TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/17 95/01/0005

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Veröffentlicht am 17.05.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z3;
StbG 1985 §10 Abs1 Z4;
StbG 1985 §10 Abs1 Z5;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;
StbG 1985 §10 Abs1 Z8;
StbG 1985 §10 Abs2;
StbG 1985 §11a Z1;
StbG 1985 §11a Z2;
StbG 1985 §11a Z3;
StbG 1985 §11a Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. November 1994, Zl. Ia-10.547/10-1994, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit ihrem Bescheid vom 29. November 1994 hat die Tiroler Landesregierung den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und auf Erstreckung der Verleihung auf seine minderjährigen ehelichen Kinder Ö und D "gemäß §§ 11 und 18" des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf Grund der von ihr getroffenen Feststellungen, daß der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, seit 21. Februar 1986 seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland habe und seine Ehe mit einer - zufolge eines Verleihungsaktes mit Wirkung vom 2. September 1994 - österreichischen Staatsbürgerin seit 17. Juni 1993 aufrecht sei, davon ausgegangen, daß er die Verleihungsvoraussetzungen des § 11a Z. 1 bis 4 lit. a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) erfülle. Sie hat zwar weiters richtig erkannt, daß diese Gesetzesstelle (auf Grund ihres eindeutigen Wortlautes) einen Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft jedoch nur dann vorsehe, wenn auch die im § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 und Abs. 2 leg. cit. normierten Voraussetzungen gegeben sind. Das Fehlen einer dieser Voraussetzungen hat sie aber beim Beschwerdeführer nicht angenommen, zumal sie ausdrücklich betont hat, daß sein bisheriges Verhalten "keinen Anlaß zur Annahme gibt", daß er "die Verleihungsvoraussetzungen der §§ 11a und 10 Abs. 1 leg. cit. nicht erfüllt", und hinsichtlich der Voraussetzung nach § 10 Abs. 2 leg. cit. jegliche Ausführungen unterblieben sind, sondern vielmehr die Auffassung vertreten, daß die belangte Behörde dann, wenn die genannten Verleihungsvoraussetzungen vorliegen, gemäß § 11 leg. cit. anhand der dort angeführten Kriterien eine Ermessensübung vorzunehmen habe, welche im vorliegenden Beschwerdefall auf Grund der von der belangten Behörde dargelegten Umstände zuungunsten des Beschwerdeführers ausfalle, weshalb sein Antrag abzuweisen sei. Diese Rechtsansicht entspricht nicht dem Gesetz, ist doch die Behörde in derartigen Fällen verpflichtet, die Staatsbürgerschaft bei Vorliegen der Voraussetzungen zu verleihen, ihr also kein Ermessen zugebilligt (vgl. Thienel, Österreichische Staatsbürgerschaft, Band II, S. 226). Dies ergibt sich zweifelsfrei aus § 11a StbG (arg. "ist" im Gegensatz zu dem im § 10 Abs. 1 und 3 leg. cit. jeweils gebrauchten Wort "kann") in Verbindung mit § 11 leg. cit. (arg. "bei der Ausübung des ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessens") und stimmt im übrigen mit den betreffenden Gesetzesmaterialien, wonach ein entsprechender Rechtsanspruch bestehe (RV 1272 Blg NR 15. GP, S. 12), überein.

Da somit die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das die Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen und ihr lediglich eine einzige Ausfertigung des angefochtenen Bescheides beizulegen war.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995010005.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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