TE Bvwg Erkenntnis 2024/9/10 W169 2267506-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2024
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Entscheidungsdatum

10.09.2024

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch


W169 2267506-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Tralalobe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2023, Zl. 1282601006-211137721, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.07.2024, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 geb. römisch 40 , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Tralalobe, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2023, Zl. 1282601006-211137721, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.07.2024, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die damals minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Somalia, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 14.08.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Folgetag gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass sie Somali spreche und der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime sowie dem Clan der Biyomal angehöre. Sie stamme aus dem Ort Golweyn. Sie habe drei Jahre die Grundschule besucht. Ihr Vater sei verstorben, ihre Mutter, ihr Bruder und ihre Schwester würden in Somalia leben. Zu ihrem Ausreisegrund führte sie an, dass ihre Mutter Geld von einem alten Mann bekommen habe. Sie habe sie zwangsverheiraten wollen. Das habe die Beschwerdeführerin nicht gewollt. Ihre Tante habe ihr geholfen, Somalia zu verlassen. Im Falle einer Rückkehr habe die Beschwerdeführerin Angst um ihr Leben.

2. Anlässlich ihrer in Anwesenheit ihrer gesetzlichen Vertretung durchgeführten Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 26.01.2022 reklamierte die Beschwerdeführerin zunächst, dass das Protokoll der Erstbefragung nicht stimme, da sie gesagt habe, dass ihre Großmutter ihr Probleme gemacht habe, nicht ihre Mutter. Die Beschwerdeführerin gab zu ihrer Person zu Protokoll, dass sie der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime sowie dem Clan der Biyomal angehöre, welche Teil der Clanfamilie der Dir seien. Sie stamme aus dem Ort Golweyn in der Region Lower Shabelle. Sie habe drei Jahre die Koranschule besucht und im Haushalt sowie auf dem kleinen Feld ihrer Großmutter gearbeitet. Ihr Vater sei verstorben, ihre Mutter, ihr Bruder und ihre Schwester würden in Somalia leben. Ihre Großmutter väterlicherseits habe sie mitgenommen, als sie klein gewesen sei und seither habe sie ihre Familie nicht mehr gesehen. Sie wisse nicht, weshalb sie bei ihrer Großmutter gelebt habe. Sie habe dort mit ihrem Onkel väterlicherseits sowie mit ihrem Vater gelebt, bevor dieser verstorben sei, als sie etwa neun Jahre alt gewesen sei.

Zu ihrem Fluchtgrund führte die Beschwerdeführerin auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass ihre Großmutter sowie ihr Onkel sie mit einem älteren Mann zwangsweise verheiraten hätten wollen und sie aufgrund ihrer Weigerung von ihrem Onkel bedroht und verletzt worden sei. Eine Nachbarin habe ihr die Flucht nach Mogadischu ermöglicht, wo sie bei der Ex-Frau ihres Onkels untergekommen sei. Diese habe Kontakt mit der in Saudi-Arabien aufhältigen Tante väterlicherseits der Beschwerdeführerin aufgenommen, welche wiederum ihre Ausreise aus Somalia organisiert habe. Zudem führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihre Großmutter sie misshandelt habe. Die Beschwerdeführerin habe bei einer Rückkehr Angst, von ihrem Onkel umgebracht oder von ihrer Großmutter verheiratet zu werden. Außerdem wolle sie ihre Beschneidung rückgängig machen und habe Angst, in Somalia noch einmal beschnitten zu werden.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und ihr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt römisch III.).

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und monierte nach Wiederholung der bisher getätigten Angaben unter Ausführung näherer Gründe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, eine fehlerhafte Beweiswürdigung und daraus folgend eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Vorgebracht wurde zudem, dass die Beschwerdeführerin von einer Zwangsbeschneidung nach dem WHO-Typ III betroffen sei und aufgrund der massiven Beschwerden sich in Österreich zu einer Defibulation entschieden habe.4. Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und monierte nach Wiederholung der bisher getätigten Angaben unter Ausführung näherer Gründe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, eine fehlerhafte Beweiswürdigung und daraus folgend eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Vorgebracht wurde zudem, dass die Beschwerdeführerin von einer Zwangsbeschneidung nach dem WHO-Typ römisch III betroffen sei und aufgrund der massiven Beschwerden sich in Österreich zu einer Defibulation entschieden habe.

5. Am 23.07.2024 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt (s. Verhandlungsprotokoll). Im Rahmen dieser Verhandlung legte die Beschwerdeführerin einen Patientenbrief über die durchgeführte Defibulation vor (Beilage ./A).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige von Somalia und gehört der Religionsgemeinschaft der sunnitischen Muslime sowie dem Clan der Biyomal, einem Subclan der Dir, an. Sie stammt aus der Kleinstadt Golweyn in der Region Lower Shabelle.

Bei der Beschwerdeführerin wurde in Somalia eine Typ-III-FGM („pharaonische Beschneidung“) vorgenommen. In Österreich hat sie aus medizinischen Gründen eine Defibulation vornehmen lassen. Die junge, ledige und kinderlose Beschwerdeführerin, die aus einem eher ländlichen Gebiet stammt, läuft bei einer Rückkehr Gefahr, aufgrund einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung in Somalia eine Reinfibulation vornehmen zu müssen.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

1. Weibliche Genitalverstümmelung und –Beschneidung (FGM/C) allgemein

Gudniin ist die allgemeine somalische Bezeichnung für Beschneidung – egal ob bei einer Frau oder bei einem Mann (Crawford 2015, S.65f). In Somalia herrschen zwei Formen von FGM vor:

a) Einerseits die am meisten verbreitete sogenannte Pharaonische Beschneidung (gudniinka fircooniga), welche weitgehend dem WHO Typ III (Infibulation) entspricht (UNFPA 4.2022; vgl. LIFOS 16.4.2019, S. 13f; Crawford 2015, S. 66f) und von der somalischen Bevölkerung unter dem - mittlerweile auch dort geläufigen - Synonym „FGM“ verstanden wird (UNFPA 4.2022; vgl. Crawford 2015, S. 68).a) Einerseits die am meisten verbreitete sogenannte Pharaonische Beschneidung (gudniinka fircooniga), welche weitgehend dem WHO Typ römisch III (Infibulation) entspricht (UNFPA 4.2022; vergleiche LIFOS 16.4.2019, Sitzung 13f; Crawford 2015, Sitzung 66f) und von der somalischen Bevölkerung unter dem - mittlerweile auch dort geläufigen - Synonym „FGM“ verstanden wird (UNFPA 4.2022; vergleiche Crawford 2015, Sitzung 68).

