TE Vfgh Erkenntnis 2007/3/14 B408/05

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Veröffentlicht am 14.03.2007
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Index

83 Natur- und Umweltschutz
83/01 Natur- und Umweltschutz

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B408/05 eine Beschwerde eines Papierherstellungsunternehmens gemäß Art144 B-VG anhängig, die sich gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wendet, mit dem der beschwerdeführenden Gesellschaft - unter Berufung ua. auf §13 Abs4 Emissionszertifikategesetz (EZG) und §4 Zuteilungsverordnung, BGBl. II 18/2005 - für die Anlage B Niklasdorf für den Zeitraum 2005 bis 2007 eine bestimmte Anzahl von Emissionszertifikaten zugeteilt wird.

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch den von ihr bekämpften Zuteilungsbescheid in ihren Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich einzelner Bestimmungen des EZG, hilfsweise wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich der Verordnung, mit dem der Nationale Zuteilungsplan erlassen wurde, und/oder der Zuteilungsverordnung, sowie hilfsweise in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2006, G138-142/05, V97-101/05 ua., die Bestimmung des §13 Abs4 EZG, BGBl. I 46/2004, als verfassungswidrig und die Zuteilungsverordnung, BGBl. II 18/2005, (zur Gänze) als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG und Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes bzw. die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als rechtswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG bzw. Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Normenprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988). Im - hier allerdings nicht gegebenen - Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid, dem ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (VfGH 15.10.2005, B844/05).

3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren begann am 29. September 2006. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 12. April 2005 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung sowie die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an. Es ist nach Lage des Falles (im Hinblick auf die Novelle zum EZG BGBl. I 171/2006) nicht ausgeschlossen, dass deren Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei im Ergebnis nachteilig war.

Die beschwerdeführende Partei wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung und einer rechtswidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von € 180,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2007:B408.2005

Dokumentnummer

JFT_09929686_05B00408_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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