondere unter Berücksichtigung der konkreten strafrechtlichen Verurteilung des BF aufgrund des SMG, dem Grunde nach geboten und rechtlich zulässig.
Die Dauer des Einreiseverbotes war nach Durchführung einer Gesamtabwägung sämtliches Aspekte des konkreten Einzelfalles, bzw. auch nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in casu jedoch angemessen auf 10 Jahre zu reduzieren.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
(gekürzt und zusammengefasst durch das BVwG)
Politische Lage Letzte Änderung 2023-04-13 14:36
China ist mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Welt (AA 19.12.2022). Es ist in 33 Verwaltungseinheiten, 22 Provinzen, die fünf autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) gegliedert (ÖB Peking 12.2021; vgl. AA 19.12.2022). Es gibt sieben Militärzonen, die jeweils verschiedene Provinzen bzw. Teile umfassen (ÖB Peking 12.2021).China ist mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Welt (AA 19.12.2022). Es ist in 33 Verwaltungseinheiten, 22 Provinzen, die fünf autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, Shanghai, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) gegliedert (ÖB Peking 12.2021; vergleiche AA 19.12.2022). Es gibt sieben Militärzonen, die jeweils verschiedene Provinzen bzw. Teile umfassen (ÖB Peking 12.2021).
Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik (VR) China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (BMBF o.D.). Die VR China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) die höchste Autorität verkörpert. Beinahe alle Führungspositionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von KPCh-Mitgliedern bekleidet (USDOS 20.3.2023). Sie ist damit eines von weltweit fünf verbliebenen kommunistischen Einparteiensystemen. Zentral für das politische System Chinas ist der Führungsanspruch der KPCh, der auch in der Verfassung verankert ist. Andere politische Organisationen, Medien, Zivilgesellschaft und religiöse Aktivitäten haben sich den Zielen der Partei unterzuordnen und werden streng reguliert. An der Spitze der Partei steht das Zentralkomitee (ZK). Das ZK wiederum wählt das Politbüro (derzeit 24 Mitglieder) und den Ständigen Ausschuss des Politbüros (derzeit 7 Mitglieder). Der Ständige Ausschuss gibt unter Führung von Generalsekretär Xi Jinping die Leitlinien für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor (AA 19.12.2022).Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik (VR) China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (BMBF o.D.). Die VR China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) die höchste Autorität verkörpert. Beinahe alle Führungspositionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von KPCh-Mitgliedern bekleidet (USDOS 20.3.2023). Sie ist damit eines von weltweit fünf verbliebenen kommunistischen Einparteiensystemen. Zentral für das politische System Chinas ist der Führungsanspruch der KPCh, der auch in der Verfassung verankert ist. Andere politische Organisationen, Medien, Zivilgesellschaft und religiöse Aktivitäten haben sich den Zielen der Partei unterzuordnen und werden streng reguliert. An der Spitze der Partei steht das Zentralkomitee (ZK). Das ZK wiederum wählt das Politbüro (derzeit 24 Mitglieder) und den Ständigen Ausschuss des Politbüros (derzeit 7 Mitglieder). Der Ständige Ausschuss gibt unter Führung von Generalsekretär römisch zehn i Jinping die Leitlinien für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor (AA 19.12.2022).
Der Ministerpräsident leitet den Staatsrat, d.h. die eigentliche Regierung. Er wird von einem inneren Kabinett, bestehend aus vier Stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten, in seiner Arbeit unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung (BMBF o.D. vgl. Heilmann 2016).Der Ministerpräsident leitet den Staatsrat, d.h. die eigentliche Regierung. Er wird von einem inneren Kabinett, bestehend aus vier Stellvertretenden Ministerpräsidenten und fünf Staatsräten, in seiner Arbeit unterstützt. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung (BMBF o.D. vergleiche Heilmann 2016).
Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird für fünf Jahre gewählt (FH 2.2022; vgl. BMBF o.D.). Er wählt formell den Staatspräsidenten für eine Amtszeit von fünf Jahren und bestätigt den Ministerpräsidenten, nachdem jener vom Präsidenten nominiert wurde (FH 2.2022; vgl. BMBF o.D.) Der NVK ist laut der Verfassung das "oberste Organ der Staatsmacht" und tagt einmal jährlich. Der Großteil der Gesetzgebungstätigkeit wird vom Ständigen Ausschuss des NVK übernommen, der etwa alle zwei Monate zusammentritt und aus Vollzeit-Delegierten - circa 5 Prozent der NVK-Delegierten - besteht (Heilmann 2016).Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird für fünf Jahre gewählt (FH 2.2022; vergleiche BMBF o.D.). Er wählt formell den Staatspräsidenten für eine Amtszeit von fünf Jahren und bestätigt den Ministerpräsidenten, nachdem jener vom Präsidenten nominiert wurde (FH 2.2022; vergleiche BMBF o.D.) Der NVK ist laut der Verfassung das "oberste Organ der Staatsmacht" und tagt einmal jährlich. Der Großteil der Gesetzgebungstätigkeit wird vom Ständigen Ausschuss des NVK übernommen, der etwa alle zwei Monate zusammentritt und aus Vollzeit-Delegierten - circa 5 Prozent der NVK-Delegierten - besteht (Heilmann 2016).
Eine parlamentarische Opposition zur KPCh gibt es nicht (AA 26.10.2022). Das Einparteiensystem bietet keinen institutionellen Mechanismus für eine organisierte politische Opposition (FH 2.2022). Zwar sind acht sogenannte demokratische Parteien offiziell anerkannt, jedoch sind alle der KPCh unterstellt. Seit dem Massaker vom Tiananmen-Platz im Jahr 1989, als die Volksbefreiungsarmee (PLA) gewaltsam gegen eine von Studenten geführte pro-demokratische Bewegung vorgegangen ist, hat es keine Versuche gegeben, den politischen Wettbewerb zu erhöhen oder gar einen Übergang zur liberalen Demokratie einzuleiten. Nach dem "Zwischenfall", der nach wie vor in China ein Tabuthema ist, wurden politische Reformer aus der KP-Führung verdrängt. Seitdem sind sich die Partei- und Staatseliten einig, Reformen auf den wirtschaftlichen Bereich zu beschränken und politische Reformen nur im Verwaltungsbereich zuzulassen, um die Regierungsführung weiter zu entwickeln, nicht aber die Demokratie (BS 23.2.2022).
Der KPCh Generalsekretär und Staatspräsident Xi Jinping hat seine persönliche Macht in einem Ausmaß gefestigt, wie es in China seit Jahrzehnten nicht mehr zu beobachten war. Er hat seine Macht und Autorität innerhalb der Partei seit 2012 stetig ausgebaut (FH 2.2022). Als Partei-, Armee- und Staatschef, dessen Amtszeit als Präsident 2018 entfristet wurde (die Amtszeit als Generalsekretär war ohnehin nicht begrenzt), verfügt er über eine Machtfülle wie zuvor nur Mao Zedong. Der Person Xi Jinping kommt auch in der Propaganda eine zentrale Rolle zu, die eine Verschiebung weg vom bisherigen Prinzip der kollektiven Führung verdeutlicht (AA 11.10.2021). Mit der durch Xi Jingping etablierten "Neuen Ära des Sozialismus chinesischer Prägung" hat er die Machtposition der Partei im Inland weiter gefestigt und arbeitet an einer Neugestaltung von Pekings Außenbeziehungen und globalem Einfluss, u.a. durch die Schaffung eines multilateralen Systems, das eine Alternative zu den als westlich geprägt empfundenen Vereinten Nationen bieten soll (AA 26.10.2022).Der KPCh Generalsekretär und Staatspräsident römisch zehn i Jinping hat seine persönliche Macht in einem Ausmaß gefestigt, wie es in China seit Jahrzehnten nicht mehr zu beobachten war. Er hat seine Macht und Autorität innerhalb der Partei seit 2012 stetig ausgebaut (FH 2.2022). Als Partei-, Armee- und Staatschef, dessen Amtszeit als Präsident 2018 entfristet wurde (die Amtszeit als Generalsekretär war ohnehin nicht begrenzt), verfügt er über eine Machtfülle wie zuvor nur Mao Zedong. Der Person römisch zehn i Jinping kommt auch in der Propaganda eine zentrale Rolle zu, die eine Verschiebung weg vom bisherigen Prinzip der kollektiven Führung verdeutlicht (AA 11.10.2021). Mit der durch römisch zehn i Jingping etablierten "Neuen Ära des Sozialismus chinesischer Prägung" hat er die Machtposition der Partei im Inland weiter gefestigt und arbeitet an einer Neugestaltung von Pekings Außenbeziehungen und globalem Einfluss, u.a. durch die Schaffung eines multilateralen Systems, das eine Alternative zu den als westlich geprägt empfundenen Vereinten Nationen bieten soll (AA 26.10.2022).
