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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §44 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der X-AG in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. Juni 1994, Zl. 5-226 Si 94/6-93, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 20. Juli 1993 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 iVm den §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 2 und 54 Abs. 1 ASVG sowie gemäß § 62 AlVG aus, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet sei, für die in der Beitragsnachverrechnungsanzeige vom 27. Oktober 1992 angeführten Dienstnehmer die dort ausgewiesenen allgemeinen Beiträge, Sonderbeiträge, Zuschläge und Nebenumlagen nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die gleichfalls dort näher bezeichneten Zeiten im Betrag von insgesamt S 374.943,27 nachzuentrichten. Die Beitragsnachverrechnungsanzeige vom 27. Oktober 1992, von der ein Betrag von S 148.816,81 strittig sei, bilde einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides. Nach der Bescheidbegründung sei im Zuge einer Beitragsprüfung im Jahre 1992 ua. festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin mit den in ihrem Betrieb beschäftigten Lehrlingen Nettolohnvereinbarungen in der Form getroffen habe, daß sie die jeweiligen Dienstnehmerbeitragsanteile getragen habe. Zum Zwecke der Beitragsentrichtung habe die Beschwerdeführerin als Beitragsgrundlage die reine Nettolehrlingsentschädigung herangezogen und der Berechnung des Dienstnehmerbeitragsanteiles (10,25 % der Beitragsgrundlage) diese reine Nettolehrlingsentschädigung zugrundegelegt. So sei sie etwa bei einer Nettolehrlingsentschädigung von S 4.000,-- unter Zugrundelegung des genannten Prozentsatzes zu einem Dienstnehmerbeitragsanteil von S 410,-- gelangt. Dieser Berechnungsmodus könne aber nicht als Basis für die Berechnung des Dienstnehmerbeitragsanteiles herangezogen werden, weil der Entgeltbegriff des § 49 Abs. 1 ASVG auf den Bruttolohn abstelle. Daher sei die Beitragsgrundlage in diesen Fällen im Wege einer "Auf-Hundert-Rechnung" in der Weise zu ermitteln gewesen, "daß die Dienstnehmerbeitragsanteile dem Nettolohn hinzugerechnet wurden, was bedeutete, daß die um die Dienstnehmeranteile erhöhte Nettolehrlingsentschädigung als Beitragsgrundlage herangezogen wurde". Nach diesem Berechnungsmodus ergebe sich bei dem erwähnten Beispiel einer Nettolehrlingsentschädigung von S 4.000,-- eine Bruttolehrlingsentschädigung und damit eine Beitragsgrundlage von S 4.457,-- (S 4.000,-- : 89,75, der Differenz von 100 % - 10,25 %, x 100) und dementsprechend ein Dienstnehmerbeitragsanteil von S 457,--. Nur dieser Berechnungsmodus gewährleiste, daß das nach § 49 Abs. 1 ASVG maßgebliche Bruttoentgelt als Beitragsgrundlage Berücksichtigung finde. Da die Beschwerdeführerin unrichtige Angaben bezüglich der Entgelthöhe der betroffenen Lehrlinge gemacht habe und sie diese als nicht der tatsächlichen Beitragsgrundlage entsprechend hätte erkennen müssen, sei die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden und deshalb auch keine teilweise Verjährung des Feststellungsrechtes nach § 68 Abs. 1 ASVG eingetreten.