b) Andererseits die Sunna (gudniinka sunna) (LIFOS 16.4.2019, S. 13f; vgl. Crawford 2015, S. 66f), welche laut einer Quelle generell dem weniger drastischen WHO Typ I entspricht (LIFOS 16.4.2019, S. 13f), laut einer anderen Quelle WHO Typ I und II (AV 2017, S. 29) bzw. laut einer dritten Quelle eine breite Palette an Eingriffen umfasst (Crawford 2015, S. 41ff/66f). Denn die Sunna wird nochmals unterteilt in die sog. große Sunna (sunna kabir) und die kleine Sunna (sunna saghir); es gibt auch Mischformen (LIFOS 16.4.2019, S. 14f; vgl. Crawford 2015, S. 41ff/66f). De facto kann unter dem Begriff „Sunna“ jede Form – von einem kleinen Schnitt bis hin zur fast vollständigen pharaonischen Beschneidung – gemeint sein, die von der traditionellen Form von FGM (Infibulation) abweicht (FIS 5.10.2018, S. 30; vgl. LIFOS 16.4.2019, S. 39). Aufgrund der Problematik, dass es keine klare Definition der Sunna gibt (LIFOS 16.4.2019, S. 14f; vgl. FIS 5.10.2018, S. 31), wissen Eltern oft gar nicht, welchen Eingriff die Beschneiderin genau durchführen wird (LIFOS 16.4.2019, S. 14f). Allgemein wird die Sunna von Eltern und Betroffenen als harmlos erachtet, mit dieser Form werden nur geringfügige gesundheitliche Komplikationen in Zusammenhang gebracht (UNFPA 4.2022).b) Andererseits die Sunna (gudniinka sunna) (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 13f; vergleiche Crawford 2015, Sitzung 66f), welche laut einer Quelle generell dem weniger drastischen WHO Typ römisch eins entspricht (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 13f), laut einer anderen Quelle WHO Typ römisch eins und römisch II (AV 2017, Sitzung 29) bzw. laut einer dritten Quelle eine breite Palette an Eingriffen umfasst (Crawford 2015, Sitzung 41ff/66f). Denn die Sunna wird nochmals unterteilt in die sog. große Sunna (sunna kabir) und die kleine Sunna (sunna saghir); es gibt auch Mischformen (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 14f; vergleiche Crawford 2015, Sitzung 41ff/66f). De facto kann unter dem Begriff „Sunna“ jede Form – von einem kleinen Schnitt bis hin zur fast vollständigen pharaonischen Beschneidung – gemeint sein, die von der traditionellen Form von FGM (Infibulation) abweicht (FIS 5.10.2018, Sitzung 30; vergleiche LIFOS 16.4.2019, Sitzung 39). Aufgrund der Problematik, dass es keine klare Definition der Sunna gibt (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 14f; vergleiche FIS 5.10.2018, Sitzung 31), wissen Eltern oft gar nicht, welchen Eingriff die Beschneiderin genau durchführen wird (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 14f). Allgemein wird die Sunna von Eltern und Betroffenen als harmlos erachtet, mit dieser Form werden nur geringfügige gesundheitliche Komplikationen in Zusammenhang gebracht (UNFPA 4.2022).

Durchführung: Mädchen werden zunehmend von medizinischen Fachkräften beschnitten (LI 14.9.2022, S. 11; vgl. UNFPA 4.2022). Bei einer Studie in Somaliland gaben nur 5 % der Mütter an, selbst von einer Fachkraft beschnitten worden zu sein; bei den Töchtern waren es hingegen schon 33 % (LI 14.9.2022, S. 11). Diese „Medizinisierung“ von FGM/C ist v. a. im städtischen Bereich und bei der Diaspora angestiegen (UNICEF 29.6.2021). FGM/C wird also zunehmend im medizinischen Bereich durchgeführt – in Spitälern, Kliniken oder auch bei Hausbesuchen. Die Durchführung durch medizinisches Personal ist teilweise schon gängige Praxis – in Mogadischu gibt es sogar Straßenwerbung für „FGM clinics“. Insgesamt sind die Ausführenden aber immer noch oft traditionelle Geburtshelferinnen, Hebammen und Beschneiderinnen. Der Eingriff wird an Einzelnen oder auch an Gruppen von Mädchen vorgenommen. In ländlichen Gebieten Puntlands und Somalilands üblicherweise in Gruppen. Auch in Mogadischu ist das die übliche Praxis. Oft gibt es danach für die Mädchen eine Feier (Crawford 2015, S. 73f). Eine traditionelle Beschneiderin verlangt üblicherweise 20 US-Dollar für einen Eingriff, bei finanzschwachen Familien kann dieser Preis auf 5 US-Dollar reduziert werden (UNFPA 4.2022).Durchführung: Mädchen werden zunehmend von medizinischen Fachkräften beschnitten (LI 14.9.2022, Sitzung 11; vergleiche UNFPA 4.2022). Bei einer Studie in Somaliland gaben nur 5 % der Mütter an, selbst von einer Fachkraft beschnitten worden zu sein; bei den Töchtern waren es hingegen schon 33 % (LI 14.9.2022, Sitzung 11). Diese „Medizinisierung“ von FGM/C ist v. a. im städtischen Bereich und bei der Diaspora angestiegen (UNICEF 29.6.2021). FGM/C wird also zunehmend im medizinischen Bereich durchgeführt – in Spitälern, Kliniken oder auch bei Hausbesuchen. Die Durchführung durch medizinisches Personal ist teilweise schon gängige Praxis – in Mogadischu gibt es sogar Straßenwerbung für „FGM clinics“. Insgesamt sind die Ausführenden aber immer noch oft traditionelle Geburtshelferinnen, Hebammen und Beschneiderinnen. Der Eingriff wird an Einzelnen oder auch an Gruppen von Mädchen vorgenommen. In ländlichen Gebieten Puntlands und Somalilands üblicherweise in Gruppen. Auch in Mogadischu ist das die übliche Praxis. Oft gibt es danach für die Mädchen eine Feier (Crawford 2015, Sitzung 73f). Eine traditionelle Beschneiderin verlangt üblicherweise 20 US-Dollar für einen Eingriff, bei finanzschwachen Familien kann dieser Preis auf 5 US-Dollar reduziert werden (UNFPA 4.2022).

