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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ABGB §5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der Z-Volksbank Gen.m.b.H., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. August 1994, Zl. SV (Sank)-318/2-1994-Ru/Ma, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:
Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0149, verwiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 14. Oktober 1992 neuerlich keine Folge und bestätigte diesen Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe der Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofes im obgenannten Erkenntnis zur "Verjährungsfrage" ausgeführt, es sei im vorliegenden Fall anläßlich der vorletzten Beitragsprüfung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse am 28. Oktober 1988 die Nachverrechnung von Provisionszahlungen von dieser Prüfung ausgeklammert worden. Ab diesem Zeitpunkt sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0176) die fünfjährige Verjährungsfrist anzuwenden. Bei der letzten Beitragsprüfung am 26. August 1992 sei die Nachverrechnung der Provisionen nur für den Zeitraum vom 1. November 1988 bis 31. März 1992 erstellt worden. Daher seien im vorliegenden Fall keine Beiträge verjährt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0149 (unter Hinweis auf die Erkenntnisse vom selben Tag, Zlen. 93/08/0176 und 93/08/0177) ausgeführt, daß eine Verjährung hinsichtlich der bis spätestens 31. Dezember 1989 fällig gewordenen Beiträge nur dann nicht eingetreten wäre, wenn entweder die fünfjährige Verjährungsfrist des dritten Satzes des § 68 Abs. 1 ASVG anzuwenden gewesen wäre oder ein Unterbrechungs- bzw. Hemmungsfall im Sinne der beiden letzten Sätze des § 68 Abs. 1 leg. cit. vorgelegen wäre. Mangels entsprechender Feststellungen könne auf diese Frage - ungeachtet der Auseinandersetzung in den Schriftsätzen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - nicht eingegangen werden.
Die gegenständliche Verjährungsfrage kann aus nachstehenden Gründen auch aufgrund der Feststellungen des angefochtenen Bescheides nicht abschließend beurteilt werden:
Die festgestellte Ausklammerung der strittigen Provisionen von der Beitragsprüfung am 28. Oktober 1988 bewirkte weder eine Hemmung noch eine Unterbrechung im Sinne des § 68 Abs. 1 ASVG (vgl. das Erkenntnis vom 22. März 1994, Zl. 93/08/0176). Sie hatte aber - entsprechend den Darlegungen in den genannten Erkenntnissen vom 22. März 1994 sowie des Erkenntnisses vom 12. April 1994, Zl. 93/08/0274 - auch nicht ohne weiteres zur Folge, daß die fünfjährige Verjährungsfrist des § 68 Abs. 1 ASVG auf die bis spätestens 31. Dezember 1989 fällig gewordenen Beiträge anzuwenden war. Dies hätte nämlich nach den zitierten Erkenntnissen vorausgesetzt, daß der Beschwerdeführerin vom Beitragsprüfer oder einem anderen Organ der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bei der Prüfung oder danach vor dem Zeitpunkt, zu denen hinsichtlich der strittigen Provisionen Meldungen im Sinne des § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 ASVG zu erstatten waren oder erstattet wurden, die zutreffende Rechtsauffassung über die Beitragspflicht auch dieser Provisionen mitgeteilt wurde. Ohne eine solche Mitteilung bestand grundsätzlich keine Erkundigungspflicht im Sinne der in den genannten Erkenntnissen dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Da sich die belangte Behörde mit der bloßen Feststellung der Ausklammerung der strittigen Provisionen von der Beitragsprüfung am 28. Oktober 1988 begnügt hat, diese Ausklammerung als solche aber - entgegen der Behauptung der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift - keineswegs "ganz offensichtlich (zeigt), daß die Gebietskrankenkasse durch den Kassenprüfer diese ihre Rechtsansicht kundgetan hat" (die Beschwerdeführerin bestreitet dies auch in ihrer Beschwerde), war der angefochtene Bescheid - und zwar mangels Trennbarkeit neuerlich zur Gänze - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, allerdings begrenzt durch das den Pauschalsatz dieser Verordnung unterschreitende Kostenbegehren.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994080224.X00Im RIS seit
20.11.2000