In dem gegen diesen Bescheid (zur Gänze) erhobenen Einspruch wandte die Beschwerdeführerin ein, daß die von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angenommenen Nettolohnvereinbarungen nicht bestanden hätten; es seien vielmehr lediglich die auf die Lehrlinge entfallenden (von den vereinbarten, über den Kollektivvertragssätzen liegenden Bruttolehrlingsentschädigungen ermittelten) Abgaben zur Zahlung übernommen worden. In solchen Fällen erhöhe sich nach § 44 Abs. 5 ASVG die allgemeine Beitragsgrundlage (z.B. S 4.000,--) nur "um den Betrag der auf den Versicherten entfallenden Beiträge". Darunter könnten nur solche verstanden werden, die dem Versicherten auch tatsächlich von seinem Entgelt (z.B. S 4.000,--) in Abzug gebracht werden könnten, wenn der Dienstgeber nicht ihre Zahlung übernommen hätte: das seien 10,75 % (gemeint: 10,25 %) von S 4.000,--, also S 410,--. Die allgemeine Beitragsgrundlage erhöhe sich daher - im genannten Beispiel - lediglich um S 410,--.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Begründet wurde die Entscheidung damit, daß aus § 44 Abs. 5 ASVG, der auf "den Betrag der auf den Versicherten entfallenden Beiträge" abstelle, eindeutig hervorgehe, daß diese Beiträge im Prinzip der Versicherte zu tragen hätte und daher betraglich nicht geringer sein dürften, als dies unter Heranziehung des Bruttolohnes zur Beitragsermittlung der Fall sei. Dabei führe jede dem Versicherten gewährte Begünstigung durch Übernahme der von ihm zu tragenden Beiträge zu einer Erhöhung der allgemeinen Beitragsgrundlage, unabhängig davon, ob die Zahlung von Nettolöhnen vertraglich vereinbart worden sei oder vom Dienstgeber nur tatsächlich die Dienstnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen übernommen worden seien. Im Beschwerdefall sei daher die um die Dienstnehmerbeitragsanteile, die von der Beschwerdeführerin zur Zahlung übernommen worden seien, erhöhte Nettolehrlingsentschädigung, also die volle Bruttolehrlingsentschädigung (entsprechend dem Brottoentgeltbegriff des § 49 Abs. 1 ASVG), als allgemeine Beitragsgrundlage heranzuziehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich die Beschwerdeführerin durch die Vorschreibung von Beiträgen in der Höhe von S 374.943,27 in ihrem Recht, lediglich im gesetzlichen Ausmaß Beiträge abführen zu müssen, verletzt erachtet. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wird vorgebracht, daß die Beschwerdeführerin österreichweit ca. 300 gewerbliche Lehrlinge beschäftige. In freiwilliger Erweiterung der Bestimmung des § 53 Abs. 2 ASVG, wonach der allgemeine Beitrag in der Krankenversicherung für minderjährige Lehrlinge während der ersten 2 Jahre der Lehrzeit zur Gänze vom Dienstgeber zu tragen sei, bestehe bei der Beschwerdeführerin seit längerer Zeit aus sozialen Erwägungen die Betriebsübung, freiwillig sämtliche Dienstnehmeranteile zu tragen. Im Hinblick darauf, daß aufgrund der relativ geringen Höhe der Lehrlingsentschädigungen überlicherweise ein Lohnsteuerabzug entfalle, erhielten die Lehrlinge daher die vereinbarte Bruttolehrlingsentschädigung brutto für netto ausbezahlt. Eine ausdrückliche Nettolohnvereinbarung sei jedoch mit den Lehrlingen nicht getroffen worden. Für den Fall einer bloßen Übernahme der Dienstnehmeranteile zur Zahlung durch den Dienstgeber sehe § 44 Abs. 5 ASVG zwar die Erhöhung der allgemeinen Beitragsgrundlage, aber nicht des Entgeltes nach § 49 Abs. 1 ASVG vor. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse und die belangte Behörde legten jedoch im Ergebnis der Berechnung der Dienstnehmeranteile eine Lehrlingsentschädigung zugrunde, die mit dem jeweiligen Lehrling nie vereinbart worden sei. In dem von der belangten Behörde angeführten Beispiel einer vereinbarten Lehrlingsentschädigung von S 4.000,-- erhöhe sich demgemäß nach § 44 Abs. 5 ASVG die allgemeine Beitragsgrundlage von S 4.000,-- somit nur um den Betrag von S 410,--, das sei der auf den versicherten Lehrling entfallende, von S 4.000,-- errechnete Betrag, und nicht um den von S 4.457,-- ermittelten Betrag von S 457,--. Die Berechnungsmethode der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei stünden im übrigen im Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0090.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete aber keine Gegenschrift. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift, in der sie vorbrachte, die belangte Behörde sei ohnedies vom zutreffenden unstrittigen Sachverhalt ausgegangen, sodaß sich die vorliegende Angelegenheit auf die Rechtsfrage reduziere, ob die Nettolehrlingsentschädigung auf den entsprechenden Bruttobetrag hoch zu rechnen sei. Dafür sei die Frage, ob in den Anlaßfällen Nettolohnvereinbarungen getroffen worden seien, unbeachtlich. Zu dieser Frage habe auch der Verwaltungsgerichtshof in dem einen gänzlich anderen Sachverhalt betreffenden Erkenntnis vom 29. September 1992 nicht Stellung genommen. Nach Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 5 ASVG als auch aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage des ASVG in der Stammfassung zu dieser Bestimmung unter weiterer Bedachtnahme darauf, daß unter dem Entgeltbegriff des § 49 Abs. 1 ASVG das Bruttoentgelt zu verstehen sei, klar, daß als Betrag der "auf den Versicherten entfallenden Beiträge" im Sinne des § 44 Abs. 5 ASVG jener Betrag anzusehen sei, welchen ein Dienstnehmer normalerweise als Dienstnehmeranteil, ausgehend vom Bruttoentgelt, zu leisten habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nicht anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt nach § 44 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6.