Verbreitung: FGM ist in Somalia auch weiterhin weit verbreitet (USDOS 12.4.2022, S. 37; vgl. AA 28.6.2022, S. 18) und bleibt die Norm (LI 14.9.2022, S. 16). Lange Zeit wurde die Zahl betroffener Frauen mit 98 % angegeben. Diese Zahl ist laut somalischem Gesundheitsministerium bis 2015 auf 95 % und bis 2018 auf 90 % gefallen (FIS 5.10.2018, S. 29). UN News berichtet von „mehr als 90 %“ (UNN 4.2.2022). Gemäß einer Studie aus dem Jahr 2017 sind rund 13 % der 15-17-jährigen Mädchen nicht beschnitten (STC 9.2017). In der Altersgruppe von 15-49 Jahren liegt die Prävalenz hingegen bei 98 %, jene der Infibulation bei 77 %, wie eine andere Studie besagt (BMC Yussuf 2020, S. 1f). Laut einer anderen Quelle sind 88 % der 5-9-jährigen Mädchen bereits beschnitten oder verstümmelt (CARE 4.2.2022).Verbreitung: FGM ist in Somalia auch weiterhin weit verbreitet (USDOS 12.4.2022, Sitzung 37; vergleiche AA 28.6.2022, Sitzung 18) und bleibt die Norm (LI 14.9.2022, Sitzung 16). Lange Zeit wurde die Zahl betroffener Frauen mit 98 % angegeben. Diese Zahl ist laut somalischem Gesundheitsministerium bis 2015 auf 95 % und bis 2018 auf 90 % gefallen (FIS 5.10.2018, Sitzung 29). UN News berichtet von „mehr als 90 %“ (UNN 4.2.2022). Gemäß einer Studie aus dem Jahr 2017 sind rund 13 % der 15-17-jährigen Mädchen nicht beschnitten (STC 9.2017). In der Altersgruppe von 15-49 Jahren liegt die Prävalenz hingegen bei 98 %, jene der Infibulation bei 77 %, wie eine andere Studie besagt (BMC Yussuf 2020, Sitzung 1f). Laut einer anderen Quelle sind 88 % der 5-9-jährigen Mädchen bereits beschnitten oder verstümmelt (CARE 4.2.2022).

Insgesamt gibt es diesbezüglich nur wenige aktuelle Daten. Generell ist von einer Rückläufigkeit auszugehen (LIFOS 16.4.2019, S. 19f; vgl. STC 9.2017).Insgesamt gibt es diesbezüglich nur wenige aktuelle Daten. Generell ist von einer Rückläufigkeit auszugehen (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 19f; vergleiche STC 9.2017).

C:\Users\koppensda\AppData\Local\Microsoft\Windows\INetCache\Content.MSO\D72EA668.tmp(STC 9.2017)

Diese Rückläufigkeit wird auch von einer anderen Quelle bestätigt:

C:\Users\koppensda\AppData\Local\Microsoft\Windows\INetCache\Content.MSO\9072A0B6.tmpDNS 2020, S. 220DNS 2020, Sitzung 220

Sowohl der finanzielle wie auch der Bildungshintergrund spielen bei der Entscheidung hinsichtlich der Form des Eingriffs eine Rolle:

C:\Users\koppensda\AppData\Local\Microsoft\Windows\INetCache\Content.MSO\F56E634.tmpDNS 2020, S. 214DNS 2020, Sitzung 214

Hinsichtlich geografischer Verbreitung scheint die Infibulation 2006 in Süd-/Zentralsomalia mit 72 % am wenigsten verbreitet gewesen zu sein; in Puntland war sie mit 93 % am verbreitetsten (LIFOS 16.4.2019, S. 21). Es wird davon ausgegangen, dass die Rate an Infibulationen in ländlichen Gebieten höher ist als in der Stadt (Crawford 2015, S. 69). Vielen Menschen – v.a. in städtischen Gebieten – erachten die extremeren Formen von FGM zunehmend als inakzeptabel, halten aber an Typ I fest (UNICEF 29.6.2021; vgl. UNFPA 4.2022). Bei einer landesweiten Umfrage aus dem Jahr 2017 haben 40,6 % angegeben, von einer Infibulation betroffen zu sein (AV 2017, S. 29). Jedenfalls ist die Quote an Infibulationen im ganzen Land rückläufig (Crawford 2015, S. 70). Während in der ältesten Altersgruppe vier von fünf Frauen eine Infibulation erlitten haben, ist es bei der jüngsten Altersgruppe nicht einmal eine von zwei (28TM o.D.). Generell geht der Trend in Richtung Sunna (UNFPA 4.2022).Hinsichtlich geografischer Verbreitung scheint die Infibulation 2006 in Süd-/Zentralsomalia mit 72 % am wenigsten verbreitet gewesen zu sein; in Puntland war sie mit 93 % am verbreitetsten (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 21). Es wird davon ausgegangen, dass die Rate an Infibulationen in ländlichen Gebieten höher ist als in der Stadt (Crawford 2015, Sitzung 69). Vielen Menschen – v.a. in städtischen Gebieten – erachten die extremeren Formen von FGM zunehmend als inakzeptabel, halten aber an Typ römisch eins fest (UNICEF 29.6.2021; vergleiche UNFPA 4.2022). Bei einer landesweiten Umfrage aus dem Jahr 2017 haben 40,6 % angegeben, von einer Infibulation betroffen zu sein (AV 2017, Sitzung 29). Jedenfalls ist die Quote an Infibulationen im ganzen Land rückläufig (Crawford 2015, Sitzung 70). Während in der ältesten Altersgruppe vier von fünf Frauen eine Infibulation erlitten haben, ist es bei der jüngsten Altersgruppe nicht einmal eine von zwei (28TM o.D.). Generell geht der Trend in Richtung Sunna (UNFPA 4.2022).