Am 23.10.2022 ist Xi Jinping erwartungsgemäß für eine dritte fünfjährige Amtszeit als Generalsekretär der KPCh bestätigt worden. Damit kann er 2023 auch für eine dritte Amtszeit als Präsident antreten. Am 22.10.2022 hatte der Kongress der KPCh zum Abschluss des 20. Parteitags entsprechenden Verfassungsänderungen zugestimmt (BAMF 1.1.2023; vgl. AI 23.10.2022). Kurz davor war der frühere Staats- und Parteichef Hu Jintao von Saalordnern von seinem Platz vom Podium geführt worden. Der Parteikongress wählte zudem das neue ZK der Partei, das das Politbüro und dessen aus sieben Personen bestehenden Ständigen Ausschuss bestimmte (BAMF 1.1.2023). Die größte Neuigkeit des Parteitags ist die geschichtsträchtige "Nichtänderung": Xi Jinping wird mindestens für die nächsten fünf Jahre Generalsekretär der KPCh bleiben. Dies ist ein Novum der jüngeren Vergangenheit: seine Vorgänger Hu Jintao und Jiang Zemin traten nach zwei Amtszeiten als Präsident und Generalsekretär zurück, wodurch relativ reibungslose Machtübergänge ermöglicht wurden. Alle neugewählten und von ihm forcierten Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüro gelten zum einen als eindeutig loyal Xi Jinping gegenüber und sind zum anderen zu alt oder gelten als unterqualifiziert um in fünf Jahren für eine mögliche Nachfolge in Frage zu kommen (Grid News 24.10.2022; vgl. MM 24.10.2022).Am 23.10.2022 ist römisch zehn i Jinping erwartungsgemäß für eine dritte fünfjährige Amtszeit als Generalsekretär der KPCh bestätigt worden. Damit kann er 2023 auch für eine dritte Amtszeit als Präsident antreten. Am 22.10.2022 hatte der Kongress der KPCh zum Abschluss des 20. Parteitags entsprechenden Verfassungsänderungen zugestimmt (BAMF 1.1.2023; vergleiche AI 23.10.2022). Kurz davor war der frühere Staats- und Parteichef Hu Jintao von Saalordnern von seinem Platz vom Podium geführt worden. Der Parteikongress wählte zudem das neue ZK der Partei, das das Politbüro und dessen aus sieben Personen bestehenden Ständigen Ausschuss bestimmte (BAMF 1.1.2023). Die größte Neuigkeit des Parteitags ist die geschichtsträchtige "Nichtänderung": römisch zehn i Jinping wird mindestens für die nächsten fünf Jahre Generalsekretär der KPCh bleiben. Dies ist ein Novum der jüngeren Vergangenheit: seine Vorgänger Hu Jintao und Jiang Zemin traten nach zwei Amtszeiten als Präsident und Generalsekretär zurück, wodurch relativ reibungslose Machtübergänge ermöglicht wurden. Alle neugewählten und von ihm forcierten Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüro gelten zum einen als eindeutig loyal römisch zehn i Jinping gegenüber und sind zum anderen zu alt oder gelten als unterqualifiziert um in fünf Jahren für eine mögliche Nachfolge in Frage zu kommen (Grid News 24.10.2022; vergleiche MM 24.10.2022).