Gemäß § 44 Abs. 5 ASVG erhöht sich die allgemeine Beitragsgrundlage um den Betrag der auf den Versicherten entfallenden Beiträge zu einer nach diesem Bundesgesetz geregelten Versicherung sowie der auf den Versicherten entfallenden Abgaben, soweit diese vom Dienstgeber zur Zahlung übernommen werden. Diese Regelung gilt gemäß § 54 Abs. 4 ASVG für Sonderbeiträge entsprechend.
In den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum ASVG in der Stammfassung, 599 BlgNR 7.GP, S. 24f, heißt es dazu:
"Da es nicht selten vorkommt, daß Dienstgeber auch den auf den Versicherten entfallenden Teil des Sozialversicherungsbeitrages oder auf den Versicherten entfallende Abgaben zur Zahlung übernehmen und damit praktisch den Lohn erhöhen, wird im Abs.5 bestimmt, daß sich die Beitragsgrundlage um diese ebenfalls als Entgelt aufzufassenden Leistungen des Dienstgebers erhöht. Durch diese Regelung soll erreicht werden, daß der durch die Übernahme des Versichertenanteiles am Beitrag oder der auf den Versicherten entfallenden Abgaben praktisch erhöhte Lohn wohl auch in der Beitragsgrundlage einmal erfaßt wird, aber nicht zu einer immer weiter steigenden Beitragsgrundlage führt. Diese Regelung entspricht der gegenwärtigen Praxis der Krankenversicherungsträger."
Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet - zunächst in Fällen, in denen, so wie nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin im Beschwerdefall, eine Bruttolehrlingsentschädigung (im Beispielsfall von S 4.000,--) vereinbart wurde, die über den maßgeblichen Kollektivvertragssätzen liegt, und in denen der Dienstgeber freiwillig die Tragung der auf den versicherten Lehrling entfallenden Anteile übernommen hat - der oben angeführten Deutung der Beschwerdeführerin und nicht jener der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und der belangten Behörde bei. Nur sie entspricht dem Wortlaut der (eine "andere Bestimmung" im Sinne des § 44 Abs. 1 ASVG darstellenden) Regelung des § 44 Abs. 5 iVm den §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG und ihrem darin sowie in den oben wiedergegebenen Erläuterungen zum Ausdruck kommenden Sinn:
Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung soll sich im Falle der Übernahme dieser Anteile (sowie der auf den Versicherten entfallenden Abgaben, auf die es im Beschwerdefall aber nicht ankommt) zur "Zahlung" durch den Dienstgeber (unter der, wie der Verwaltungsgerichtshof in den von den Parteien zitierten Erkenntnis vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0090, näher dargelegt hat, nicht der bloß technische Vorgang der Zahlung an den Sozialversicherungsträger, sondern die unter Entlastung des Versicherten übernommene Tragung dieser Beitragsanteile zu verstehen ist) nicht das Entgelt nach § 49 Abs. 1, damit der Arbeitsverdienst nach § 44 Abs. 1 ASVG und dadurch zufolge der zuletzt genannten Bestimmung die allgemeine Beitragsgrundlage, sondern nur die allgemeine Beitragsgrundlage erhöhen. Dieser Anordnung hat es nicht deshalb bedurft, um auch diese vom Dienstgeber übernommenen Beitragsanteile (im Beispielsfall von S 410,--) in der allgemeinen Beitragsgrundlage zu erfassen. Denn schon nach dem Entgeltbegriff des § 49 Abs. 1 ASVG (vgl. dazu ua. die Erkenntnisse vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0060, vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0050, und vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0149, jeweils mit weiteren Judikaturhinweisen) stellten auch sie (als Ersparnis des Dienstnehmers bzw. des Lehrlings und damit als "praktische Lohnerhöhung") einen Geldbezug dar, den "der pflichtversicherte Dienstnehmer
(Lehrling) ... aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom
Dienstgeber ... erhält", und erhöhte daher nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG die allgemeine Beitragsgrundlage um diesen Betrag (im Beispielsfall auf S 4.410,--). Da aber der davon zu errechnende Versichertenanteil höher als S 410,-- wäre (nämlich S 452,--), der Dienstgeber aber voraussetzungsgemäß freiwillig die endgültige Tragung der Versichertenanteile schlechthin übernommen hat, erhöhte sich die allgemeine Beitragsgrundlage nach § 44 Abs. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 ASVG neuerlich zunächst auf S 4.452,--, dann aber - aus den eben angeführten Gründen - "immer weiter" (letztlich bis zu dem von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und der belangten Behörde aus anderen Gründen ermittelten Betrag von S 4.457,--). Um dies zu vermeiden, dh., wie die Erläuterungen ausführen, die "praktische Lohnerhöhung" zwar einmal in der allgemeinen Beitragsgrundlage zu erfassen, aber eine "immer weiter steigende Beitragsgrundlage" zu verhindern, hat der Gesetzgeber - abweichend von der grundsätzlichen Regelung des § 44 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 ASVG - angeordnet, daß, in den Fällen der Übernahme der Versichertenanteile, als Entgelt und damit als Arbeitsverdienst im Sinne der eben genannten Bestimmungen nur das vereinbarte Entgelt (im Beispielsfall: die vereinbarte Bruttolehrlingsentschädigung von S 4.000,--) anzusehen ist, die damit idente allgemeine Beitragsgrundlage aber um die von ihr errechneten Versichertenanteile (im Beispielsfall von S 410,--), die an sich der Dienstnehmer (Lehrling) zu tragen hätte, erhöht wird und der Dienstgeber die von dieser erhöhten allgemeinen Beitragsgrundlage zu errechnenden (endgültigen) Beiträge (darunter den Versichertenanteil: im Beispielsfall von S 452,--) zu bezahlen hat. Das gilt zufolge § 54 Abs. 4 ASVG entsprechend für die Sonderbeiträge.
Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses des § 44 Abs. 5 ASVG änderte sich im Beschwerdefall aber auch dann nichts, wenn die von der gegenständlichen Beitragsnachrechnung betroffenen Lehrlinge aus der ständigen "freiwilligen" Tragung ihrer Beitragsanteile einen Rechtsanspruch darauf erworben hätten. Denn dann handelte es sich hiebei um eine konkludent zustandegekommene echte (originäre) Nettolohnvereinbarung im Sinne der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung (vgl. dazu vor allem OGH, ZAS 1991, S. 19, mit Kommentar von Zeiler). Bei einer solchen Vereinbarung wird - im Gegensatz zur unechten (abgeleiteten) Nettolohnvereinbarung - der Nettolohn (und nicht ein um die zur Tragung übernommenen Sozialversicherungsbeiträge und Abgaben erhöhter Bruttolohn) als konstante Größe (von der auch Lohnzuschläge, Urlaubsabgeltungen, Lohnerhöhungen, usw. zu berechnen sind), unabhängig von einem Schwanken der Höhe der Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge, und daher sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Dienstnehmers, geschuldet (vgl. dazu OLG Innsbruck, ArbSlg. 10.937, Marhold in RdW 1989, S. 101). In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht hat dies aber - zufolge der Bestimmung des § 44 Abs. 5 ASVG - ebenfalls die oben angeführten Konsequenzen: Hat nämlich ein Dienstnehmer(Lehrling) aufgrund einer solchen echten Nettolohnvereinbarung nur Anspruch auf einen Nettolohn von S 4.000,--, so hat dies nach § 44 Abs. 5 ASVG zur Folge, daß die von diesem Nettolohn zu errechnenden, vom Dienstgeber übernommenen Versichertenanteile nicht wiederum als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 (diesfalls der Teil des "Anspruchslohnes") zu werten sind, sondern lediglich zu einer Erhöhung der allgemeinen Beitragsgrundlage von S 4.000,-- um S 410,-- führen. Die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 1981, Zl. 1160/80, und vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0138, stehen dem nicht entgegen. Im erstgenannten Erkenntnis ging es um die Art des Günstigkeitsvergleiches eines vereinbarten Nettolohns mit dem kollektivvertraglichen Anspruchslohn; im zweitgenannten Erkenntnis wurde unter Hinweis auf das erstgenannte Erkenntnis ausgesprochen, daß die damals, ausgehend vom vereinbarten Nettoentgelt, ermittelte Beitragsgrundlage um die Lohnsteuer und die auf den Beschwerdeführer entfallenden Sozialversicherungsbeiträge zu erhöhen gewesen wäre; über die Art der Erhöhung wurde aber keine Aussage gemacht.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid, und zwar, da der strittige Betrag - entgegen der Behauptung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse - nicht feststeht, zur Gänze, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren auf Stempelgebührenersatz war wegen der bestehenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) abzuweisen.
Schlagworte
Entgelt Begriff SondervereinbarungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994080165.X00Im RIS seit
20.11.2000