FGM kann als gesellschaftliche Konvention erachtet werden, die von den meisten Menschen als selbstverständliche angesehen wird. Daher stellt sich üblicherweise nicht die Frage, ob der Eingriff durchgeführt wird. Vielmehr geht es um die praktischen Aspekte der Umsetzung (LI 14.9.2022). Üblicherweise liegt die Entscheidung darüber, ob eine Beschneidung stattfinden soll, in erster Linie bei der Mutter (FIS 5.10.2018, S. 30; vgl. CEDOCA 9.6.2016, S. 17f; LI 14.9.2022, S. 11; Crawford 2015, S. 85). Der Vater hingegen wird wenig eingebunden (LI 14.9.2022, S. 11; vgl. Crawford 2015, S. 85). Dabei geht es bei dieser Entscheidung weniger um das „ob“ als vielmehr um das „wie und wann“ (LI 14.9.2022, S. 11). Eine Studie aus dem Jahr 2022 in Puntland bestätigt, dass Mütter die Entscheidung hinsichtlich von FGM und Väter jene hinsichtlich der Beschneidung der Söhne treffen. Tendenziell können Väter neuerdings mehr Mitsprache halten. Insgesamt ist es aber die Mutter, die für die Jungfräulichkeit, Reinheit und Ehefähigkeit ihrer Töchter verantwortlich ist (UNFPA 4.2022). Es kann zu – teils sehr starkem – psychischem Druck auf eine Mutter kommen, damit eine Tochter beschnitten wird. Um eine Verstümmelung zu vermeiden, kommt es auf die Standhaftigkeit der Mutter an. Spricht sich auch der Kindesvater gegen eine Verstümmelung aus, und bleibt dieser standhaft, dann ist es leichter, dem psychischen Druck seitens der Gesellschaft und gegebenenfalls durch die Familie standzuhalten (DIS 1.2016, S. 8ff). Manchmal wird der Vater von der Mutter bei der Entscheidung übergangen (UNFPA 4.2022; vgl. LIFOS 16.4.2019, S. 25f/42f). Nach anderen Angaben liegt es an den Eltern, darüber zu entscheiden, welche Form von FGM an der Tochter vorgenommen wird. Manchmal halten Großmütter oder andere weibliche Verwandte Mitsprache. In ländlichen Gebieten können Großmütter eher Einfluss ausüben (LIFOS 16.4.2019, S. 25f/42f; vgl. FIS 5.10.2018, S. 30). Dort ist es mitunter auch schwieriger, FGM infrage zu stellen (FIS 5.10.2018, S. 30f). Gemäß Angaben anderer Quellen sind Großmütter maßgeblich in die Entscheidung involviert (LI 14.9.2022, S. 11; vgl. Crawford 2015, S. 85). Laut anderen Angaben kann es vorkommen, dass eine Mutter bei weiblichen Verwandten Ratschläge einholt (UNFPA 4.2022). Dass Mädchen ohne Einwilligung der Mutter von Verwandten einer FGM unterzogen werden, ist zwar nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Keine Quelle des Danish Immigration Service konnte einen derartigen Fall berichten (DIS 1.2016, S. 10ff). Quellen der schwedischen COI-Einheit Lifos nennen als diesbezüglich annehmbare Ausnahme (theoretisch) den Fall, dass ein bei den Großeltern lebendes Kind von der Großmutter FGM zugeführt wird, ohne dass es dazu eine Einwilligung der Eltern gibt (LIFOS 16.4.2019, S. 26). Gerade in Städten ist es heutzutage kein Problem mehr, sich einer Beschneidung zu widersetzen, und die Zahl unbeschnittener Mädchen steigt (FIS 5.10.2018, S. 31).FGM kann als gesellschaftliche Konvention erachtet werden, die von den meisten Menschen als selbstverständliche angesehen wird. Daher stellt sich üblicherweise nicht die Frage, ob der Eingriff durchgeführt wird. Vielmehr geht es um die praktischen Aspekte der Umsetzung (LI 14.9.2022). Üblicherweise liegt die Entscheidung darüber, ob eine Beschneidung stattfinden soll, in erster Linie bei der Mutter (FIS 5.10.2018, Sitzung 30; vergleiche CEDOCA 9.6.2016, Sitzung 17f; LI 14.9.2022, Sitzung 11; Crawford 2015, Sitzung 85). Der Vater hingegen wird wenig eingebunden (LI 14.9.2022, Sitzung 11; vergleiche Crawford 2015, Sitzung 85). Dabei geht es bei dieser Entscheidung weniger um das „ob“ als vielmehr um das „wie und wann“ (LI 14.9.2022, Sitzung 11). Eine Studie aus dem Jahr 2022 in Puntland bestätigt, dass Mütter die Entscheidung hinsichtlich von FGM und Väter jene hinsichtlich der Beschneidung der Söhne treffen. Tendenziell können Väter neuerdings mehr Mitsprache halten. Insgesamt ist es aber die Mutter, die für die Jungfräulichkeit, Reinheit und Ehefähigkeit ihrer Töchter verantwortlich ist (UNFPA 4.2022). Es kann zu – teils sehr starkem – psychischem Druck auf eine Mutter kommen, damit eine Tochter beschnitten wird. Um eine Verstümmelung zu vermeiden, kommt es auf die Standhaftigkeit der Mutter an. Spricht sich auch der Kindesvater gegen eine Verstümmelung aus, und bleibt dieser standhaft, dann ist es leichter, dem psychischen Druck seitens der Gesellschaft und gegebenenfalls durch die Familie standzuhalten (DIS 1.2016, Sitzung 8ff). Manchmal wird der Vater von der Mutter bei der Entscheidung übergangen (UNFPA 4.2022; vergleiche LIFOS 16.4.2019, Sitzung 25f/42f). Nach anderen Angaben liegt es an den Eltern, darüber zu entscheiden, welche Form von FGM an der Tochter vorgenommen wird. Manchmal halten Großmütter oder andere weibliche Verwandte Mitsprache. In ländlichen Gebieten können Großmütter eher Einfluss ausüben (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 25f/42f; vergleiche FIS 5.10.2018, Sitzung 30). Dort ist es mitunter auch schwieriger, FGM infrage zu stellen (FIS 5.10.2018, Sitzung 30f). Gemäß Angaben anderer Quellen sind Großmütter maßgeblich in die Entscheidung involviert (LI 14.9.2022, Sitzung 11; vergleiche Crawford 2015, Sitzung 85). Laut anderen Angaben kann es vorkommen, dass eine Mutter bei weiblichen Verwandten Ratschläge einholt (UNFPA 4.2022). Dass Mädchen ohne Einwilligung der Mutter von Verwandten einer FGM unterzogen werden, ist zwar nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Keine Quelle des Danish Immigration Service konnte einen derartigen Fall berichten (DIS 1.2016, Sitzung 10ff). Quellen der schwedischen COI-Einheit Lifos nennen als diesbezüglich annehmbare Ausnahme (theoretisch) den Fall, dass ein bei den Großeltern lebendes Kind von der Großmutter FGM zugeführt wird, ohne dass es dazu eine Einwilligung der Eltern gibt (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 26). Gerade in Städten ist es heutzutage kein Problem mehr, sich einer Beschneidung zu widersetzen, und die Zahl unbeschnittener Mädchen steigt (FIS 5.10.2018, Sitzung 31).

In der Diaspora lebende Mädchen werden „nach Hause“ oder in bestimmte europäische Städte geflogen, wo FGM vollzogen wird (GN 3.11.2022). Allerdings nimmt in der Diaspora die Praktik ab. Der Druck sinkt mit der Distanz zur Heimat und zur Familie (LI 14.9.2022, S. 17). In manchen Gemeinden und Gemeinschaften, wo Aufklärung bezüglich FGM stattgefunden hat, stellen sich Teile der Bevölkerung gegen jegliche Art von FGM. Von jenen, die nicht von Aufklärungskampagnen betroffen waren, gab es nur eine kleine Minderheit aus gut gebildeten Menschen und Personen der Diaspora, die sich von allen Formen von FGM verabschiedet hat (Crawford 2015, S. 65; vgl. LI 14.9.2022). Eine Expertin erklärt, dass hinsichtlich FGM kein Zwang herrscht, dass allerdings eine Art Gruppendruck besteht (ACCORD 31.5.2021, S. 41).In der Diaspora lebende Mädchen werden „nach Hause“ oder in bestimmte europäische Städte geflogen, wo FGM vollzogen wird (GN 3.11.2022). Allerdings nimmt in der Diaspora die Praktik ab. Der Druck sinkt mit der Distanz zur Heimat und zur Familie (LI 14.9.2022, Sitzung 17). In manchen Gemeinden und Gemeinschaften, wo Aufklärung bezüglich FGM stattgefunden hat, stellen sich Teile der Bevölkerung gegen jegliche Art von FGM. Von jenen, die nicht von Aufklärungskampagnen betroffen waren, gab es nur eine kleine Minderheit aus gut gebildeten Menschen und Personen der Diaspora, die sich von allen Formen von FGM verabschiedet hat (Crawford 2015, Sitzung 65; vergleiche LI 14.9.2022). Eine Expertin erklärt, dass hinsichtlich FGM kein Zwang herrscht, dass allerdings eine Art Gruppendruck besteht (ACCORD 31.5.2021, Sitzung 41).