In der Parteiverfassung wurde die Rolle von Xi Jinping allerdings nur in Teilen aufgewertet. So erhielt er keinen neuen Titel als „Anführer“, sondern blieb wie bisher „Generalsekretär der KPCh“. Einstimmig bestätigt wurde hingegen die „zentrale Rolle“ Xi Jinpings in der KPCh und ihrer Führungsriege. Auch das Konzept der „Zwei Etablierungen“, das ihn als „Kern der Partei“ sowie seine „Ideen für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära“ als Leitlinien festschreibt, wurde in die Verfassung aufgenommen. Xi Jinping hat damit fast jede innerparteiliche Konkurrenz ausgeschaltet und den kollektiven Führungsstil der letzten Jahrzehnte abgelöst (MM 24.10.2022).In der Parteiverfassung wurde die Rolle von römisch zehn i Jinping allerdings nur in Teilen aufgewertet. So erhielt er keinen neuen Titel als „Anführer“, sondern blieb wie bisher „Generalsekretär der KPCh“. Einstimmig bestätigt wurde hingegen die „zentrale Rolle“ römisch zehn i Jinpings in der KPCh und ihrer Führungsriege. Auch das Konzept der „Zwei Etablierungen“, das ihn als „Kern der Partei“ sowie seine „Ideen für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära“ als Leitlinien festschreibt, wurde in die Verfassung aufgenommen. römisch zehn i Jinping hat damit fast jede innerparteiliche Konkurrenz ausgeschaltet und den kollektiven Führungsstil der letzten Jahrzehnte abgelöst (MM 24.10.2022).
Der von ihm konzipierte "Chinesische Traum" soll China den Status einer Weltmacht wiedererlangen helfen (BS 23.2.2022; vgl. Economist 10.11.2022). Die chinesische Regierung verfolgt gesellschaftliche Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung als zwei zentrale Anliegen in ihrer Agenda. Demgegenüber stellt eine demokratische Transformation, basierend auf dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, kein langfristiges strategisches Ziel der Regierung dar. Vielmehr verfolgt die Regierung die bewusste Strategie, pro-demokratischen Tendenzen als Bedrohung und Herausforderungen für die politische Hegemonie der Partei entgegenzuwirken (BS 23.2.2022).Der von ihm konzipierte "Chinesische Traum" soll China den Status einer Weltmacht wiedererlangen helfen (BS 23.2.2022; vergleiche Economist 10.11.2022). Die chinesische Regierung verfolgt gesellschaftliche Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung als zwei zentrale Anliegen in ihrer Agenda. Demgegenüber stellt eine demokratische Transformation, basierend auf dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, kein langfristiges strategisches Ziel der Regierung dar. Vielmehr verfolgt die Regierung die bewusste Strategie, pro-demokratischen Tendenzen als Bedrohung und Herausforderungen für die politische Hegemonie der Partei entgegenzuwirken (BS 23.2.2022).
Die rasch wachsende Ungleichheit in China veranlasste einige junge Menschen dazu, eine Form des passiven Widerstands zu befürworten, die als "tang ping" bekannt ist - der Verzicht auf Konsum und erniedrigende Arbeit - ein Konzept, das von der Regierung verurteilt und zensiert wird (HRW 13.1.2022).
Sicherheitslage Letzte Änderung 2023-04-13 14:32
Die Sicherheitslage ist stabil. Dennoch kann es sporadisch zu Demonstrationen und Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kommen. Vereinzelt sind in China Anschläge verübt worden (EDA 8.2.2023). Es gibt in China keine unüberbrückbaren sozialen oder religiösen Spaltungen und, mit Ausnahme einiger Minderheiten wie z. B. der Uiguren und Tibeter, gibt es auch keine ethnische (BS 23.2.2022).