Überhaupt ist der Hauptantrieb, weswegen Mädchen weiterhin einer FGM/C unterzogen werden, der Druck, sozialen Erwartungen gerecht zu werden (Crawford 2015, S. 82). Frauen fürchten sich vor einem gesellschaftlichen Ausschluss und vor Diskriminierung - ihrer selbst und ihrer Töchter. Eine Beschneidung bringt hingegen soziale Vorteile und sichert der Familie und dem Mädchen die Integration in die Gesellschaft (UNFPA 4.2022). So gibt es etwa Berichte über erwachsene Frauen, die sich einer Infibulation unterzogen haben, da sie sich durch (sozialen) Druck dazu gezwungen sahen (Crawford 2015, S. 73). Mitunter üben nicht beschnittene Mädchen aufgrund des gesellschaftlichen Drucks selbst Druck auf Eltern aus, damit die Verstümmelung vollzogen wird (UNFPA 4.2022; vgl. Crawford 2015, S. 83; LIFOS 16.4.2019, S. 42f/26; ACCORD 31.5.2021, S. 41). Die umfassende FGM in Form einer Infibulation stellt eine Art Garantie der Jungfräulichkeit bei der ersten Eheschließung dar. Die in der Gemeinde zirkulierte Information, wonach eine Frau nicht infibuliert ist, wirkt sich auf das Ansehen und letztendlich auf die Heiratsmöglichkeiten der Frau und anderer Töchter der Familie aus. Daher wird die Infibulation teils immer noch als notwendig erachtet (LIFOS 16.4.2019, S. 38f; vgl. LI 14.9.2022, S. 11). Kulturell gilt die Klitoris als „schmutzig“, eine Infibulation als ästhetisch. Letztere trägt zur Ehre der Frau bei, denn sie beschränkt den Sexualdrang, sichert die Jungfräulichkeit und sichert die Heirat (LI 14.9.2022, S. 10; UNFPA 4.2022). Dahingegeben werden unbeschnittene Frauen oft als schmutzig oder un-somalisch (LI 14.9.2022, S. 16), als abnormal und schamlos (Crawford 2015, S. 82f) oder aber als un-islamisch bezeichnet. Sie werden mitunter in der Schule gehänselt und drangsaliert und sie und ihre Familie als Schande für die Gemeinschaft erachtet. Ein diesbezügliches Schimpfwort ist hier buurya qab (UNFPA 4.2022), ein Weiteres leitet sich vom Wort für Klitoris (kintir) ab: Kinitrey. Allerdings gaben bei einer Studie in Somaliland nur 14 von 212 Frauen an, überhaupt eine (völlig) unbeschnittene Frau zu kennen (LI 14.9.2022, S. 16). Die Sunna als Alternative zur Infibulation wird laut einer rezenten Studie aus Puntland jedoch akzeptiert (UNFPA 4.2022). Überhaupt ist der Hauptantrieb, weswegen Mädchen weiterhin einer FGM/C unterzogen werden, der Druck, sozialen Erwartungen gerecht zu werden (Crawford 2015, Sitzung 82). Frauen fürchten sich vor einem gesellschaftlichen Ausschluss und vor Diskriminierung - ihrer selbst und ihrer Töchter. Eine Beschneidung bringt hingegen soziale Vorteile und sichert der Familie und dem Mädchen die Integration in die Gesellschaft (UNFPA 4.2022). So gibt es etwa Berichte über erwachsene Frauen, die sich einer Infibulation unterzogen haben, da sie sich durch (sozialen) Druck dazu gezwungen sahen (Crawford 2015, Sitzung 73). Mitunter üben nicht beschnittene Mädchen aufgrund des gesellschaftlichen Drucks selbst Druck auf Eltern aus, damit die Verstümmelung vollzogen wird (UNFPA 4.2022; vergleiche Crawford 2015, Sitzung 83; LIFOS 16.4.2019, Sitzung 42f/26; ACCORD 31.5.2021, Sitzung 41). Die umfassende FGM in Form einer Infibulation stellt eine Art Garantie der Jungfräulichkeit bei der ersten Eheschließung dar. Die in der Gemeinde zirkulierte Information, wonach eine Frau nicht infibuliert ist, wirkt sich auf das Ansehen und letztendlich auf die Heiratsmöglichkeiten der Frau und anderer Töchter der Familie aus. Daher wird die Infibulation teils immer noch als notwendig erachtet (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 38f; vergleiche LI 14.9.2022, Sitzung 11). Kulturell gilt die Klitoris als „schmutzig“, eine Infibulation als ästhetisch. Letztere trägt zur Ehre der Frau bei, denn sie beschränkt den Sexualdrang, sichert die Jungfräulichkeit und sichert die Heirat (LI 14.9.2022, Sitzung 10; UNFPA 4.2022). Dahingegeben werden unbeschnittene Frauen oft als schmutzig oder un-somalisch (LI 14.9.2022, Sitzung 16), als abnormal und schamlos (Crawford 2015, Sitzung 82f) oder aber als un-islamisch bezeichnet. Sie werden mitunter in der Schule gehänselt und drangsaliert und sie und ihre Familie als Schande für die Gemeinschaft erachtet. Ein diesbezügliches Schimpfwort ist hier buurya qab (UNFPA 4.2022), ein Weiteres leitet sich vom Wort für Klitoris (kintir) ab: Kinitrey. Allerdings gaben bei einer Studie in Somaliland nur 14 von 212 Frauen an, überhaupt eine (völlig) unbeschnittene Frau zu kennen (LI 14.9.2022, Sitzung 16). Die Sunna als Alternative zur Infibulation wird laut einer rezenten Studie aus Puntland jedoch akzeptiert (UNFPA 4.2022).

Die Akzeptanz unbeschnittener Frauen bzw. jener, die nicht einer Infibulation unterzogen wurden, hängt maßgeblich von der Familie ab. Generell steht man ihnen in urbanen Gebieten eher offen gegenüber (LIFOS 16.4.2019, S. 23). In der Stadt ist es kein Problem, zuzugeben, dass die eigene Tochter nicht beschnitten ist. Auf dem Land ist das anders (CEDOCA 9.6.2016, S. 21). Nach anderen Angaben stellt der Verzicht auf jegliche Form von FGM in Somalia eine radikale Entscheidung dar, die gegen grundlegende Normen verstößt. Damit sich Eltern aus eigener Initiative gegen FGM ihrer Tochter wehren können, müssen sie über Kenntnisse und Einwände gegen die Praxis sowie über genügend Robustheit und Ressourcen verfügen, um die Einwände für Familie, Netzwerke und lokale Gemeinschaften zu fördern (LI 14.9.2022). Die Akzeptanz unbeschnittener Frauen bzw. jener, die nicht einer Infibulation unterzogen wurden, hängt maßgeblich von der Familie ab. Generell steht man ihnen in urbanen Gebieten eher offen gegenüber (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 23). In der Stadt ist es kein Problem, zuzugeben, dass die eigene Tochter nicht beschnitten ist. Auf dem Land ist das anders (CEDOCA 9.6.2016, Sitzung 21). Nach anderen Angaben stellt der Verzicht auf jegliche Form von FGM in Somalia eine radikale Entscheidung dar, die gegen grundlegende Normen verstößt. Damit sich Eltern aus eigener Initiative gegen FGM ihrer Tochter wehren können, müssen sie über Kenntnisse und Einwände gegen die Praxis sowie über genügend Robustheit und Ressourcen verfügen, um die Einwände für Familie, Netzwerke und lokale Gemeinschaften zu fördern (LI 14.9.2022).

Eine Familie, die sich gegen FGM entschieden hat, wird versuchen, die Tatsache geheim zu halten (FIS 5.10.2018, S. 30f). Nur wenige Mütter „bekennen“, dass sie ihre Töchter nicht beschneiden haben lassen; und diese stammen v. a. aus Gemeinden, die zuvor Aufklärungskampagnen durchlaufen hatten (Crawford 2015, S. 65). In größeren Städten ist es auch möglich, den unbeschnittenen Status ganz zu verbergen. Die Anonymität ist eher gegeben, die soziale Interaktion geringer; dies ist in Dörfern mitunter sehr schwierig (DIS 1.2016, S. 24/9; vgl. LIFOS 16.4.2019, S. 39). Natürlich werden nicht ständig die Genitalien von Mädchen überprüft. Aber Menschen sprechen miteinander, sie könnten ein betroffenes Mädchen z. B. fragen, wo es denn beschnitten worden sei (ACCORD 31.5.2021, S. 41). Da gleichaltrige Mädchen einer Nachbarschaft oder eines Ortes oft gleichzeitig beschnitten werden, ist es nicht unüblich, dass eine Gemeinschaft darüber Bescheid weiß, welche Mädchen beschnitten sind und welche nicht (LI 14.9.2022, S. 16). Gleichzeitig ist FGM auch unter den Mädchen selbst ein Thema. Es sprechen also nicht nur Mütter untereinander darüber, ob ihre Töchter bereits beschnitten wurden; auch Mädchen reden untereinander darüber (Crawford 2015, S. 83). Spätestens bei der Verheiratung ist der physische Status jedenfalls klar (ACCORD 31.5.2021, S. 41).Eine Familie, die sich gegen FGM entschieden hat, wird versuchen, die Tatsache geheim zu halten (FIS 5.10.2018, Sitzung 30f). Nur wenige Mütter „bekennen“, dass sie ihre Töchter nicht beschneiden haben lassen; und diese stammen v. a. aus Gemeinden, die zuvor Aufklärungskampagnen durchlaufen hatten (Crawford 2015, Sitzung 65). In größeren Städten ist es auch möglich, den unbeschnittenen Status ganz zu verbergen. Die Anonymität ist eher gegeben, die soziale Interaktion geringer; dies ist in Dörfern mitunter sehr schwierig (DIS 1.2016, Sitzung 24/9; vergleiche LIFOS 16.4.2019, Sitzung 39). Natürlich werden nicht ständig die Genitalien von Mädchen überprüft. Aber Menschen sprechen miteinander, sie könnten ein betroffenes Mädchen z. B. fragen, wo es denn beschnitten worden sei (ACCORD 31.5.2021, Sitzung 41). Da gleichaltrige Mädchen einer Nachbarschaft oder eines Ortes oft gleichzeitig beschnitten werden, ist es nicht unüblich, dass eine Gemeinschaft darüber Bescheid weiß, welche Mädchen beschnitten sind und welche nicht (LI 14.9.2022, Sitzung 16). Gleichzeitig ist FGM auch unter den Mädchen selbst ein Thema. Es sprechen also nicht nur Mütter untereinander darüber, ob ihre Töchter bereits beschnitten wurden; auch Mädchen reden untereinander darüber (Crawford 2015, Sitzung 83). Spätestens bei der Verheiratung ist der physische Status jedenfalls klar (ACCORD 31.5.2021, Sitzung 41).

Trotzdem gibt es sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten Eltern, die ihre Töchter nicht verstümmeln lassen (DIS 1.2016, S. 9). Wird der unbeschnittene Status eines Mädchens bekannt, kann dies zu Hänseleien und zur Stigmatisierung führen (LIFOS 16.4.2019, S. 39). Doch auch dabei gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land (CEDOCA 9.6.2016, S. 21). Allerdings kommt es zu keinen körperlichen Untersuchungen, um den Status hinsichtlich einer vollzogenen Verstümmelung bei einem Mädchen festzustellen. Dies gilt auch für Rückkehrer aus dem Westen. In ländlichen Gebieten wird wahrscheinlich schneller herausgefunden, dass ein Mädchen nicht verstümmelt ist. Eine Mutter kann den Status ihrer Tochter verschleiern, indem sie vorgibt, dass diese einer Sunna unterzogen worden ist (DIS 1.2016, S. 12f).Trotzdem gibt es sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten Eltern, die ihre Töchter nicht verstümmeln lassen (DIS 1.2016, Sitzung 9). Wird der unbeschnittene Status eines Mädchens bekannt, kann dies zu Hänseleien und zur Stigmatisierung führen (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 39). Doch auch dabei gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land (CEDOCA 9.6.2016, Sitzung 21). Allerdings kommt es zu keinen körperlichen Untersuchungen, um den Status hinsichtlich einer vollzogenen Verstümmelung bei einem Mädchen festzustellen. Dies gilt auch für Rückkehrer aus dem Westen. In ländlichen Gebieten wird wahrscheinlich schneller herausgefunden, dass ein Mädchen nicht verstümmelt ist. Eine Mutter kann den Status ihrer Tochter verschleiern, indem sie vorgibt, dass diese einer Sunna unterzogen worden ist (DIS 1.2016, Sitzung 12f).