Demonstrationen, Unruhen, Zusammenstöße
Zivile Unruhen, ausgelöst durch ein breites Spektrum sozio-ökonomischer und politischer Missstände, ereignen sich in China regelmäßig (ICG 21.4.2022). Täglich kommt es zu Dutzenden von Protesten chinesischer Bürger, doch die meisten davon sind klein und betreffen Themen der Lebensgrundlage wie Lohnrückstände, Abriss von Häusern, Enteignung von Land (BS 23.2.2022) sowie Zwangsräumungen oder Zwangsumsiedelungen und unangemessene Entschädigungen. Medienberichten zufolge fanden im Laufe des Jahres 2022 landesweit Tausende von Protesten statt (USDOS 20.3.2023). Der China Dissent Monitor (CDM) der NGO Freedom House dokumentierte zwischen Juni 2022 und 5.12.2022 1.080 Dissensfälle, zu 96 Prozent Demonstrationen oder Streiks. (FH 14.2.2023). Allerdings dürfte die Häufigkeit in den Statistiken unterrepräsentiert sein (FH 7.10.2022).
Neben den großflächigen Anti-Lockdown-Demonstrationen gegen die Zero-Covid-Strategie der Regierung [siehe dazu Kapitel COVID-19, inkl. Informationskontrolle] sind vor allem die zahlreichen, landesweiten Proteste von Immobilienkäufern im Sommer 2022, die sogenannten Hypothekenboycotts zu nennen (BN 3.8.2022; vgl. BBC 10.3.2022; REU 19.9.2022). Diese machen fast die Hälfte (43 Prozent) aller von CDM dokumentierten Dissensfälle aus (FH 7.10.2022). Sie haben erreicht, dass das Politbüro lokale Beamte anwies, die Fertigstellung von Wohnungsbauprojekten zu gewährleisten, und staatliche Banken unter Druck setzte, die Bauarbeiten zu finanzieren (BN 3.8.2022). Neben den großflächigen Anti-Lockdown-Demonstrationen gegen die Zero-Covid-Strategie der Regierung [siehe dazu Kapitel COVID-19, inkl. Informationskontrolle] sind vor allem die zahlreichen, landesweiten Proteste von Immobilienkäufern im Sommer 2022, die sogenannten Hypothekenboycotts zu nennen (BN 3.8.2022; vergleiche BBC 10.3.2022; REU 19.9.2022). Diese machen fast die Hälfte (43 Prozent) aller von CDM dokumentierten Dissensfälle aus (FH 7.10.2022). Sie haben erreicht, dass das Politbüro lokale Beamte anwies, die Fertigstellung von Wohnungsbauprojekten zu gewährleisten, und staatliche Banken unter Druck setzte, die Bauarbeiten zu finanzieren (BN 3.8.2022).
Im Februar 2023 kam es bei Protesten Tausender Pensionisten gegen Kürzungen bei Krankenversicherungsleistungen zu Zusammenstößen mit der Polizei und mehreren Festnahmen (BAMF 20.2.2023; vgl. NZZ 16.2.2023).Im Februar 2023 kam es bei Protesten Tausender Pensionisten gegen Kürzungen bei Krankenversicherungsleistungen zu Zusammenstößen mit der Polizei und mehreren Festnahmen (BAMF 20.2.2023; vergleiche NZZ 16.2.2023).
Prinzipiell sind Demonstrationen und anderweitige Protestformen ohne Regierungserlaubnis, die für Durchschnittsbürger praktisch nicht zu bekommen ist, illegal und Teilnehmer riskieren daher ihre Inhaftierung (BS 23.2.2022; vgl. AA 19.12.2022). Häufig folgen auch formelle Anklagen. Demonstrationen, die durch allgemeine politische oder soziale Mi