Zum Alter bei der Beschneidung gibt es unterschiedliche Angaben. Die meisten Quellen der schwedischen COI-Einheit Lifos nennen ein Alter von 5-10 Jahren (LIFOS 16.4.2019, S. 20/39), UN News nennt ein Alter von 5-9 Jahren (UNN 4.2.2022); in Puntland und Somaliland erfolgt die Beschneidung laut einer Studie aus dem Jahr 2011 meist im Alter von 10-14 Jahren (LIFOS 16.4.2019, S. 20). Eine Studie aus dem Jahr 2022 hingegen besagt für Puntland, dass Mädchen bis zum 13. Geburtstag der Praktik unterzogen sein müssen, wenn die Mutter Hänseleien entgehen will (UNFPA 4.2022). Eine Studie aus dem Jahr 2017 nennt für ganz Somalia die Gruppe der 10-14-Jährigen (STC 9.2017), dieses Alter erwähnt auch eine NGO (28TM o.D.). Eine andere Quelle nennt ein Alter von 10-13 Jahren (AA 28.6.2022, S. 19). UNICEF wiederum nennt ein Alter von 4-14 Jahren als üblich; die NGO IIDA gibt an, dass die Beschneidung üblicherweise vor dem achten Geburtstag erfolgt (CEDOCA 9.6.2016, S. 6). Laut einer Quelle ist das Alter im Zuge des Wechsels hin zur Sunna in Somaliland auf 5-8 Jahre gesunken (PC 1.2018, S. 22). Eine weitere Quelle bestätigt, dass das Beschneidungsalter immer weiter sinkt (CARE 4.2.2022).Zum Alter bei der Beschneidung gibt es unterschiedliche Angaben. Die meisten Quellen der schwedischen COI-Einheit Lifos nennen ein Alter von 5-10 Jahren (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 20/39), UN News nennt ein Alter von 5-9 Jahren (UNN 4.2.2022); in Puntland und Somaliland erfolgt die Beschneidung laut einer Studie aus dem Jahr 2011 meist im Alter von 10-14 Jahren (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 20). Eine Studie aus dem Jahr 2022 hingegen besagt für Puntland, dass Mädchen bis zum 13. Geburtstag der Praktik unterzogen sein müssen, wenn die Mutter Hänseleien entgehen will (UNFPA 4.2022). Eine Studie aus dem Jahr 2017 nennt für ganz Somalia die Gruppe der 10-14-Jährigen (STC 9.2017), dieses Alter erwähnt auch eine NGO (28TM o.D.). Eine andere Quelle nennt ein Alter von 10-13 Jahren (AA 28.6.2022, Sitzung 19). UNICEF wiederum nennt ein Alter von 4-14 Jahren als üblich; die NGO IIDA gibt an, dass die Beschneidung üblicherweise vor dem achten Geburtstag erfolgt (CEDOCA 9.6.2016, Sitzung 6). Laut einer Quelle ist das Alter im Zuge des Wechsels hin zur Sunna in Somaliland auf 5-8 Jahre gesunken (PC 1.2018, Sitzung 22). Eine weitere Quelle bestätigt, dass das Beschneidungsalter immer weiter sinkt (CARE 4.2.2022).

Bei den Benadiri und arabischen Gemeinden in Somalia, wo grundsätzlich die Sunna praktiziert wird, scheint die Beschneidung bei der Geburt stattzufinden, möglicherweise auch nur als symbolischer Schnitt (DIS 1.2016, S. 6). Gemäß einer Quelle werden Mädchen, welche die Pubertät erreicht haben, nicht mehr einer FGM unterzogen, da dies gesundheitlich zu riskant ist. Hat ein Mädchen die Pubertät erreicht, fällt auch der Druck durch die Verwandtschaft weg (DIS 1.2016, S. 11). Laut einer Quelle sind aus der Diaspora zum Zwecke von FGM nach Somalia geschickte Mädchen meist älter als allgemein üblich (LI 14.9.2022). Im Jahr 2018 hat man über vier Mädchen aus Galmudug und Puntland erfahren, dass diese im Zuge einer FGM bzw. an deren Folgen verstorben sind. Diese Mädchen waren 10 - 11 Jahre alt. Ein weiteres Mädchen, das fast gestorben wäre, war bei der Vornahme der FGM sieben Jahre alt (CNN 11.10.2018). Die somalische Regierung gibt in einer Gesundheitsstudie aus dem Jahr 2020 folgende Zahlen an:Bei den Benadiri und arabischen Gemeinden in Somalia, wo grundsätzlich die Sunna praktiziert wird, scheint die Beschneidung bei der Geburt stattzufinden, möglicherweise auch nur als symbolischer Schnitt (DIS 1.2016, Sitzung 6). Gemäß einer Quelle werden Mädchen, welche die Pubertät erreicht haben, nicht mehr einer FGM unterzogen, da dies gesundheitlich zu riskant ist. Hat ein Mädchen die Pubertät erreicht, fällt auch der Druck durch die Verwandtschaft weg (DIS 1.2016, Sitzung 11). Laut einer Quelle sind aus der Diaspora zum Zwecke von FGM nach Somalia geschickte Mädchen meist älter als allgemein üblich (LI 14.9.2022). Im Jahr 2018 hat man über vier Mädchen aus Galmudug und Puntland erfahren, dass diese im Zuge einer FGM bzw. an deren Folgen verstorben sind. Diese Mädchen waren 10 - 11 Jahre alt. Ein weiteres Mädchen, das fast gestorben wäre, war bei der Vornahme der FGM sieben Jahre alt (CNN 11.10.2018). Die somalische Regierung gibt in einer Gesundheitsstudie aus dem Jahr 2020 folgende Zahlen an:

C:\Users\koppensda\AppData\Local\Microsoft\Windows\INetCache\Content.MSO\62920E62.tmpDNS 2020, S. 221DNS 2020, Sitzung 221

Quellen:

?        28TM - 28 Too Many (o.D.): Somalia

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

?        ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation / Höhne, Markus / Bakonyi, Jutta (31.5.2021): Somalia - Al-Schabaab und Sicherheitslage; Lage von Binnenvertriebenen und Rückkehrer·innen [sic]; Schutz durch staatliche und nicht-staatliche Akteure; Dokumentation zum COI-Webinar mit Markus Höhne und Jutta Bakonyi am 5. Mai 2021

?        AV - Africa’s Voices (2017): Beliefs and practices of Somali citizens related to child protection and gender

?        BMC Yussuf - BMC Health Services Research / Mohammed Yussuf et al. (2020): Exploring the capacity of the Somaliland healthcare system to manage female genital mutilation / cutting-related complications and prevent the medicalization of the practice: a cross-sectional study

?        CARE (4.2.2022): Somalia - Betroffene von Genitalverstümmelung werden immer jünger

?        CEDOCA - Documentation and Research Department of the CGRS [Belgien] (9.6.2016): Somalië - Vrouwelijke genitale verminking (VGV) in Somaliland en Puntland; Dokument liegt bei der Staatendokumentation auf.

?        CNN / Jessica Neuwirth (11.10.2018): Opinion - Four girls under 10 have died recently from FGM, it's time to act

?        Crawford, S. / Ali, S. / HEART - Health and Education Advice and Resource Team (2015): Assignment Report. Situational analysis of FGM/C stakeholders and interventions in Somalia?        Crawford, Sitzung / Ali, Sitzung / HEART - Health and Education Advice and Resource Team (2015): Assignment Report. Situational analysis of FGM/C stakeholders and interventions in Somalia

?        DIS - Danish Immigration Service [Dänemark] (1.2016): South Central Somalia - Female Genital Mutilation/Cutting

?        DNS - Directorate of National Statistics, Federal Government of [Somalia] (2020): The Somali Health and Demographic Survey 2020

?        FIS - Finnish Immigration Service [Finnland] (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018

?        GN - Goobjoog News (3.11.2022): Somali refugees in Germany strive to leave old practices behind

?        LI - Landinfo [Norwegen] (14.9.2022): Kjønnslemlestelse av kvinner [FGM]

?        LIFOS - Lifos/Migrationsverket [Schweden] (16.4.2019): Somalia - Kvinnlig könsstympning (version 1.0)

?        PC - Population Council / Powell, Richard A. / Yussuf, Mohamed (1.2018): Changes in FGM/C in Somaliland: Medical narrative driving shift in types of cutting. Evidence to End FGM/C: Research to Help Women Thrive

?        STC - Safe the Children (9.2017): Changing Social Norms in Somalia: Exploring the Role of Community Perception in FGM/C, Fact Sheet No. 6

?        UNFPA - UN Population Fund (4.2022): Community Knowledge, Attitudes and Practices on FGM Puntland

?        UNICEF (29.6.2021): Ending child marriage and female genital mutilation in Eastern and Southern Africa: Case studies of promising practices from across the region

?        UNN - UN News (4.2.2022): Daughters of Somalia, a continuous pledge to end female genital mutilation

?        USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices - Somalia

2. Weibliche Genitalverstümmelung und -Beschneidung in Süd-/Zentralsomalia und Puntland

In der Übergangsverfassung steht, dass eine Beschneidung von Mädchen der Folter gleichkommt und daher verboten ist (USDOS 12.4.2022, S. 37; vgl. UNICEF 29.6.2021; LIFOS 16.4.2019, S. 28f; ÖB 11.2022, S. 12). Allerdings mangelt es an einer Definition von "Beschneidung", und es wird kein Strafmaß genannt. Das Strafgesetz von 1964 sieht zwar Strafen für die Verletzung einer Person vor, es sind aber keine Fälle bekannt, wo FGM/C dahingehend einer Strafverfolgung zugeführt worden wäre – selbst dann, wenn ein Mädchen an den Folgen der Verstümmelung verstorben ist (LIFOS 16.4.2019, S. 28f). Insgesamt gibt es jedenfalls keine nationale Gesetzgebung, welche FGM ausdrücklich verbietet oder kriminalisiert (LI 14.9.2022; vgl. TEA 17.12.2022).In der Übergangsverfassung steht, dass eine Beschneidung von Mädchen der Folter gleichkommt und daher verboten ist (USDOS 12.4.2022, Sitzung 37; vergleiche UNICEF 29.6.2021; LIFOS 16.4.2019, Sitzung 28f; ÖB 11.2022, Sitzung 12). Allerdings mangelt es an einer Definition von "Beschneidung", und es wird kein Strafmaß genannt. Das Strafgesetz von 1964 sieht zwar Strafen für die Verletzung einer Person vor, es sind aber keine Fälle bekannt, wo FGM/C dahingehend einer Strafverfolgung zugeführt worden wäre – selbst dann, wenn ein Mädchen an den Folgen der Verstümmelung verstorben ist (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 28f). Insgesamt gibt es jedenfalls keine nationale Gesetzgebung, welche FGM ausdrücklich verbietet oder kriminalisiert (LI 14.9.2022; vergleiche TEA 17.12.2022).

Generell mangelt es den Behörden landesweit an Integrität und Kapazität, um eine für die Beschneidung eines Mädchens verantwortliche Person rechtlich zu verfolgen. Es gibt folglich auch keine Beispiele dafür, wo eine solche Person bestraft worden wäre (LIFOS 16.4.2019, S. 42).Generell mangelt es den Behörden landesweit an Integrität und Kapazität, um eine für die Beschneidung eines Mädchens verantwortliche Person rechtlich zu verfolgen. Es gibt folglich auch keine Beispiele dafür, wo eine solche Person bestraft worden wäre (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 42).

Die Regierung bemüht sich, gegen die Praxis vorzugehen (AA 28.6.2022, S. 18). Allerdings gibt es kein spezifisches Gesetz gegen FGM/C (UNFPA 5.3.2021; vgl. UNN 4.2.2022; UNICEF 29.6.2021). Unklar bleibt, ob ein künftiges Gesetz alle Formen von FGM verbieten wird, oder nur eine abgemilderte Form der Beschneidung vorsehen würde (AA 28.6.2022, S. 19). Die Frage, ob nur eine bestimmte oder alle Formen von FGM/C verboten werden sollen, hat die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes (auf Bundesebene) seit 2016 verzögert (TRF 27.2.2019). Gesetzesvorschläge scheiterten wiederholt an der fehlenden Zustimmung des Parlaments (AA 28.6.2022, S. 19). Denn es gibt zwei unterschiedliche Agenden: Die eine will jegliche Form von FGM/C ausrotten. Die andere richtet sich gegen die schweren Formen und ist für die Erhaltung der Sunna (WHO Typ I). Diese divergierenden Ansichten haben zu einem Stillstand bei der Entwicklung einer nationalen FGM/C-Politik geführt (PC 1.2018, S. 24). Der Staat und religiöse Führer haben insgesamt zwar wichtige Schritte gesetzt, um FGM zu kriminalisieren und auszurotten. Allerdings stellen Ineffizienz, Korruption und Nepotismus im Rechtsstaat bedeutende Hindernisse bei der Umsetzung dar. Außerdem gibt es nach wie vor religiöse Führer, die sich gegen ein Verbot der Sunna aussprechen (LIFOS 16.4.2019, S. 41f).Die Regierung bemüht sich, gegen die Praxis vorzugehen (AA 28.6.2022, Sitzung 18). Allerdings gibt es kein spezifisches Gesetz gegen FGM/C (UNFPA 5.3.2021; vergleiche UNN 4.2.2022; UNICEF 29.6.2021). Unklar bleibt, ob ein künftiges Gesetz alle Formen von FGM verbieten wird, oder nur eine abgemilderte Form der Beschneidung vorsehen würde (AA 28.6.2022, Sitzung 19). Die Frage, ob nur eine bestimmte oder alle Formen von FGM/C verboten werden sollen, hat die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes (auf Bundesebene) seit 2016 verzögert (TRF 27.2.2019). Gesetzesvorschläge scheiterten wiederholt an der fehlenden Zustimmung des Parlaments (AA 28.6.2022, Sitzung 19). Denn es gibt zwei unterschiedliche Agenden: Die eine will jegliche Form von FGM/C ausrotten. Die andere richtet sich gegen die schweren Formen und ist für die Erhaltung der Sunna (WHO Typ römisch eins). Diese divergierenden Ansichten haben zu einem Stillstand bei der Entwicklung einer nationalen FGM/C-Politik geführt (PC 1.2018, Sitzung 24). Der Staat und religiöse Führer haben insgesamt zwar wichtige Schritte gesetzt, um FGM zu kriminalisieren und auszurotten. Allerdings stellen Ineffizienz, Korruption und Nepotismus im Rechtsstaat bedeutende Hindernisse bei der Umsetzung dar. Außerdem gibt es nach wie vor religiöse Führer, die sich gegen ein Verbot der Sunna aussprechen (LIFOS 16.4.2019, Sitzung 41f).

In Puntland hingegen wurde im Juni 2021 d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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